Obernauer Kolonie

Obernauer Kolonie

Die Obernauer Kolonie ist ein Stadtteil der kreisfreien Stadt Aschaffenburg im bayerischen Regierungsbezirk Unterfranken. Sie hat 1.153 Einwohner (2007) und ist damit der kleinste Stadtteil von Aschaffenburg.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Er grenzt südöstlich der Maintalbahn (Aschaffenburg–Miltenberg) der Westfrankenbahn, an den Stadtteil Schweinheim, südlich an den Stadtteil Obernau, im Nordwesten und Norden an den Main und die Innenstadt Aschaffenburg. In der Obernauer Kolonie mündet der Hensbach in den Main.

Geschichte

Die Obernauer Kolonie liegt zwischen der Obernauer Straße (Staatsstraße 2309) und der Bahnlinie Aschaffenburg - Miltenberg an der Gemarkungsgrenze zum Stadtteil Schweinheim bzw. zu dem bereits 1904 von Schweinheim eingemeindeten Gebiet der Eckertsmühle. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde auf der ursprünglich landwirtschaftlich genutzten Fläche nach den Entwürfen des Direktors der Aschaffenburger Meisterschule für Bauhandwerker, Otto Leitolf eine Wohnkolonie als Lehrkolonie errichtet - die Obernauer Kolonie.

Die Wohnkolonie (1919−1923) ist in ihrem historischen Kern ein Projekt im Sinne der Gartenstadtbewegung mit Einzel-, Doppel- und Reihenhäusern. Sie stand in Verbindung mit dem nach Johannes Müller benannten und im 19. Jh. an der Einmündung der Unterhain-straße in die Obernauer Straße als Aussichtspunkt angelegten Grünanlage "Johanneshügel", außerdem mit einer Kleingartenanlage, die erst in den 1980er Jahren mit Wohnhäusern bebaut wurde und mit einer Gartenanlage der Eisenbahnerlandwirtschaft, die noch vorhanden ist. Die Ein- bis zweigeschossigen Gebäude der Lehrkolonie wurden in der Zeit des Kohle- und infolgedessen Baustoffmangels vor und während der der Ruhrbesetzung vor allem aus den noch verfügbaren Baumaterialien Lehm, Holz, Schlacke, Stroh, Eichenlaub, Sandstein unter Erprobung neuartiger Konstruktionen und Bautechniken (Lehm-Schlacke-Stampfbeton etc.) überwiegende in Selbsthilfe gebaut. Die Wohnungsnot zwang zu dieser Zeit zu solchen Versuchen und zu äußerster Sparsamkeit. Der Baustil der Obernauer Kolonie greift auf die traditionelle Formensprache der sogenannten Heimatschutzarchitektur zurück. So sind die Wohnhäuser mit den Toranlagen nördlich entlang der Dankwartstraße offenbar der Bauweise in der Hauptstraße des Stadtteils Obernau nachempfunden.

Initiator war die in Aschaffenburg bestehende Kleinwohnungsbaugenossenschaft für die Erweiterung des städtischen Kleinwohnungsbaus in der sich besonders die Ehefrauen von bekannten und verdienten Persönlichkeiten der Stadt Aschaffenburg engagierten. Der Magistrat der Stadt Aschaffenburg beauftragte den 1919 zum Leiter der städtischen Meisterschule berufenen Architekten Otto Valentin Leitolf (* 1881; † 1967) mit Planung und Ausführung. Haustypen sind die fränkischen Giebel, mit der traditionellen Hofmauer, und Vorgärten mit zurückhaltend bemessenen Erschließungsstraßen kombiniert.

Der Johanneshügel, in den in den 1930er Jahren ein Bunker der Wetterau-Main-Tauber-Stellung eingebaut worden war, wurde bei der Verlegung und Verbreiterung der Obernauer Straße in den 1950er Jahren beseitigt.

Straßennamen

Die Straßen der Obernauer Kolonie sind hauptsächlich nach den Vornamen der Ehefrauen von Aschaffenburger Persönlichkeiten benannt.

  • Adelenstraße, benannt nach Adele Benecken (* 1873; † 1927) aus Köln. Sie war die Ehefrau des Ingenieurs und Motorenbauers Hugo Güldner (* 1866; † 1926).
  • Bertastraße, benannt nach Hubertina Henriethe Bertha Thywißen (* 1878) aus Aachen, zweite Ehefrau des Fabrikdirektors Dr. phil. Johann Franz Dessauer (Buntpapierfabrik).
  • Charlottenweg, benannt nach Elisabeth Charlotte Herlein (* 1876; † 1954) geb. Ernst, war die Ehefrau des Direktors der Buntpapierfabrik Alexander Herlein (* 1875; † 1954).
  • Emilienstraße, (Hier wohnte der Gewerkschafter, Reichstagsabgeordnete, spätere Bundestagsabgeordnete und Ehrenbürger der Stadt Aschaffenburg Hugo Karpf.)
  • Emmyweg, benannt nach Emilia (Emmy) Levi (* 1888; † 1932) war die Ehefrau des Kleiderfabrikanten Heinrich Karl Desch (* 1876; † 1953).
  • Helenenstraße, benannt nach Helene Naucke, war die Ehefrau des Vorstandsmitgliedes der Oberbayerischen Zellstoff- und Papierfabriken AG, Direktor Paul Naucke.
  • Klarastraße, benannt nach Klara Elisabeth Fuhrmann (* 1859; † 1938) aus Görlitz, Ehefrau des späteren Direktors der Aschaffenburger Zellstoff- und Papierfabrik, Kommerzienrat Richard Karl Ilgner (* 1863; † 1926). '
  • Wilhelminenstraße, benannt nach Wilhelmine Prym (* 1868) aus Zürich, Ehefrau des langjährigen Direktors der Buntpapierfabrik AG Wilhelm Schmitt (Schmitt-Prym) (* 1867; † 1943). (In dieser Straße wohnte lange Jahre der Geschäftsführer der „Spessartdruck GmbH“ (Herausgeberin der sozialdemokratischen Volkszeitung) Jean Stock, der mehrfach von der NSDAP verhaftet wurde.[1])

Einzelnachweise

  1. http://www.dgb-aschaffenburg.de/ab/aktuelles/203.Vor__Jahren_Die_Zerschlagung_der_Gewerkschaften_unterm_Hakenkreuz_.html

Literatur

  • Carsten Pollnick: Aschaffenburger Strassennamen - Personen und Persönlichkeiten und ihre lokalgeschichtliche Bedeutung I. Stadtgeschichtliche Beiträge Band I Aschaffenburg: Stadt Aschaffenburg - Stadt- und Stiftsarchiv 1990, ASIN 3-9801478-5-1

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