Pauschalsteuer (Schweiz)

Pauschalsteuer (Schweiz)

Die Besteuerung nach dem Aufwand[1] oder Pauschalbesteuerung ist eine Besonderheit des schweizerischen Steuerrechts. Sie kann nur von natürlichen Personen in Anspruch genommen werden, die in der Schweiz keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Sie kommt zur Anwendung, wenn die Ermittlung des weltweiten Einkommens und Vermögens einer steuerpflichtigen Person mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten verbunden ist. Die Pauschalbesteuerung existierte zunächst in allen Kantonen und zudem im schweizerischen Bundesrecht. Zurzeit befindet sich eine Initiative der Alternativen Linken für die bundesweite Abschaffung der Pauschalsteuer im Sammelstadium.

Im Kanton Zürich wurde die Pauschalbesteuerung per Volksentscheid im Jahre 2009 abgeschafft (siehe Absatz "Kritik"). Als zweiter Kanton wird auch Schaffhausen die Pauschalbesteuerung abschaffen. In einem Volksentscheid am 25.September 2011 stimmten 55,1% für ein Ende der Pauschalbesteuerung.[2]

Inhaltsverzeichnis

Rechtsgrundlagen

Für die direkte Bundessteuer ist die Besteuerung nach dem Aufwand seit 1. Januar 1995 in Art. 14 DBG geregelt. Darauf gestützt hat der Schweizerische Bundesrat eine Verordnung[3] erlassen. Sie regelt die zur Erhebung der Steuer erforderlichen Vorschriften. Von der ESTV wurden mit dem Kreisschreiben Nr. 9 vom 3. Dezember 1993 Richtlinien zur Anwendung dieser Rechtsgrundlagen herausgegeben, die seit der Steuerperiode 1995/1996 Anwendung finden.

Auf Kantonsebene ist die Besteuerung nach dem Aufwand in Art. 6 StHG[4] geregelt. In Anlehnung an das DBG legt es die Rahmenbedingungen verbindlich für alle Kantone fest. Damit wurde bewirkt, dass sich die kantonalen Regelungen im Wesentlichen gleichen. Die Einzelheiten ergeben sich aus den jeweiligen kantonalen Steuergesetzen.

Subjektive Voraussetzungen

Eine natürliche Person, welche die Besteuerung nach dem Aufwand in Anspruch nehmen möchte, hat besondere persönliche Voraussetzungen zu erfüllen:

  • Sie muss erstmalig oder nach mindestens 10-jähriger Landesabwesenheit ihren steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz nehmen und
  • darf dort keiner Erwerbstätigkeit nachgehen.

Die Besteuerung nach dem Aufwand steht natürlichen Personen unabhängig ihrer Staatsangehörigkeit bis zum Ende der laufenden Steuerperiode zu. Für Nichtschweizer sieht das DBG diese Besteuerung auch in den Folgeperiode vor. Die Kantone können Nichtschweizern diese Besteuerung ebenfalls weiterhin zugestehen. Bis zur Abschaffung durch eine Volksinitiative der AL im Kanton Zürich im Jahr 2010 gewährten alle Kantone ausländischen Staatsbürgern dieses Recht zeitlich unbegrenzt.

Objektive Voraussetzungen

Bemessungsgrundlage sind nicht die weltweiten Einkünfte, sondern die jährlichen Lebenshaltungskosten des Steuerpflichtigen und der von ihm unterhaltenen und in der Schweiz lebenden Personen.

Als Mindestaufwand gilt dabei im Regelfall der 5-fache Wert der Wohnungsmiete des Steuerpflichtigen oder des Eigenmietwerts. Verfügt der Steuerpflichtige in der Schweiz über keine selbstbewohnte Liegenschaft ist im Regelfall der 2-fache Pensionspreis für Unterkunft und Verpflegung zu berücksichtigen.

Ergänzt wird die Bemessung durch eine Kontrollrechnung, welche sicherstellt, dass die Steuer nach dem Aufwand nicht niedriger ausfällt als die ordentlichen Steuern auf Einkünfte aus schweizerischen Quellen und ausländische Einkünfte, für die Vorteile aus bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen in Anspruch genommen werden.[5][6] Auf Kantonsebene umfasst diese Kontrollrechnung auch die in der Schweiz belegenen Vermögenswerte.

Kritik

Die Pauschalsteuer für reiche Ausländer wird sowohl im Ausland als auch in der Schweiz kritisiert. Die anderen Staaten werfen der Schweiz Anreiz zur Steuerflucht vor, da sich im Allgemeinen die Steuerlast dieser Personen reduziert. Die Staaten, in denen die Pauschalbesteuerten ihre Einkommen erzielen, müssen jedoch die dafür nötige Infrastruktur finanzieren. Diese Staaten kritisieren, dass die Schweiz die Pauschalsteuer auf Kosten der Steuerzahler der Fremdstaaten einnähme.

Schweizerische Staatsangehörige kritisieren, dass diese Steuer nur Ausländern offen steht und es dadurch zu massiven Ungleichbehandlungen bei der Steuerveranlagung kommt, wodurch die Steuermoral untergraben wird. Dem entgegnen die Befürworter, dass heute mehr als ein Drittel der Einwohner gar keine Bundessteuern zahlten. Konsequenterweise müsste mit derselben Begründung ebenfalls gefordert werden, dass alle Einwohner überhaupt Steuern zahlten. Ohne die Pauschalbesteuerten müsste jeder Steuerzahler im Schnitt CHF 200.- mehr Steuern zahlen. Neidisch auf die Pauschalbesteuerten könne nur sein, wer mehr als CHF 120'000.- an Steuern bezahle.

Im Februar 2009 führte eine Initiative der Alternativen Liste im Kanton Zürich zur dortigen Abschaffung der kantonalen Pauschalsteuer. 52,9 % der Stimmberechtigten befürworteten die Abschaffung der Pauschalsteuer gegen die Empfehlung des Zürcher Kantonsrats und des Regierungsrats.[7] Darauf verliessen tatsächlich die Hälfte der zuvor pauschalbesteuerten Personen den Kanton. [8] [9] In der Agglomeration Zürich führt dies auf Gemeindeebene keineswegs zu Steuerausfällen, zudem ist es sogar möglich, dass zuvor pauschal Besteuerte mit der normalen Steuereinschätzung weniger Steuern zahlen müssen. Der Kanton Zürich profitiert nur von nachrückenden Steuerzahlern, wenn sie aus anderen Kantonen oder aus dem Ausland kommen.[10]

Die Sozialdemokratische Partei der Schweiz beschloss an ihrer Delegiertenversammlung am 28. März 2009, schweizweit für die Abschaffung der Pauschalbesteuerung anzugehen, und lancierte darauf in verschiedenen Kantonen Volksinitiativen.[11][12] Im Mai 2011 beschloss schliesslich die Alternative Linke, eine Initiative zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung auf nationaler Ebene zu lancieren.

Andere Staaten wollen vermehrt vermögende Steuerzahler anziehen. Bei diesen Staaten handelt es sich nicht nur um sogenannte Steuerparadiese. Das bekannteste Beispiel ist Grossbritannien, wo bei bestimmten Ausländern nur der aus dem Ausland nach Grossbritannien transferierte Teil des Einkommens steuerbar ist. Das britische "Non-Dom-System" (30'000 UK£ Pauschalabgabe) ist dabei -- wenn auch nicht direkt vergleichbar -- teilweise vorteilhafter, denn es erlaubt, anders als in der Schweiz, eine zeitlich beschränkte Erwerbstätigkeit. Viele Ausländer, die ein paar Jahre in Grossbritannien arbeiten, profitieren von dieser Regelung.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. frz.: Imposition d'après la dépense", ital.: Imposizione secondo il dispendio
  2. http://www.swissinfo.ch/ger/news/newsticker/international/Kanton_Schaffhausen_schafft_Pauschalbesteuerung_ab.html?cid=31211774
  3. SR: 642.123 Verordnung über die Besteuerung nach dem Aufwand bei der direkten Bundessteuer vom 15. März 1995
  4. SR: 642.14 Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990
  5. EFD: Faktenblatt Besteuerung nach dem Aufwand
  6. Curia Vista - Geschäftsdatenbank Besteuerung nach dem Aufwand
  7. tagblatt.ch: Zürich schafft Pauschalsteuer ab, vom 8. Februar 2009
  8. tagblatt.ch: pauschalbesteuerte verlassen Zürich, vom 7. Januar 2011
  9. Info DRS3 zur Pauschalbesteuerung in Zürich, 14. April 2011
  10. drs.ch: Viele Pauschalbesteuerte verlassen den Kanton Zürich
  11. tagblatt.ch: SP lanciert Initiative gegen Pauschalsteuer, vom 20. März 2009
  12. 20min.ch: SP gegen Pauschalsteuern, vom 3. Mai 2009
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