Paulinerkirche (Braunschweig)

Paulinerkirche (Braunschweig)
Der Chor der ehem. Paulinerkirche in Braunschweig

Das Paulinerkloster in Braunschweig wurde im 14. Jahrhundert errichtet und war bis zur Reformation Sitz der seit 1294 in der Stadt nachweisbaren Dominikaner. Der Bau diente vom Beginn des 18. Jahrhunderts bis 1867 als Zeughaus, später als Museum und wurde 1903 abgerissen. Erhalten ist der 1906 zur Aegidienkirche versetzte "Paulinerchor".

Inhaltsverzeichnis

Bau- und Nutzungsgeschichte

Klostergründung gegen städtischen Widerstand

Im Jahre 1294 erhielten die in Braunschweig auch als Predigerbrüder oder "Pauliner" bezeichneten Dominikaner auf Fürsprache König Adolfs von Nassau von Herzog Albrecht II. die Erlaubnis zum Bau eines Klosters in der Stadt. Widerstand bestand seitens des Rates und des städtischen Klerus, der die Bettelorden der Dominikaner und Franziskaner als Konkurrenz ansah.

Die Dominikaner erwarben 1307 vom herzoglichen Truchsess Jordanus ein Grundstück am Bohlweg. Zur Absicherung des Klosterbaus besuchte der bedeutende Theologe Meister Eckhart, damaliger Provinzial der Ordensprovinz Saxonia, am 23. Juni 1309 die Stadt, konnte sich jedoch nicht gegen den Rat durchsetzen. Dies ist im städtischen Degedingbuch in niederdeutscher Sprache überliefert: Bruder Eckhart, der Provinzial der "Pauler", hat vor dem Rat zugesagt, dass hier alle Bauten stehen bleiben sollen, wie sie jetzt stehen, käme auch ein Bote vom päpstlichen Hofe mit der Nachricht, dass sie weiter bauen können, so sollen sie doch keine Brücken und andere Objekte bauen, die der Stadt schaden könnten, es sei denn, es geschehe mit dem Willen des Rates. Als Zeugen waren zugegen Bruder Klaus, der Prior von Hildesheim, und Bruder Henrec, der Prior von Halberstadt.

Der bestehende Widerstand gegen den nunmehr unterbrochenen Bau wurde erst durch die Genehmigung durch Papst Clemens V. vom 23. Januar 1310 überwunden. Im selben Jahr wurde das Paulinerkloster auf dem Generalkapitel der Dominikaner in Piacenza offiziell in den Ordensverband aufgenommen. Wie die Franziskaner waren auch die Pauliner seelsorgerisch in der Stadt tätig, was 1319 in einem Lokalkonkordat geregelt wurde. In diesem Jahr ist erstmals ein Klosterkonvent unter einem Prior nachweisbar. Die Dominikaner betreuten auch die Schule der Katharinenkirche.

Weihe 1343

Bischof Albrecht von Halberstadt, der Sohn Herzog Albrechts II., vollzog im Jahre 1343 die Weihe der in hochgotischen Formen errichteten Hallenkirche, deren Patrone der Apostel Paulus, Thomas von Aquin und weitere Heilige waren. Die Paulinerkirche wies einen ähnlichen Bauplan wie die etwas größere Brüdernkirche des Braunschweiger Franziskanerklosters auf. Die Kirche besaß 13 Altäre, darunter diejenigen verschiedener Gilden (1426 Tuchmacher, 1429 Goldschmiede, Gerber, Liebfrauengilde). Das Kloster wurde häufig in Testamenten bedacht, womit das Recht zur Bestattung auf dem Klosterfriedhof verbunden war. Am Kreuzgang wurde noch im Jahre 1438 gebaut. Bauliche Erneuerungen erfolgten zwischen 1501 und 1512. Die in dieser Zeit von Hans Witten geschaffene Kanzel befindet sich heute in der Aegidienkirche. Der Schlussstein des Westgiebels trug die Jahreszahl 1525.

Reformationszeit

Nach Einführung der Reformation verließen die Dominikaner 1528 auf Weisung des Rates die Stadt. Ein Versuch zur Rückkehr misslang 1531. Die Klosterbibliothek ging in städtischen Besitz über, wobei sich Reste noch in der Stadtbibliothek befinden. Der evangelische Gottesdienst wurde 1546 zeitweilig eingestellt, da die Kirche zur Aufnahme des Wolfenbütteler Geschützes bestimmt wurde. Kloster und Kirche wurden in der Folge auch zum Aufbewahren von Bauholz und Getreide genutzt. Der Klostergarten wurde 1570 von Herzogin Hedwig, der Frau Herzog Julius’ gekauft, wobei die Einkünfte dem Katharineum zufielen. Später fanden in der Kirche durch den Coadjutor des Stadtsuperintendenten wieder Gottesdienste in der Kirche statt, bis diese 1682 endeten und dem Coadjutor die Predigt an der Aegidienkirche übertragen wurde.

Zeughaus und Museum

Anfang des 18. Jahrhunderts ließ Herzog Anton Ulrich das Paulinerkloster zum fürstlichen Zeughaus umbauen, so dass das vormalige städtische Zeughaus an der Brüdernkirche langsam verfiel. Die 1712 begonnenen Umbauarbeiten wurden 1735 mit der Errichtung der Prunkfront am Bohlweg durch J. G. von Möring vorläufig abgeschlossen. Das Giebelrelief mit den Initialen des 1735 verstorbenen Herzogs Ludwig Rudolf ist im Braunschweigischen Landesmuseum erhalten.

Unter Herzog Karl I. wurde der Umbau 1764 endgültig fertiggestellt. Dieser ließ im Südflügel die 1754 begründete Kunst- und Naturalienkammer, die Vorläufersammlung des heutigen Herzog Anton Ulrich-Museums, einrichten. Im Jahre 1902/03 wurde der ehemalige Klosterkomplex abgetragen, wobei der Chor und Teile der barocken Einfriedung an der Aegidienkirche als Bestandteil des Vaterländischen Museums, des heutigen Braunschweigischen Landesmuseums, wiedererrichtet wurden.

Neubeginn 1951

Mit dem 1958 in der Brucknerstraße am Schnittpunkt von Hagen- und Rebenring errichteten Klosterneubau St. Albertus Magnus kehrten nach mehr als 400 Jahren die Dominikaner wieder nach Braunschweig zurück.

Literatur

  • Richard Moderhack: Braunschweiger Stadtgeschichte, Braunschweig 1997
  • Christoph Römer: Paulinerkloster, in: Braunschweiger Stadtlexikon, herausgegeben im Auftrag der Stadt Braunschweig von Luitgard Camerer, Manfred R. W. Garzmann und Wolf-Dieter Schuegraf unter besonderer Mitarbeit von Norman-Mathias Pingel, Braunschweig 1992, S. 178, ISBN 3-926701-14-5
  • Carl Schiller: Die mittelalterliche Architectur Braunschweigs und seiner nächsten Umgebung, Braunschweig 1852
  • Johannes Zahlten, Ingema Reuter, Gerd Winner: St. Albertus Magnus - Dominikaner in Braunschweig, Hildesheim/Lamspringe 2008

Weblinks


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