Pflichtteil

Pflichtteil

Der Pflichtteil sichert nahen Verwandten, die ganz oder teilweise enterbt wurden, einen Teil des Nachlasses. Das Pflichtteilsrecht setzt so der Testierfreiheit im Interesse der Beteiligung von nächsten Angehörigen eine gesetzliche Grenze.

Allgemeines

Nicht alle Rechtsordnungen kennen einen Pflichtteil. Während z. B. in den Vereinigten Staaten ein Pflichtteil unbekannt ist, besteht in Deutschland und in den meisten Ländern mit einer Rechtstradition, die auf das römische Recht zurückgeht, traditionell eine Pflichtteilsregelung, die jedoch unterschiedlich ausgeprägt ist.

Die Begründung dafür, in die Testierfreiheit einzugreifen, entstammt der naturrechtlichen Vorstellung, Nachkommen und ggf. Vorfahren seien die natürlichen Erben, die zu enterben nur in begründeten Ausnahmefällen möglich sein sollte. Daneben spielte auch Notwendigkeit der Versorgung der Kinder und Witwen eine Rolle.

Die Höhe des Pflichtteils bemisst sich an der Höhe des Erbes, aber je nach Rechtsordnung auch an der Zahl der Erben oder dem Verwandtschaftsverhältnis. Auch bestanden teilweise Sonderregelungen, die eine Aufteilung des Erbes und Zahlung eines Pflichtteils verboten, um eine Realteilung zu vermeiden.

Die Höhe des Pflichtteils ist sehr unterschiedlich geregelt. So regelte das römische Recht bis zur Schaffung des Corpus iuris civilis durch Kaiser Justinian, dass der Pflichtteil 1/4 des anteiligen Erbes ausmachen müsse. Justinian erhöhte den Satz auf 1/3 für den Fall, dass die Zahl der Kinder kleiner als 4 sei.[1] Dieses Drittel fand sich auch noch in vielen Zivilrechtsbüchern des 19. Jahrhunderts.[2]

Im französischen Recht wurde/wird nach der Zahl der Kinder gestaffelt:

Erbe Anteil des Pflichtteils am Erbe Frei vererbbar
1 Kind 1/2 des Erbes 1/2 des Erbes
2 Kinder 2/3 des Erbes 1/3 des Erbes
3 oder mehr Kinder 3/4 des Erbes 1/4 des Erbes
Eltern 1/4 des Erbes 3/4 des Erbes

Rechtslage in einzelnen Staaten

Einzelnachweise

  1. Bluntschli, Johann Caspar: Entwicklung der Erbfolge gegen den letzten Willen nach römischem Recht, mit bes. Rücks. auf die Novelle 115 , Bonn 1829, Seite 161 ff., Onlinefassung
  2. Z. B. im Nassauischen Privatrecht, siehe: Philipp Bertram: Das Nassauische Privatrecht, § 2212, Onlinefassung
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