Augsburgisches Bekenntnis

Augsburgisches Bekenntnis
Christian Beyer verliest vor Kaiser Karl V. die „Confessio Augustana“
Kirchenfenster in der Speyrer Gedächtniskirche

Die Confessio Augustana (CA), auch Augsburger Bekenntnis (A.B.) bzw. Augsburger Konfession, ist ein grundlegendes Bekenntnis der lutherischen Reichsstände zu ihrem Glauben. Die Confessio Augustana wurde am 25. Juni 1530 auf dem Reichstag zu Augsburg Kaiser Karl V. von den Reichsständen der lutherischen Reformation dargelegt. Sie gehört noch heute zu den verbindlichen Bekenntnisschriften der lutherischen Kirchen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Titelblatt der ersten mit Vorstücken und Anhang versehenen lateinischen Ausgabe der Augsburger Konfession, Wittenberg 1531

Vorgeschichte

Mit Luthers 95 Thesen begann 1517 die Reformation in Deutschland, die sich trotz des Wormser Ediktes in Windeseile ausbreitete. Immer mehr Reichsstände bekannten sich zur lutherischen Reformation. Der Streit um den „Rechten Glauben“ drohte das Reich zu spalten, und so versuchte Kaiser Karl V., die Glaubenseinheit des Reiches zu retten.

Die Einladung zum Reichstag zu Augsburg war versöhnlich gehalten, und die Lutheraner hatten die Hoffnung, eine gütliche Einigung zu erzielen. Auf dem vorangegangenen Reichstag zu Speyer im Jahre 1529 war das Wormser Edikt bestätigt worden, und so stand die Reformation auf rechtlich unsicherem Boden.

Aus diesem Grunde beauftragte Kurfürst Johann von Sachsen Philipp Melanchthon, eine Verteidigungsschrift der Reformationzu verfassen: die „Apologie der Confessio Augustana“.

Nach Bekanntwerden der von Johannes Eck verfassten „404 Artikel“ war Melanchthons kurzgefasste Apologie indes nicht mehr ausreichend, und so begann Melanchthon, seine Schrift umzuformulieren: Aus der „Verteidigung“ der „Confessio Augustana“ („Apologia Confessionis Augustanae“) wurde das „Bekenntnis“ zur „Confessio Augustana“. Nun stand auch die Betonung der Übereinstimmung mit der katholischen Kirche in vielen Punkten im Vordergrund, da sich der Kaiser auf dem Reichstag durch sein Verhalten, insbesondere seinen Versuch, die Protestanten zur Teilnahme an der Fronleichnamsprozession zu zwingen, als wenig kompromissbereit gezeigt hatte. Bis zum Reichstag zu Augsburg war es das Bestreben der lutherischen Reformation, die römisch-katholische Kirche zu reformieren – nicht, eine neue Kirche zu gründen. Daher ist die lutherische Reformation zunächst als reformkatholische Bewegung zu verstehen.

Als Grundlage der „Confessio Augustana“ dienten die von Luther verfassten Schwabacher Artikel, ein Bekenntnis der lutherischen Reformation gegen Ulrich Zwingli, und die Torgauer Artikel. Die Schrift ist zeitgleich sowohl in lateinisch als auch in deutsch verfasst worden, wobei es Unterschiede in den beiden Fassungen gibt. Melanchthon arbeitete an der lateinischen Fassung stilistisch bis zur letzten Minute und passte den 10. Artikel über das Abendmahl in seinem Sinne an.

Die deutsche Version der „Confessio Augustana“ wurde am 25. Juni 1530 Kaiser Karl V. und den Kurfürsten des Reiches vom sächsischen Kanzler und Rechtsgelehrtern Christian Beyer in der Kapitelstube des bischöflichen Palastes vorgetragen und dem Kaiser anschließend durch Kanzler Gregor Brück in der lateinischen Ausfertigung übergeben.

Unterzeichner der lateinischen Version waren die Reichsstände:

Im Verlaufe des Reichstages traten noch die Freien Reichsstädte Weißenburg, Heilbronn, Kempten und Windsheim dem Bekenntnis bei.

Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten zum Abendmahl waren die vier oberdeutschen Städte Straßburg, Konstanz, Memmingen und Lindau, die z.T. Zwinglis Lehre anhingen, nicht an der „Confessio Augustana“ beteiligt: sie schrieben ihr eigenes Bekenntnis, die „Confessio Tetrapolitana“ (Das „Vierstädtebekenntnis“), die jedoch nicht öffentlich verlesen wurde. Aus diesem Grunde waren später lediglich die Anhänger der „Confessio Augustana“ reichsrechtlich geschützt und wurden durch die Bestimmungen des Augsburger Religionsfriedens 1555 als gleichberechtigt neben den Altgläubigen geduldet.

Die Confessio Augustana 1530

Zusammen mit den Bekenntnissen der „Confessio Tetrapolitana“ und der „Fidei Ratio“ von Zwingli wurde auf dem Augsburger Reichstag am 25. Juni 1530 die „Confessio Augustana“ eingereicht, wobei nur die letzte verlesen wurde, die Philipp Melanchthon unter Mitarbeit von Johannes Brenz verfasst hatte. Martin Luther, der seit 1521 exkommuniziert und mit der Reichsacht belegt war, hielt sich während des Reichstags in Coburg auf, stand mit Melanchthon aber in ständigem Briefkontakt. Mit der auf lateinisch und deutsch verfassten Schrift sollte eine Verständigung mit den Altgläubigen erreicht werden. Die katholischen Theologen Eck und Faber schrieben auf Karls Anweisungen die „Confutatio“, womit die „Confessio Augustana“ aus Sicht der Altgläubigen und des Kaisers widerlegt war. Die „Apologie der Confessio Augustana“ wurde nicht mehr angenommen, und Kaiser Karl V. bestätigte das Wormser Edikt in seiner Wirksamkeit.

Die lutherischen Reichsstände schlossen sich deshalb 1531 zum Schmalkaldischen Bund zusammen, der nach dem Schmalkaldischen Krieg 1546/1547 das „Augsburger Interim“ und 1555 endlich den Augsburger Religionsfrieden erreichte, in dem die „Confessio Augustana“ reichsrechtlich anerkannt wurde.

Die Confessio Augustana Variata 1540

1540 edierte Melanchthon, der die „Confessio Augustana“ zeitlebens auch als sein privates Werk betrachtete, an dem Änderungen vorzunehmen er sich jederzeit berechtigt fühlte, eine deutlich veränderte Fassung der „Confessio Augustana“: die „Confessio Augustana Variata“. Schon in den Druckausgaben nach 1533 hatte er sukzessive Erweiterungen eingefügt, so beispielsweise Textpassagen aus der „Apologie“ in den Text der „Confessio“ übernommen.[1] Nach der Neuausgabe seiner „Loci theologici“ im Jahre 1535, der ersten evangelischen Dogmatik, der Wittenberger Konkordie von 1536, der Gründung des Schmalkaldischen Bundes und den Schmalkaldischen Artikeln 1537 sowie den anstehenden Religionsgesprächen der Jahre 1540/41 ergaben sich zahlreiche Gründe für die „Fortschreibung bzw. Anpassung der ‚Confessio Augustana‘ als grundlegende Glaubensurkunde des Bundes“.[2] Deswegen kann die „Confessio Augustana Variata“ nicht nur als Privatarbeit Melanchthons, sondern als offizielle, amtlich verwendete Neuausgabe im Auftrag des Bundes gelten.[3] 1541 unterschrieb auch Calvin diese Fassung der „Confessio Augustana“.

Zu Streitigkeiten innerhalb des lutherischen Lagers kam es über die Veränderungen erst nach dem Tode Luthers im Zuge des sich anbahnenden Konfliktes zwischen den verschiedenen Melanchthon-Schülern und den Gnesio-Lutheranern. Auf dem Naumburger Fürstentag im Jahre 1561 beschloss man deshalb, auf die unveränderte Fassung, die „Confessio Augustana invariata“, zu bestehen. Diese wurde 1580 in das Konkordienbuch aufgenommen und ist bis heute verbindliches Bekenntnis lutherischer Kirchen und Gemeinden. Die „Confessio Augustana variata“ hingegen ist in einigen unierten Kirchen Bekenntnisgrundlage.

Inhalt und Aufbau

Die Confessio Augustana war im Auftrag des Kaisers zu schreiben, der sowohl von den Protestanten als auch von den Altgläubigen schriftliche Rechenschaft über ihren Glauben forderte. Die Confessio Augustana besteht aus zwei Teilen:

  • In Artikel 1 bis 21 versuchen die Reformatoren zu beweisen, dass ihr Glauben und ihre Lehre im Einklang mit Schrift und Tradition sei;
  • In Artikel 22 bis 28 hingegen wird aufgezeigt, welche Missstände es ihrer Meinung nach in der römisch-katholischen Kirche gibt und durch welche Änderungen man diese beheben will.

Artikel 1: Von Gott

Zuerst wird festgehalten, dass sich die Unterzeichner des Augsburgischen Bekenntnisses auf den Beschluss des ökumenischen Bekenntnisses von Nicäa-Constantinopel aus dem Jahr 321/381 n. Chr. stellen. Nach diesem bekennt sich die lutherische Reformation zum „einig gottlich Wesen (…), welchs genennt wird und wahrhaftiglich ist Gott und seiend doch Personen in demslibigen einigen gottlichen Wesen.“ Alle Häresien, die gegen diesen 1. Artikel und dem Bekenntnis zu Nicäa-Konstantinopel stehen, werden mit dem Anathema (Verdammung) belegt: Hierunter fallen die altkirchlichen Manichäer, Valentianer, Arianer, Eunomianer, der Islam (als Leugner der Trinität), die Anhänger von Paul Samosata, antitrinitarische Spiritualisten.

Artikel 2: Von der Erbsünde

Seit Adams Ungehorsam gegen Gott (Genesis 3), sind alle Menschen in Sünden empfangen und geboren. Hier wird keine Leibfeindlichkeit angenommen, sondern vielmehr, dass sie alle von Mutterleib an voll böser Lust und Neigung sind und keine wahre Gottesfurcht, keinen wahren Glauben an Gott aus sich selbst heraus haben (urspr. von Natur). Diese angeborene Sünde (Erbsünde = von Generation zu Generation weitergegeben. Luther spricht später lieber von Hauptsünde) ist wirklich Sünde und deshalb unterliegen alle Menschen dem ewigen Zorn Gottes, die nicht durch die Taufe und den heiligen Geist wiedergeboren werden. Mit dem Anathema belegt werden die Pelagianer (Anhänger des Pelagius. Er und Augustin haben sich über die Erbsünde gestritten) und die, die leugnen, dass die Erbsünde wirklich Sünde ist.

Artikel 3: Vom Sohn Gottes

Christus ist als Gottes Sohn Mensch geworden, geboren aus der reinen Jungfrau Maria, und vereinigt eine göttliche und menschliche Natur untrennbar in einer Person. Er ist wirklich geboren, hat gelitten, ist gekreuzigt, gestorben und begraben worden. Durch das Opfer am Kreuz hat Jesus für die Erbsünde und alle anderen Sünden bezahlt und Gottes Zorn versöhnt. Weiter am apostolischen Glaubensbekenntnis entlang bekennen die Confessoren sich zur Höllenfahrt Christi, zu seiner Auferstehung von den Toten, zur Himmelfahrt und seiner Regentschaft über die Erde und zu seiner Wiederkunft um die Lebendigen und die Toten zu richten. Eine Verdammung anderer religiöser Gruppen erfolgt dort nicht.

Artikel 4: Von der Rechtfertigung

Vergebung der Sünden und Gerechtigkeit vor Gott verdient der Mensch nicht durch gute Werke, Führung eines „anständigen“ Lebens und Genugtuung. Vielmehr wird die Vergebung der Sünde und die Gerechtigkeit vor Gott aus Gnade auf Grund des Opfers Christi durch den Glauben erlangt. Der rechtfertigende Glaube wird definiert als Glaube an das Versöhnungsopfer Christi, der hierdurch ewiges Leben schenkt. Dieser Glaube wird der Gerechtigkeit zugerechnet. Als Belegstelle aus der Bibel wird Römer 3f.LUT angegeben.

Artikel 5: Vom Predigtamt

Gott hat das Predigtamt eingesetzt und das Evangelium (d.h. die Bibel) und die Sakramente gegeben. Nur dadurch kann der in CA 4 beschriebene rechtfertigende Glaube vermittelt werden.

Verdammt werden die Wiedertäufer, die davon ausgehen, dass in ihnen selbst der Heilige Geist spricht ohne die oben genannte Vermittlung (gemeint sind damit die sog. Spiritualisten).

Siehe auch: CA 7, CA 8, CA 14 und CA 28.

Artikel 6: Vom neuen Gehorsam

Der Glaube soll gute Werke hervorbringen. Jedoch kann der Mensch nie nur durch eigene Werke vor Gott als gerecht gelten, sondern Gott macht den Menschen durch die Erlösungstat Jesu Christi gerecht. Begründet wird dies mit Lk 17,10 LUT und mit einem Zitat des Kirchenvaters Ambrosius von Mailand: „Also ist’s beschlossen bei Gott, dass wer an Christum glaubet, selig sei und nicht durch Werk, sonder allein durch den Glauben, ohn Verdienst, Vergebung der Sunden hab.“

Artikel 7: Von der Kirche

CA 7 legt ein Bekenntnis zur einen heiligen christlichen Kirche, welche immer bleiben wird, ab. Näher bestimmt wird die Kirche als Versammlung der Heiligen, in der rein gelehrt und die Sakramente der Einsetzung Christi gemäß verwaltet wird. Reine Lehre und einsetzungsgemäße Verwaltung der Sakramente sind Kennzeichen der Kirche. Dieses sind dann auch die Kriterien zur wahren Einheit der Kirche. Es ist genug, dass Einigkeit in Lehre und Sakramentsverwaltung erzielt wird. Traditionen, Riten oder Zeremonien, die von Menschen eingeführt sind, müssen hingegen nicht notwendig einheitlich sein.

Artikel 8: Was die Kirche sei?

Die Kirche, so CA 8, ist die Versammlung der Heiligen und wahrhaft Glaubenden. Dennoch ist die Kirche ein corpus permixtum, ein „durchmischter Körper“, da sich in ihr auch Heuchler und Schlechte finden.

Die Sakramente bleiben aber dennoch wirksam, auch wenn die Priester nicht fromm sind. Es hängt nicht am Glauben der Priester, sondern an den Worten Christi. Darum werden auch die altkirchlichen Donatisten als Ketzer verdammt, die die Wirksamkeit der Sakramente vom Glauben der Priester abhängig machen.

Artikel 9: Von der Taufe

Die Taufe ist notwendig zum Heil, da auch durch die Taufe die Gnade Gottes dargeboten wird. Folglich müssen auch bereits die Kinder getauft werden, weil sie in die Gnade Gottes durch die Taufe aufgenommen werden. Die Wiedertäufer, die die Kindertaufe ablehnen, werden hier verworfen.

Artikel 10: Vom Heiligen Abendmahl

CA 10 spricht sich für die Realpräsenz im Heiligen Abendmahl aus: Wahrer Leib und wahres Blut Christi sind wahrhaft und wirklich in Brot und Wein gegenwärtig und werden von den Abendmahlsgästen empfangen. Eine vergeistigte Auffassung (Brot bleibt Brot, Wein bleibt Wein) wird abgelehnt (reformierte und kryptocalvinistische Position).

Artikel 11: Von der Beichte

Die Beichte wird beibehalten, jedoch ist eine Aufzählung der einzelnen Sünden nicht nötig. Begründet wird dies mit Ps 19,13 LUT.

Siehe auch: Artikel 25: Von der Beichte

Artikel 12: Von der Buße

Die nach der Taufe gesündigt haben, empfangen Vergebung der Sünden, wenn sie zur Buße gekommen sind. Die Absolution ist ihnen dann von der Kirche nicht zu verweigern. Wahre rechte Buße wird definiert als Reue, Leid und Schrecken über die Sünde. Gleichzeitig aber auch an das Evangelium und die Absolution zu glauben, dass die Sünde vergeben und durch die Gnade Christi vergeben werde. Nach der Absolution soll auch Besserung folgen, indem von Sünden abgelassen werde.

Verworfen wird die Meinung, dass Christen nicht in Lage sind zu sündigen. Verdammt werden auch die altkirchlichen Novatianer, die Christen die Absolution generell verweigerten. Mit dem Anathema (Verdammung) wird auch die römisch-katholische Position belegt, dass durch Genugtuung Sündenvergebung erlangt werde.

Artikel 13: Vom Gebrauch der Sakramente

Sakramente sind nach Auffassung der CA nicht nur äußerliche Zeichen, woran ein Christ erkannt wird (Abwehr der reformierten Position). Vielmehr sind Sakramente wirksame Zeichen und Zeugnisse des göttlichen Willens, die den Glauben erwecken und stärken sollen. Gleichzeitig fordern die Sakramente Glauben, da nur durch den Glauben die Sakramente richtig gebraucht werden.

Artikel 14: Vom Kirchenregiment

Ohne ordentliche Berufung (rite vocatus) darf niemand predigen (s. CA 5) oder die Sakramente reichen.

Artikel 15: Von Kirchenordnungen

Von Kirchenordnungen, von Menschen gemacht, lehrt man diejenigen zu halten, die ohne Sünde gehalten werden können und zu Frieden und guter Ordnung in der Kirche dienen, wie gewisse Feiern, Feste und dergleichen. Doch diese sind nicht nötig zur Seligkeit. Darüber hinaus wird gelehrt, dass alle Satzungen und Traditionen, von Menschen gemacht, dass man dadurch Gott versöhne und Gnade verdiene, dem Evangelium und der Lehre vom Glauben an Christus entgegen sind. So sind Klostergelübde und Unterscheidung von Speisen und Tagen, durch die man Gnade verdienen kann, wider das Evangelium.

Artikel 16: Von der Polizei (Staatsordnung) und dem weltlichen Regiment

Obrigkeit und Gesetze entsprechen grundsätzlich der göttlichen Ordnung. Jedermann untersteht dieser Ordnung und hat deren Anweisungen zu befolgen, sofern dies möglich ist, ohne dabei in Sünde zu fallen (gemäß Apg 5,29). Ein Christ kann auch ein Fürsten- und Richteramt ausüben, sowie als Henker oder Soldat tätig sein. Ihm steht es zu, Eigentum zu haben und in den Ehestand zu treten.

Verdammt werden die Wiedertäufer, die eine solche weltliche Autorität nicht anerkannten (s. dazu den Art. zum Täuferreich von Münster). Weiterhin verdammt werden jene, die behaupten, dass man christliche Vollkommenheit nur durch Entsagung von Haus und Hof erlangen könne.

Artikel 17: Von der Wiederkunft Christi zum Gericht

Jesus Christus kommt wieder und alle Menschen werden auferstehen, damit er sie richten kann. Die Gläubigen erhalten das ewige Leben, die Gottlosen in der Hölle die ewige Pein.

Die Allversöhnung wird als Irrlehre der Wiedertäufer verdammt, ebenso die Vorstellung eines irdischen Reiches der Gläubigen vor der Wiederkunft Christi.

Artikel 18: Vom freien Willen

Der Mensch hat keinen absolut freien Willen. Er ist zwar in der Lage, sich in weltlichen Dingen frei zu entscheiden und ein vor Menschen ehrbares Leben zu führen (iustitia civilis), jedoch ist er nicht in der Lage, Gottes Gebote zu erfüllen und vor ihm gerecht zu werden (iustitia spiritualis). Gerecht wird der Mensch nicht durch seinen eigenen Willen, sondern durch den Heiligen Geist. Begründet wird dies mit 1 Kor 2,14 LUT und einem Zitat aus dem Hypognostikon, das damals noch dem Kirchenvater Augustin zugeschrieben wurde.

Damit wird formal im Einklang mit der kirchlichen Tradition der Pelagianismus abgelehnt.

Artikel 19: Über die Ursache der Sünde

Den Vorwürfen des Theologen Johannes Eck, die reformatorische Lehre erkläre Gott als Ursache des Bösen, wird entgegnet, dass nicht Gott sondern der Teufel die Ursache der Sünde sei (gemäß Joh 8,44 EU).

Artikel 20: Vom Glauben und guten Werken

Um den Vorwürfen der Altgläubigen zu begegnen, man würde gute Werke gänzlich ablehnen, wird hervorgehoben, dass ein Christ gute Werke tun soll (s. CA 6). Abgelehnt werden lediglich unnötige Werke wie Rosenkranz, Heiligenverehrung, Wallfahrten, Fastenordnungen (s. CA 26), Mönchwerden (s.  CA 27).

Abgelehnt wird auch die Vorstellung, dass ein Christ durch Glaube und Werke, jedoch nicht durch den Glauben allein, gerechtfertigt werde (s. CA 4). Gemäß Eph 2,8 LUT und Röm 5,1 LUT und dem, was der Kirchenvater Augustinus in De spiritu et litera geschrieben hat, genügt der Glaube allein, weil eine Rechtfertigung durch die Werke die Versöhnungstat Gottes verunglimpfen und die Sündhaftigkeit des Menschen herunterspielen würde.

Nach Jak 2,19 LUT und Hebr 11,1 LUT erschöpft sich der Glaube nicht im bloßen Bekennen, was selbst dem Teufel und den Gottlosen möglich ist, sondern er entfaltet sich erst in einer persönlichen Zuversicht (fiducia), dass Gott dem Gläubigen konkret die Sünde vergeben hat. Die guten Werke, die dann der Gläubige tun soll, vollbringt er nicht aus seinen eigenen Kräften, sondern nur durch Christus, der in ihm wirkt.

Artikel 21: Vom Dienst der Heiligen

Man soll der Heiligen gedenken, um dadurch seinen eigenen Glauben zu stärken. Es ist jedoch entgegen der Schrift, sie neben Jesus Christus als Vermittler und Versöhner anzurufen, weil dadurch seine Versöhnungstat durch den Kreuzestod in Frage gestellt werde (1 Tim 2,5 EU, Röm 8,34 LUT, 1 Joh 2,1 EU).

Artikel 22: Von den beiden Gestalten des Sakraments

Schrift (Mt 26,27 LUT, 1.Kor 11,20ff.LUT) und kirchliche Tradition bezeugen, dass das Abendmahl in beiden Gestalten, d.h. mit Leib und Blut, gefeiert werden soll. Die Verweigerung des Laienkelches könne sich hingegen nicht auf Schrift und Tradition berufen. Die Nießung unter einer Gestalt, nämlich des Leibes Christi, wurde erst auf dem Konzil von Konstanz (1414–1418) beschlossen.

Artikel 23: Vom Ehestand der Priester

Der Priester darf heiraten, weil Gottes Schöpfungsordnung die Ehe vorsieht (1. Mose 1,27LUT). Fernerhin ist es sogar seine Pflicht zu heiraten, wenn er anderenfalls in Unzucht fallen würde (1. Kor 7,2LUT.9LUT). Der Zölibat lasse sich weder aus Schrift noch aus der Tradition ableiten. Er ward erst im Jahre 1075 durch Papst Gregor VII. auf der Fastensynode verpflichtend für alle Priester eingeführt worden. Nach 1. Tim 4,1–3LUT sei eine Lehre, die die Ehe verbietet, teuflischen Ursprungs und von daher abzulehnen.

Artikel 24: Von der Messe

Die Messe soll den Glauben erwecken und die Gewissen trösten. Sie wird gemeinschaftlich von der gläubigen Gemeinde gefeiert. Abgelehnt wird die Vorstellung, dass es neben dem Sühnetod Christi noch weiterer Opfer, sog. Messopfer, bedarf. Es werden auch die Winkel- und Kaufmessen abgelehnt, die vom Priester allein ohne die Gemeinde abgehalten werden.

Artikel 25: Von der Beichte

Der Artikel baut das in CA 11 Gesagte aus. Für den Empfang des Abendmahls (s. CA 10, CA 13) ist die vorherige Beichte verpflichtend, jedoch geschieht das Sündenbekenntnis vor Gott und die Lossprechung davon durch Gott. Das heißt konkret, dass der Beichtende vor den Menschen nicht alle seine Sünden aufzählen muss und dass die göttliche Lossprechung nicht an einer von Menschen auferlegten Genugtuung gebunden sein soll.

Als Begründung wird neben dem Psalmwort noch Jer 17,9 LUT und ein Zitat des Kirchenvaters Johannes Chrysostomos angeführt. Es wird unter Berufung auf das Decretum Gratiani, dem damals geltenden Kirchenrecht, betont, dass die Beichte nicht durch die Schrift geboten, sondern von der Kirche eingesetzt wurde.

Artikel 26: Von der Unterscheidung der Speisen

Der Artikel behandelt entgegen seiner Überschrift nicht nur Speisevorschriften und Fastenregeln sondern auch die Askese und Selbstzucht im Allgemeinen. Fasten und andere Formen der Askese werden gemäß Lk 21,34 LUT, Mt 17,21 LUT und 1 Kor 9,27 LUT grundsätzlich bejaht, jedoch wird abgelehnt, dass man sich dadurch das Heil erwerben kann bzw. dass sie heilsnotwendig seien.

Artikel 27: Von Klostergelübden

Klostergelübde sind grundsätzlich abzulehnen, weil sie Gottes Ordnung widersprechen, der den Menschen für die eheliche Gemeinschaft geschaffen hat (1. Mose 2,18LUT), und weil sie seinem Gebot entgegen stehen, das den Menschen auffordert zu heiraten, um so Hurerei und Unzucht zu vermeiden (1 Kor 7,2 LUT). Darüber hinaus sind etliche Klostergelübde schon allein aus kirchenrechtlichen Gründen nicht bindend, sofern sie von Minderjährigen eingelöst worden sind, was im 16. Jahrhundert noch häufig der Fall war.

Dass den Klostergelübden eine besondere Bedeutung zukommt, ist aus theologischen Gründen abzulehnen. Weder kann durch sie Vergebung der Sünden empfangen werden noch wird man durch sie in einen besonderen Stand erhoben (dem sog. status perfectionis). Vergebung erfährt man einzig durch Jesus Christus, das besondere Zeichen dieser Glaubenswahrheit ist die Taufe.

Die Klostergelübde werden deswegen für nichtig erklärt, weswegen es auch allen Ordensangehörigen offenstehe zu heiraten.

Artikel 28: Von der Gewalt (Vollmacht) der Bischöfe

Bischöfe sollen sich um geistliche Dinge kümmern. Sie haben die Aufgaben, das Wort zu verkündigen, zu lehren, die Sakramente zu verwalten und die rechte Wortverkündigung sicherzustellen. Sie sind mit der Gewalt ausgestattet, den Bann (d.h. den Ausschluss vom Abendmahl, nicht den Ausschluss aus der Kirche!) auszusprechen – dies aber nur mit Worten! Äußeren Zwang, also weltliche Macht, darf der Bischof in keiner Weise ausüben. Er darf auch nicht in die Befugnisse der weltlichen Amt eingreifen. Außerdem dürfen sie nicht gegen das Evangelium (= gegen die Rechtfertigungsbotschaft) predigen. So dürfen sie keine Gesetze aufstellen, die „gewissensbindend“ oder als „heilsrelevant“ dargestellt werden (z.B. Fasten, Halten von Feiertagen). Jedoch dürfen sie Vorschriften „um der guten Ordnung in der Gemeinde willen“ aufstellen.

Gedenktag der Confessio Augustana

Der Gedenktag der Confessio Augustana ist fester Bestandteil im Kirchenjahr und wird am 25. Juni begangen. Die liturgische Farbe ist rot. Die vorgeschriebenen Lesungen sind aus dem Alten Testament Nehemia 8,1f.5f.9–12LUT, als Epistel 1. Timotheus 6,11b–16LUT und als Evangelium Matthäus 10,26–33LUT.

Literatur

Quellen

Sekundärliteratur

  • Leif Grane: Die Confessio Augustana, Einführung in die Hauptgedanken der lutherischen Reformation, Göttingen 19965
  • Holger Bauer: Nikolaus Ludwig von Zinzendorf und das lutherische Bekenntnis. Zinzendorf und die Augsburger Konfession von 1530. (Diss. Münster 2002), Beiheft der UNITAS FRATRUM Nr. 12, Herrnhuter Verlag, Herrnhut 2004, ISBN 3-931956-19-9.
  • Gunther Wenz: Theologie der Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche; Berlin, New York: de Gruyter, 1996; 2 Bände; ISBN 3-11-015239-8.

Einzelnachweise

  1. Vgl. Gunther Wenz: Theologie der Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche; Berlin, New York: de Gruyter, 1996; Band 1, S. 484.
  2. Gunther Wenz: Theologie der Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche; Berlin, New York: de Gruyter, 1996; Band 1, S. 485.
  3. Vgl. W. Maurer: Confessio Augustana Variata; in: ARG 60 (1969), S. 113

Siehe auch

Weblinks


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