Katharina von Medicis

Katharina von Medicis

Katharina von Medicis. – Die Weltgeschichte ist die unparteiische Richterin über Gute und Böse. – Jenen baut sie Ehrenpforten, diesen drückt sie das Brandmahl der Schande auf; und ob Jahrtausende vorüberrauschen, sei der Richterspruch Fluch oder Segen, sein Echo hallt von Geschlecht zu Geschlecht, denn er verkündet Wahrheit, und diese wandelt mit der Zeit, ohne mit ihr unterzugehen. Katharina, geb. 1519, die Tochter Herzogs Lorenz von Medicis, schön, geistreich, witzig, aber lasterhaft, ward 14 Jahr alt mit Heinrich II., dem Sohne Franz's I. von Frankreich, vermählt. Schon im zarten Alter zeigte sie sich gleißnerisch, ränkesüchtig, herrschbegierig. Zu ihrer Verderbtheit mag die eigene Lage, in welcher sie sich am franz. Hofe befand, einigermaßen beigetragen haben, denn ihr Gemahl war ihr nicht treu und liebte mit schrankenloser Leidenschaftlichkeit die schöne Diane von Poitiers, ihr Schwiegervater, der König, dagegen, lag in den Fesseln der ihn unumschränkt beherrschenden Herzogin von Estampes (s. d.). Tausend Rücksichten hatte nun die junge Prinzessin zu nehmen, tausend heimliche Wege zu gehen. Aber ihre Selbstüberwindung siegte über Alles. K. hatte längst aufgehört zu lieben; Liebe war ihr nur Sinnenrausch des Momentes; des Herzens edle Regungen mußten schweigen. Durch heuchlerische Unterwürfigkeit erwarb sie sich die Gunst der Herzogin von Estampes und so die Liebe Franz's I. Die Ausschweifungen ihres Gemahles ignorirte sie, und trotzte ihm auf diese Art, da sie seine Neigung nicht erwerben konnte, doch seine Achtung ab. Sie verrieth nicht einen Zug von Eifersucht, und so kam es, daß ihr Gemahl seinerseits auch ihren Ausschweifungen nicht hemmend in den Weg trat. Dem Volke aber war sie schon damals verhaßt; denn ihr frivoler Lebenswandel, die Verachtung aller zarten Rücksichten, aller edeln Gefühle, entfremdete ihr die Herzen der Besseren. Nach der Herrschermacht allein strebte Katharina und entäußerte sich um diesen Preis alles edleren Schmuckes der Weiblichkeit. Als ihr Gemahl, Heinrich II., 1547 den Thron bestieg, wuchs auch Katharina's Einfluß. Ihr Blick aber richtete sich in die Zukunft; ihre eigenen Söhne verdarb sie physisch und moralisch, um bei deren Unfähigkeit zum Regieren alleine herrschen zu können. Ihr ältester Sohn, Franz II., bestieg 1559 in seinem 15. Jahre den Thron, schon jetzt in seinen Körper- und Seelenkräften vernichtet. Die Partei der Guisen, welche als Verwandte der Gemahlin des Königs bedeutenden Einfluß hatten, mußte gestürzt werden. Zu diesem Zwecke unterstützte sie die Hugenotten, deren Verderben sie inzwischen heimlich schon beschlossen hatte. Mit der raffinirtesten Feinheit setzte sie alle Springfedern der Kabale in Bewegung, umgab sich mit einer Schar schöner, leichtfertiger und koketter Hoffräulein, deren Sinnesart ihr gänzlich zu Gebote stand und deren Aufgabe es war, mächtige Parteihäupter, muthige und unternehmende Männer zu berücken und in ihr Netz zu locken. Andere, die der Buhlerei nicht zugänglich waren, wurden durch Gold, Aemter, Ehrentitel etc. bestochen. 1560 starb Franz II., der als Mensch und König nur vegetirt hatte; ihm folgte sein Bruder Karl IX., gleich verdorben, gleich entnervt, ein neuer Spielball in der Hand der Königin Mutter. Er wurde das Werkzeug ihrer lasterhaften, entmenschten Plane. Bald begünstigte sie die Guisen, bald die Hugenotten, und entflammte so den Bürgerkrieg immer mächtiger, und als es in ihrem Interesse lag, die übermächtige Partei der Letztern zu vernichten, wurde sie die Anstifterin der schrecklichen Bluthochzeit (s. d.). In das Brautgemach führte sie die ihr an Leichtfertigkeit gleichende Tochter Margarethe mit Heinrich von Bourbon (später Heinrich IV.) und gab in demselben Augenblicke das Zeichen zur blutigsten Metzelei, die eine Episode in der Geschichte spielt, von welcher sich das Herz des Menschenfreundes nur schaudernd hinwegwenden kann. Lagen vielleicht auch diese Greuelscenen nicht alle in ihrer Absicht, so war sie doch die Urheberin des Planes, und hatte so vor Gott und der Welt die Folgen zu vertreten. Durch ganz Europa tönte damals der gewaltige Wehschrei über eine Unthat, wie man sie nur dem blutigen Heidenthum eigen glaubte. Nach Karl's IX. Tode 1574 bestieg ihr Lieblingssohn, Heinrich III., den Thron. Unter ihm hoffte Katharina ihre Herrschaft eben so glänzend fortzusetzen; aber ihre Berechnung betrog sie dieß Mal, die eigene Politik wurde ihr verderblich. Nach jenen blutigen Greueln konnte sie nicht mehr hoffen, sich jemals mit den Hugenotten auszusöhnen, sie warf sich deßhalb den Guisen in die Arme, die ihrerseits, um ihre Partei zu verstärken, sie mit Freuden empfingen. Sie wurde aber nur ein Mittel in ihren Händen, um sich die Thronfolge zu sichern. Heinrich haßte die Guisen und so schwand auch der Einfluß seiner Mutter auf ihn. Ein Rücktritt war nicht mehr möglich. Katharina hatte ihre Rolle gespielt, sie fühlte zu spät den Fehler ihrer Berechnung. Der Mißmuth darüber warf sie auf das Krankenlager, von Gewissensbissen gefoltert, von Vorwürfen überhäuft, starb sie den 5. Januar 1589 zu Blois. Frankreich war in diesem Augenblicke in einer so großen Zerrüttung – welche sie veranlaßt hatte – daß ihr Tod kaum bemerkt wurde. Kein Auge wurde naß, als sie starb, keine Stimme hat sich zu ihrer Rechtfertigung erhoben, keine Lobrede ertönte über ihrem Sarge. – Katharina besaß – dieß war die einzige ehrenwerthe Seite ihres Charakters! – Liebe zu Kunst und Wissenschaften. Sie ließ kostbare Handschriften in Griechenland und Italien sammeln, baute die Tuilerien, das Hotel de Soissons und mehrere Schlösser in der Provinz, aber sie besaß auch die unsinnigste Verschwendungssucht, und mehrmals erschöpfte sie durch diese den Staatsschatz.

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http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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