Norbert Darabos

Norbert Darabos
Norbert Darabos (2008)

Norbert Darabos [ˈdarabɔʃ] (* 31. Mai 1964 in Wien) ist ein österreichischer Politiker (SPÖ) und wurde am 11. Jänner 2007 Verteidigungsminister in der Bundesregierung Gusenbauer. Dieses Amt hat er auch im Kabinett Faymann inne, zusätzlich wechselten die Sportangelegenheiten vom Bundeskanzleramt zu Darabos ins Verteidigungsministerium. Darabos ist verheiratet, hat zwei Kinder und gehört der burgenland-kroatischen Volksgruppe an.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Norbert Darabos wuchs im burgenländischen Dorf Kroatisch-Minihof auf. Nach der Matura begann er 1982 ein Studium der Geschichte und der Politikwissenschaft an der Universität Wien, welches er 1988 abschloss.[1] Zwischenzeitlich absolvierte er 1987/88 seinen Zivildienst.

Politik

Politisch trat Darabos erstmals 1987 als Mitglied des Gemeinderats von Nikitsch ans Licht. Diese Funktion hatte er bis 2003 inne. Von 1988 bis 1991 war Darabos Landesleiter des burgenländischen Renner-Instituts, von 1991 bis 1997 Pressesprecher von Landeshauptmann Karl Stix. Seit 1998 hatte er die Funktion des Landesgeschäftsführer der SPÖ Burgenland inne und war seit 19. Mai 1999 Mitglied des burgenländischen Landtags. Von Dezember 2000 bis März 2003 war Darabos Klubobmann des SPÖ-Landtagsklubs.

Am 3. März 2003 wurde Darabos Bundesgeschäftsführer der SPÖ. Im Jahr 2004 leitete er den Wahlkampf des späteren Bundespräsidenten Heinz Fischer, im selben Jahr wurde er als Abgeordneter zum Österreichischen Nationalrat angelobt.

Nach der Nationalratswahl 2006, bei der die SPÖ überraschend stimmenstärkste Partei wurde, war Darabos Mitglied des Verhandlungsteams für die Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP. In der folgenden Großen Koalition wurde er Verteidigungsminister, der erste ehemalige Zivildiener in diesem Amt.

Eurofighter-Verhandlungen

Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit als Minister war zu Beginn die Verhandlungen mit EADS über einen möglichen Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag. Nach einem Gutachten des österreichischen Rechtsexperten Helmut Koziol zum Beschaffungsvorgang verhandelte Darabos eine Reduktion der Stückzahl von 18 auf 15 Stück sowie über eine Reduktion der (Kampf)-Leistung. Von mehreren Parteien wurde Darabos kritisiert, nicht die Ermittlungsergebnisse des eingesetzten Untersuchungsausschusses abgewartet zu haben, sondern nur aufgrund des Koziol-Gutachtens die Verhandlungen zu Ende gebracht zu haben.

Der mit den Nachverhandlungen befasste Rechnungshof übte in seinem am 22. August 2008 veröffentlichten Bericht zwar Kritik am Verhandlungsergebnis bestätigte aber auch die Einsparung von 267 Millionen Euro durch die Reduktion der Anzahl an Abfangjägern bei denen, durch den erfolgten Downgrade auf gebrauchte Flugzeuge der ersten Tranche - bei gleichzeitiger Einsparung von militärisch notwendiger Zusatzausrüstung, der Preis pro Flugzeug sogar noch gestiegen ist.[2]

Darabos entgegnet der Kritik damit dass, durch die von ihm geführten Nachverhandlungen, der Republik Österreich 267 Millionen Euro cash gebracht haben welche im Frühjahr 2009 seitens EADS rücküberwiesen wurden sowie mit Einsparungen in den Betriebskosten von über einer Milliarde Euro bei einer erwarteten Lebensdauer von 30 Jahren.

US-Raketenschild

Im August 2007 hat Darabos in einem Interview mit der Tageszeitung Die Presse den in Tschechien und Polen geplanten US-Raketenschild als „Provokation“ bezeichnet.[3] Kritik an dieser Aussage kam von Tschechiens Außenminister Karl Schwarzenberg („Herr Darabos ist ein Mensch mit ausgesprochen pazifistischer Ausrichtung, was bestimmt lobenswert, allerdings bei einem Verteidigungsminister sonderbar ist.“),[4] der damaligen US-Regierung George W. Bushs sowie von Seiten der ÖVP.[5] Im September 2009 hat der neue US-Präsident und Friedensnobelpreisträger Barack Obama den umstrittenen US-Raketenschild gestoppt.

Tschad-Einsatz

Im Oktober 2007 entschied sich Darabos entgegen der öffentlichen Meinung für einen Einsatz des Österreichischen Bundesheeres im Tschad. Der humanitäre Hilfseinsatz wurde in Folge unter UN-Mandat verlängert. Die Entscheidung für diesen Einsatz dürfte der Verteidigungsminister letztendlich im Rahmen einer Erkundungsreise getroffen haben. In einer Rede sagte Darabos dazu: „Obwohl ein Verteidigungsminister selten Emotionen und Empfindungen zeigen sollte, möchte ich ganz offen sein: Es ging mir bei einem Besuch eines Flüchtlingslagers sehr nahe, zu sehen, wie diese Menschen in permanenter Angst, in großer Armut und ohne Hoffnung auf eine bessere Zukunft leben müssen. Noch während des Rückfluges nach Wien ist dann der endgültige Entschluss gereift, dass wir helfen, dass wir etwas zum Schutz dieser Menschen tun werden.“

Kritik

Die Amtszeit des Wehrdienstverweigerers Darabos wird immer wieder von teilweise harter Kritik der militärischen Interessensvertreter wie dem Milizverband oder der Offiziersgesellschaft begleitet. Darabos entgegnete diesen Kritikern im Rahmen eines Truppenbesuches in Mautern mit einer ebenfalls umstrittenen Grundsatzrede, in der er sich klar zum Österreichischen Bundesheer und zur militärischen Landesverteidigung bekannte und festhielt, dass er nie ein Militarist war und auch nie einer sein werde. Bei der so genannten Mautern-Rede sprach Darabos von seiner Vision eines humanistischen Bundesheeres.

Im Jänner 2011 vorgelegte Pläne zu einer Bundesheereform mit Abschaffung der Wehrpflicht sorgten für große Diskussionen und zum Zerwürfnis mit dem Generalstabschef Edmund Entacher (Absetzung nach Kritik)[6] und der Offiziersgesellschaft (Rücktrittsaufforderung von Seiten der ÖOG bzw. Vergleich der Bedeutung des Vereins mit der des SC Kroatisch Minihof durch den Minister).[7] Die Absetzung des Generalstabschefs wurde im November 2011 von der Berufungskommission im Bundeskanzleramt ersatzlos aufgehoben.[8][9][10] Der Minister kündigte daraufhin an, mit General Entacher über schriftliche Weisungen zu verkehren.[11] Dieser warnte vor einem Racheakt:

„Ein Racheakt an mir wäre sinnlos, mein Verbleib hat ein Ende. (Bis 2013, Anm.) Ich würde ihnen in dieser kurzen Zeit sonst nur die Gurke geben, das würden sie bitte bereuen.“

General Edmund Entacher: Die Presse[12]

Die Diskussionen verwunderten umso mehr, als Darabos noch wenige Monate davor die Wehrpflicht als in „Stein gemeißelt“ und bestes Modell für Österreich bezeichnet hatte, das sich unter seiner Führung nicht ändern werde. Zudem war die Beibehaltung der Wehrpflicht im SPÖ/ÖVP-Regierungsprogramm festgelegt.[13] Erst ein Artikel der Kronenzeitung brachte den Umschwung, weshalb der Wunsch zur Abschaffung der Wehrpflicht als weiterer Kniefall der SPÖ vor dem Boulevard-Blatt angesehen wird. Laut einer WikiLeaks zugespielten Depesche der US-Botschaft wurde Darabos bereits zuvor von österreichischen Militärs kritisiert. Botschaftsmitarbeiter berichteten: „Militärische Kontakte beschweren sich bei uns, dass er unfähig, vielleicht auch unwillig ist, das Budget für das Militär zu steigern. Er wird als ein ambitionierter Politiker beschrieben, der gegen seinen Willen auf einen in Österreich weniger wünschenswerten Ministerposten abgeschoben wurde. “Auch der ehemalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel kritisierte Darabos gegenüber der früheren US-Botschafterin Susan McCaw mit den Worten, er sei „eine echte Enttäuschung als Verteidigungsminister“.[14]

Auszeichnungen (Auszug)

Literatur

  • Johann Kriegler: Politisches Handbuch des Burgenlandes. III. Teil (1996–2001). Eisenstadt 2001 (Burgenländische Forschungen; 84), ISBN 3-901517-29-4.

Weblinks

 Commons: Norbert Darabos – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Norbert Darabos: Zum Selbstverständnis der burgenländischen Kroaten in der Zweiten Republik. 1988, abgerufen am 9. November 2011 (Diplomarbeit).
  2. Wiener Zeitung: Schlechtes Zeugnis für Eurofighter-Vergleich. 22. August 2008
  3. Die Presse: „US-Raketenabwehr ist eine Provokation“. 22. August 2007
  4. Die Presse: Prag: Pazifismus von Darabos ist „sonderbar“. 23. August 2007
  5. Gerhard Mangott & Martin Senn: Streit um Raketenschild: Wer provoziert wen? Warum die US-Kritik an Norbert Darabos ins Leere geht. In: Der Standard. 27. August 2007
  6. Otmar Lahodynsky: „Wir stehen vor der Klippe“: Generalstabschef Edmund Entacher im Interview. profil, 22. Jänner 2011, abgerufen am 9. November 2011: „Warum soll ich ein neues System einführen, das voller Risken steckt und bei dem es kein Zurück mehr gibt? Kein vernünftiger Mensch würde das tun.“
  7. ORF: Ausgesprochen, was viele denken. 25. Jänner 2011
  8. APA/burg: Blamage für Darabos: Entacher gewinnt Verfahren. derStandard.at, 7. November 2011, abgerufen am 7. November 2011: „Die Absetzung von Generalstabschef Edmund Entacher durch Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) war nicht rechtens. Die Berufungskommission beim Bundeskanzleramt hat den Versetzungsbescheid des Verteidigungsministeriums ersatzlos aufgehoben.“
  9. red.: Pleite für Darabos: General Entacher kehrt zurück. Die Presse, 7. November 2011, abgerufen am 7. November 2011: „Eine Berufungskommission hat den Absetzungs-Bescheid aufgehoben. Entacher ist ab morgen wieder als Generalstabschef im Einsatz. Davor will er "ein bisschen feiern".“
  10. Roter Feldherr triumphiert über roten Minister. Wiener Zeitung, 7. November 2011, abgerufen am 7. November 2011: „Damit ist die Versetzung von General Entacher "rechtlich nicht möglich".“
  11. Conrad Seidl, Nina Weißensteiner: Per Weisung in den Verwaltungsdschungel. Der Standard, 9. November 2011, abgerufen am 12. November 2011: „Darabos will sein Ministerium nun durch schriftliche Weisungen führen - Das kann schwierig werden: Weisungen an Beamte kann er nur selbst geben“
  12. Rainer Nowak: Entacher: Einen Racheakt würden sie bitter bereuen. Die Presse, 13. November 2011, abgerufen am 12. November 2011.
  13. Regierungsprogramm 2008-2013. Österreichische Bundesregierung, 2008, S. 144f, abgerufen am 8. November 2011 (PDF): „Wehrpflicht und Miliz Die Bundesregierung bekennt sich zu einem Bundesheer, das auf der allgemeinen Wehrpflicht, Miliz- und Berufskomponenten aufbaut sowie zur Beibehaltung des auf sechs Monate verkürzten Wehrdienstes. […] Die Wehrpflicht ist die Voraussetzung für eine kontinuierliche Sicherstellung jenes Personals, das für die Abdeckung des gesamten Leistungsspektrums des Österreichischen Bundesheeres erforderlich ist. Dabei fördert die allgemeine Wehrpflicht das Engagment (sic!) junger Staatsbürger für das Gemeinwohl und eine gute Einbindung des Bundesheeres in die Gesellschaft.“
  14. Die Presse: Wikileaks: Was US-Beamte von Strache halten. 26. Jänner 2011

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