Pfarrkirche St. Maria (Schloss Zeil)

Pfarrkirche St. Maria (Schloss Zeil)
Kath. Pfarrkirche St. Maria (Schloss Zeil)
Kirche St. Maria, rechts der Schloßanlage, 2005

Die Pfarrkirche St. Maria ist Teil der Schlossanlage von Zeil in Leutkirch im Allgäu und erhebt sich im Osten des Schlossareals auf leicht abfallendem Terrain, direkt an der Umgrenzungsmauer des Hofgartens. Auf ihrer Südseite befindet sich die Sakristei mit der darüber liegenden Stiftsbibliothek und dem Schlossarchiv sowie der ehemalige Stiftshof, der vom Schulhaus und dem Kollegiatsgebäude eingefasst wird. Die bauliche Einheit von Kirche und Stift dokumentiert bis heute ein Gang, der das ehemalige Stift über die Sakristei mit dem Gotteshaus verbindet. Der Zugang zum Gotteshaus erfolgt über einen freien Platz an der Nordseite der Kirche, um den sich in loser Folge Beamtenhäuser, die Apotheke und die Schlosswirtschaft gruppieren. Entlang der Nordseite des Hofgartens führte ursprünglich ein gedeckter Gang, der sog. Kirchgang, zum Schloss.

Inhaltsverzeichnis

Baugeschichte und Außenbau der Pfarrkirche

Waldburgisches Wappen am Chorgestühl

Nach den Plänen Frobens von Waldburg-Zeil entsteht neben Residenz und Kollegiatsstift mit zugehörigen Ökonomiegebäude im Stile des Klassizismus, die Kirche St. Maria in den Jahren 1607 bis 1612. Die feierliche Konsekration erfolgt durch den Konstanzer Bischof Jakob Graf Fugger. Die Kirche erhebt sich im Osten des Schlossareals auf leicht abfallendem Terrain. Um die Kirche gruppieren sich in loser folge Beamtenhäuser, Schlosswirtschaft und Apotheke des Schlosses. Das Satteldach schließen Langhaus und Chor zu einem einheitlichen Baukörper zusammen. Der Turm auf der Nordseite ist zum Teil in das Kirchenschiff eingestellt. Bauliche Einheit von Kirche und Stift dokumentiert bis heute ein Gang, der das ehemalige Stift über die Sakristei mit dem Gotteshaus verbindet.

Innenraum

Innenansicht

Im Raumeindruck des hohen Saalbaus von St. Marien dominiert die strenge feierliche Stimmung des Klassizismus. Im Innenraum befinden sich drei Altäre. Das Deckengemälde über dem Chor schildert eine Szene der Offenbarung des Johannes (Apokalypse), die Anbetung des Gotteslammes durch die 24 Ältesten. Das Lamm versinnbildlicht den geopferten siegreich auferstandenen Christus., der allein würdig ist, die sieben Siegel zu brechen und damit das jüngste Gericht auszulösen. Das große ovale Deckengemälde im Langhaus stellt einen Heiligenzyklus dar.

Hervorzuheben sind auch das Chorgestühl von Jakob Bendel und die Altäre der Bildhauer Josef Anton Feuchtmayer, Pius Dirr und Johann Jacob Ruez.

Deckengemälde im Langhaus

Das große ovale Deckengemälde im Langhaus entstand 1939 nach einer Konzeption des Fürsten Erich von Waldburg-Zeil über das Verhältnis von Staat und Kirche, die August Braun aus Wangen im Allgäu malerisch gestaltete. Das Bild wird durch Wolkenformationen in drei Zonen aufgeteilt, wobei in der oberen himmlischen Sphäre die Rosenkranzübergabe durch Maria und das Jesuskind an den hl. Dominikus dargestellt ist. Die hl. Katharina von Siena und zahlreiche Engel nehmen an diesem Geschehen teil. Den Mittelteil des Bilds durchziehen diagonale Wolkenbänder, auf denen zahlreiche bedeutende Persönlichkeiten aus Kirche und Staat aufgereiht sind, von der Frühzeit der Christianisierung bis ins 20. Jh. Die Grundidee beruht auf dem historischen Auftrag des Staats und seiner Herrscher, ein Fundament zu schaffen, auf dem sich das christliche Leben in der Gesellschaft entwickeln kann. Die bedeutenden Kirchenlehrer untermauern und begründen durch ihre Lehren und ihr Wirken dieses Fundament, während die Ordensmänner in ihrer Vorbildfunktion für christliche Lebensführung und die Erfüllung des christlichen Auftrags dargestellt sind. Der Heiligenzyklus beginnt links oben mit dem lateinischen Kirchenvater Gregor dem Großen († 604), dem wohl genialsten und einflussreichsten Papst des ersten christlichen Jahrtausends. Dahinter steht Augustinus von Canterbury († 604), der von Gregor zur Missionierung Englands entsendet wurde. Rechts folgt Isidor von Sevilla (560–636), der Nationalheilige Spaniens, der Verfasser der "Ethymologiae", die das Wissen der Antike in einem enzyklopädischen Werk zusammenfasste. Der westgotische König Sisibut steht als Auftraggeber hinter seinem Berater Isidor. Die weströmische Kaiserin Galla Placidia (um 389–450) rechts daneben hat das römische Reich dem Christentum erhalten. Bei der darauf folgenden Gruppe von drei Mönchen handelt es sich um Benedikt von Nursia (480–547), den Patriarchen der abendländischen Mönche, der mit seiner Regel die Grundlage des christlichen Ordenswesens schuf; daneben sind die Patrone und Glaubensboten des Allgäus, der irische Missionar Gallus (550–641) und der Benediktinermönch Magnus von Füssen (699–772) zu sehen. Auf diese Gruppe folgt der Apostel Deutschlands, Bonifatius († 754), der Reformer und Organisator der fränkischen Kirche. Neben ihm steht Benedikt von Aniane († 821), ein Kriegsherr, der zum ersten großen Mönchsvater aus germanischem Stamm wurde. Die Herrschergruppe dahinter stellt Karl den Großen (742–814) dar, der die Einheit des christlichen Abendlands begründete, sowie seinen Sohn Ludwig den Frommen (778–840) und Widukind von Egern (792–804), den Sachsenführer, der im Kampf gegen Karl unterlag und sich daraufhin 785 taufen ließ. Schräg dahinter folgt Otto der Große (912–973), der die Herzogsgewalt einschränkte und sich vermehrt auf die geistlichen Fürsten stützte, seine Gemahlin Adelheid von Burgund (931–999) sowie sein Bruder Bruno (925–965), Erzbischof von Köln und Kanzler des Reichs. Zu ihren Füßen sitzen Bischof Bernward von Hildesheim (960–1022), der Vormund Kaiser Ottos III., und Kaiser Heinrich H. (973–1024), der Gründer des Bistums Bamberg mit seiner Gemahlin Kunigunde († 1033). Links außen schließen sich Bernhard von Clairvaux (1090–1153), einflussreicher Abt des Reformordens der Zisterzienser, und Bruno (1030–1101), der Gründer des Kartäuserordens, an. Rechts daneben befinden sich Thomas von Aquin (1225–1274), der größte kirchliche Philosoph und Theologe des Mittelalters und sein Lehrer, der Dominikaner Albertus Magnus (gest. 1280), der bedeutende Theologe und Naturwissenschaftler. Links außen folgen der Gründer des Franziskanerordens Franz von Assisi (1181–1226), dessen Predigten eine gewaltige religiöse Erneuerungsbewegung auslösten, sowie Dante (1265–1321) mit seinem Hauptwerk "Divina Commedia", der dichterischen Krönung des Mittelalters, und Friedrich H. (1194–1250), der nach heftigem Kampf mit dem Papsttum 1245 durch das Konzil von Trient abgesetzt wurde. Die Gruppe links außen besteht aus Kaiser Karl V. (1500–1558), der wiederholt versuchte, nach der Reformation die eine Kirche zu bewahren, und seinem Sohn Philipp II. (1527–1598), der bei Lepanto über die Türken siegte und den Jesuitenorden förderte. Der Stifter dieses Ordens, Ignatius von Loyola (1491–1556) ist von seinen Schülern Franz Borgia (1510–1572) und Petrus Canisius (1521–1597), dem deutschen Führer der Gegenreformation, umgeben. Darunterfolgen die Päpste der Neuzeit: Leo XIII. (1810–1903), der die Beendigung des Kulturkampfes in Deutschland im Konflikt zwischen Staat und Kirche erreichte, Pius X. (1835–1914), der die Kinderkommunion einführte, und Pius XI. (1857–1939), der die Priesterweihe in den Missionsländern begann.

Ganz links außen ist der Philosoph Friedrich Wilhelm Hegel (1770–1831) dargestellt, der den Staat ohne Gott, den Staat des Menschen, anstrebte.

Im unteren Bildteil sind Persönlichkeiten aus der Geschichte des Hauses Waldburg-Zeil um die drei Schutzheiligen der Familie versammelt. Es handelt sich hierbei um den hl. Willibald, Bischof von Eichstätt, seinen Bruder, den Abt Wunibald und die Äbtissin Walburga. Links darunter befinden sich Truchsess Otto von Waldburg, Bischof von Augsburg und Kurienkardinal in Rom, sowie Otto von Waldburg, Bischof von Konstanz. Truchsess Froben, der Erbauer des Schlosses ist am unteren Bildrand hoch zu Ross dargestellt. Rechts von ihm steht im roten Wams Christoph von Waldburg-Friedberg-Scheer, der die Verehrung der Hauspatrone einführte. Links folgt Graf Franz Anton von Waldburg-Zeil im Reichstruchsessenornat, danach schließen sich die bei den Fürstbischöfe von Chiemsee aus dem gräflichen Hause Zeil an, Ferdinand Christoph und Sigmund Christoph. Am rechten Bildrand trägt ein Engel die Kartusche mit den Familienwappen, während links darunter eine Fernansicht des Schlosses Zeil zu sehen ist.

Orgeln

Chororgel

Manual und Pedal der Chororgel im Chorgestühl

Die in der rechten Seite des Chorgestühls eingebaute Chororgel zählt zu den ältesten Orgelwerken Oberschwabens. Die genaue ältere Orgelgeschichte ist nicht genau erforschbar, da oftmals unklar ist, welche Angaben in Archivalien sich auf welche Orgel beziehen. Die Chororgel könnte um 1609 vom ersten Organisten der Kirche, Daniel Hayl aus Irsee, erbaut worden sein. Um 1781/1782 wurde die Orgel von Joseph Höss umgebaut und um ein Pedal erweitert. 1886/1887 wurde die Orgel von Johann Baptist Schefold umgebaut und in ihrer Stimmung verändert; 1989/1990 von Hermann Weber restauriert. Die einmanualige Orgel mit Klötzchenpedal besitzt acht Register, von denen einige noch eine große Zahl der Originalpfeifen aufweisen:

Registerzüge der Chororgel
Manual
Mixtur III [Anm. 1]
Hörnle II 2/3[Anm. 2]
Superoctav 2′[Anm. 3]
Octav 4′[Anm. 4]
Fletten 4′[Anm. 5]
Principal 8′[Anm. 6]
Copula 8′[Anm. 7]
Octavbaß 8′[Anm. 8]
Anmerkungen
  1. Metall – großteils original
  2. Metall – großteils neu
  3. Metall – teilweise neu
  4. Holz/Metall – großteils original
  5. Holz – großteils original
  6. Metall; nur ab a0, darunter angeghängt an Copula 8′ – fast ganz original
  7. Holz – fast ganz original
  8. Holz – original Höss 1781/1782

Hauptorgel

Blick zur Fürstenloge und Orgelempore

Um 1680 wurde vermutlich eine erste Hauptorgel angeschafft. 1711 wurde eine neue Orgel erbaut (oder erworben), 1749 konnte aus der Augustinerkirche in Memmingen eine Orgel erworben werden. 1782–1785 baute Joseph Höss diese Orgel um; 1805 wurde sie wohl nochmals umgebaut. 1939 wurde die Orgel von Friedrich Weigle (als op. 800) unter Wahrung des Bestands erweitert und instandgesetzt. Die heutige Orgel enthält hauptsächlich Register von Weigle, aber auch noch viele Pfeifen von 1749 bzw. 1805.

Literatur

  • Erich von Waldburg-Zeil: Schloß Zeil. München 1953
  • Rudolph Rau: Schloß Zeil. München 1962
  • Wolfgang Manecke, Johannes Mayr, Mark Vogl: Historische Orgeln in Oberschwaben. Kunstverlag Fink, Lindenberg 2006, ISBN 978-3-89870-250-8 (insbesondere S. 158–164)

Weblinks

47.8463888888899.97083333333337Koordinaten: 47° 50′ 47″ N, 9° 58′ 15″ O


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