Pfarrkirche St. Michael (Binswangen)

Pfarrkirche St. Michael (Binswangen)
Pfarrkirche St. Michael in Erlenbach-Binswangen

Die Pfarrkirche St. Michael in Binswangen, einem Ortsteil von Erlenbach im Landkreis Heilbronn in Baden-Württemberg, ist eine 1788 erbaute katholische Kirche. Das barocke Gebäude wurde 1978 bis 1986 umfassend renoviert.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Vorgängerbauwerk

In Binswangen bestand am Standort der Kirche St. Michael auf einer Terrasse auf der nördlichen Seite des Ortes bereits seit dem Mittelalter eine Kirche, die 1312 erwähnt und auf der Darstellung des Binswanger Ortsbildes von 1578 abgebildet ist. Bei den Planungen der heutigen Kirche ist der Vorgängerbau in seinen Dimensionen auf manchen Plänen eingezeichnet, so dass dessen Bauform genau bekannt ist. Der Vorgängerbau war ein nach Osten ausgerichteter gotischer Längsbau mit Turm, einer Gesamtlänge von 21,60 Meter und einer Breite von 6,75 Meter.

Der Neubau der Michaelskirche geht auf den Deutschen Orden zurück, zu dessen Gebiet Binswangen zählte und der im 18. Jahrhundert eine rege Bautätigkeit entwickelte, in deren Zuge zahlreiche Kirchen im Heilbronner Raum (u.a. in Neckarsulm, Kochertürn, Duttenberg und Dahenfeld) erneuert wurden. Die Martinskirche im benachbarten Erlenbach wurde durch den Neckarsulmer Baumeister Georg Philipp Wenger 1755 erneuert. 1763 wurde das Binswanger Pfarrhaus erbaut.

Wenger erbaute dann 1768 in Binswangen an der südlichen Gemeindegrenze die heute ebenfalls noch bestehende St.-Wolfgangs-Kapelle. Warum in dem damals 80 Bürger zählenden Ort Binswangen mit der Wolfgangskapelle ein weiteres Kirchengebäude erstellt wurde, ist unbekannt. Eine mögliche Nutzung als Ausweich-Gottesdienstraum während eines absehbar langen Neubaus der Michaelskirche wird als möglich erachtet.

Für den Neubau der Michaelskirche hat die Hoch- und Deutschmeisterliche Hofkammer in Mergentheim drei Entwürfe eingeholt, diese kamen von dem Ödheimer Baumeister Johann Hornstein, von dem Mergentheimer Baumeister Jakob Hallischek und dem Neckarsulmer Baumeister Johann Michael Keller der Jüngere. Zum Zug kam letztlich Keller, der Sohn des gleichnamigen Baumeisters Johann Michael Keller der Ältere und Schwiegersohn des Baumeisters Wenger war.

Kirchengebäude von 1788

Südfassade, Hauptportal

Die ursprünglichen Planungen von 1776 sahen den Neubau der Kirche in der bisherigen Ausrichtung nach Osten vor. Vermutlich aufgrund der topografischen Gegebenheiten wurden die Planungen dann aber geändert, und die Kirche wurde in Nord-Süd-Richtung erbaut, wodurch auf dem vorhandenen Baugrund ein von den Proportionen harmonisch ausgeglichener Baukörper verwirklicht werden konnte. In die Bauausführung Kellers im damals vorherrschenden Stil des Barock mit bereits klassizistischer Prägung sind auch Details der Konkurrenzentwürfe eingeflossen, wie Deckenspiegel, Kassetten, Stuckdekor und anderes aus den Entwürfen Hallischeks.

Die Michaelskirche ist zwar am Portal auf 1788 datiert, sie wurde jedoch erst am 10. September 1818 geweiht. Die Gründe für die lange Dauer von 30 Jahren zwischen Bau und Weihe sind weitgehend unbekannt. Untersuchungen haben insgesamt acht verschiedene historische Farbfassungen der Wände zu Tage gebracht, wobei zum Zeitpunkt der Weihe 1818 vermutlich schon die dritte Fassung ausgeführt worden war.

Die Michaelskirche ist ein einschiffiger Kirchenbau mit runder Apsis im Norden. Die Breite des Langhauses beträgt 13,60 Meter, die Gesamtlänge 29,20 Meter. Im Südosten befindet sich neben der Apsis der Glockenturm. Von der Straße führt eine Steintreppe durch ein rundbogiges Portal zum südlichen Hauptportal der Kirche, das mit 1788 datiert ist. Über dem Portal befindet sich ein Deutschordenskreuz, darüber in einer Nische eine Figur des Hl. Michael. An der südlichen Giebelwand waren einst zwei historische Grabsteine von Ortspfarrern angebracht, jedoch wurde einer davon seit längerem an die Friedhofsmauer verlegt. In den Ecken und zwischen den Stichbogen-Fenstern sind an der Außenfassade der Kirche dorische Pilaster. Der dreistöckige Turm weist dorische, ionische und korinthische Pilaster auf, außerdem kräftige Gesimse. Im Turm waren ursprünglich zwei alte Glocken des Vorgängerbauwerks aufgehängt (die größere erneuert 1698, die kleinere von 1667), im Jahr 1826 kam noch eine kleine neue Glocke hinzu. Im Fuß des Turms befand sich die Sakristei.

Blick von der Empore zum Chor

Im Inneren der Kirche ist der um drei Stufen erhöhte Chor vom Langhaus durch einen Rundbogen abgetrennt. Im Chor befindet sich der Hochaltar, an den Seitenwänden des Rundbogens zum Chor befinden sich noch zwei Seitenaltäre. Eine thronende Madonna und eine Pietà aus dem 16. Jahrhundert sowie ein gotischer Taufstein wurden aus dem Vorgängerbauwerk übernommen.

Der barocke Hochaltar wurde nach Fertigstellung des Chores eingebaut, war aber wohl zu hoch ausgeführt worden. Am Oberteil des Aufbaus wurden Korrekturen notwendig, damit er nicht in den Chor eingezwängt wirkte. Die ursprünglichen Seitenaltäre der Kirche waren ebenfalls barock ausgeführt, wurden jedoch 1874 gegen neogotische Seitenaltäre ausgetauscht. Die alten Altäre wurden bis 1885 noch in der Wolfgangskapelle aufbewahrt, anschließend verheizt. 1939 wurden die neogotischen Altäre zu Gunsten noch zu beschaffender alter Barockaltäre entfernt, so dass vorläufig nur schlichte Altarunterbauten zu sehen waren. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren keine gewünschten alten Barockaltäre zu finden, so dass 1948 auf den alten Unterbauten neue Seitenaltäre in barockem Stil errichtet wurden.

Gegenüber dem Chor befindet sich an der Südwand eine zweistöckige hölzerne Empore, auf deren zweitem Stockwerk sich die Orgel befindet. Empore und Orgel wurden bereits 1858 erwähnt. 1899 wurde eine neue Orgel beschafft, die in der Mitte des zweiten Emporengeschosses aufgestellt wurde. Der enge Einbau der Orgel knapp unter der Decke des Langhauses wurde vielfach bemängelt, gleichermaßen wurde aber auch die „hochromantische Disposition“ der Orgel gelobt.

Die Glocken der Kirche wurden mehrfach erneuert, auch weil im Ersten und Zweiten Weltkrieg alle Glocken bis auf jeweils eine abgeliefert werden mussten und eingeschmolzen wurden. Heute befinden sich im Kirchturm drei Glocken: die größte Glocke mit der Stimmung fis' sowie die zweitgrößte Glocke mit der Stimmung gis' wurden 1949 bei der Glockengießerei Bachert in Heilbronn gegossen. Die kleinste Glocke hat die Stimmung h' und wurde 1936 bei dem Unternehmen Wolfarth in Lauingen gegossen.

Renovierung 1978 bis 1986

Seit der Renovierung sind die Orgelwerke auf die Seiten der Empore aufgeteilt

In den späten 1970er Jahren wurde eine umfassende Renovierung der Kirche notwendig, die von 1978 bis 1986 andauerte. Im Inneren war es bis dahin bereits zu zahlreichen Rissbildungen und Ausbrechungen im Mauerwerk gekommen. An der Außenfassade waren Sandsteinpartien durch Wetter- und Umwelteinflüsse geschädigt. Die Balustrade unterhalb der Schallläden am Turm war stark geschädigt. Holzbalken im Dachstuhl waren von Fäulnis und Schädlingsbefall betroffen. Die Kirchenbänke waren brüchig, abgenutzt und von Wurmbefall geschädigt.

Die Empore hatte erhebliche statische Mängel, unter den Emporenstützen mussten fehlende Fundamente ergänzt und innerhalb der Holzkonstruktion geschädigte Teile erneuert und die Lastableitung verbessert werden. Bei den Arbeiten an der Empore wurde auch die Orgelsituation verändert. Die Orgelwerke einer neuen, bei Plum in Marbach am Neckar unter Verwendung von Bauteilen des alten Instruments gebauten Orgel wurden auf die Seiten der Empore aufgeteilt.

Auch der Chor wurde neu gestaltet, wobei den Forderungen der Liturgiereform folgend ein zu den Gläubigen gewandter steinerner Zelebrationsaltar sowie ein ebenfalls steinerner Ambo eingebaut wurden. Die bildhauerischen Arbeiten führte Alfred Appenzeller aus Horb-Altheim aus.

Die Eingänge wurden in ihrer bisherigen Form erneuert und mit Windfängen versehen, der Beichtstuhl wurde in veränderter Form an anderer Stelle erneuert.

Die gesamte Kirche wurde in der Farbfassung von 1818 neu gestrichen. Ein nachträglich eingefügtes Deckengemälde wurde zugunsten der ursprünglichen Gestaltung der Decke mit Deckenspiegeln entfernt. Die Altäre und die barocke Kanzel wurden weitgehend belassen. Im Hinblick auf die Deckenrestaurierung wurde das Oberteil des Hochaltars leicht modifiziert.

Im Zuge der Renovierung wurden auch ein Anbau an die mit ihren bisherigen 12 m² als zu eng befundene Sakristei im Fuße des Turms gebaut, die Aufgangstreppe zum Südportal und die Außenanlagen mit Kriegerdenkmalen und Grotte zur Verehrung der Heiligen Jungfrau von Banneux neu gestaltet sowie die benachbarte frühere Pfarrscheuer in den Jahren 1978/79 zum Johannes-Bosco-Heim als Veranstaltungsgbäude umgebaut.

Die Kirche bildet heute ein historisches Ensemble mit der vorgelagerten Mauern- und Treppenanlage, dem benachbarten Pfarrhaus zur rechten sowie der historischen Kelter zur linken Seite, zu der ein Aufgang vorbei an eng gebauten Buttenständen führt.

Literatur

  • St. Michael Binswangen Gesamtrenovierung 1978–1986. Kirchengemeinderat St. Michael Binswangen, Erlenbach-Binswangen 1986

Weblinks

 Commons: St. Michael Binswangen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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