Marina

Marina

Marina, die Tochter des polnischen Grafen Muizeck, Woiwoden von Sandomir, ein Weib durch Geist, Schönheit und Muth zur höchsten Stufe irdischer Größe, zu ungetrübtem Lebensglück berufen; aber in den Abgrund gestürzt durch den Ehrgeiz ihres Vaters. Eine Wahrsagerin prophezeite einst dem jungen Mädchen, es werde über ein großes Volk herrschen. Dieß galt dem Vater als eine Bürgschaft für die Zukunft, und er ließ Marina eine Erziehung geben, wie er sie ihrem künftigen Stande angemessen glaubte. Um diese Zeit hatte Boris Gudunow den schwachen Fedor aus dem Hause Rurik von Rußland's Throne gestoßen und Demetrius, den jüngern Thronerben, ermorden lassen. Nach einigen Jahren aber verbreitete sich das Gerücht, Demetrius sei von einem treuen Diener gerettet worden und lebe als Mönch im Kloster Tschudow. Boris wollte ihn ermorden lassen; doch Demettius, bei Zeiten gewarnt, floh nach Polen, entdeckte dort seine Herkunft, fand einen großen Anhang und namentlich bei Marina's Vater die lebhafteste Unterstützung. Die Polen erkannten ihn als rechtmäßigen Czar an – er lernte in des Grafen Hause Marina kennen und eine beiderseitige Liebe war das Ergebniß dieses Zusammentreffens. Mit Geld und Truppen versehen zog er nach Rußland, nachdem er zuvor noch (im Mai 1604) einen Vertrag unterzeichnet, worin, er gelobte, Marina nach Besteigung des Thrones zu ehelichen. Seine Heeresmacht wuchs bis auf 15,000 Streiter an, mit diesen schlug er die 80,000 Mann starke Macht des Boris. Dieser starb in Moskau, wo bald darauf Demetrius als Sieger einzog, von seiner Mutter erkannt und als Czar gekrönt wurde. Jetzt rief er auch Marina zu sich und umgab sie, als seine angetraute Gattin mit dem Glanze und der Pracht des ganzen Orients. Ihres Vaters kühnste Hoffnungen waren nun erfüllt, allein Demetrius der seinem Volke in geistiger Bildung weit vorausgeeilt war, wollte mit rascher Hand reformiren, kränkte die Geistlichkeit, verletzte den Adel und beschwor so selbst den Aufstand. Am 17. Mai 1607 wurden alle Polen ermordet, der Kreml ward gestürmt – doch gelang es Demetrius, beinahe das wüthende Volk zu besänftigen. Da trat Schuskoi, dem D. früher das Leben geschenkt, auf, und erklärte, der Czar sei nicht der Enkel Rurik's, sei nicht Irenens Sohn; diese habe es ihm selbst gestanden, er sei ein Abenteurer, den der Ehrgeiz aus der Klosterzelle getrieben, um eine Krone zu stehlen. Dadurch trieb er das Volk zum Morde des Czaren. Marina wurde nur mit Mühe durch einige heldenmüthige Bojaren gerettet. Basil Schuskoi, der jetzt den Thron einnahm, sandte sie nach Polen zurück. An der Grenze ihres Vaterlandes angekommen, ereilte sie die Nachricht, der Czar sei nicht umgekommen, er stehe an der Spitze eines Heeres und wolle sein Reich wieder erobern. Hoffend, zweifelnd, von ihrem Vater gedrängt, entschloß sie sich umzukehren. Im Lager angekommen, wurde sie von den Truppen jubelnd empfangen; aber derjenige, welcher sich für den Czar ausgab, war nicht ihr Gatte: sondern ein häßlicher Jude, welchen ein Rabbiner fanatisirt hatte, die Rolle des Herrschers spielen. Mit Abscheu wandte sich Marina von ihm – aber auf das Zureden ihres Vaters und getrieben von Stolz und Rache, umarmte sie den Gräßlichen, der weder ihre Liebe noch des Throns begehrte, ihr aber die Alleinherrschaft zusicherte. Zu dieser Zeit war Sigismund von Polen mit einem Heere vor Smolensk gerückt, um seinen Sohn Vladislaw auf den russ. Herrscherthron setzen. Sapieha unterstützte Marina, sie schlug sich mit Sigismunds Truppen, doch Jankely (der zweite falsche Demetrius, ihr Gemahl) entfloh, Marina aber begeisterte, durch die Reihen ihrer Krieger gehend, diese zum Kampfe, eilte in männlicher Kleidung nach Kaluga und zwang den Flüchtling, zurück zu kehren und zu fechten. Nach mehreren Siegen und Niederlagen ward das heldenmüthige Weib gezwungen, sich mit wenigen Getreuen in einem Kloster, das sie befestigte, gegen eine Armee zu vertheidigen. Sie that Wunder der Tapferkeit, trieb die Belagerer zurück, verbrannte das Kloster und floh mit dem festgehaltenen Betrüger nach Kaluga. Bald stand sie wieder an der Spitze eines Heeres. Da verließen sie aber plötzlich, als Jankely aus Mißtrauen einen Tartarenfürsten getödtet hatte, die besten Truppen, sie fiel in die Hände der Bojaren, welche sie in der Czarentracht in einen finstern Keller warfen und dem gräßlichsten Elend Preis gaben. Sie wünschte sich den Tod, um der öffentlichen Hinrichtung zu entgehen. Ein Jugendfreund, der Pole Zarucki, der lange in stiller Liebe für die herrliche Frau geglüht, durchbrach ihren Kerker. Sie war frei, er wollte sie in ihre Heimath, zu ihrem Vater geleiten; aber sie kannte diese Namen nicht mehr, ihre Heimath war das Schlachtfeld, ein Thron oder das Grab. Zarucki, Hettmann der Kosaken, weihte sich und seine Schaar ihrem Dienste. An der Spitze derselben verwüstete sie Rußland; Rache war ihr Panier. Sie eroberte Astrachan, herrschte über Trümmer, Witwen und Waisen. Da schaarten sich die Russen unter Fürst Pojarsky zusammen, und nach tapfern Kämpfen, in denen jede Niederlage des Heeres einem Siege gleichzustellen war, mußte M. mit ihrem treuen Gefährten in die Wüste fliehen. So wankte sie, ein Kind an der Brust, geführt von ihrem treuen Gefährten im Winter 1612 durch die Steppen. – Hunger und Müdigkeit hatten sie abgezehrt, Verzweiflung und Trostlosigkeit wohnten in ihrer Brust. Ein Schneegestöber überfiel sie, als ihre Kräfte schon zu sinken begannen – da erreichte sie ein Reiterhause – Zarucki wurde niedergehauen, Marina mit einem Gurt gefesselt und in den Fluß, an einer Stelle, wo man das Eis aufgehauen, versenkt. Ihr Kind hatte sie noch vorher, um es zu verbergen, in den Schnee vergraben, hoffend, eine barmherzige Seele würde es finden. – Aber ein leiser Schrei verrieth den Säugling – die rauhen Krieger wanden einen Gurt um seinen Hals und entseelt lag der Knabe auf der weiten Schneefläche. – So endete Marina, berufen zu dem Höchsten, auserkohren vom Geschick zu Glanz und Elend!

5.


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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