Otto Lenz

Otto Lenz
Otto Lenz (1951)

Otto Lenz (* 6. Juli 1903 in Wetzlar; † 2. Mai 1957 in Neapel) war ein deutscher Politiker (CDU). Er war von 1951 bis 1953 Chef des Bundeskanzleramtes und von 1953 bis zu seinem Tod Mitglied des Deutschen Bundestages.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Beruf

Lenz studierte Jura an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und Philipps-Universität Marburg. In Freiburg wurde er Mitglied der katholischen Studentenverbindung K.D.St.V. Arminia Freiburg im Breisgau im CV. Er bekleidete dort im Wintersemester 1921/22 sowie im Sommersemester 1922 die Charge des Seniors. 1925 wurde er an der Universität Marburg mit der Dissertation Die Haftung bei Gattungsschulden in § 279 BGB promoviert.

Seine erste Anstellung fand das Zentrumsmitglied 1928 in Berlin als Assessor in der Abteilung für Zivilrecht des preußischen Ministerium der Justiz. In den Jahren 1929 bis 1933 wurde er ebenda Pressereferent und war seit 1932 zugleich persönlicher Referent des Justizministers. 1933 wurde er in die Handelsrechtsabteilung versetzt und 1938 Landesgerichtsdirektor. Auf Anordnung des NS-Regimes wurde er jedoch nach kurzer Zeit aus dem Amt entlassen. Im Zweiten Weltkrieg war er Rechtsberater beim Reichskommissar am Oberprisenhof.[1]

Lenz hatte Kontakte zum Widerstandskreis um Carl Friedrich Goerdeler und war im Schattenkabinett Beck/Goerdeler für den Fall eines gelungenen Staatsstreiches als Staatssekretär im Reichskanzleramt beziehungsweise als Verkehrsminister eingeplant. Nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 wurde Lenz festgenommen und noch im Januar 1945 durch den Volksgerichtshof zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt.

Ende der 1940er Jahre zog er nach Bad Godesberg. Lenz’ Sohn Carl Otto war später (1965–1984) ebenfalls Mitglied des Deutschen Bundestages und Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (1984–1997).

Nach dem Krieg gehörte Lenz zu den Mitbegründern der CDU in Berlin.

Öffentliche Ämter

Von 1951 bis 1953 war Lenz als Staatssekretär Chef des Bundeskanzleramtes. In dieser Position bemühte er sich um den Aufbau einer effektiven Öffentlichkeitsarbeit für die Bundesregierung. So war er ab 1951 maßgeblich am Aufbau der Arbeitsgemeinschaft Demokratischer Kreise beteiligt.[2] Auf seine Initiative hin gründete die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie die Mobilwerbung. Beide Organisationen betrieben gemeinsam sowohl Propaganda für die Bundesregierung (u. a. für die Wiederbewaffnung und den NATO-Beitritt) als auch Wahlkampf für die CDU vor der Bundestagswahl 1953.[3] Lenz war auch 1956 an der Gründung der Deutschen Atlantischen Gesellschaft beteiligt, die ebenfalls die Verteidigungspolitik der Bundesregierung propagandistisch unterstützte;[4] bis zu seinem Tod bekleidete er das Amt des Vorsitzenden.

Im Jahr 1953 scheiterten allerdings seine Pläne, ein dem früheren Propagandaministerium nachempfundenes „Informationsministerium“ (das auch die Zuständigkeit für den von Reinhard Gehlen geführten Geheimdienst gehabt hätte) zu schaffen und zu leiten, an heftigen Protesten der Presse und am Einspruch der Alliierten Hohen Kommissare.[5][6] Auch nach der Beendigung seiner Tätigkeit als Staatssekretär war er weiterhin auf dem Gebiet der Öffentlichkeitsarbeit tätig. Unter anderem gründete er 1956 gemeinsam mit Erich Peter Neumann die Zeitschrift Die Politische Meinung.

Der Spiegel meldete im August 1955, Bundeskanzler Konrad Adenauer wolle Lenz als Nachfolger von Theodor Blank zum Bundesverteidigungsminister machen.[7] Hierzu kam es aber nicht, stattdessen erhielt Franz Josef Strauß dieses Amt.

Abgeordneter

Von 1953 bis zu seinem Tode gehörte Lenz dem Deutschen Bundestag an. Er vertrat den Wahlkreis Ahrweiler im Parlament und gehörte dem Verteidigungsausschuss des Bundestages an. 1955 wurde er Mitglied der Beratenden Versammlung des Europarates. Daneben war er als Rechtsanwalt tätig.

Tod

Otto Lenz starb am 2. Mai 1957 in einem Armenhospital in Neapel, laut Totenschein an Malaria PerniciosaUremia.[8] Die Tatsache, dass er trotz seiner schweren Erkrankung kein besseres Krankenhaus aufgesucht hatte, und dass er zuvor anonym in einer Pension auf Ischia gewohnt hatte, löste Spekulationen in der Presse aus, die auch eine mögliche Vergiftung andeuteten. Erst lange nach seinem Tod wurde die Verwicklung von Otto Lenz in den HS-30-Skandal bekannt. Als Rechtsanwalt hatte er die deutsche Tochterfirma der Firma Hispano Suiza vertreten, die 85 Tage vor Lenz’ Tod den Zuschlag für die Lieferung einer großen Menge von Schützenpanzern des Typs HS 30 erhalten hatte. Als Mitglied des Verteidigungsausschusses war Lenz an dieser Entscheidung beteiligt. Vor dem Untersuchungsausschuss zur Aufklärung des HS-30-Skandals sagte ein Zeuge aus, Lenz habe hierfür einen großen Geldbetrag angenommen.[9]

Obwohl Lenz zeitweise zu den wichtigsten Mitarbeitern von Konrad Adenauer gehörte, wird er in dessen vierbändigen Erinnerungen nicht erwähnt.

Dokumentationen

Jean-Michel Meurice: Schwarze Kassen . Dokumentarfilm, ARTE France, Maha und Anthracite, Jean-Michel Meurice, Frankreich 2008, 70’

Literatur

  • Bernt Engelmann: Schützenpanzer HS 30, Starfighter F-104G, oder wie man unseren Staat zugrunde richtet. 1967
  • Arnulf Baring: Außenpolitik in Adenauers Kanzlerdemokratie. 1969 (zugl. Habil. FU Berlin 1968)
  • Hans Edgar Jahn: An Adenauers Seite. Sein Berater erinnert sich. 1987
  • Im Zentrum der Macht. Das Tagebuch von Staatssekretär Lenz, 1951–1953, bearbeitet von Klaus Gotto. 1989, ISBN 3-7700-0763-8

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Martin Schumacher (Hrsg.): M.d.B. Die Volksvertretung 1946–1972: Lenz (Godesberg), Otto, Dr. (PDF) Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, ISBN 978-3-00-020703-7
  2. vgl. Jahn 1987, S. 71–106, 148
  3. Volker Ilgen: „Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit“. Wie die Bundesregierung 1959 ihren Bürgern die NATO nahebrachte. In: COMPARATIV, Heft 3/1994, S. 69–95.
  4. Michael Kunczik, Astrid Zipfel: Zur Entwicklung staatlicher Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland. In: Stephan Becker-Sonnenschein, Manfred Schwarzmeier: Vom schlichten Sein zum schönen Schein? 2002, S. 23; Ilgen 1994 (s. o.), S. 72; Baring 1969, S. 10.
  5. vgl. Baring 1969, S. 10.
  6. Das Über-Ministerium. In: Der Spiegel. Nr. 35, 1953, S. 5 (online).
    Es fing so harmlos an. In: Der Spiegel. Nr. 39, 1953, S. 5f (online).
    Um des Kanzlers Ohr. In: Der Spiegel. Nr. 40, 1953, S. 8 (online).
  7. Verteidigungsminister. In: Der Spiegel. Nr. 36, 1955, S. 7 (online).
  8. Alle miteinander. In: Der Spiegel. Nr. 27, 1969 (online).
  9. vgl. Engelmann 1967, S. 20, 31, 47–61, 74f, 86f, 92, 98, 100–104.

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