Paul Hoecker

Paul Hoecker

Paul Hoecker (* 11. August 1854 in Oberlangenau, Landkreis Habelschwerdt in Schlesien; † 13. Januar 1910 in München) war ein deutscher Maler der Münchner Schule und Gründungsmitglied der Münchner Secession.

Paul Hoecker (1854–1910)

Inhaltsverzeichnis

Kindheit und Jugend

„Am Plan“ in Oberlangenau in der Grafschaft Glatz in Schlesien stand sein Elternhaus, das „Hoecker-Haus“, in dem zahlreiche Wappenschilder und Ahnenbilder auf eine lange, wohlhabende Geschlechterreihe hinwiesen. Hier wurde er am 11. August 1854 geboren. „Zur bildenden Kunst erhielt er im Elternhause keine weitere Anregung, wohl aber hatte er ein reiches musikalisches Talent von der Mutter geerbt. Seine Neigung zur Kunst mußte sich allmählich während der Schulzeit entwickelt haben. In der Zeit, da er das Gymnasium zu Neustadt in Schlesien besuchte, war er wenigstens wegen seiner humoristischen Zeichnungen, Karikaturen seiner Lehrer bekannt“.[1]

Das Hoecker-Haus. Gemälde von Paul Hoecker (um 1900)

Ausbildung an der Akademie

Am 19. Oktober 1874[2] wurde er in die Königliche Akademie der Bildenden Künste in München aufgenommen, welche er bis zum Frühjahr 1879 besuchte. Seine Ausbildung bekam er bei dem Genre- und Landschaftsmaler Wilhelm von Diez. „Aus seiner Schule kamen Künstler, die sich von der primär novellistischen Orientierung der Genremalerei entfernten. Viele seiner Schüler wurden später Mitglieder der Münchner Secession und bereiteten Impressionismus und Jugendstil vor".[3]

Lehr- und Wanderjahre

Im Mai 1882 ist er nach Paris gegangen, später nach Holland, nach Holstein und zu den deutschen Seehäfen und dann wieder nach München. In München hatte sich Hoecker mit Fritz von Uhde, Bruno Piglhein und Max Liebermann befreundet. 1883 ist er mit Genrebildern aus Holland und Interieurs auf der Münchner internationalen Kunstausstellung aufgetreten, in welchen sich Feinheit der Charakteristik mit einer großen koloristischen Fertigkeit in der Behandlung des Helldunkels verband.[4] Um 1883 reiste er erneut nach Paris und Holland. Von Januar bis Herbst 1884 ist er wieder in München tätig gewesen, dann aber nach Berlin übersiedelt. 1888 begab er sich nach München zurück und schloss sich der modernen naturalistischen Malrichtung an, indem er das Hauptgewicht auf die Wiedergabe starker Lichtwirkungen legte.

Die Tätigkeiten als Lehrer an der Münchner Akademie

Paul Hoecker wurde zum 1. Dezember 1891 als Professor an die Königliche Akademie der Bildenden Künste in München berufen. „Mit 36 Jahren war er für die damalige Zeit außerordentlich jung für diese Berufung.“ Er übernahm die seit Friedrich August von Kaulbach verwaisten Malklasse an der Akademie.[4] Er war der erste Lehrer an der Akademie, der sich im Sommer zum Malen aus Land wagte, nach Haimhausen, Utting am Ammersee, Breitbrunn am Chiemsee usw. Er stellte nicht ein Modell, an dem man sich acht oder vierzehn Tage müde arbeiten musste - gemalt wurde alles, was zu kriegen war und die jungen Hoeckerschüler waren mit Freude am Werk.[4] „Er zog mit seinen Schülern auf das Land hinaus, wo sie, oft arg beengt und schlecht untergebracht, voll Feuereifer geradezu als „wahre Fanatiker der Arbeit“ erzogen wurden, aber auch nach Künstlerart das „otium cum dignitate“ genossen und mit viel Ausdauer ihrer Kunst nachgingen“.[5] Hoecker war der erste Moderne an der Akademie. Aber er lehrte nicht Modernität nach Paragraphen, er regte an zum Sehen und Selberfinden. „Paul Hoecker vermittelte seinen Schülern die Kunst der Schule von Barbizon, der Impressionisten und Neo-Impressionisten sowie der neuen Strömungen aus Dachau und Worpswede[6] „…ich trat dann (1895) in die Klasse von Professor Hoecker ein, der mit seinen Schülern im Sommersemester die Freilichtmalerei betrieb. Endlich war ich an der richtigen Stelle. Schon die Schüler …… waren anregend genug zu fruchtbringender Lehrzeit“.[7] „Paul Hoecker war empfänglich für die Signale aus „Neu-Dachau“ und „Worpswede“ und hatte diese seinen Schülern weitervermittelt. So wurde der Naturlyrismus die geistige Grundlage des „Scholle“-Schaffens und zog über die Arbeit der Gruppe auch in die „Jugend“ ein. Es ging um die individuelle Erfahrung des Wesentlichen und um die allgemeingültige Umsetzung mit bildnerischen Mitteln. Das dem menschlichen Auge Verborgene sollte aus der Tiefe des Kosmischen ins Bild geholt, aus der Reflexion der wechselseitigen Durchdringung von Mensch und Natur die großen Zusammenhänge hergestellt werden.“ „Der Ruf, der Hoecker-Schule zu entstammen, war im München der neunziger Jahre eine Empfehlung, die immer und überall Tür und Tor öffnete“.[8] „… seine chamäleonhafte und problematische Natur erwies sich … als geeignet, eine ganze Generation vorzüglicher Illustratoren heranzubilden“.[9] „Höcker hielt zu Anfang der neunziger Jahre an der Münchner Akademie ein stark besuchtes Atelier. Das war ein sogenannter „Geniekasten“; was an besten jungen Talenten damals in München war, scharte sich um Höcker, einen Ideallehrer, der keinen selbständigen Keim je zertrat um der professoralen Autorität willen, sondern der wie kein anderer auf jede individuelle Erscheinung bei seinen Schülern einzugehen und sie nach der guten Seite hin zu kultivieren verstand. Er schlug seine Leute nicht allesamt über den nämlichen Leisten und „drillte“ sie nicht. Er stand viel mit ihnen vor der Natur: ein Sommer in Neubeuern bei Baron Jan Wendelstadt, ein anderer in Utting am Ammersee, wieder einer, im engeren Kreis, auf der schwäbischen Alb, in Munderkingen, brachte die Schüler unter sich, die Schüler und Lehrer einander nahe. Die Gründung der „Scholle“ ergab sich dann von selbst. Im Jahre 1899 trat die junge Gruppe im Glaspalast zu München zum ersten Male an die Öffentlichkeit und ist seitdem jedes Jahr mit reichen Gaben wiedergekommen“.[10]

Paul Hoecker und die Münchener Secession

Durch den starken Einfluss Franz von Lenbachs im Münchener Ausstellungsbetrieb war für moderne Kunstströmungen nur wenig Platz. Hoecker wurde am 1. Dezember 1891 zum Professor ernannt. Bereits wenige Monate später, am 4. April 1892, kam es zu der von ihm mitbetriebenen Gründung der Secession, zu deren Vorstand er als Schriftführer gehörte. Die Münchner Secession war die erste in Deutschland, die neue Mal- und Ausstellungsformen ermöglichen wollte. In anderen Städte (wie z. B. Berlin) folgten später ähnliche Abspaltungen.

Abschied von der Akademie

1897 gerät Hoecker durch ein Madonnenbild in einen Skandal durch welchen er es vorzieht, seine Lehrtätigkeit an der Akademie aufzugeben. Ihm wurde nachgesagt, dass er einen Strichjungen als Modell genommen hat, zu welchem er noch private Kontakte pflegte.[11]

Aufenthalte in Italien und Oberlangenau

Nino Cesarini. Gemälde von Paul Hoecker

„In Italien kam Paul Höcker in Kontakt mit dem Dichter Jacques d’Adelsward-Fersen, der sich gleichfalls nach einem Skandal in Paris nach Capri in seine Villa Lysis zurückgezogen hatte. Dessen Liebhaber Nino Cesarini malte Paul Hoecker in den nächsten Jahren mehrfach. Guglielmo Plüschow hat wiederholt das Innere der Villa Lysis festgehalten, auf einer Fotografie sieht man links an der Wand das Gemälde Nino mit grünem Tuch, das erst in den letzten Lebensjahren Höckers entstand. Bereits vor 1904 hatte er Nino mit blauem Tuch unter Bäumen gemalt. Zu diesem Zeitpunkt scheint sein Skandal in München in Vergessenheit geraten zu sein, zumindest wagte die Zeitschrift „Jugend“ eine andere Version des Gemäldes (Nino bekleidet) in ihrer Nummer 26 als Titelblatt zu drucken.“ „1901 kehrte er in sein geliebtes Heimatdorf Oberlangenau zurück, wo er von nun ab seinem Schaffen und seinen Neigungen lebte. Mit erlesenen Kunstschätzen stattete er sein Vaterhaus aus. Das „Hoeckerhaus“, sein Künstlerdomizil, wurde zu einer Sehenswürdigkeit.[11] 1910 ist er in einem Münchner Krankenhaus an "Römischer Malaria" gestorben. Das Langenauer Hoecker-Haus mit dem Atelier übernahm Hoeckers Nichte Vally Walter.

Beurteilung seiner Malerei

„Höcker vertrat die für München typische Linie einer die Tradition behutsam in neuere Bahnen lenkenden Malerei, die aber allzu Gewagtes mied. Er traf mit seinen lyrisch-sentimentalen, meist religiösen Themen (Nonnen in Laubengängen oder vor Christusbildern betend und meditierend), aber auch mit Karnevalszenen den süddeutschen Geschmack des Jahrhundertendes. In seiner pleinairistischen Malweise zeigte er mit einem locken Farbauftrag einen erstaunlichen „Detail-Impressionismus“, ….. Durch Laub und Geäst gefilterte Sonnenflecken wußte er meisterlich darzustellen. Darin äußerte sich seine Nähe zu Max Liebermann und Fritz von Uhde, mit denen er befreundet war“[12]

Schüler von Paul Hoecker

Museen

  • Leipzig: Museum der bildenden Künste (Bruckmann)
  • München: Neue Pinakothek (Bruckmann)

Literatur

  • Friedrich Boetticher: Malerwerke des 19. Jahrhunderts. Dresden, 1891 - 1901.
  • Bruckmanns Lexikon der bildenden Künste. Münchner Maler im 19. Jahrhundert, München 1982.
  • Meyers Konversationslexikon um 1910.
  • Birgit Jooss: „ … der erste Moderne in der alten Akademie“ – der Lehrer Paul Höcker, in: Die Scholle. Eine Künstlergruppe zwischen Secession und Blauer Reiter. Hrsg. von Siegfried Unterberger, Felix Billeter und Ute Strimmer. München 2007, S. 28-43
  • Neue Pinakothek München: Die Münchner Schule 1850 - 1914. Ausstellungskatalog, München 1979.
  • Andreas Sternweiler (Hrsg.): Goodby to Berlin, 100 Jahre Schwulenbewegung, Berlin 1997. ISBN 3-86149-051-x
  • Paul Hoecker. In: Ulrich Thieme, Felix Becker u. a.: Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Band 17, E. A. Seemann, Leipzig 1924, S. 184
  • Paul Hoecker und seine Schule. Von Fritz v. Ostini. In: Velhagen & Klasing´s Monatshefte, XXVII. Jahrgang 1912/1913, Heft 6. Februar 1913, S. 161 ff. m. Abb.

Weblinks

 Commons: Paul Hoecker – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Paul Preis: Kunstmaler Professor Paul Hoecker. Ostdeutsche Heimat 1973.
  2. http://matrikel.adbk.de/05ordner/mb_1841-1884/jahr_1874/matrikel-03057/?searchterm=Paul%20Hoecker Immatrikulation
  3. Brigitte Langer: Das Münchner Künstleratelier des Historismus. Dachau 1992. ISBN 3-89251-135-7.
  4. a b c Fritz von Ostini: Paul Hoecker und seine Schule. Velhagen & Klasings Monatshefte, Heft 6, Februar 1913.
  5. J. Schmidt: Paul Höcker Die Grafschaft Glatz, Glatz 1. September 1918.
  6. Andrea Jedelsky: Leo Putz und Die Scholle. Katalog zur Ausstellung 1999 in der Galerie Schüller.
  7. Hartfrid Neunzert (Hrsg.): Adolf Münzer. Gemälde 1899 - 1919, Kunstgeschichtliches aus Landsberg, Heft 14, Landsberg 1996.
  8. Bernd Dürr: Leo Putz, Max Feldbauer und der Kreis der „Scholle“ und „Jugend“ in Dachau um 1900. Dachau 1989.
  9. Ruth Stein: Leo Putz. Mit einem Verzeichnis der Gemälde und bildartigen Entwürfe, Wien 1974.
  10. Dr. Georg Jakob Wolf: Die „Scholle“, in: „Kunst und Künstler in München“, Straßburg 1908, H. 12, S. 82.
  11. a b Magnus Hirschfeld: Von Einst bis Jetzt, Berlin 1986. ISBN 3-921495-61-X.
  12. Clementine Schack von Wittenau: Karl Schmoll von Eisenwerth, Malerei, Graphik, Glaskunst, Stuttgart 1995. ISBN 3-925369-47-3, S. 20.

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