Perovskit

Perovskit
Perowskit
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Chemische Formel CaTiO3
Mineralklasse Oxide und Hydroxide
IV/C.10-20 (nach Strunz)
4.3.3.1 (nach Dana)
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse orthorhombisch-dipyramidal, 2/m 2/m 2/m\,
Farbe schwarz, zum Teil rotbraun bis gelb
Strichfarbe grau bis weiß
Mohshärte 5,5
Dichte (g/cm³) 4,0
Glanz Diamant- bis Metallglanz
Transparenz transluzent bis opak (undurchsichtig)
Bruch muschelig
Spaltbarkeit undeutlich nach {001}
Habitus verzerrte Würfel (pseudokubisch), selten auch Oktaeder oder Kuboktaeder
Häufige Kristallflächen {100}, {010}, {001}
Zwillingsbildung Durchdringungszwillinge nach [010], seltener nach [121]
Kristalloptik
Brechzahl nα = 2,300
nβ = 2,340
nγ = 2,380
Doppelbrechung
(optische Orientierung)
Δn = 0,0800 ; zweiachsig positiv
Winkel/Dispersion
der optischen Achsen
2vz ~ 88 – 90°
Pleochroismus nicht beobachtet
Weitere Eigenschaften
Phasenumwandlungen k. A.
Schmelzpunkt k. A.
Chemisches Verhalten k. A.
Ähnliche Minerale Uhligit, Latrappit, Tausonit
Radioaktivität nicht radioaktiv
Magnetismus nicht magnetisch
Besondere Kennzeichen piezoelektrisch

Perowskit ist ein relativ häufiges Mineral aus der Mineralklasse der Oxide mit der chemischen Zusammensetzung CaTiO3. Es handelt sich um ein Calcium-Titan-Oxid, Perowskit wird jedoch manchmal auch fälschlicherweise als Calciumtitanat bezeichnet, obwohl es sich nicht um ein Salz der Titansäure handelt. Perowskit hätte idealerweise eine kubische Struktur, aufgrund des dafür zu kleinen Ionenradius der Ca2+-Kationen ist diese jedoch verzerrt, wodurch er im niedrigersymmetrischen orthorhombischen Kristallsystem kristallisiert. Die Kristalle des Perowskit haben dadurch eine pseudokubische Gestalt, sie bilden leicht verzerrte, meist metallisch wirkende Würfel mit einer schwarzen bis rotbraunen Farbe.

Inhaltsverzeichnis

Etymologie und Geschichte

Gustav Rose

Die Erstbeschreibung des Perowskit stammt von dem deutschen Mineralogen Gustav Rose (1798–1873) aus dem Jahr 1839.[1] Er entdeckte das noch unbekannte Mineral in einer Druse einer Gesteinsprobe aus Achmatowsk in der Nähe von Slatoust im Ural, die er von dem Oberbergmeister Kämmerer aus St. Petersburg erhalten hatte.[2] Rose beschrieb die Kristallform, bestimmte die Härte (5,5 auf der Härteskala nach Mohs) sowie die Dichte des Minerals und führte zahlreiche chemische Untersuchungen durch, wodurch er die noch heute gültigen Bestandteile Calcium- und Titan(IV)-oxid zweifelsfrei bestimmen konnte. Er benannte das neue Mineral Perowskit nach dem russischen Politiker und Mineralogen Lew Alexejewitsch Perowski (1792–1856). Achmatowsk ist heute die Typlokalität des Perowskit.

Seit der Gründung der International Mineralogical Association ist Perowskit der international anerkannte Mineralname für das natürlich auftretende Calciumtitanoxid CaTiO3.

Modifikationen und Varietäten

Perowskit kann neben Calcium und Titan Spuren bis hin zu größeren Mengen an anderen Metallen enthalten. Anstatt Calcium können Alkalimetalle, Seltenerdmetalle und seltener Eisen enthalten sein, auf den Titanpositionen befindet sich häufig auch Niob sowie untergeordnet Tantal und Zirconium. Varietäten mit einem sehr hohen Gehalt an Seltenerdmetallen (vor allem Cer) werden als Knopit bezeichnet, sehr niobreiche Perowskite als Dysanylith, bei einer Kombination aus beidem auch als Loparit. Unter Berücksichtigung der häufig enthaltenen Elemente, kann die chemische Zusammensetzung von Perowskit auch allgemeiner als (Ca,Na,Fe2+,Ce,Sr)(Ti,Nb)O3 angegeben werden.

Bildung und Fundorte

Perowskit entsteht durch Kristallisation aus titanreichen Magmen und ist ein häufiger Bestandteil von kieselsäurearmen (mafischen) Gesteinen wie Syenit, Kimberlit oder Karbonatit, er tritt aber auch in karbonatreichen Metamorphiten wie dem Skarn auf. Auch in karbonathaltigen Chondriten (Steinmeteoriten) konnte Perowskit nachgewiesen werden. Künstlich kann Perowskit auch durch die Reaktion von Calciumoxid CaO mit Titandioxid TiO2 erzeugt werden:

\mathrm{CaO\ +\ TiO_2\ \longrightarrow\ CaTiO_3}

Zu den begleitenden Mineralen (Paragenesen) zählen Nephelin (K,Na)AlSiO4, Titanit CaTiSiO5, Ilmenit FeTiO3 und Magnetit Fe3O4.

Weltweit gibt es zahlreiche Fundorte von Perowskit, neben der Typlokalität Achmatowsk und weiterer Orte im Ural sind dies unter anderem die Halbinsel Kola (Russland), die Eifel und der Kaiserstuhl (Deutschland), Zermatt (Schweiz) sowie das Val di Susa und Val Malenco (Italien).

Morphologie

Perowskit kristallisiert am häufigsten würfelförmig, wobei die Würfel aufgrund der orthorhombischen Symmetrie leicht verzerrt sind. Seltener sind oktaeder- oder kuboktaederförmige Einkristalle. Die Oktaederflächen sind, ebenso wie zum Teil auch Rhombendodekaederflächen, bei vielen würfelförmigen Kristallen zumindest angedeutet vorhanden. Die möglichen Kristallformen sind unten dargestellt.

Struktur

Kristallographische Daten[3]
Elementarzelle von Perowskit
Elementarzelle von Perowskit
Kristallsystem orthorhombisch
Raumgruppe Pnma\;
Gitterparameter
(Elementarzelle)
a = 545 pm
b = 765 pm
c = 539 pm
Zahl (Z) der
Formeleinheiten
Z = 4

Perowskit kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem in der Raumgruppe Pnma mit den Gitterparametern a = 545 pm, b = 765 pm und c = 539 pm sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle. Idealerweise würde Perowskit im kubischen Kristallsystem mit einem Gitterparameter der Elementarzelle von ca. 380 pm kristallisieren, aufgrund des dafür zu kleinen Ionenradius der Ca2+-Kationen ist die Kristallstruktur jedoch verzerrt, wodurch sich die niedrigere orthorhombische Symmetrie erklärt. Das Strontiumtitanoxid SrTiO3, auch bekannt als das Mineral Tausonit, mit dem größeren Homologen Strontium hingegen kristallisiert unverzerrt in der idealen kubischen Struktur. Den Grad der Verzerrung einer Verbindung ABO3 mit Perowskit-Struktur kann anhand des Goldschmidtschen Toleranzfaktors t abgeschätzt werden[4], der wie folgt definiert ist:

t = \frac{r_A+r_O}{\sqrt{2}(r_B+r_O)}

wobei rA der Radius des A-Kations, rB der Radius des B-Kations und rO der Radius des Anions (für gewöhnlich Sauerstoff) sind. Die Perowskit-Struktur existiert in dem Bereich 0,89 < t < 1,02, wobei t = 1 der unverzerrten Struktur (also SrTiO3) entspricht.

Die Kristallstruktur von Perowskit kann auf zwei verschiedene Arten beschrieben werden. Die Titanatome werden jeweils von sechs Sauerstoffatomen in der Gestalt von Oktaedern umgeben. Diese [TiO6]-Oktaeder bilden über gemeinsame Ecken ein dreidimensionales Netzwerk, das mit Hilfe der Niggli-Schreibweise wie folgt beschrieben werden kann:

\mathrm{{}^{3}_\infty\lbrace[TiO{}^{e}_{6/2}]^{2-}\rbrace\!\,}

In den Lücken dieses Netzwerks befinden sich die Calciumatome, die eine Koordinationssphäre aus zwölf Sauerstoffatomen in Form eines Kuboktaeders als Koordinationspolyeder besitzen. Alternativ kann die Struktur auch als kubisch dichteste Kugelpackung beschrieben werden, die gemeinsam von Calcium und Sauerstoff aufgebaut wird. Jede vierte Oktaederlücke der Kugelpackung ist dabei von Titan besetzt. Da in einer dichtesten Kugelpackung genauso viele Oktaederlücken wie Packungsteilchen vorhanden sind, ergibt sich wiederum die Summenformel CaTiO3.

Im Perowskit-Typ kristallisieren eine Reihe von weiteren Verbindungen, darunter industriell bedeutsame Ferroelektrika wie Bariumtitanat (BaTiO3), aber auch andere Oxide wie CaZrO3 oder CaSnO3 sowie Fluoride und Nitride der Zusammensetzungen KNiF3 und ThTaN3.

Von der Perowskit-Struktur können auch andere Strukturen abgeleitet werden. Im Perowskit gibt es nur eine Sorte von A-Atomen. Tauscht man die Hälfte aller A-Atome systematisch (also jedes zweite) gegen ein Atom A' aus, so erhält man die Elpasolith-Struktur (AA'BO6). Deren Elementarzelle entspricht der achtfachen des Perowskits.

Entfernt man die von zwölf Sauerstoffatomen umgebenen Zentralatome, im Fall des Perowskits also die Calciumatome aus der Struktur, kommt man zu einem weiteren häufigen Strukturtyp, der Rhenium(VI)-oxid-Struktur.


Siehe auch

Literatur und Quellen

  • W. A. Deer, R. A. Howie, J. Zussman: An Introduction to the Rock Forming Minerals. Prentice Hall, Harlow 1992, ISBN 0582300940. (englisch)
  • W. Kleber, H.–J. Bautsch, J. Bohm: Einführung in die Kristallographie. 18. Aufl., Verlag Technik, Berlin 1998, ISBN 3-341-01205-2.
  • U. Müller: Anorganische Strukturchemie. 5. Aufl., Teubner, Stuttgart 2006, ISBN 3-8351-0107-2.
  • M. Okrusch, S. Matthes: Mineralogie. Springer, Berlin 2005, ISBN 3540238123.

Einzelnachweise

  1. G. Rose: De novis quibusdam fossilibus, quae in montibus uraliis inveniuntur, scripsit. 1839, Berlin.
  2. G. Rose: Ueber einige neue Mineralien des Urals. In: Journal für praktische Chemie. Bd. 19, 1840, S. 459–460.
  3. R. H. Buttner, E. N Maslen: Electron difference density and structural parameters in CaTiO3. In: Acta Crystallographica. Nr. B48, 1992, S. 644-649.
  4. V. M. Goldschmidt: Die Gesetze der Krystallochemie.. In: Die Naturwissenschaften. Nr. 21, 1926, S. 477-485.

Weblinks


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