Steffens, Heinrich

Steffens, Heinrich

Steffens, Heinrich, Henrich. Die majestätische Winternacht Skandinaviens mit ihren Schneelavinen und Schneeschauern, dem träumenden Nordlicht und dem goldenen Wappenschilde Odin's, aus eherner Brust ein ehernes Lied herüberbrausend an die Gestade der Ostsee und mit Ossiansnebeln gleich Geisterhänden hineingreifend in die klingenden Wälder des deutschen Gemüths. Uralte Riesengestalten, deren Haare erbleichten unter dem mühsamen Geschäfte der Weisheit, aus deren Augen wie aus unergründlichen Tiefen eine Welt voll Gedanken emporstarrt, angethan mit der güldenen Rüstung blitzender Polemik, die Brust bedeckt von dem Harnisch der Dialektik, heranschwebend auf den Wolken der Mitternacht, während gegenüber der wilde Jäger: Zweifel, mit seiner wilden Heerde heranbraust..... – Ein tiefer Friede webt unterdeß seine Himmelsträume über das stille Thal; von dem gothischen Kirchthurm herab wallt wie eine melodische Sage aus einer andern, Welt das Lied von »der festen Burg« und ein ehernes Standbild thront auf dem freien Platze der hohe Augustinermönch und zeigt starr, aber seelenvoll, auf das symbolische Glaubensbekenntniß in seiner Hand. Dazwischen erklingen aus den erleuchteten Häusern buntschwirrende Liederchen von den Irrfahrten der Völker nach dem goldenen Vließe des Friedens und der Freiheit und von dem Elfentanze der webenden Zeiten, die ein fremder Sänger von wundersam-phantastischem Ansehen den versammelten Gästen beim fröhlichen Festmahle vorträgt; und in dem einsamen Häuschen am Ende des Gottesdörfchens bescheert die fromme Witwe eben dem lächelnden Kindlein die kleinen Christgaben, und die Lichtchen des Weihnachtsbaums erglänzen wie lauter kleine goldene Ahnungen des unermeßlichen Himmels: – denk' und fühl' und sinne dich mit Mark und allen Nerven hinein in das wollüstige Grauen dieser Mitternacht, die sich mit ihrem goldenen Kelche des Mondes und ihrem Purpurschatten, getränkt von dem Blute der Versöhnung, wie eine heilige Abendmahlsfeier über den buntbewegten Erdentag ausbreitet, und du wirst eine Ahnung empfahen von dem wunderbaren Reiche, von der neuen Gedankenwelt, die Henrich S. erschloß, als er, schon längst xühmlich bekannt als eigenst waltender Naturforscher und Philosoph, zuerst im Jahre 1827 auch auftrat als Novellendichter der deutschen Nation. Nicht blos das überreiche, fremde Element der deutschen Art und Kunst als ein kraft- und kenntnißvoller Fremder, – er wurde zu Stavanger in Norwegen 1773 geb. – mit seltener Energie bewältigend, sondern dasselbe nun auch selbstschöpferisch in immer weitere und gewaltigere Kreise entschwingend, schuf er den Novellencyclus: »die Familie Walseth und Leith« (Breslau, 3. verb. Aufl., 5 Bde 1837), in dem er in gigantischen Umrissen die Riesengestalt des 18. Jahrhunderts auf das Papier warf, wie es das Haupt gehüllt in die ewigen Nebel des nordischen Oceans, die Füße bergend in Afrika's Palmenwäldern, im Herzen den kalten Tod und das heiße Sehnen nach dem Odem des Lebens, bang und dumpf emporschaut zum Himmel und Lösung fordert von den Räthseln der Ewigkeit. Die verschiedenartigsten Phasen nordischer und deutscher Bildung in Kunst und Wissenschaft, in Religion und Sittengeschichte schilderte er in dem ein Jahr darauf erschienenen Novellencyclus: »die vier Norweger«, wo sich der rauschende Flügelschlag norwegischer Adler mit dem sanfteren Flattern der deutschen Waldessänger vereinte, um uns ein treffendes Bild zu geben von den eigenen Schwingen des Dichters, wie sie ihm wuchsen inmitten des contrastirenden Wechsels der Erscheinungen. Nachdem er also die Welt der That und Bewegung und sein eigenes, helles Selbst geschildert, stieg er auch in die Tiefen des Wahnsinns und zeichnete in der Novelle: »Malcolm« – (2 Bde, Breslau 1831) die schauerlichen Reiche der Verirrung und des krankhaften Gelüstens. Seine neueste novellistische Dichtung ist: »die Revolution.« In allen diesen Darstellungen, – die Kunst gebietet dieses Urtheil, – herrscht durchgängig eine den Künstler verletzende Disharmonie der Form und eine chaotische Zerrissenheit, die aber fast nothwendig hervorging aus den gigantischen Massen des Stoffes und dem Wehen und Wogen eines Geistes, wie der Steffens'sche, welcher alle Geister der Höhe und Tiefe losläßt von ihren Banden, um, selbst nun fessellos, Welten an Welten und Schlüsse an Schlüsse zu ketten. Und wenn uns noch irgend etwas hierüber versöhnen kann, so ist es jenes kindlichheilige Läuten der Silberglöckchen, welches durch alle Dichtungen S's herübertönt von Golgatha's Bergen mit der süßen Botschaft der Versöhnung, inmitten des ehernen Rauschens der Furien den Frieden des Gottesabends einlautet, und wie eine Engelstimme aus höhern Regionen unablässig durch das wilde Getös der Völker ruft »nur Eines ist noth; haltet, haltet es fest!« – Henrich S. wurde, 38 Jahr alt, zum Professor der Naturwissenschaften in Breslau ernannt, wo er bis 1832 wirkte, und lehrt jetzt an der Universität zu Berlin unter der lebendigsten Theilnahme stets zahlreich versammelter Hörer auf eine eigenthümliche, zugleich belehrende und erhebende Weise Physik und Naturphilosophie.

S....r.


http://www.zeno.org/DamenConvLex-1834.

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