Pekuliarbewegung

Pekuliarbewegung

Als Eigenbewegung, oder auch Pekuliarbewegung (lat. peculiaris = eigen) bezeichnet man in der Astronomie die auf tatsächlichen räumlichen Bewegungen beruhende scheinbare Positionsänderung von Sternen an der gedachten Himmelskugel. Im Gegensatz zur Parallaxe liegt eine fortschreitende Veränderung des Sternortes vor.

Eigenbewegungen wurden erst 1728 von James Bradley erkannt, da sie sich wegen der großen Sternentfernungen nur sehr langsam vollziehen; bis dahin wurde deshalb allgemein von Fixsternen gesprochen. Sie werden in Bogensekunden pro Jahr, Einheit "/a, gemessen und haben meist das Formelzeichen μ. Christian Mayer schlug 1777 eine Methode vor, die Eigenbewegung anhand von dicht beieinander stehenden Sternen zu untersuchen. Bei seinen weiteren Beobachtungen 1779 unterschied er zwischen möglichen physischen Doppelsternen und optischen Doppelsternen.

Wilhelm Herschel untersuchte 1783 anhand von 14 Sternen die Eigenbewegung und fand dabei heraus, dass sich elf Sterne auf einen gemeinsamen Punkt nahe dem Stern Lambda Herculi bewegen. Er schloss daraus auf eine absolute Bewegung unseres Sonnensystems. Den drei Sternen, deren Bewegung nicht auf diesen Punkt ausgerichtet war, schrieb er eine echte eigene Bewegung zu. Diese Untersuchung wurde 1838-1840 von Argelander anhand von fast 600 Sternen wiederholt. Argelanders Untersuchung bestätigte Herschels Ergebnis. Somit konnte man ab 1840 die Eigenbewegung auf eine absolute Bewegung unseres Sonnensystems und eine echte eigene Bewegung der Fixsterne zurückführen.

Davon zu unterscheiden sind scheinbare Bewegungen an der Himmelskugel, die auf andere Weise hervorgerufen werden:

  • Die jährliche Bewegung der Erde um die Sonne bewirkt eine Parallaxe, das heißt, nahe Sterne verschieben sich aufgrund des unterschiedlichen Beobachtungswinkels leicht vor dem Hintergrund wesentlich weiter entfernter Sterne.
  • Die Schwankungen der Erdachse, im Wesentlichen Präzession und Nutation, führen zu einer gleichförmigen Verschiebung der gesamten Himmelskugel.
  • Die endliche Lichtgeschwindigkeit führt zusammen mit der Erdbewegung zur Aberration (Abirrung) des Sternenlichts, da die Erde sich unter dem einfallenden Licht fortbewegt.

Der Stern mit der höchsten bislang gemessenen Eigenbewegung ist Barnards Pfeilstern, der sich mit 10,34" pro Jahr bewegt und nur sechs Lichtjahre von uns entfernt ist. Am zweitschnellsten bewegt sich der Kapteyns Stern auf der gedachten Himmelskugel, obwohl seine tatsächliche Geschwindigkeit wegen seiner größeren Entfernung höher ist. Die Eigenbewegung gibt eine Winkelgeschwindigkeit an. Die Geschwindigkeitskomponente senkrecht zur Verbindung Erde und Stern errechnet sich durch Multiplikation mit dem Abstand. Bei einem Abstand von einem Parsec entspricht dies einer Geschwindigkeit von einer AE pro Jahr oder die Geschwindigkeit der Erde auf ihrer Bahn um die Sonne dividiert durch die zweifache Kreiszahl. Für die Relativgeschwindigkeit zur Erde ist noch die Radialgeschwindigkeit zu beachten.

Um neben dem Winkelunterschied pro Jahr auch die scheinbare Richtung der Eigenbewegung an der Himmelskugel anzugeben, werden zwei Systeme verwendet:

  • Neben der Gesamteigenbewegung pro Jahr wird zusätzlich ein Positionswinkel vermerkt, als Abweichung von der Nordrichtung. Dabei ist Norden 0°, Osten 90°, Süden 180° und Westen 270°. Für das Beispiel Barnards Pfeilstern wird daher neben μ = 10,34"/a noch der Positionswinkel von 355,8° angegeben.
  • Die Gesamteigenbewegung pro Jahr wird in zwei Komponenten μ(RA) und μ(Dec) zerlegt; μ(RA) gibt die jährliche Eigenbewegung in Richtung Rektaszension an, μ(Dec) in Richtung Deklination. Für Barnards Pfeilstern lauten die Werte:
μ(RA) = -0,757"/a
μ(Dec) = 10,31"/a

Siehe auch: Astrometrie

Literatur

  • Christian Mayer, Gründliche Vertheidigung neuer Beobachtungen von Fixsterntrabanten welche zu Mannheim auf der kurfürstl. Sternwarte entdecket worden sind, Mannheim 1778

Weblinks


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