Nemanice

Nemanice
Nemanice
Wappen von Nemanice
Nemanice (Tschechien)
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Basisdaten
Staat: Tschechien
Region: Plzeňský kraj
Bezirk: Domažlice
Fläche: 3837 ha
Geographische Lage: 49° 26′ N, 12° 43′ O49.43722222222212.721111111111530Koordinaten: 49° 26′ 14″ N, 12° 43′ 16″ O
Höhe: 530 m n.m.
Einwohner: 275 (1. Jan. 2011) [1]
Postleitzahl: 345 36
Struktur
Status: Gemeinde
Ortsteile: 7
Verwaltung
Bürgermeister: Ivan Bartošek (Stand: 2007)
Adresse: Nemanice 17
345 36 Nemanice
Gemeindenummer: 554006
Website: www.nemanice.cz

Nemanice (deutsch Wassersuppen) ist eine Gemeinde mit 312 Einwohnern in Tschechien. Sie befindet sich im Oberpfälzer Wald (Český les) an der Grenze zu Bayern und gehört dem Okres Domažlice an.

Der Ort liegt am Oberlauf der Böhmischen Schwarzach 7 km nördlich von Waldmünchen in einem vom Haltrava-Gebirge und dem Berg Starý Herštejn Hirschstein (Hirschstein) begrenzten Talkessel am Oberlauf der Böhmischen Schwarzach, 7 km nördlich von Waldmünchen. Zwischen Lísková (Haselbach) und dem Waldmünchner Ortsteil Höll besteht ein Straßengrenzübergang. Ein grenzüberschreitender Wanderweg verbindet Untergrafenried mit der auf dem Gemeindegebiet liegenden Wüstung Lučina (Grafenried).

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Wassersuppen wurde 1591 erstmals erwähnt und von Domažlice (Taus) aus besiedelt; vermutlich bestand hier bereits um 1500 ein Wartturm der Choden. Der deutsche Ortsname "Wassersuppen" weist ebenso wie der tschechische "Nemanice" (etwa "Habenichts") auf die seit jeher durch die schlechten Böden ärmlichen Lebensverhältnisse hin. Das Dorf lag zunächst direkt an der Landesgrenze zwischen Böhmen und Bayern, bis 1766 die Grenze reguliert wurde und die einst bayerischen Orte Schmalzgruben, Haselbach und Grafenried zu Böhmen kamen; die Bevölkerung allerdings blieb hier fast ausschließlich deutsch. 1781-1784 wurde die Barockkirche St. Nepomuk erbaut und Wassersuppen eine eigenständige Pfarrei. Folgende Gemeinden und Orte existierten auf dem heutigen Gemeindegebiet:

  • Gemeinde Wassersuppen mit Wassersuppen, Althütten (Stará Hut’) und Friedrichshütten (Nová Hut’)
  • Gemeinde Mauthaus mit Mauthaus (Mýtnice), Neubäu (Novosedly) und Neubäuhütten (Novosedelské Hutě)
  • Gemeinde Haselbach mit Haselbach (Lísková), Schmalzgruben (Nemaničky), Heinrichsberg (Jindřichova Hora) und Sophienthal (Černá Řeka).

Bemerkenswert dabei ist, dass nur die Gemeinde Mauthaus zum großen sudetendeutschen Kreis Bischofteinitz gehörte, während die anderen Gemeinden stets im tschechischen Kreis (bzw. politischen Bezirk) Taus lagen.

Wie die Ortsnamen auf „-hütten“ zeigen, entwickelte sich im Gebiet die Glasindustrie, die für einen gewissen wirtschaftlichen Aufschwung sorgte; ob allerdings in Wassersuppen selbst jemals eine Glashütte bestand, ist zweifelhaft. Dem Broterwerb dienten ferner Fabrikansiedlungen der jüdischen Familie Östreicher (Bilderrahmen, Stanniolflaschenkapseln), die 1938 emigrieren musste. 1820 hatte Wassersuppen selbst 598, die Pfarrei 2502 Einwohner. Im Jahre 1930 lauteten die Einwohnerzahlen der einzelnen Orte: Wassersuppen 596, Friedrichshütten 106, Althütten 238, Haselbach 449, Heinrichsberg 250, Sofienthal 222, Schmalzgruben 59, Mauthaus 188, Neubäu 99, Neubäuhütten 232, Kreuzhütten 35, insgesamt 2474 Einwohner. Nachdem Wassersuppen 1919 der neugegründeten Tschechoslowakei zugeschlagen worden war, kam es, wie andernorts in den sudetendeutschen Gebieten, zu politischen und sozialen Spannungen (Radikalisierung der Parteien, Infiltration der Nationalsozialisten, Tschechisierungspolitik durch Gründung tschechischsprachiger Schulen für arme deutsche Familien, Kriminalität), die 1938 in durch bewusste Provokationen ausgelösten Schusswechsel gipfelten. Mit dem Anschluss des Sudetenlandes an das Deutsche Reich kam Wassersuppen nebst umliegenden Orten zu Waldmünchen.

1945 wurden die deutschen Einwohner auf Grundlage der Beneš-Dekrete vertrieben. Danach lag Nemanice im militärischen Sperrgebiet, direkt am Stacheldrahtzaun, und war Kompaniestützpunkt der tschechoslowakischen Grenzwache. Der nun völlig abgeriegelte Ort verlor schon 1956/57 einen Großteil seiner ursprünglichen Bausubstanz; dafür wurden einige Neubauten im Plattenbaustil errichtet. Die Orte Mauthaus und Haselbach wurden aufgrund ihrer exponierten Lage völlig abgerissen, und auch in den anderen Nachbardörfern fielen viele Häuser der Spitzhacke zum Opfer, v.a. in Neubäu, Schmalzgruben und Heinrichsberg. Darüber hinaus wurde die Nachbargemeinde Grafenried (Lučina) mit den Orten Anger (Upor), Seeg (Pila) und Haselberg (Liskovec) völlig zerstört; diese Orte gelten heute als Wüstungen. Angesiedelt wurden Bewohner aus allen Gegenden der Tschechoslowakei, nicht nur Tschechen, sondern auch Slowaken, Wolhynier und viele Angehörige der Ethnie der Roma ("Zigeuner"). Die Gesamtbevölkerung der neu geschaffenen Gemeinde Nemanice, nun bestehend aus Nemanice, Nemaničky, Nová Hut’, Novosedelské Hut, Novosedly und Stará Hut’, sank nach 1945 kontinuierlich, z.B. 1970: 398 Einwohner, 2006: 312. 2010 sind offiziell 284 Einwohner registriert.

Mit dem Fall des Eisernen Vorhanges 1989/90 (symbolische Grenzöffnung am 26. Januar 1990, Wiedereröffnung des Grenzüberganges Höll-Lísková/Haselbach) am 1. August 1990 wurde das Gemeindegebiet für den Tourismus zugänglich. Attraktiv sind die jahrzehntelang unberührte Natur, die abwechslungsreiche Landschaft und die Möglichkeit zur Erkundung der genannten Wüstungen (einschließlich deren Friedhöfe) und der Hinterlassenschaften des Eisernen Vorhanges. Die baufällige Kirche wurde von den ehemaligen Bewohnern mit Unterstützung der tschechischen Behörden aufwändig renoviert, regelmäßig finden Gottesdienste statt. Andererseits erfüllten sich die auf einen wirtschaftlichen Aufschwung gerichteten Hoffnungen kaum. Die soziale Lage in dem nach wie vor ländlich geprägten Nemanice ist als problematisch zu bezeichnen: Überdurchschnittlich hohe Arbeitslosenquote von 15% (Notwendigkeit zum Auspendeln bei verhältnismäßig schlechter Verkehrsanbindung), wenig Möglichkeiten zu höher qualifizierter Arbeit, Auflösung der Schule und damit einhergehend schlechte Bildungsmöglichkeiten für die Jugendlichen (deren Anteil überdurchschnittlich hoch ist), öffentlich sichtbare Prostitution. Nicht zuletzt trägt die allgemeine Stigmatisierung der Roma in Tschechien zu einem schlechten Image des Ortes bei. Auf der anderen Seite steht die deutlich sichtbare Tendenz, dass in der Gemeinde eine Reihe von Ferienhäusern neu erbaut wurde, die von Stadtbewohnern zu Erholungszwecken genutzt werden. Diese positive Entwicklung und weitere konzertierte Aktionen zur Stärkung von Tourismus und Naherholung könnten der Gemeinde zu einem Aufschwung verhelfen.

Gemeindegliederung

Zu Gemeinde Nemanice gehören die Ortsteile Lísková (Haselbach), Nemaničky (Schmalzgruben), Nová Huť (Friedrichshütten), Novosedelské Hutě (Neubäuhütten), Novosedly (Neubäu) und Stará Huť (Althütte) sowie die Wüstungen Mýtnice (Mauthaus) (49° 27′ N, 12° 42′ O49.44913412.707604570), Lučina (Grafenried) (49° 26′ N, 12° 41′ O49.43287212.68072655), Pila (Seeg) (49° 27′ N, 12° 41′ O49.44555312.688621570) und Úpor (Anger) (49° 26′ N, 12° 41′ O49.43742812.676465635).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Český statistický úřad – Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2011 (XLS, 1,3 MB)

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