Phrygische Mütze

Phrygische Mütze
Attis mit phrygischer Mütze, römische Büste, 2. Jh.
Die Weisen aus dem Morgenland mit phrygischen Mützen,
Mosaik aus dem 6. Jh.,
Sant’Apollinare Nuovo, Ravenna

Eine phrygische Mütze [ˈfryːgɪʃə], seltener auch skythische Mütze [ˈskyːtɪʃə] genannt, war eine Mützenart mit einer eigentümlichen Form, die ursprünglich von den antiken Phrygern getragen wurde. Die phrygische Mütze war dem Ursprung nach ein gegerbter Stier-Hodensack samt der umliegenden Fellpartie. Nach der mythischen Vorstellung der Griechen sollte ein solches Kleidungsstück die besonderen Fähigkeiten des Tieres auf seinen Träger übertragen.

Als Kleidungsstück bestand die phrygische Mütze aus Stoff, Tuch, Wolle oder Leder und besaß einen längeren runden Zipfel, der nach vorn geschlagen wurde beziehungsweise in Richtung Stirn fiel. Diese Mützenform ist heute durch Trickfiguren wie die Schlümpfe oder die Mainzelmännchen bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte der phrygischen Mütze

Phrygische Mütze.

Die phrygische Mütze wurde ursprünglich von den Phrygern und anderen indogermanischen anatolischen Völkern getragen. Später wurde sie charakteristisch für die Iranier und Thraker.

Der persische Heros Mithras wird stets mit einer phrygischen Mütze abgebildet, ebenso der möglicherweise mit ihm gleichzusetzende, im römischen Reich verehrte Mithras.

Die antiken Griechen sahen die phrygische Mütze genau wie Hosen als typisch barbarische Kleidung an, und wann immer die Griechen Perser und andere ihrer Meinung nach Barbaren auf Vasen, Wandmalereien oder Mosaiken darstellten, ließen sie sie eine phrygische Mütze auf der Abbildung tragen.

Die (von den Athenern als Barbaren angesehenen) Makedonier übernahmen die phrygische Mütze und auch den ähnlich geformten phrygischen Helm von den Thrakern.

Auch die biblischen so genannten Heiligen Drei Könige (Magier aus dem Morgenland) wurden in frühen Abbildungen mit der phrygischen Mütze dargestellt, ein Hinweis darauf, dass sie möglicherweise aus Persien stammten.

In angelsächsischen Schriften des 10. und 11. Jahrhunderts finden sich Abbildungen, die anscheinend Krieger mit phrygischen Mützen oder Helmen darstellen. Jedoch gibt es für deren tatsächlichen Gebrauch in frühmittelalterlichen Westeuropa keine weiteren Hinweise. Statt dessen erscheint es möglich, dass es sich bei den Abbildungen um missverstandene Kopien oder antikisierende Rückgriffe auf byzantinische und römische Quellen handelt.[1][2]

Im Mittelalter wurde sie jedoch Bestandteil der Tracht der neapolitanischen Seeleute. Des Weiteren fand sie Eingang in den Corno Ducale, die Kopfbedeckung der Dogen von Venedig.

Phrygische Mütze in der Neuzeit

Männer mit Jakobinermützen
„Michel und seine Kappe im Jahre 48“ – historische Karikatur zur passiven Haltung des deutschen Bürgertums, das in seiner Mehrheit nach den Märzereignissen von der Revolution abrückte – im Satireblatt Eulenspiegel.
Die Efígie da República mit phrygischer Mütze, die personifizierte Republik auf einer portugiesischen 50-Centavos-Münze.

Während der Französischen Revolution wurde die phrygische Mütze von den Jakobinern als Ausdruck ihres politischen Bekenntnisses getragen. Sie glaubten irrigerweise, die phrygische Mütze sei in der Antike von freigelassenen Sklaven getragen worden (tatsächlich trugen diese einen Pileus). Daher wurde sie als so genannte Freiheitsmütze in der politischen Ikonografie Frankreichs und ganz Europas zum Symbol demokratischer und republikanischer Gesinnung, bei den Gegnern der Revolution aber auch zum Kennzeichen der jakobinischen Schreckensherrschaft. Häufig wird auch die französische Symbolfigur Marianne mit einer Jakobinermütze dargestellt. Republikanische Darstellungen des deutschen Michel aus der Revolution von 1848/49 zeigen diesen oft mit einer Schlafmütze, die auch als Persiflage der Jakobinermütze gedacht war: Anders als sein französischer Nachbar „verschläft“ der deutsche Michel die Möglichkeit einer bürgerlichen Revolution im eigenen Land.

Verwendung als Freiheits- und Unabhängigkeitssymbol

Der Siegeszug der Jakobinermütze als Freiheitssymbol zeigt sich auch in ihrer Verwendung in vielen Wappen amerikanischer Staaten, von denen viele im Gefolge der Französischen Revolution und der Zeit Napoleons ihre Unabhängigkeit erhielten.

Sie taucht als ein wichtiges Symbol in den Wappen Argentiniens, Boliviens, Kolumbiens, Kubas, Nicaraguas und im Wappen des US-amerikanischen Bundesstaates West Virginia auf. Die phrygische Mütze ist außerdem in den Flaggen El Salvadors, Haitis, Nicaraguas und auf der Rückseite der Flagge Paraguays dargestellt. Sie ist Bestandteil der Flaggen der US-amerikanischen Bundesstaaten New York und New Jersey sowie der Flagge des brasilianischen Bundesstaates Santa Catarina. Außerdem wurde die phrygische Mütze im ehemaligen Wappen der Dominikanischen Republik (1844–1865) und in der ehemaligen Flagge Argentiniens (1836 bis etwa 1849) verwendet.

Verwendung des Begriffs in der Medizin

In der Medizin wird der Begriff phrygische Mütze für eine angeborene Formvariante der Gallenblase verwendet, die in der Röntgenkontrast- oder Ultraschalluntersuchung eine geknickte Form aufweist. Differenzialdiagnostisch muss sie von einer Septierung der Gallenblase unterschieden werden.

Siehe auch

Schlümpfe mit phrygischen Mützen

Literatur

  • Josef Eberle: Die rote Mütze. Zur Geschichte eines Freiheitssymbols. In: Josef Eberle (alias Sebastian Blau): Lateinische Nächte. Stuttgart 1967, ISBN 3-421-01331-4.
  • Escherig, Manfred: Michels Mützen und die Freiheit. Überschüssige mytholohgische Erwägungen zu einigen Emblemen der Revolution. In: Michels Erwachen - Emanzipation durch Aufstand? Hrsg. von Michael Knieriem. Wuppertal 1998, ISBN 3-87707-526-6. Seiten 294 - 325.

Weblinks

 Commons: phrygische Mützen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Regia Anglorum.org: Arms and Armour - Part 7 - Helmets.
  2. Mark Harrison: Anglo-Saxon Thegn AD 449–1066. Osprex, Oxford 2001, ISBN 1-84176-279-2.

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