Panthéon (Paris)

Panthéon (Paris)
Panthéon vom Eiffelturm aus

Das Panthéon (gr. παν pan „alles“ und θεός theós „Gott“) auf dem Hügel der Heiligen Genoveva in Paris (5. Arrdt.) ist die nationale Ruhmeshalle Frankreichs und die Grabstätte berühmter französischer Persönlichkeiten.

Das Gebäude wurde als Kirche der mächtigen Abtei Sainte-Geneviève geplant, im Auftrag von König Ludwig XV. in den Jahren 1764 bis 1790 von dem Architekten Jacques-Germain Soufflot (1713–1780) und seinen Schülern errichtet, nach der Vollendung aber von den Führern der Revolution umgewidmet und zu einer säkularen Gedenkstätte erklärt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Kirche der Hl. Genoveva

Das Panthéon, von der Rue Soufflot aus fotografiert

Seit dem 5. Jahrhundert stand an dieser Stelle die erste Kirche, die Apostelkirche, in der Genoveva von Paris († um 502), die Schutzpatronin der Stadt, aber auch der Merowingerkönig Chlodwig I. († 511) und seine zweite Gattin Chrodechild begraben wurden. Im 9. Jahrhundert wurde die Apostelkirche in Sainte-Geneviève umbenannt. Um 1180 wurde die alte Kirche durch einen Neubau ersetzt, eine Abteikirche, die später verfiel und schließlich abgerissen wurde.

Im 17. Jahrhundert endlich planten die Genovevianer-Mönche (frz. Génovévains) der Abtei, ihre bescheidene, im gotischen Stil erbaute Abteikirche durch eine neue Kirche im Stil der neuen Zeit Ludwigs XIV. zu ersetzen. Sie wollten damit einerseits den Reichtum und die Macht ihres Ordens eindrucksvoll unter Beweis stellen und andererseits für die Schutzheilige von Paris einen angemesseneren Ort der Verehrung schaffen. Ein prachtvoller Neubau verschaffte ihnen sicherlich auch die Chance, im Wettstreit mit der Kathedrale Notre-Dame im Zentrum von Paris um die frommen Seelen der Stadt Einiges an Boden gutzumachen. 1675 schlug Claude Perrault, der Architekt der Ostkolonnade des Louvre, den Bau einer Kirche im Stil einer römischen Basilika vor, was aber abgelehnt wurde.

Bis zur endgültigen Entscheidung für eine neue Kirche sollten weitere 70 Jahre vergehen. Erst im Jahr 1744 geriet ein Kirchenneubau wieder in den Bereich des Möglichen. Denn als König Ludwig XV. in Metz schwer erkrankt war, gelobte er, im Falle seiner Wiedergenesung auf dem Gipfel des Montagne Sainte-Geneviève eine Kirche ganz nach den Wünschen der Genovevianer errichten zu lassen. Weitere zehn Jahre zogen ins Land, in denen die Finanzierung der königlichen Baustelle sichergestellt werden musste. Unter anderem geschah dies durch eine Erhöhung der Lotteriesteuer. Zum Architekten wurde der bis dahin weitgehend unbekannte Jacques-Germain Soufflot bestimmt, der bisher allenfalls durch seine Arbeit an der Fassade des Krankenhauses (Hôtel-Dieu) von Lyon aufgefallen war. Im Marquis de Marigny, dem Generaldirektor der königlichen Bauten und Bruder von Madame de Pompadour, der Mätresse des Königs, hatte er jedoch einen hochrangigen Förderer.

Im Dezember 1757 genehmigte der König Soufflots Modell einer riesigen Kirche in Form eines griechischen Kreuzes. Der Grundriss der neuen Kirche erinnerte somit stark an byzantinische oder syrische Kirchenbauten. Die Arbeiten an den Grundmauern wurden zwar sofort aufgenommen, dauerten wegen der vielen alten zur Tongewinnung angelegten Schächte, die den Hügel der Heiligen Genoveva teilweise schon im Altertum durchzogen, aber fast drei Jahre. Über den Pfeilern des Fundaments wurde eine unterirdische Krypta angelegt, die die Fläche der gesamten Kirche einnimmt.

Am 6. September 1764 konnte Ludwig XV. endlich den Grundstein der von ihm gestifteten Kirche legen, bis zur endgültigen Fertigstellung des Gotteshauses vergingen allerdings weitere 25 Jahre. Als 1790 die Kuppel (frz. lanternon) auf die Spitze der Kirche gesetzt und die Arbeit damit abgeschlossen war, hatte die neue Zeit die ursprünglichen Planungen der Mönche, des Königs und Soufflots aber bereits überholt.

Soufflot, der Baumeister, leitete mit ihr eine neue Ära ein. Er bewunderte zwar die Erhabenheit der gotischen Kathedralen, gleichzeitig aber auch die römische Klassik und ihr Wiederaufleben im europäischen Klassizismus. Das hieß für ihn, dass er unbedingt eine Kuppelkirche bauen wollte mit einer griechisch-römischen Tempelfassade und einer großen Kuppel über einem säulengeschmückten Tambour – so wie Michelangelo es bei der Peterskirche in Rom gemacht hatte. Der Außenbau ließ so die Formen der römischen Antike wiederaufleben.

Vorbild dieser Pariser Kirche und auch vieler Kirchen der Renaissance und des Barock ist das Pantheon in Rom. Dieser einzige erhaltene antike Kuppelbau ist für die Pariser Kirche also auch namensgebend gewesen.

Soufflot starb allerdings bereits 1780, ohne die Kuppel begonnen zu haben. Es geht das Gerücht, Soufflot sei an gebrochenem Herzen gestorben, weil sein Bauwerk, mit dem sein Name in die Architekturgeschichte eingegangen ist, an zahlreichen baulichen Mängeln zu zerfallen drohte. Die Vollendung der Kirche erfolgte durch seine Schüler Maximilien Brébion und Jean-Baptiste Rondelet, die sie 1790 fertig stellten. Dabei ist vor allem Rondelet zu nennen, der den Trägerbalken aus Eisenbeton erfunden hatte, um so den Bau der großen Fassade zu ermöglichen. Um diese neue architektonische Idee zu verwirklichen, waren also auch neue Techniken nötig.

Im Innenraum ließ sich Soufflot von gotischen Kathedralen inspirieren, indem er die schweren Stützen der klassischen Kunst durch die Eleganz schlanker Säulen und Rippengewölbe ersetzte, also durch Elemente der gotischen Bauweise. Außerdem ist jedes der vier Hauptschiffe von Seitenschiffen umgeben – wie in den gotischen Kathedralen. Das ursprüngliche Konzept ist aber von den Revolutionären ziemlich verändert worden, die beispielsweise viele der Seitenfenster zumauern ließen.

Nationale Ruhmeshalle

Kurz nach seiner Fertigstellung wurde der imposante Kuppelbau von den Führern der französischen Revolution als ein "Pantheon" zur nationalen Ruhmeshalle erklärt und damit profaniert. Als Ruhmeshalle sollten hier wichtige Persönlichkeiten der französischen Geschichte verewigt werden. Dies sollte mittels Denkmälern geschehen, doch war auch vorgesehen, die sterblichen Überreste bedeutender Franzosen in Ehrengräbern im Untergeschoss des Gebäudes zu bestatten. Unter dem gesamten Boden des ehemaligen Gotteshauses befindet sich keine Krypta im üblichen Sinne, sondern ein riesiges Gangsystem mit zahlreichen Kapellen, in denen jeweils bestimmte historische Personen gewürdigt werden, so ähnlich wie man in den christlichen Kirchen die Heiligen verehrte.

Entsprechend illuster ist die Liste der hier beigesetzten Personen. Der erste Franzose, dessen Leichnam feierlich im Panthéon beigesetzt wurde, war 1791 der Revolutionsführer Mirabeau. Sein Leichnam wurde aber bereits 1793, als sein Name wieder in Ungnade gefallen war, aus dem nationalen Heiligtum entfernt. Am 11. Juli 1791 wurden Voltaires Gebeine in das Panthéon überführt, die auch heute noch dort ruhen.

Erste Skizze Antoine-Jean Gros' für die Bemalung der Kuppel des Panthéon (um 1811)

Ebenfalls 1791 wurde der Architekt Quatremére de Quincy beauftragt, das Gebäude seiner neuen Aufgabe als nationales Panthéon anzupassen. Die ehemalige Kirche ist seitdem einer der wichtigsten Immediatbauten der so genannten Revolutionsarchitektur.

Das foucaultsche Pendel im Panthéon

Am 26. März 1851 gelang dem Physiker Jean Bernard Léon Foucault mit dem nach ihm benannten Pendel im Panthéon der empirische Nachweis der Erdrotation.[1]

Während des 19. Jahrhunderts wurde das Panthéon zweimal umgewidmet: zunächst von der weltlichen Ruhmeshalle wieder zu einer der Heiligen Genoveva geweihten Kirche, und 1885 abermals von einer Kirche zur nationalen Ruhmeshalle der Franzosen.

Auslöser für letzte Umwidmung war der Tod Victor Hugos, der nach einer kurzen, aber mit Leidenschaft geführten Debatte unter dem Druck der öffentlichen Meinung schließlich ein Ehrengrab in der Krypta des Soufflot-Baues erhielt. Als bisher einzige Frau wurde Marie Curie im Panthéon beigesetzt. Im Herbst 2007 rückte das Panthéon auch international in das Blickfeld der Medien, als bekannt wurde, dass die Untergrundorganisation les UX in einer geheimen Aktion die defekte Uhr repariert hatte.

Das Panthéon als Grablege

Sarg Jean-Jacques Rousseaus in der Krypta des Panthéon
Die Grabkammer von Alexandre Dumas, Victor Hugo und Émile Zola im Pantheon

Die ‚Panthéonisation’

Nur in Ausnahmefällen wurden die Verstorbenen schon unmittelbar nach ihrem Tod im Panthéon bestattet; wie beispielsweise Victor Hugo und Marie François Sadi Carnot. Die weitaus meisten Personen, die im Panthéon begraben sind, übertrug man erst viele Jahre nach ihrem Ableben dorthin. So wurde etwa der Leichnam des 1870 verstorbenen Alexandre Dumas erst im Jahr 2002 ins Panthéon verlegt - fast 130 Jahre nachdem er in seinem Heimatort beerdigt worden war. Die Umbettung eines Leichnams oder einer Urne in das Panthéon wird offiziell ‚Panthéonisation’ (Pantheonisierung) genannt und stellt quasi eine "mystische Erhöhung" des betreffenden Verstorbenen dar. Sie ist bis heute ein wichtiger Vorgang in der französischen Kulturpolitik. Vorschläge für die Aufnahme einer Person ins Panthéon werden von der Nationalversammlung unterbreitet. Die endgültige Entscheidung darüber kann nur der französische Präsident treffen.

Gräber bedeutender Persönlichkeiten

Hingegen sind folgende Persönlichkeiten nicht (mehr) im Panthéon beigesetzt:

Graf Mirabeau wurde als erster in der Ruhmeshalle der französischen Republik bestattet, sogar mit einem Staatsbegräbnis. Jedoch wurden seine sterblichen Überreste nach dem Bekanntwerden seiner Verbindungen zum Königshaus schon 1793 oder 1794 aus dem Panthéon entfernt. Das gleiche Schicksal erlitt der Führer der Jakobiner Jean-Paul Marat, seine Überreste wurden sogar nur wenige Monate nach der Überführung in das Panthéon am 21. September 1794 (andere Quellen nennen den 25. November 1794) wieder aus der Kultstätte entfernt.

Nicht ins Panthéon überführt wurden Napoleon Bonaparte und Charles de Gaulle. Napoléon ruht im Invalidendom (Dôme des Invalides), de Gaulle auf dem Friedhof von Colombey-les-Deux-Églises, wo er ein Landhaus besaß.

Im Panthéon.
Im Panthéon.

Weblinks

 Commons: Panthéon (Paris) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Uni Graz: Einführung in die physikalisch-chemischen Übungen - Foucaultsches Pendel, abgefragt am 25. März 2011
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