Operation Paukenschlag

Operation Paukenschlag

Das Unternehmen Paukenschlag war eine Operation der deutschen Kriegsmarine im Zweiten Weltkrieg. Unter dem Begriff wird häufig das eigentliche Unternehmen Paukenschlag und die Folgeunternehmen, die keinen eigenen Namen erhielten, zusammengefasst.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Hitler hatte gegenüber dem Kaiserreich Japan zugesagt, im Falle eines Krieges Japans mit den Vereinigten Staaten seinerseits den Vereinigten Staaten den Krieg zu erklären. Dieses Bündnisversprechen wurde nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor am 7. Dezember 1941 durch die deutsche Kriegserklärung vom 11. Dezember 1941 eingelöst.

Für Karl Dönitz als Befehlshaber der deutschen U-Boote bedeutete die Kriegserklärung, dass die Einschränkungen des U-Boot-Krieges gegenüber amerikanischen Schiffen wegfielen. Faktisch hatte sich die US Navy bereits seit einigen Monaten an der Sicherung von alliierten Konvois beteiligt, ohne dass die deutschen U-Boote die Erlaubnis hatten, amerikanische Kriegsschiffe anzugreifen. Dönitz sah außerdem die Möglichkeit zu einem überraschenden Angriff auf den Schiffsverkehr vor der amerikanischen Ostküste. Dieser Angriff erhielt den Namen Unternehmen Paukenschlag.

Vorbereitungen

Aufgrund der großen Entfernung konnte der Angriff nur von den Langstrecken-U-Booten des Typs IX durchgeführt werden. Von den 20 vorhandenen Booten waren neun Boote vom Typ IX und IX B (mit jeweils 16.000 km Reichweite bei 12 kn) und elf Boote vom Typ IX C (mit 20.000 km Reichweite bei ebenfalls 12 kn). Als Berlin grünes Licht für den U-Boot-Angriff auf Nordamerika gab, standen lediglich sechs Typ-IX-Boote zur Verfügung: U 66 unter Erich Zapp, U 109 unter Heinrich Bleichrodt, U 123 unter Reinhard Hardegen, U 125 unter Ulrich Folkers, U 130 unter Ernst Kals und U 502 unter Jürgen von Rosenstiel. Diese sechs Boote bildeten die erste Welle. Am 18. Dezember stachen U 125 und U 502 in See. U 502 musste aber aufgrund eines Öllecks den Einsatz abbrechen und kehrte am 22. Dezember nach Lorient zurück. Am 23. Dezember ging U 123 in See, am 25. Dezember U 66 und am 27. Dezember liefen U 130 und U 109 zum Einsatz aus. Diese Boote hatten Befehl, keine Angriffe während der Atlantiküberquerung auszuführen, außer auf besonders attraktive Ziele wie feindliche Großkampfschiffe.

Im Einsatzgebiet

Die Boote benötigten ungefähr zwei Wochen, um ihre Einsatzgebiete vor der amerikanischen Ostküste zu erreichen. Am 13. Januar 1942 hatten die drei für die Küste der USA vorgesehenen Boote (U 66 östlich von Kap Hatteras, U 123 nahe der Spitze von Long Island und U 125 vor New Jersey) ihre Positionen bezogen und begannen im Morgengrauen des 14. Januar ihre Angriffe. Die beiden anderen Boote patrouillierten vor der kanadischen Küste. Allerdings hatte Kplt. Hardegen mit U 123 bereits am 11. Januar den britischen Frachter SS Cyclops versenkt. Die Angriffe trafen die US-Schifffahrt vollkommen unvorbereitet. Die Handelsschiffe fuhren, da die Ostküste bisher außerhalb des Einsatzgebietes deutscher U-Boote gelegen hatte, mit gesetzten Positionslichtern und ohne jeden Schutz. Bis zur ihrer Rückkehr versenkten U 123 sieben Schiffe mit 46.744 BRT, U 130 sechs Schiffe mit 36.988 BRT, U 66 fünf Schiffe mit 33.456 BRT, U 109 vier Schiffe mit 27.651 BRT und U 125 ein Schiff mit 5.666 BRT. Am 6. Februar, als das letzte der fünf U-Boote den Rückmarsch antrat, hatten diese 23 Schiffe mit 150.505 BRT vernichtet. Fast ein Drittel der Tonnage hatte Reinhard Hardegen mit U 123 versenkt, der für diese Erfolge ein Telegramm mit dem Wortlaut: „An den Paukenschläger Hardegen. Bravo! Gut gepaukt. Dönitz“ erhielt und mit dem Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes ausgezeichnet wurde.

Alliierte Reaktion und Bilanz

Erst im Juni 1942, fünf Monate nach Beginn des Unternehmens Paukenschlag, wurde das Konvoisystem, das sich als Schutz vor U-Booten seit Jahren im Nordatlantik bewährt hatte, auch für die Handelsschifffahrt vor der amerikanischen Ostküste eingeführt. Diese verspätete Reaktion war mitursächlich für den Verlust von 397 Schiffen mit über 2 Millionen BRT und ungefähr 5000 Matrosen, welcher der alliierten Handelsschifffahrt in den sechs Monaten nach Beginn des Unternehmens Paukenschlag vor der amerikanischen Küste und in der Karibik durch U-Boote zugefügt wurde. Die deutschen Verluste in diesen Seegebieten im gleichen Zeitraum betrugen sieben U-Boote, wobei 302 Besatzungsmitglieder ihr Leben verloren. Da es den deutschen Kommandanten ebenso leicht fiel, Versenkungen zu erzielen wie zu Beginn des Krieges, wird das Unternehmen Paukenschlag und die Folgeunternehmen auch als Zweite glückliche Zeit der deutschen U-Boote bezeichnet.

Folgeunternehmen

Auch wenn Paukenschlag lediglich die erste Welle von fünf Booten bezeichnet, werden häufig auch die weiteren U-Boot-Unternehmen vor der amerikanischen Küste so bezeichnet. Dieses Seegebiet wurde nach dem Unternehmen Paukenschlag ein Jagdrevier der deutschen U-Boote, wobei später nicht nur Langstreckenboote des Typs IX, sondern auch die kleineren Boote des Typs VII zum Einsatz kamen, die durch Versorgungs-U-Boote (sogenannte „Milchkühe“) unterwegs versorgt werden mussten. In den folgenden Wellen kamen häufig die erfolgreichsten U-Boot-Kapitäne zum Einsatz, die nicht nur vor der Ostküste, sondern auch im Golf von Mexiko und in der Karibik, besonders auch vor Panama, operierten.

U-Bootgruppe „Seewolf“

Die Zusammenstellung der U-Bootgruppe „Seewolf“ war der letzte Versuch der deutschen Seekriegsleitung, vor der amerikanischen Ostküste zu operieren. Aufgrund von Agentenmeldungen und Aussagen deutscher Kriegsgefangener befürchtete die US-Marineführung einen Angriff mittels U-Boot gestützter Raketen auf die amerikanische Ostküste. Amerikanische Historiker bezeichnen daher den letzten Angriff der Boote vom Typ IX C im April 1945 gegen die USA als finalen Paukenschlag. Insgesamt setzte die deutsche U-Bootführung mit Auslaufen ab Februar bis Ende April 1945 18 U-Boote der Typen C, IX C/40 und ein IX D2 gegen Nordamerika ein. Von den 18 U-Booten wurden zehn U-Boote versenkt, davon gelten neun Boote als Totalverlust - d.h. keine Überlebenden.

U-Boote gegen Nordamerika Februar bis Mai 1945

  • Auslaufend von Norwegen Februar 1945: U 866 / U 857 / U 879 / U 190 / U 853.
  • Auslaufend von Norwegen März 1945: U 530 / U 548 / U 518 / U 858 / U 880 / U 805 / U 1235 / U-546 / U 873 sollte ursprünglich nach Japan dann Mona-Passage und USA.
  • Auslaufend von Norwegen April 1945: U 881 / U 889 / U 1228 / U 1231.

Nach dieser Angriffswelle sollten ab Mai 1945 die neuen großen Typ XXI U-Boote (die der alliierten Technik um mehrere Entwicklungsjahre voraus waren) im Atlantik erscheinen, von denen die ersten im April 1945 in Norwegen eingetroffen waren. Am 4. Mai 1945 gegen 16 Uhr stellte Großadmiral Karl Dönitz -nun letzter Reichspräsident des Deutschen Reiches- den U-Bootkrieg gegen Westen ein und gab Order, diesen Befehl den U-Booten mitzuteilen. Am 7. Mai 1945 kapitulierte das Deutsche Reich in Reims gegenüber den USA und Großbritannien, am 9. Mai 1945 trat in Berlin-Karlshorst die Gesamtkapitulation in Kraft.

„Tear drop 2“ gegen „Seewolf“

U 518, U 546, U 805, U 858, U 880 und U 1235 die ihre befohlenen Standlinien und Vorrückpositionen im mittleren Nordatlantik ansteuerten, hatten wenig Chancen, auch wenn sie nur kurze Passiermeldungen in bestimmten Seegebiete abgaben und sonst kaum oder überhaupt nicht funkten wie U 1235. Die Funksprüche der U-Bootsführung mit den Standlinien und weitere Anweisungen an die Seewolfboote wurden von den Briten über ULTRA aufgenommen, entziffert und den Amerikanern mitgeteilt. Zur Blockade des ermittelten Anmarschweges der Gruppe Seewolf leitete die US-Marineführung die Operation Tear Drop 2 [1] ein, für die eine Flotte von 2 Geleitträgern und 22 Geleitzerstörern zusammengestellt wurde. Die US-Kriegsschiffe konnten in Folge der britischen Special Intelligence in die entsprechenden Seegebiete der U-Boote beordert werden. Von den geheimen deutschen Marinequadratkarten hatten die Alliierten schon lange Kenntnis.

Verbleib der Seewolf-U-Boote

Versenkt als Totalverluste wurden: U 518 am 22. April 1945 mit 56 Mann. Auch bei dieser Versenkung ist unklar, ob es sich tatsächlich um U 518 handelte. Es wurde 1946 angenommen, das es möglicherweise U 518 war. Am 15./16. April 1945 U 1235 mit 57 Mann und U 880 mit 49 Mann. Ebenfalls versenkt wurde U 546 am 24. April 1945 mit 33 Gefallenen; ein Teil der Besatzung wurde von den Amerikanern gerettet. U 546 versenkte vor dem Untergang den US-Zerstörer USS F. J. Davis mit einem akustisch gesteuerten Torpedo, wobei viele Seeleute der US-Navy umkamen. Die beiden unentdeckten Seewolf-U-Boote U 805 und U 858 kapitulierten nach Kriegsende, nach dem 9. Mai 1945, in See, als sie sich auf dem Kurs zur Ostküste der USA befanden.

Die Einstellung des U-Bootkrieges gegen den Westen durch Großadmiral Karl Dönitz am Spätnachmittag des 4. Mai 1945 erreichte funktechnisch nicht alle U-Boote. Der Längstwellensender, der Empfang unter Wasser ermöglichte, war zu dieser Zeit schon gesprengt, bevor die sowjetische Rote Armee diesen damals funktechnisch modernsten Langwellensender erreichte. So operierte U 881 (Kmdt.: Dr. Frischke) weiter wie unter Kriegsbedingungen und ging als Totalverlust am 6. Mai 1945 vor Neufundland verloren, wobei 53 Mann ertranken. Dieses U-Boot war von Admiral Godt der Gruppe Seewolf zugeführt worden, musste wegen Schaden nach Bergen zurück und konnte sich nicht mehr der Gruppe anschließen. So kam U 881 als letztes U-Boot vor Neufundland an und wurde als letztes U-Boot des II. Weltkriegs von den „United States Forces in the Atlantic“ versenkt.

In einem anderen Seegebiet, vor der US-Küste, griff U 853 (Kmdt.: Fröhmsdorf) Schiffe an und wurde ebenfalls am 6. Mai 1945 mit 55 Mann versenkt. Drei weitere U-Boote gingen verloren. U 548 das einzeln marschierte, wurde am 19. April 1945 mit 58 Mann versenkt. U 857 gilt seit April 1945 mit seinen 59 Mann als verschollen. U 879, das schon am 11. Februar 1945 aus Kristiansand ausgelaufen war, wurde am 30. April 1945 mit 52 Mann versenkt.

Insgesamt starben bei der letzten Angriffswelle großer deutscher Typ IX-U-Boote gegen die USA im März, April und Anfang Mai 1945 rund 500 deutsche Marinesoldaten auf den zehn versenkten U-Booten.

Einzelnachweise

  1. Potter, Nimitz, Rohmer: "Seemacht - Von der Antike bis zur Gegenwart, Kapitel 29: Der U-Boot-Krieg" Pawlak VerlagsgesGmbh, München (1982)

Literatur

  • Michael Gannon: Operation Paukenschlag - Der deutsche U-Boot-Krieg gegen die USA, Ullstein Buchverlage, Berlin, 1998, ISBN 3-548-33232-3
  • Clay Blair: Der U-Boot Krieg (Band 1 1939-1942, Die Jäger), ISBN 3-8289-0512-9
  • David Mason: Deutsche U-Boote (Der Zweite Weltkrieg), Verlagsunion Pabel-Moewig, Rastatt, 1992, ISBN 3-8118-7276-1

Weblinks


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