Politieke Partij Radicalen

Politieke Partij Radicalen

Die Politieke Partij Radikalen (PPR) war eine niederländische Partei, die von 1968 bis 1991 bestand. Ursprünglich eine Linksabspaltung der Katholischen Volkspartei (KVP), verstand sie sich jedoch als überkonfessionell und griff mit der Zeit Themen aus der Ökologie- und Friedensbewegung auf, außerdem setzte sie weitere Schwerpunkte in der Entwicklungshilfe und dem Eintreten für eine demokratische Wirtschaft.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Als in der sogenannten Nacht van Schmelzer die KVP-Fraktion mehrheitlich gegen den von ihrem eigenen Ministerpräsidenten Jo Cals vertretenen Haushaltsplan stimmte und letzteren dadurch zum Rücktritt bewegte, sorgte dies für großen Unmut im katholischen Arbeitnehmerflügel. Die von diesem Flügel bevorzugte Koalition mit der sozialdemokratischen PvdA kam damit zu einem Ende, und als die KVP anschließend eine neue Koalition mit der protestantischen ARP einging, die anschließend um die andere große protestantische Partei CHU und die rechtsliberale VVD erweitert wurde, wollten eine Reihe von Politikern aus dem Arbeitnehmerflügel der KVP diesen Schritt nicht mitgehen und verließen daraufhin die Partei. Drei von ihnen, Jacques Aarden, Pieter Bogaers und Erik Jurgens, gründeten die PPR. Ersterer bildete als vormaliger Abgeordneter der KVP bis zu den Wahlen von 1971 die Groep Aarden und wurde anschließend erster Fraktionsvorsitzende der PPR, Bogaers wurde der erste, Jurgens der zweite Parteivorsitzende.

Die Parteigründer hatten auf ihrer christlichen Grundhaltung basierende strenge ethische und moralische Ansprüche an die Politik, verzichteten aber auf eine religiöse Komponente in ihrem Parteinamen, um auch für Gleichgesinnte mit anderem Hintergrund Offenheit zu signalisieren. Tatsächlich kam es dann auch zu Übertritten von enttäuschten Mitgliedern der ARP. Die Partei erhielt Unterstützung aus verschiedenen Teilen der katholischen Arbeiterbewegung, so rief der vormalige Vorsitzende der katholischen Gewerkschaft KAB, Adrianus Cornelis de Bruijn, die Arbeiter der KVP dazu auf ihre Partei zu verlassen und sah für diese beispielsweise die PPR als eine mögliche neue Heimat an,[1] außerdem hatte die Tageszeitung de Volkskrant, die bis zum Gründungsjahr der PPR dem Nachfolger der KAB NKV gehörte und sich zu dieser Zeit gleichermaßen auf dem Weg von einer katholischen zu einer linken Zeitung befand, mit ihrem Parlamentsredakteur Henri Faas einen großen Fürsprecher der PPR.[2]

Die PPR konnte Anfang der 1970er Jahre mit ihrer deutlichen Haltung zur Nord-Süd-Problematik und ihrer ablehnenden Position gegenüber der NATO bis in die Kreise der Studentenbewegung Unterstützung finden. Im Vorfeld der Parlamentswahl von 1971 ging die PPR ein loses Bündnis mit der PvdA und den linksliberalen D66 ein; der so genannte Progressief Akkoord stellte ein Schattenkabinett auf. Auch Faas, der von der KVP zur PPR übergetreten war, arbeitete an dem Wahlprogramm des Schattenkabinetts mit.[3] Die PPR erreichte allerdings im ersten Anlauf nur zwei Sitze und das Bündnis blieb weit von einer Mehrheit entfernt. Bogaers war bereits 1970 wieder zur KVP zurückgekehrt, da er sich mit der vollständigen Loslösung der Partei von ihrem religiösen Hintergrund nicht mehr identifizieren konnte. Die PPR erhielt dessen ungeachtet später noch zwei Vorsitzende, die katholische Priester waren.

Bei den bereits 1972 abgehaltenen nächsten Wahlen konnten die Radikalen mit 4,8 % der Stimmen und sieben Sitzen ihr bestes Ergebnis erzielen und beteiligten sich von 1973 bis 1977 an der ersten überwiegend linken Regierungskoalition der Niederlande mit dem Ministerpräsidenten Joop den Uyl. In dessen Kabinett stellte die Partei zwei Minister: Harry van Doorn (Kultur, Freizeit und Erholung, Sozialarbeit) und Boy Trip (ohne Geschäftsbereich, zuständig für Wissenschaftspolitik). Dies blieb jedoch die einzige Regierungsbeteiligung der PPR, die schwere Folgen für die Partei hatte. Einerseits gab es Unmut in der PPR darüber, dass sie sich während dieser Zeit in einer Koalition befand, die die KVP und ARP einschloss, von denen viele Mitglieder übergetreten waren. Andererseits wurde gerade der Beschluss der PPR, anschließend nicht mehr mit diesen Parteien zu koalieren, bei der folgenden Wahl von 1977 nicht gut aufgenommen. Seitdem konnte die Partei nur noch zwischen ein und zwei Prozent der Wähler hinter sich bringen.

Mitte der 1980er Jahre löste sich die Partei von ihrer früheren Zusammenarbeit mit der PvdA und den Democraten 66 und wandte sich einer neuen Zusammenarbeit mit den kleinen Parteien EVP (progressiv-protestantisch), PSP (sozialistisch) und CPN (kommunistisch) zu. Nach dem bislang schlechtesten Wahlergebnis von 1986 äußerte der frühere Fraktionsvorsitzende Bas de Gaay Fortman Zweifel am Bestandsrecht der PPR, blieb ihr jedoch treu, was allerdings nicht für den Mitgründer der Partei Jurgens galt, der sie bereits 1982 verlassen hatte und 1986 zur PvdA übertrat. 1983 hatten Mitglieder der Grünen Plattform in der PPR die Partei ebenfalls verlassen und zusammen mit anderen lokalen grünen Parteien die neue Partei De Groenen gegründet, die allerdings nur auf lokaler Ebene eine Bedeutung erlangen konnte.

1989 schlossen sich PPR, EVP, PSP und CPN zu einer gemeinsamen Liste mit dem Namen Groen Links zusammen und traten mit dieser bei den Wahlen dieses Jahres an, bei denen 4,1% erzielt wurden. Nachdem sich das Bündnis Ende 1990 als Partei formiert hatte, gaben die vier Gründerparteien ihre Selbstständigkeit endgültig auf und gingen im folgenden Jahr vollständig in die neue Partei ein.

Organisation

Die PPR hatte 1977 mit gut 13.000 Mitgliedern ihren höchsten Organisationsgrad, diese Zahl sank zum Ausgang der 1980er Jahre auf einen Wert von unter 6.000 ab. Sie verfügte mit den PPR-Jongeren über eine Jugendorganisation und gab seit ihrer Gründung eine monatlich erscheinende Parteizeitung mit dem Namen Radikalenkrant (von 1973 bis 1981 PPRAK: PPR aktiekrant) heraus.

Wahlergebnisse (Tweede Kamer) der PPR

Jahr Stimmen[4] Prozent Sitze
1971 116.049 1,84 % 2
1972 354.829 4,80 % 7
1977 140.910 1,69 % 3
1981 171.042 1,97 % 3
1982 136.446 1,66 % 2
1986 115.203 1,26 % 2

Minister und Staatssekretäre

Alle von 1973–1977 im Kabinett Den Uyl

Harry van Doorn Minister für Kultur, Freizeit und Erholung, Sozialarbeit
Boy Trip Minister ohne Geschäftsbereich (Wissenschaftspolitik)
Michel van Hulten Staatssekretär im Verkehrsministerium

Parteivorsitzende

Pieter Bogaers 1968
Erik Jurgens 1968–1970
Jacques Tonnaer 1970–1971
Dolf Coppes 1971–1973
W. van Dam 1973–1974
Ria Beckers-de Bruijn 1974–1976
W. van Hoogevest 1976–1977
Herman Verbeek 1977–1981
Wim de Boer 1981–1985
Janeke van der Plaat 1985–1988
Bram van Ojik 1988–1990
Klaas-Wijbo van der Hoek 1990–1991

Fraktionsvorsitzende

Jacques Aarden 1968–1972
Bas de Gaay Fortman 1972–1977
Ria Beckers-de Bruijn 1977–1989

Mitgliedszahlen

Entwicklung der Mitgliederzahl
Jahr Mitgl.[5] Jahr Mitgl.
1968[6] 2.000 1979 12.325
1968[7] 3.000 1980 11.500
1970 4.000 1981 10.567
1971[8] 4.284 1982 10.063
1972[9] 3.800 1983 10.063
1973[10] 6.300 1984 8.305
1974 11.000 1985 7.848
1975 12.800 1986 6.151
1976 13.100 1987 5.901
1977 13.400 1988 5.785
1978 12.600 1989 5.823

Fußnoten

  1. Porträt von De Bruijn im Biografisch Woordenboek van het Socialisme en de Arbeidersbeweging in Nederland (niederländisch) Letzter Abruf 16. April 2008
  2. Frank van Vree: De metamorfose van een dagblad - Een journalistieke geschiedenis van de Volkskrant, S. 97 ff. (niederländisch)
  3. Piet Hagen: Journalistiek in Nederland - Een persgeschiedenis in portretten, S. 461 (niederländisch)
  4. Ergebnisse wurden vom Centraal Bureau voor de Statistiek (niederländisch) übernommen
  5. Universität Groningen - PPR Mitgliedszahlen
  6. 27. April 1968
  7. Ende 1968
  8. Juli 1971
  9. November 1972
  10. Januar 1973

Weblinks


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