Patriarchat von Aquileia

Patriarchat von Aquileia
Detail des Mosaikbodens der Basilika des Patriarchats Aquileia

Das Patriarchat von Aquileia war ein kirchlicher Staat und eine Erzdiözese der katholischen Kirche, die hauptsächlich auf dem Gebiet der heutigen italienischen Region Friaul lag.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Christentum kam relativ früh nach Aquileia. Der Legende nach soll der Evangelist Markus im Auftrag des Petrus hier den neuen Glauben verkündet haben. Das ist insofern von Bedeutung, als Patriarchensitze sich stets auf Apostelgründungen berufen. Markus soll es auch gewesen sein, der als ersten Bischof Hermagoras eingesetzte. Hermagoras wiederum soll in der Christenverfolgung des Nero das Martyrium erlitten haben. Der erste tatsächlich greifbare Bischof von Aquileia ist Hilarius von Pannonien, der im Jahr 285 als Märtyrer starb.

Von Aquileia aus erfolgte die Missionierung von Noricum, dem der Großteil des heutigen Österreich angehörte. Auf der Synode von Serdica im Jahr 343 nahmen nachweislich die Bischöfe von Aguntum (bei Lienz), Lauriacum (Lorch), Teurnia (bei Spittal an der Drau) und Virunum (bei Klagenfurt), wohl alle Suffragane von Aquileia, teil. Am 3. September 381 trafen sich 32 Bischöfe des Römischen Reichs unter der Leitung Valerians in Aquileia zu einer Synode. In den Wirren der Völkerwanderung erhielt Aquileia Metropolitanrechte über die Bischöfe Venetiens, Istriens, des westlichen Illyrien, beider Noricum und über die Rhaetia secunda. Im Zuge des sogenannten Dreikapitelstreites 567 nahmen die Bischöfe von Aquileia den Titel Patriarchen an und trennten sich von Rom.

Als die Langobarden 568 ins Friaul kamen, flüchtete Patriarch Paulinus nach Grado. 606 oder 607 suchte Patriarch Candidianus, der in Grado residierte, wieder die Gemeinschaft mit Rom. Sein in Aquileia verbliebenes Domkapitel schloss sich diesem Vorhaben nicht an und wählte Giovanni zum Patriarchen. Seither gab es zwei Patriarchate, eines in Grado (Aquileia nova), das für die Lagune zuständig war und 1445 nach Venedig verlegt wurde, und eines in (Alt-)Aquileia. Tatsächlich residierten die Patriarchen von Aquileia nur sehr selten dort. Zunächst residierten sie in Cormons. 737 übersiedelte Patriarch Callixtus nach Cividale del Friuli und von 1238 bis 1751 war dann Udine Residenz. 698/99 erkannte der Patriarch von Aquileia die Einnaturenlehre Roms, die auch in Grado vertreten wurde, an. Dennoch blieben beide Patriarchate weiter nebeneinander bestehen.

ehemalige Patriarchalbasilika von Aquileia

Durch die Völkerwanderung gingen auch die Missionsgebiete im Alpenraum verloren. Mit Salzburg kam es durch dessen Rechristianisierung Karantaniens an der Wende des 8. zum 9. Jahrhundert zum Konflikt, da Aquileia auf seine älteren Rechte pochte. Karl der Große entschied 811 diesen Streit, indem er die Drau als Grenze der beiden Erzbistümer bestimmte. Bis zur Auflösung des Patriarchates 1751 hatte diese Bestand.

1077 erhielt Patriarch Sigehard Grafenrechte im Friaul, die Patriarchen wurden zu Reichsfürsten und Landesherren. Der Patriarchenstaat war jedoch nicht so ausgedehnt wie die Erzdiözese. Er reichte in etwa vom Tagliamento bis in das heutige italienisch-slowenische Grenzgebiet bzw. von der Adria bis an die Alpen.

1156 übersiedelte der Patriarch von Grado nach Venedig, 1451 endete dann das Patriarchat von Grado. Der Bischof von Venedig wurde statt dessen Patriarch. Und auch der Patriarchenstaat selbst kam politisch immer mehr unter Druck von Venedig. 1420 eroberte Venedig das Friaul, ein Prozess gegen Venedig vor dem Konzil von Basel blieb erfolglos; damit endete die Selbständigkeit des Patriarchates. 1751 wurde das Patriarchat dann endgültig aufgehoben. An seiner Stelle entstanden die Erzdiözesen Udine für den venezianischen und Görz für den österreichischen Teil Friauls. Seit dieser Zeit ist Aquileia ein Titularerzbistum.

Siehe auch: Liste der Patriarchen von Aquileia, Patriarchat von Venedig

Literatur

Allgemeines

  • Maurizio Buora: Aquileia. Il patriarcato, guida storica; Udine 1992 (Gut lesbare Einführung)
  • Aquileia e il suo patriarcato. Atti del Convegno Internazionale di Studio (Udine, 21–23 ottobre 1999); Pubblicazioni della Deputazione di Storia Patria per il Friuli 29; Udine 2000
  • Giorgio Fedalto: Aquileia. Una chiesa, due patriarcati; Scrittori della chiesa di Aquileia 1; Roma & Gorizia 1999
  • Mario Mirabella Roberti (Hrsg.): Storia e arte del patriarcato di Aquileia. Atti della XXII Settimana di Studi Aquileiesi, 27 aprile – 2 maggio 1991; Antichità altoadriatiche 38; Udine 1992
  • Gerhard Ernst (Hrsg.): Das Patriarchat Aquileia – Schnittpunkt der Kulturen; Schriftenreihe des Regensburger Osteuropainstituts 10; Regensburg 1983

Einzelne Zeiträume

  • Giuseppe Cuscito: Fede e politica ad Aquileia. Dibattito teologico e centri di potere (secoli IV–VI); Udine 1987
  • Klaus Gamber: Das Patriarchat Aquileja und die bairische Kirche; Studia patristica et liturgica 17; Regensburg 1987 (5. bis 8. Jahrhundert)
  • Wilhelm Meyer: Die Spaltung des Patriarchats Aquileja; Berlin 1898; Nachdruck 1970 in: Abhandlungen der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, Phil.-Hist. Klasse, N.F. 2,6; (7. Jahrhundert)
  • Reinhard Härtel (Hrsg.): I patti con il patriarcato di Aquileia. 880–1255; Pacta veneta 12; Roma 2005
  • Mario Mirabella Roberti (Hrsg.): Aquileia e le Venezie nell’alto Medioevo; Antichità altoadriatiche 32; Udine 1988 (9.–15. Jahrhundert)
  • Heinrich Schmidinger: Patriarch und Landesherr. Die weltliche Herrschaft der Patriarchen von Aquileja bis zum Ende der Staufer; Graz & Köln 1954 (11.–13. Jahrhundert)
  • Walter Göbel: Entstehung, Entwicklung und Rechtsstellung geistlicher Territorien im deutsch-italienischen Grenzraum, dargestellt am Beispiel Trients und Aquileias; Diss. Würzburg 1976 (11. bis 14. Jahrhundert)
  • Giuseppe Marchetti-Longhi: Gregorio de Monte Longo. Primo patriarcha italiano di Aquileja (1251–1269); Roma 1965 (13. Jahrhundert)
  • Marija Wakounig: Dalmatien und Friaul. Die Auseinandersetzungen zwischen Sigismund von Luxemburg und der Republik Venedig um die Vorherrschaft im adriatischen Raum; Dissertationen der Universität Wien 212; Wien 1990 (14. Jahrhundert.)
  • Joseph von Zahn (Hrsg.): Austro-Friulana. Sammlung von Actenstücken zur Geschichte des Conflictes Herzog Rudolfs IV. von Österreich mit dem Patriarchate von Aquileja. 1358–1365; Fontes rerum Austriacarum, Abt. 2: Diplomataria et acta, Bd. 40; Wien 1877 (14. Jahrhundert)

Weblinks


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