Nickel-Cadmium-Akkumulator

Nickel-Cadmium-Akkumulator

Ein Nickel-Cadmium-Akkumulator (NiCd-Akku) ist ein wiederaufladbarer Akkumulator (so genannte Sekundärzelle).

Von der grundsätzlichen Bauart ist zwischen offenen und gasdichten Zellen zu unterscheiden. Gasdichte Zellen sind häufig baugleich zu handelsüblichen Batterien und können daher als Ersatz für diese sogenannten Primärzellen verwendet werden, offene Zellen werden für stationäre Anwendungen verwendet.

Verschiedene Bauarten von NiCd-Akkus

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der damit betriebene Elektroantriebssatz von PSA Peugeot Citroën. Aufgenommen im Museum Autovision, Altlußheim Deutschland.

Der 1899 von dem Schweden Waldemar Jungner entwickelte Nickel-Cadmium-Akkumulator gehört zu den alkalischen Batteriesystemen, an denen auch Thomas Alva Edison zu dieser Zeit arbeitete und dabei u. a. den Nickel-Eisen-Akkumulator entwickelte. Durch die Verwendung von Cadmium anstelle des Eisens jedoch konnte Jungner die Energie- und Stromausbeute seines Akkus gegenüber dem Vorläufer Edisons um rund 7 % steigern[1], und auch gegenüber den bis dahin vorherrschenden Bleiakkumulatoren bot der NiCd-Akku zahlreiche Vorteile, nicht zuletzt den, dass das Elektrolyt während der Ladung und Entladung des Akkus unverändert blieb.

1910 begann die industrielle Fertigung des NiCd-Akkumulators in Schweden. Diese ersten NiCd-Akkumulatoren hatten sogenannte Taschenelektroden, die auch heute noch üblich sind. Ungefähr 1930 wurden in Deutschland sogenannte Sinterelektroden entwickelt. Das Prinzip der gasdichten Zellen wurde 1933 von Adolf Dassler[2] veröffentlicht. Serienreife gasdichte Zellen waren in den 1950er Jahren verfügbar. 1983 stellte die Firma Hoppecke Batterien eine Nickel-Cadmium-Batterie mit FNC-Technologie (Faserstruktur-Technologie) vor. Anders als bei Taschenplatten und Sinterelektroden ist der Träger für das aktive Material kein schweres, steifes Metall, sondern ein sehr leichtes und flexibles Vlies. Dieses metallisierte Polypropylen Faserstruktur-Vlies wurde ursprünglich für so anspruchsvolle Einsatzbereiche wie die Luft- und Raumfahrt sowie für Elektro- und Hybridfahrzeuge entwickelt.

Bis in die 1990er Jahre hat sich der NiCd-Akkumulator zu der meistgebräuchlichen wiederaufladbaren Batterie im Endverbraucherbereich entwickelt. Zukünftig werden Nickel-Metallhydrid-Akkus (NiMH) und Lithium-Systeme mehr Bedeutung bekommen, da sie höhere Energiedichten aufweisen und keine umweltschädlichen Schwermetalle wie Cadmium enthalten.

EU-weites Verbot

Im Dezember 2004 hat der EU-Ministerrat eine Richtlinie verabschiedet, deren Ziel es ist, die technische Nutzung von Cadmium zu reduzieren. Vorbehaltlich der Zustimmung des EU-Parlaments sollen die Mitgliedsstaaten innerhalb von zwei Jahren durch nationale Gesetze zunächst Nickel-Cadmium-Akkus verbieten. Auf Wunsch einiger Mitgliedsstaaten – darunter auch Deutschland – sollen jedoch unter anderem schnurlose Elektrowerkzeuge von dem Verbot zunächst ausgenommen werden, weil „für Elektrowerkzeuge nicht sichergestellt ist, dass gleichwertiger Ersatz aktuell verfügbar ist“. Vier Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie soll diese Ausnahme jedoch überprüft werden, um das Cadmium-Verbot dann möglicherweise auszudehnen. Siehe auch RoHS.

2006 hat das Europäische Parlament eine veränderte Version der Richtlinie angenommen, die Batterien und Akkumulatoren mit mehr als 0,002 Gewichtsprozent Cadmium verbietet.[3]

Durch das am 1. Dezember 2009 in Kraft tretende Batteriegesetz hat der deutsche Gesetzgeber die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt. Dessen § 3 Abs. 2 verbietet das Inverkehrbringen entsprechend cadmiumhaltiger Batterien mit Ausnahme von solchen für Not- oder Alarmsysteme, Notbeleuchtung, medizinische Ausrüstung, schnurlose Elektrowerkzeuge, sowie unter den Voraussetzungen des S.2 Elektrofahrzeuge.

Eigenschaften

Vergleich von Leistungs- und Energiedichte einiger Energiespeicher

NiCd-Akkumulatoren haben eine nominale Spannung von 1,2 Volt, die somit 20 % unter den 1,5 Volt normaler Batterien liegt. Das stellt jedoch kein Problem dar, da die meisten Geräte auf niedrige Spannungen von 0,9–1,0 Volt entladener Batterien ausgelegt sind. Durch den geringen Innenwiderstand von NiCd-Akkumulatoren können diese hohe Ströme liefern. NiCd-Akkus werden (auch deshalb) vor allem im Modellbau und bei anderen Hochstromanwendungen genutzt. NiCd-Akkus müssen bei einer Restspannung (Entladeschlussspannung) von 0,85–0,9 Volt wieder aufgeladen werden, eine weitergehende Entladung führt zu Tiefentladung, die in ihren Auswirkungen mit dem (bei mit modernen Ladegeräten aufgeladenen, handelsüblichen NiCd-Akkus kaum vorhandenen) Memory-Effekt verwechselt wird.

Eine bei anderen Technologien selten anzutreffende Eigenschaft ist das hervorragende Tieftemperaturverhalten von NiCd-Akkumulatoren. Selbst bei −40 °C besitzt ein Akku mit Faserstrukturplatten-Technik noch über 50 % seiner nominellen Kapazität bei Raumtemperatur.

Aufbau

Zerlegte NiCd-Zelle

Die Elektroden des NiCd-Akkumulators bestehen in geladenem Zustand aus Platten, die am Minuspol mit fein verteiltem Cadmium und am Pluspol mit Nickel(III)-oxidhydroxid beladen sind. Als Elektrolyt wird 20-prozentige Kaliumhydroxid-Lösung verwendet. Diese Kombination liefert eine Spannung von 1,3 V.

Den Elektrodenmaterialien wird zusätzlich Graphitpulver zugegeben, um ihre Leitfähigkeit zu verbessern. Darüber hinaus werden die Elektroden von Metallen umschlossen, die elektrischen Strom gut leiten, bei den Reaktionen beim Laden und Entladen jedoch nicht stören und auch selbst nicht reagieren.

Bei Überladung des Akkumulators wird an der negativen Elektrode Wasserstoff und an der positiven Elektrode Sauerstoff produziert; man sagt der Akku „gast aus“. In geschlossenen, also gasdichten Zellen muss das wegen der Explosionsgefahr unbedingt verhindert werden. Aus diesem Grund wird die negative Cadmiumelektrode überdimensioniert und dient als negative Entladereserve. Die positive Nickelelektrode enthält etwas Cadmiumhydroxid als „antipolare Masse“. Bei Überladung mit geringeren Laderaten (ca. 0,1 C), stellt sich so ein Gleichgewicht zwischen Sauerstofffreisetzung und -verbrauch ein, es wird kein Wasserstoff entwickelt.

In gasdichten Faserstruktur-NiCd-Zellen wird der entstehende Sauerstoff an einer katalytisch wirksamen Oberfläche der Faserstruktur-Rekombinationselektrode so schnell rekombiniert, dass im Betrieb sogar ein leichter Unterdruck entsteht.

Ladung

Hauptartikel: Ladeverfahren

Elektrochemie

NiCd-Akkumulatoren enthalten im geladenen Zustand:

Entladevorgang: An der Anode / negativen Elektrode wird Cadmium zum Cadmiumhydroxid (Cd(OH)2) oxidiert. Die freiwerdenden Elektronen fließen dann über den Verbraucher zur Kathode / positiven Elektrode. Dort wird das Nickel(III)-oxidhydroxid NiOOH zu Nickel(II)-hydroxid Ni(OH)2 reduziert.

Standardelektrodenpotentiale: E(Cd/Cd2+) = −0,81 V (in basischer Lösung); E(NiO(OH)/Ni(OH)2)= +0,49 V

Reaktionen:

Negative Elektrode: \mathrm {Cd + 2OH^- \leftrightarrow Cd(OH)_2 + 2e^-}
Positive Elektrode: \mathrm {2\, NiO(OH) + 2\, H_2O +2e^- \leftrightarrow 2\, Ni(OH)_2 + 2 OH^-}
Gesamtreaktion: \mathrm {2\, NiO(OH) + Cd + 2\, H_2O \leftrightarrow 2\, Ni(OH)_2 + Cd(OH)_2}
\rightarrow: Entladung
\leftarrow: Ladung

Ladevorgang: Die Reaktionen laufen in umgekehrter Richtung ab, die Cadmium-Elektrode ist dann ebenfalls Minuspol, aber Kathode, da hier reduziert wird, die Nickelelektrode ist entsprechend Pluspol / Anode, an dem eine Oxidation abläuft.

Überladen: Gegen Ende des Ladezyklus steigt die Zellspannung an, ab etwa 1,55 bis 1,6 V wird die Zersetzungsspannung des Wassers unter den Bedingungen der Zelle überschritten, es kommt zum Gasen:

Negative Elektrode:  \mathrm {4\, H_2O + 4\, e^-\ \rightarrow 2\, H_2 + 4\, OH^-}
Positive Elektrode:  \mathrm {4\, OH^-\ \rightarrow 2\, H_2O + O_2 + 4\, e^-}
Gesamtreaktion: \mathrm{ 2\, H_2O\ \rightarrow 2\, H_2 + O_2 }

In gasdichten NiCd-Akkus wird ein Überschuss von Cadmium(II)-hydroxid verwendet. Am Pluspol entsteht beim Überladen Sauerstoff, während am Minuspol noch Cd2+ reduziert wird. Der Sauerstoff reagiert dann mit Cadmium weiter zu Cadmium(II)-hydroxid und wird so gleich wieder verbraucht.

Probleme

NiCd-Akkus enthalten das giftige Schwermetall Cadmium und müssen daher über besondere Rücknahmesysteme gesondert entsorgt werden (siehe Abschnitt Entsorgung).

Beim Überladen können NiCd-Akkumulatoren beschädigt werden:

  • Ausgasen durch Überhitzung/Überladung (irreversibel)
  • Entstehen von γ-NiOOH und dadurch Spannungsabfall (44–50 mV)
  • Entstehen von intermetallischer Verbindung Ni5Cd21 und dadurch Spannungsabfall (120 mV)

Auch Falschladung (Verpolen) beschädigt eine Zelle durch Ausgasen an der Anode. Dadurch entsteht auch hochentzündlicher Wasserstoff. Die Falschpolung einer Zelle innerhalb eines Akkupacks tritt bereits bei Tiefentladung auf. Die Zellen sind in Reihe geschaltet. Wenn die schwächste Zelle entladen ist, liegt an ihrer negativen Elektrode der Pluspol, an der positiven Elektrode der Minuspol der Nachbarzellen.

Hohe Ladezustände bei der Lagerung von NiCd Akkus führen zu Kristallwachstum an der Cd-Elektrode. Kristalle können die Trennschichten durchbohren und so einen inneren Kurzschluss der Zelle verursachen. NiCd-Akkus lassen sich am besten bei 40 % Ladezustand lagern, um eine Tiefentladung zu vermeiden und ein Kristallwachstum zu reduzieren.

Vorteile

Im Gegensatz zu NiMH- und Lithium-basierten Akkumulatoren zeichnen sich NiCd-Zellen vor allem durch eine deutlich höhere Robustheit gegen Tiefentladung und Überladung aus. So kann in einer Batterie aus reihengeschalteten NiCd-Akkumulatoren ein einheitlicher Ladezustand erreicht werden, indem diese gezielt mit geringem Strom (1/10 der Kapazität) überladen wird. Zellen mit einem bereits hohen Ladestand wandeln die zugeführte Energie bei hinreichend niedrigen Strömen in Wärme um, ohne dabei irreversible Schäden zu erleiden. Dieses Verfahren ist bei anderen Akkutypen nicht oder nur eingeschränkt möglich, sodass es hier wesentlich häufiger zu Schäden durch ungleichmäßigen Ladezustand der Zellen (und daraus folgende Überladung bzw. Tiefentladung) kommt. Weiterhin besitzen NiCd-Zellen günstige Eigenschaften beim Einsatz bei niedriger Umgebungstemperatur.

Beide Eigenschaften sind insbesondere bei vielen sicherheitskritischen Anwendungen von großer Bedeutung, so dass hier in vielen Fällen Lithium- oder NiMH-Akkumulatoren keinen geeigneten Ersatz bieten.

Entsorgung

Hauptartikel: Batterierecycling

Da NiCd-Akkus das giftige Schwermetall Cadmium enthalten, dürfen sie nicht über den Hausmüll entsorgt werden. Es gibt für sie besondere Rücknahmesysteme, in Deutschland etwa betrieben durch die Stiftung Gemeinsames Rücknahmesystem Batterien.

NiCd-Akkus lassen sich bei ordnungsgemäßer Entsorgung gut wiederverwerten. Das Cadmium kann durch Destillation zurückgewonnen werden, da es einen wesentlich niedrigeren Siedepunkt als die anderen Bestandteile des Akkus (in der Regel Nickel und Stahl) hat[4].

Anwendung

Offene Zellen

Gasdichte Zellen

  • Verbraucherbereich allgemein (Spielzeug, Fotoapparate, Elektrische Werkzeuge, Fernbedienungen usw.)
  • Notbeleuchtung Einzelbatterieleuchten

Siehe auch

Literatur

  • Lucien F. Trueb, Paul Rüetschi: Batterien und Akkumulatoren - Mobile Energiequellen für heute und morgen. Springer, Berlin 1998 ISBN 3-540-62997-1
  • David Linden, Thomas B. Reddy (Hrsg.): Handbook of Batteries. 3. Auflage. McGraw-Hill, New York 2002 ISBN 0-071-35978-8
  • Andreas Jossen, Wolfgang Weydanz: Moderne Akkumulatoren richtig einsetzen, Printyourbook 2006, ISBN 9783939359111

Weblinks

Referenzen

  1. Ernst Grimsehl, Walter Schallreuter, Rolf Gradewald: Lehrbuch der Physik, Bd.2, Elektrizitätslehre. Teubner Verlag, 1954, ISBN 3322007561.
  2. Patent DE602702: Galvanisches Element, insbesondere elektrischer Akkumulator. Veröffentlicht am 14. September 1934.
  3. Pressemeldung des Europäischen Parlaments.
  4. Erläuterung zum Recycling von Batterien auf den Seiten der GRS (Stand: 17. September 2007).

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