Pantoffeltierchen

Pantoffeltierchen
Pantoffeltierchen
Paramecium aurelia

Paramecium aurelia

Systematik
ohne Rang: Alveolata
ohne Rang: Ciliophora
ohne Rang: Intramacronucleata
ohne Rang: Oligohymenophorea
ohne Rang: Peniculia
Gattung: Pantoffeltierchen
Wissenschaftlicher Name
Paramecium
O.F. Müller, 1773
Pantoffeltierchen
Pantoffeltierchen, Nahrungsvakuolen blau eingefärbt

Die Pantoffeltierchen (Paramecium) sind eine Gattung von Protisten. Sie wurden als erster Vertreter im Jahr 2007 zum Einzeller des Jahres ernannt.

Inhaltsverzeichnis

Vorkommen

Pantoffeltierchen leben nur im Süßwasser. Sie kommen in Gewässern, wie z.B. Tümpeln, Teichen, Seen, Flüssen, aber auch in Wasserpfützen vor. Somit sind sie ein wichtiger Bestandteil des Ökosystems „Süßwasser“. Pantoffeltierchen sind häufig vorkommende Ciliaten. Paramecium bildet keine Cysten.

Aussehen

Es gibt unterschiedliche Arten von Pantoffeltierchen, beispielsweise Paramecium caudatum, Paramecium bursaria, Paramecium putrinum oder Paramecium trichium und andere. Pantoffeltierchen haben durch ihre elastische Haut, welche kaum Abweichungen zulässt, ein festgelegtes pantoffelförmiges Aussehen. Sie werden zwischen 0,05 und 0,32 mm lang. Die größten Arten zählt man zu den „Riesen“ unter den Einzellern, da sie schon mit bloßem Auge als kleine, weiße Pünktchen in einem Wassertropfen zu erkennen sind. Pantoffeltierchen fallen unter dem Mikroskop durch schnelles Umherschwimmen auf.

Nahrung

Das Pantoffeltierchen nimmt seine Beute und Nahrung durch seinen „chemischen“ Sinn (Chemorezeptoren) und durch Tastreize (andere molekulare Rezeptoren) wahr. Es ernährt sich vorwiegend von Bakterien, die durch Wimpernschläge zum Mundfeld befördert werden. Mit Hilfe der Mundfeldbewimperung gelangen die Bakterien über das Mundfeld zum Zellmund, wo sie anschließend im Zellschlund in eine Nahrungsvakuole importiert werden. Dieser Vorgang heißt Endocytose.

Zu dieser Nahrungsvakuole führen zahlreiche bandartige Strukturen, mithilfe derer viele Membranbläschen herantransportiert werden, die die Nahrungsvakuole vergrößern. Hat sie eine bestimmte Größe erreicht, schnürt sie sich ins Zellinnere ab. Das überschüssige Wasser wird der Nahrungsvakuole entzogen.

Zunächst gelangen Acidosomen in die Nahrungsvakuole und senken den pH-Wert auf 1,2 ab. Über Lysosomen gelangen Verdauungsenzyme ins Bläschen, das von nun an Verdauungsvakuole heißt. Während die Verdauung abläuft und die Bakterien zersetzt werden, wird die Verdauungsvakuole auf einer ovalförmigen Bahn durch die Zelle transportiert. Dies nennt man Cyclose.

Die verwertbaren Nahrungsstoffe werden resorbiert und die unverdaulichen Substanzen über die Cytopyge (den so genannten Zellafter) ausgeschieden. Damit dies geschehen kann, muss das Verdauungsbläschen als Kontaktvakuole am Zellafter Kontakt mit der Zellmembran aufnehmen. Dieser Vorgang heißt Exozytose. Ein Pantoffeltierchen kann innerhalb weniger Stunden seine Körpermasse verdoppeln.

Die Wimpern wirken auch bei der Nahrungsaufnahme mit. Sie strudeln Nahrungspartikel heran. Das Merkmal „Wimpern“ hat das Pantoffeltierchen mit einigen anderen Einzellern gemeinsam, die zu den Wimpertierchen (Ciliata, Ciliophora) gehören.

Vermehrung

Pantoffeltierchen vermehren sich normalerweise ungeschlechtlich durch Querteilung in zwei Tochterzellen. Das Pantoffeltierchen zieht sich in die Länge und das Mundfeld teilt sich. Es bildet sich jeweils eine weitere pulsierende Vakuole aus. Der Mikronukleus und der Makronukleus verdoppeln sich. Das Pantoffeltierchen schnürt nun noch den Zellleib so durch, dass jedes der beiden auf diese Weise neu entstehenden Individuen einen Kleinkern, einen Großkern, zwei pulsierende Vakuolen und ein Mundfeld enthält. Das Pantoffeltierchen teilt sich unter günstigen Bedingungen bis zu 7 mal pro Tag.[1]

Austausch der Kleinkerne

Gelegentlich kommt es auch zu geschlechtlichen Vorgängen, die man Konjugation nennt und bei denen die Paramecien mit anderen Individuen der gleichen Art Erbinformationen austauschen. Zwei Pantoffeltierchen legen sich dazu an den Mundfeldern aneinander. Die Zellmembranen verschmelzen in diesem Bereich, die Wimpern verschwinden. Die Großkerne lösen sich allmählich auf. Die Kleinkerne teilen sich durch Reduktionsteilung in vier haploide Tochterkerne. Von diesen vier sterben drei ab, und einer teilt sich zu zwei haploiden Kernen. Jeweils ein Tochterkern wandert in das andere Pantoffeltierchen, um mit dem dort verbliebenen Tochterkern zu verschmelzen. In jedem Individuum teilt sich der durch Verschmelzung entstandene neue Kern in zwei Tochterkerne. Der eine ist der neue Kleinkern, der andere entwickelt sich (vermutlich durch mehrfache Verdoppelung der Chromosomen) zu einem Großkern. Nun trennen sich die Konjugationspartner wieder, Wimpern und Mundfelder bilden sich normal zurück.

Die Konjugation wird unter anderem durch Jahreszeitliche Änderungen oder eine sich verschlechternde Umwelt stimuliert.

Fortbewegung

Das Pantoffeltierchen ist außen von vielen (etwa 10.000) Wimpern (Zilien) umgeben, die der Fortbewegung dienen. Durch das rhythmischen Abbeugen und Aufrichten ziehen sich Schlagwellen über den Körper des Pantoffeltierchens. Durch die spiralförmige Anordnung dieser Wimpern wird das Pantoffeltierchen um seine Längsachse gedreht und bewegt sich somit schraubenförmig voran. Es hat für einen Einzeller eine recht große Geschwindigkeit von 1-1,4mm/s. Hindernisse oder Engpässe passiert das Pantoffeltierchen mit Leichtigkeit, da es sich aufgrund einer elastischen Zellmembran (genauer: Pellicula) mühelos an ihnen vorbei- oder hindurchbewegen kann.

Verhalten

Das Pantoffeltierichen reagiert sehr stark auf Reize der Umgebung (Berührung, Temperatur, chemische Reize, Belichtung). In geschlossenen Glasröhren schwimmen sie immer in Richtung Wasseroberfläche, obwohl sie schwerer als Wasser sind. Sie reagieren auf Schwerkraft. Pantoffeltierchen nehmen chemische und thermische Reize nur mit dem vorderen Teil des Körpers wahr. Trifft ein Pantoffeltierchen auf ein Hindernis, schwimmt es durch Umkehrung des Wimpernschlages ein Stück zurück und vollführt eine leichte Drehung. Dann schwimmt es wieder nach vorn. Trifft es wieder auf das Hindernis, so probiert es das Pantoffeltierchen solange mit dieser Methode, bis es an dem Hindernis vorbeikommt. Das Pantoffeltierchen arbeitet koordiniert, da nicht nur die betroffene Stelle, sondern das ganze Lebewesen die Reaktion ausführt.

Feinde

Zu den Feinden der Pantoffeltierchen gehören Amöben und Einzeller der Gattung Didinium. Letztere gehören ebenfalls zu den Ciliaten. Didinium ergreift mit Hilfe einer nasenartigen Vorstülpung das Pantoffeltierchen und verleibt es sich anschließend ein. Amöben und Sonnentierchen umhüllen das Pantoffeltierchen mit Scheinfüßchen und verdauen es anschließend in einer Nahrungsvakuole.

Gegen Angreifer versucht sich das Pantoffeltierchen mit Hilfe der Trichocysten zu wehren. Es handelt sich dabei um stäbchenförmige Gebilde enthaltende Haarbläschen, deren Spitzen calcifiziert sind, die direkt unterhalb der Zellmembran liegen und bei Gefahr lange, klebrige Proteinfäden (Eiweißfäden) ausschleudern. Sobald ein Angreifer ein Pantoffeltierchen berührt, verlängern sich diese Gebilde explosionsartig und schießen die Proteinfäden ins Wasser hervor. Ein ganzes Büschel der Proteinfäden kann dem Pantoffeltierchen helfen, sich Feinde vom Leib zu halten. In den abgeschossenen Proteinfäden können sich manche Fressfeinde verfangen und letztendlich auch absterben. Ausgestoßene Trichocysten werden durch neue ersetzt, die in Vesikeln im Cytoplasma entstehen.

Nutzen für den Menschen

Pantoffeltierchen werden als Indikator für die Gewässerverschmutzung verwendet.[2] Außerdem wird es auch als Fischfutter verwendet.[3]

Arten (Auswahl)

  • Paramecium aurelia
  • Paramecium bursaria
  • Paramecium caudatum
  • Paramecium micronucleatum
  • Paramecium multimicronucleatum
  • Paramecium pentaurelia
  • Paramecium primaurelia
  • Paramecium putrinum
  • Paramecium trichium
  • Paramecium tetraurelia

Literatur

  • Linder, H. Herman Linder Biologie 13. Aufl., J.B.Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH, Stuttgart 1963
  • Streble, H.; Krauter, D.: Das Leben im Wassertropfen. Mikroflora und Mikrofauna des Süßwassers. 10. Aufl., Franckh-Kosmos-Verlags-GmbH& Co. KG, Stuttgart 2006 ISBN 3-440-10807-4

Einzelnachweis

  1. Linder Biologie, siehe Literatur
  2. http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-6526-2007-05-16.html
  3. http://www.aqua-spider.de/futter/pantoffeltierchen-frostfutter.htm

Weblinks


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