Gobelins

Gobelins

Gobelins. Ein berühmter Färber zu Paris erfand unter der Regierung Franz's I. das prächtige Scharlachtuch, welches noch immer mit vergoldetem Blei an beiden Ecken aus Frankreich ausgeführt wird, und dem man seinen Namen gegeben hat. Seine später durch einen andern Umstand noch merkwürdiger gewordene Manufaktur befand sich schon damals rue moussetard auf derselben Stelle, wo sie noch heute steht, aber die große Menge von Gebäuden fügte erst die fortschreitende Zeit hinzu. Ein kleiner Bach, der die Vorstadt St. Marcell durchfloß, ward, weil sein Wasser für vorzüglich gut zum Färben galt, Veranlassung, daß eine Unzahl Tuchweber und Färber sich in seiner Nachbarschaft niederließen, unter ihnen der reiche Gobelins, welcher bald das ganze Ufer von Biêvre käuflich an sich brachte und seinen Kindern ein sehr wohl begründetes Geschäft, das von ihnen fleißig fortgesetzt wurde, als Erbtheil hinterließ. Ihre Besitzungen galten für die damalige Zeit als unerhört, und da ihre Erben gleich den Vorgängern wirkten und ankauften, die Fabrik selbst wo möglich noch blühender erschien, so erhielt endlich das ganze Stadtviertel, sammt dem Wässerchen, ihren Namen beigelegt. Nach zwei Jahrhunderten einer ehrenwerthen Thätigkeit gab die Familie den Handel auf. Ihre Nachfolger, die die Anstalt erkauft hatten, vermehrten die Fabrikgebäude abermals und verfertigten zuerst die Haute-lisses-Tapeten, welche unter der Bezeichnung Gobelins eine so große Berühmtheit erlangten und zu den vorzüglichsten Kunstgegenständen gehören. In jenen Jahren kannte man nämlich unsere wohlfeile Art, die Zimmer durch Papier zu bekleiden, noch nicht, und verwandte Binsenmatten, Täfelwerk, Sammt u. s. w., vorzüglich aber dicke, wollene Zeuge, wie die zu Shakespeare's Zeiten auch in England so beliebten Tapeten von Arras, dazu, doch wurden diese nur aufgehängt, ohne an der Wand festgemacht zu sein; daher die vielen Erzählungen, daß Personen sich dahinter verbargen, wie Polonius im Hamlet. Wohl lieferten auch Amiens, Antwerpen, Brüssel, Oudenarde, Lille und Tournay ähnliche Tapeten, die mit Figuren mehr oder minder kunstreich durchwirkt waren, doch die Gobelins übertrafen alle und gewannen noch mehr als der Holländer Gluck, welcher einen sehr geschickten Aufseher, Johann Liansen, hatte, die Fabrik von den Cannaye erkaufte. Der Ruf der schönen Fabrikate stieg hierauf so sehr, daß selbst Colbert, der den Künsten so geneigte Minister Ludwig's XIV., aufmerksam darauf ward und endlich beschloß, die Manufaktur für die Krone anzukaufen. Ein wo möglich noch regeres und bedeutenderes Treiben begann nun, die geschicktesten Arbeiter wurden angestellt, Verbesserungen zu Verbesserungen gefügt und nur die großartige Idee Colbert's, auch einen Nationalbazar damit zu verbinden, scheiterte an der Weigerung des Königs. Die zahlreichen Gebäude bewohnen die mit Verfertigung der Haute-lisses beauftragten Arbeiter, die jetzt sogar in der Anstalt erzogen werden, die vielen Handwerker, welche zum Bau und Bessern der Maschinen nöthig sind, und zwei Professoren, denen es obliegt, über den chemischen Theil, d. h. das so schwere Färben der Seiden und Wollen, zu wachen; wer die Säle betrat, wo diese aufbewahrt werden, kann den zauberischen Anblick, den die Hunderte von Nüancen gewähren, nicht genug rühmen. Es ist das Reich der Farben in seiner vollen Pracht, wie nur die Sammtfabriken etwas Aehnliches zeigen. Die fertigen Gemälde schmücken eine hohe Rotunde, in welche das Licht von der Kuppel aus einfällt, auch in den Arbeitszimmern findet sich die Einrichtung erhöhter, mit grünen Schirmen versehener Fenster, Der Haute-lisses-Stuhl, auf den die Fäden gespannt sind, mißt zuweilen 20–32 Ellen. Das zu kopirende Modell steht hinter den Arbeitern und ist in seinen Hauptumrissen von einem Maler auf die Kette gezeichnet. Ein Kästchen mit den erforderlichen Seidenrollen (Flieten) steht neben Jedem, doch zeigsich in der Anwendung eine wunderbare Eigenheit, die des ganz verschiedenen Anschauens des menschlichen Auges in der Wahl der Farbentöne, so daß ein sehr geübter Blick deutlich wahrnimmt, wo die Arbeit des Einen oder Andern beginnt und aufhört. Dennoch ist dieß aber nicht so bemerkbar, daß Unvollkommenheiten daraus entständen. An einem großen Bilde arbeiten oft 8 Arbeiter 6 Jahre, um es zu beenden. Alles dieß zusammen gibt den Tapeten einen ungemessenen Preis und sie kommen schon seit langer Zeit nicht mehr in den Handel. Der König, als Eigenthümer, verschenkt die prachtvollsten davon bei besondern Gelegenheiten an fremde Monarchen und hohe Personen, und Frankreich ist stolz darauf, neben den Spiegel- und Porzellanfabriken von Sèvres auch noch dieses in seiner Art einzige Etablissement zu besitzen. Zu Berlin und Wien werden ebenfalls Haute-lisses gewebt, doch erreichen sie die Vorzüge der Gobelins nicht.

F.


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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