Nikolaikirche (Brandenburg)

Nikolaikirche (Brandenburg)

Die Nikolaikirche ist eine Kirche bei der historischen Altstadt Brandenburg.

Die Nikolaikirche zu Brandenburg an der Havel, Jan. 2007, von Nordosten aus gesehen

Inhaltsverzeichnis

Entstehung und Funktion

Das Gotteshaus wurde erstmalig im Jahr 1173 erwähnt. F. Grasow mutmaßt einen Baubeginn um 1170 und zählt damit die Nikolaikirche zu den ältesten Backsteinbauten der Stadt.[1] Der Stadthistoriker Prof. Otto Tschirch hält sie gar für den ältesten Kirchenbau der Mark Brandenburg, mit Anklängen an "die lombardische Backsteinkunst, die neuere Kunstgeschichtsforscher veranlaßt haben, unseren norddeutschen romanischen Backsteinbau in ursächlicher Verbindung mit Oberitalien zu bringen."[2][3]

Es wird im Allgemeinen angenommen, dass die Nikolaikirche als Dorfkirche des nahebei, wahrscheinlich zum Ufer der Havel hin gelegenen, bislang aber archäologisch noch nicht nachgewiesenen Dorfes Luckenberg errichtet wurde. Luckenberg fiel sehr zeitig wüst und wurde mit seinen Gemarkungen der Altstadt Brandenburg zugeschlagen. Gegen die Nutzung als einfache Dorfkirche spricht die für einen solchen Zweck ungewöhnliche Größe des Gotteshauses, das neben seinem hohen Hauptschiff zwei niedrigere, durch zwei Säulenreihen abgetrennte Seitenschiffe besitzt. Es wird daher vermutet, dass es sich bei dem Dorf Luckenberg um eine unbefestigte Kaufmannssiedlung handelte, die in ihrem Kern eventuell perspektivisch für eine Stadtgründung vorgesehen war. Jene Pläne hätten sich dieser Theorie folgend aufgrund der Konkurrenzsituation zu der nur dreihundert Meter entfernten, planmäßig urbanisierten Altstadt Brandenburg nicht durchsetzen können. Luckenberg fiel schon kurze Zeit später wüst; die Kirche blieb als einziges Relikt stehen. Mit der Theorie der Kaufmannssiedlung Luckenberg korrespondiert die Namensgebung der Kirche, die dem heiligen Nikolaus, dem Patron der Kaufmannschaft, geweiht ist.

In der "Raubritterzeit" des 14. und 15. Jahrhunderts wurde das inzwischen zur Ruine verkommene Kirchlein häufig zu Unterschlupfzwecken missbraucht. So nutzte sie Johann von Quitzow am Abend des 8. März 1403 als Versteck für seine Mannschaften im Zuge eines Überfalls auf die Altstadt Brandenburg [2] Nach einer privat finanzierten Restaurierung durch den Baumeister Boxthude im Jahre 1467 diente die Kirche in den Folgejahrhunderten als Friedhofskapelle, bis sie im Zwanzigsten Jahrhundert auch diese Funktion verlor.

Heute gehört die Kirche der katholischen Gemeinde Heilige Dreifaltigkeit, die sie in den 90'er Jahren des 20. Jahrhunderts von der St. Gotthardt Gemeinde durch einen Schenkungsvertrag erhielt und anschließend sanierte. Die Kirche wird für Gottesdienste genutzt, erfüllt aber auch den Charakter einer ökumenischen Begegnungsstätte, was sich im monatlichen Friedensgebet dort zeigt. Weiterhin erinnert sie an die Opfer des Nationalsozialismus in der Stadt.

Gestalt

Bis auf einen zweilagigen Feldsteinsockel ist die dreischiffige, romanische Basilika vollständig in märkischem Backstein aufgeführt. Das Hauptschiff wird von zwei etwa halbhohen Seitenschiffen begleitet, von denen es durch viereckige Pfeilerarkaden mit Rundbögen getrennt ist. Das Hauptschiff endet im Osten in einer halbrunden Apsis. Das Westwerk wird durch einen Turm gestaltet, der ursprünglich seit 1850 zwei Turmspitzen aufwies. An der südwestlichen Außenwand der Apsis fanden sich drei sehr schön gestaltete und reliefierte Granitsteine, die u. a. eine Kogge und einen Kran sowie Fässer abbilden und auf eine Verbindung der Kirche zur Kaufmannschaft hinweisen. Die Steine wurden zwischenzeitlich zu ihrem Schutz im Kircheninnenraum ausgestellt.

Quellen

  • Friedrich Grasow, Brandenburg die tausendjährige Stadt Ein Gang durch Kultur und Baukunst vergangener Jahrhunderte, Im Selbstverlage der Stadt Brandenburg, Brandenburg 1928
  • Otto Tschirch, Die Geschichte der Chur- und Hauptstadt Brandenburg an der Havel, Festschrift zur Tausendjahrfeier der Stadt 1928/29 in zwei Bänden, Brandenburg (Havel)/ 1928

Fußnoten

  1. Friedrich Grasow, Brandenburg die tausendjährige Stadt Ein Gang durch Kultur und Baukunst vergangener Jahrhunderte, Im Selbstverlage der Stadt Brandenburg, Brandenburg 1928, S. 126f.
  2. a b Otto Tschirch Geschichte der Chur- und Hauptstadt Brandenburg an der Havel Festschrift zur Tausendjahrfeier der Stadt 1928/29, Band I, Brandenburg (Havel), 1928, S. 65
  3. O. Stiehl, Der Backsteinbau romanischer Zeit, S. 72ff.

Weblinks

52.41006944444412.5489111111117Koordinaten: 52° 24′ 36″ N, 12° 32′ 56″ O


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