Porzellan

Porzellan
Porzellanbrunnen in der Fußgängerzone von Selb

Porzellan (ital. porcellana, ursprünglicher Name einer Meeresschnecke mit weiß glänzender, porzellanartiger Schale), auch Weißes Gold (en: porcelain oder china), besteht hauptsächlich aus einem Gemisch von Kaolin (Porzellanerde, Porzellanton), Feldspat und Quarz. Es ist eine durch Brennen hergestelltes feinkeramisches Erzeugnis mit weißem, dichtem, porenfreiem, in dünnen Schichten transparentem Scherben. Glasiert oder unglasiert findet es Verwendung zur Herstellung von Gebrauchsgegenständen, technischen Erzeugnissen und für künstlerische Zwecke. [1]

Spezifikation gemäß Klassifikation keramischer Massen
Klasse: Sinterzeug Unterklasse: Porzellan

Gruppe 1: Hartporzellan
Gruppe 2: Weichporzellan

Inhaltsverzeichnis

Zusammensetzung

Zur Beschreibung der Zusammensetzung von Porzellan im Allgemeinen gibt es mehrere Möglichkeiten. Die chemische Analyse liefert zwar die einzelnen chemischen Elemente wie Anteile an Silizium, Aluminium und andere, gibt aber wenig Auskunft über das Ausgangsmaterial und lässt kaum Rückschlüsse auf das Herstellungsverfahren wie beispielsweise Brenndauer und Temperatur zu. Die Angaben der Hersteller wären am zuverlässigsten, unterliegen aber meist dem Betriebsgeheimnis. Anfang des 20. Jahrhunderts begannen erste Versuche zu Vergleichsstudien, wie beispielsweise die von Wilhelm Pukall (1860-1937) [2]. Gegenwärtig gibt es eine Vielzahl von Porzellanvarianten, so dass ein allgemeiner Überblick über deren präzise Zusammensetzung nur schwer möglich ist.

Allgemeine Porzellanbestandteile
Tonsubstanzanteile Glasbildende Bestandteile
Porzellan-Art Kaolin % Quarz % Feldspat %
Bayrisches Geschirrporzellan 55 22,5 22,5
Ceracron  ?  ?  ?
Meißener Hartporzellan 66-67 8-9 25-26
Ostasiatisches Porzellan 23-35 41-45 20-35

Porzellanarten

In Abhängigkeit von der Höhe der Brenntemperatur und der Beimischungen von Volumenanteilen Kaolin, Feldspat, Quarz und anderen Beimischungen wie beispielsweise Knochenmehl unterscheidet man die nachstehenden Porzellanarten.

Hart- und Weichporzellan

Hartporzellan entsteht durch höhere Brenntemperaturen und ist gegen Temperaturschwankungen weitestgehend unempfindlich. Es besteht aus 50% Kaolin, 25% Quarz und 25% Feldspat. Weichporzellan hingegen besteht aus 25% Kaolin, 45% Quarz und 30% Feldspat und bedarf niedrigerer Brenntemperaturen.

Diese Werte entsprechen den durchschnittlichen Mischverhältnissen. Durch Änderung der Einzelanteile und weitere Beimischungen lassen sich die Eigenschaften des Porzellans in weiten Grenzen variieren. So beeinflussen die Quarzanteile die Festigkeit. Bei 25% nimmt die Festigkeit ab, höhere Gehalte bewirken einen Festigkeitsanstieg, erfordern aber höhere Brenntemperaturen.

Auch haben die verschiedenen Porzellansorten je nach Herkunftsregion ihre ganz besondere Zusammensetzung. Das genaue Mischungsverhältnis sind vertraulich, und für besondere Verwendungszwecke (Gebrauchsporzellan, Zierporzellan) gelten zum Teil deutlich abweichende Mischungsverhältnisse. Hinzu kommt, dass es sich bei den Grundstoffen um natürliche Mineralvorkommen handelt, deren Zusammensetzung von Region zu Region sehr unterschiedlich sein kann.

Spezielle Porzellane und Variationen

Bone China bzw. Fine Bone China sind in England entwickelte spezielle Porzellanvariationen, bei denen durch Zugabe von Knochenasche besonders hohe Transparenz, strahlende Glanz und hohe Festigkeit erreicht werden.

Zu den speziellen Porzellansorten zählt auch das Dentalporzellan. Es besteht in der Regel aus 80% Kaolin, 5% Feldspat, weiteren Beimischungen und hat hohe Transparenz.

Neben zahlreichen Variationen, Spezifikation und Nuancen der Herstellung des Weißen Goldes stehen beispielhaft Lithophanie, Biskuitporzellan, Judenporzellan, Ceracron, und Pâte sur Pâte, um nur einige zu nennen.

Besonderheiten

Als sogenannte unechte Porzellane oder Halbporzellan gelten Frittenporzellan und Fayence.

Unterschiede zu anderen Keramiken

Das herausragende Merkmal von Porzellan gegenüber anderen Keramik-Produkten ist nicht die hohe Brenntemperatur, wie häufig angenommen wird. Der wesentliche Unterschied liegt im Sinterverhalten: Der Feldspatanteil im Porzellan schmilzt während des Brennvorganges, jedoch kristallisiert er beim Abkühlen aufgrund seiner Zähigkeit nicht wieder aus. Porzellan enthält also, ähnlich wie Glas, eine unterkühlte Schmelze; hingegen bilden andere Keramiken wie Steinzeug oder Steingut rein kristalline Sintergefüge aus. Diese Besonderheit führt bei manchen Porzellanen, besonders bei dünnen Wandstärken, zu einer gewissen Halbtransparenz.

Porzellans hat einen dichten Scherben, muscheligen Bruch und große Härte. Es ist säure- und laugenbeständig, nur Flusssäure kann es angreifen. Teilweise ist es bis zu einer gewissen Scherbenstärke mehr oder weniger transparent (durchscheinend) und hat einen hellen Klang. Porzellan besitzt eine gute Isolierfähigkeit gegen Elektrizität und ist ein schlechter Wärmeleiter.

Porzellan wird üblicherweise zweimal gebrannt und glasiert. Eine neue Technologie der Porzellanherstellung für Flachgeschirr ist der Monobrand (Einbrand), bei dem alle erforderlichen Schritte einschließlich der Dekoration in einem einzigen Brand erfolgen. Diese Brenntechnik findet Anwendung in der industriellen Serienfertigung.

Etymologie

Ober- und Unterseite des Gehäuses der Kaurischnecke Cypraea nebrites

Die Bezeichnung „Porzellan“ geht zurück auf den italienischen Namen für die Kaurischnecken (Cypraeidae), auch Porzellanschnecken genannt. Durch den Reisebericht „Il Milione“ des Marco Polo erfuhren die Europäer wohl erstmals von chinesischem Porzellan, denn er beschreibt Gegenstände aus einem weißen edlen Material, das die Chinesen als Tafelgeschirr nutzten. Darüber hinaus macht er einige Angaben zu seiner Herstellung und soll angeblich auch das erste chinesische Porzellan nach Europa mitgebracht haben. Im Italien des 15. Jahrhunderts glaubte man, es sei hergestellt aus den zerstampften gelblichweißen Gehäusen der Kaurischnecken, die im Italienischen als „porcellana“ bezeichnet wurden. Dies geht zurück auf „porcellano“, eigentlich „Schweinchen“ („porcellus“), Diminutiv zu „porco“ „Schwein“, für das äußere Geschlechtsorgan der Frau, da die Form des Schneckengehäuses daran erinnert, so wie auch vergleichsweise bei Venusmuscheln („concha Veneris“).[3]

Produktion

Der Produktionsprozess von Gegenständen aus Porzellan lässt sich in mehrere Schritte unterteilen, die jeweils durch einen Brand unterbrochen sind. Je nach gewünschtem Ergebnis ist nicht jeder Schritt unbedingt immer notwendig, die Regel sind jedoch mindestens zwei Brände. Verschiedene Hersteller – so beispielsweise Villeroy & Boch – produzieren auch im Einbrandverfahren, wo der Rohling mit Glasur versehen wird und, nach Trocknung, in einem Schnellbrandtunnelofen in 5 bis 8 Stunden bei 1.100 bis 1.200 Grad gebrannt wird. Dieses Verfahren ist allerdings äußerst problemanfällig im Hinblick auf die Glasurqualität.

Herstellung des Rohlings

Je nachdem, ob in Drehautomaten Teller oder im Gießverfahren Grünkörper beispielsweise Kannen, Dosen, Figuren hergestellt werden sollen, wird die nach einem bestimmten Mischungsverhältnis vorbereitete Porzellanmasse kompakt und schmiegsam oder flüssig als Schlicker verarbeitet. Für moderne Trockenpressen wird aus der flüssigen Porzellanmasse ein Granulat hergestellt. Dieses Granulat besitzt eine definierte Korngröße und eine definierte Feuchte.

Bei der Verarbeitung der flüssigen Masse wird diese in Formen gegossen, die die Außenform des Werkstückes bestimmen, aber keinen Kern haben – sie sind hohl. Dieses Verfahren wird Schlickerguss genannt. Die Formen können aus vielen Einzelteilen bestehen und dem entsprechend viele Teilungsebenen haben, um komplizierte Stücke zu gestalten. Üblich sind jedoch beispielsweise für Tassen, Vasen und andere achssymetrische hohle Teile zweiteilige Formen mit einer Teilungsebene. Die Formen bestehen aus Gips, der die Eigenschaft hat, Wasser einziehen zu können. Damit wird der eingefüllten Porzellanmasse im Randbereich das Wasser entzogen und die festen Bestandteile der Masse lagern sich an den Formwänden ab. Je länger die Masse in der Form verbleibt, umso dicker wird die verbleibende Randschicht. Ist die vorgesehene Dicke erreicht, wird die restliche flüssige Masse aus der Form ausgegossen. Nach gewisser Ruhezeit kann dann die Form geöffnet und die Teile zur endgültigen Trocknung herausgenommen werden. Danach werden sie noch vor dem ersten Brennen entgratet und ggf. sonst ausgebessert, Henkel können mit Schlicker angeklebt werden.

Seit ungefähr 1995–2000 wird hauptsächlich mit isostatischen Trockenpressen Flachgeschirr aus Porzellangranulat trocken gepresst. Für Hohlgeschirr wird im so genannten Spritzgießverfahren – ähnlich wie bei der plastischen Kunststoffverformung – flüssige Porzellanmasse unter sehr hohem Druck in Kunststoffformen eingespritzt. Diese Formen sind porös und leiten das Wasser aus dem Schlicker ab. Dadurch „wächst“ an der Formwand nach einigen Minuten ein weicher, aber zum weiteren Handling ausreichend fester Rohling, der vorsichtig getrocknet werden muss.

Schrühbrand

Zweistöckiger Rundofen, Porzellanfabrik Sèvres, Frankreich um 1880, teilbefüllt
Moderner Tunnelofen

Nach der Herstellung des Rohlings erfolgt ein 18- bis 20-stündiger Schrühbrand bei ca. 900 °C bis 1.000 °C, bei dem ein poröser, relativ empfindlicher Scherben entsteht. Dieses Verfahren wird auch Glüh- oder Biskuitbrand genannt.

Typisch für diesen Brand ist ein „Schrumpfen“ der Arbeitsstücke, das eine Eigenart und Schwierigkeit der Porzellanherstellung erklärt. Unterschiedliche Temperaturen beim Brand können dabei zu unterschiedlichem oder sogar ungleichmäßigem Schrumpfen führen und damit die Maßhaltigkeit der Stücke gefährden. Während dies früher je nach Größe und Form der Gegenstände ein enormes Problem darstellte und sehr viel Wissen und Erfahrung bei der Herstellung erforderte, sorgen heute elektronisch geregelte Öfen und neue Gussverfahren für die Rohlinge für eine gewisse, aber längst nicht vollständige, Entschärfung des Problems. Insgesamt schrumpft ein Porzellanteil um 12-15 % gegenüber den Rohmassen.

Glasur

Die Porösität nach dem ersten Brand sorgt dafür, dass sich die dann folgende Glasur gut mit dem Stück verbinden kann. Nach dem Glasieren erfolgt der Glattbrand (Garbrand/Endbrand), bei dem die Glasur schmilzt und den Scherben mit einer dekorativen und schützenden Außenhaut überzieht.

Die Glasurflüssigkeit ist eine sehr komplexe Stoffmischung, die sehr sorgfältig auf das jeweilige Porzellan, die vorgesehene Brenntemperatur und Ofenatmosphäre sowie die später gewünschten Eigenschaften abgestimmt sein muss. Eine Glasur kann ohne weiteres zehn oder fünfzehn verschiedene Grundstoffe enthalten.

Je nach gewünschtem Dekor können in verschiedenen Zwischenschritten Farbkkörper, Engoben oder färbende Metallsalze unter, in oder auf die Glasur aufgebracht werden. Man spricht dabei von Aufglasurdekor, Inglasurdekor oder Unterglasurdekor.

Glattbrand

Der Glattbrand erfolgt, je nach Art des Porzellans, bei Temperaturen zwischen 1.100 und 1.480 °C während etwa 8–16 Stunden in Kammeröfen. Industriell gefertigtes Porzellan wird heute in 80–120 Minuten durch einen, je nach Kapazität, 40–80 Meter langen Tunnelofen beziehungsweise Brennofen gefahren. Dabei wird meistens Glatt- und Dekorbrand miteinander verbunden. Dies gilt nicht für „schwierige“ Dekore, wo Farbmischungen sich nicht beeinflussen dürfen, sowie bei metallischen Hochglanzdekoren wie beispielsweise einem Goldrand. Ein wesentliches Merkmal beim Hochbrand / Glattbrand des Porzellanes ist das Sintern. Hierbei erweicht (schmilzt) der hochgebrannte Porzellanscherben.

Dekor

Je nach Anforderung können die Stücke nach dem Glattbrand direkt als rein weißes oder bereits mit Unterglasurdekor versehenes Porzellan gebraucht werden.

Weite Verbreitung erlangte die sogenannte Inglasur, wobei in weiteren Verarbeitungsschritten das Dekor aufgebracht wird. Dies kann entweder durch Aufbringung vorgefertigter, gedruckter Dekorfolien oder durch Handbemalung erfolgen. Üblich ist auch die Verzierung mit Dekoren aus Edelmetallen wie Gold oder Platin.

Die hochwertigste Form der Dekoraufbringung erfolgt in der Regel durch Porzellanmaler, Manufakturporzellanmaler oder für besonders wertvolle Einzelstücke durch Porzellanplattenmaler.

Dekorbrand

Abhängig von der Art des Dekors können ein oder mehrere Dekorbrände bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen von ca. 850 °C folgen, denen jeweils ein entsprechender Dekorschritt vorangeht. Bei hochwertig handbemalten Gemäldereproduktionen auf Porzellanplatten können mehr als fünf Zwischenbrände erfolgen, welche die einzelnen Farbschichten fest mit der Glasur verbinden. Bei höheren Dekorbrandtemperaturen kommen sogenannte Scharffeuerfarben zur Anwendung.

Hier zeigt sich eine weitere typische Eigenart der Porzellanherstellung. Sie besteht darin, dass die echten Farben des Dekors erst nach dem Brand erscheint und oft keinerlei Ähnlichkeit mit dem Farbton vor dem Dekorbrand aufweisen. Es erfordert vom Maler entsprechend Erfahrung und Antizipationfähigkeiten neben Talent und handwerklichen Fähigkeiten, bereits beim Malen die endgültigen Farben des zukünftigen Bildes vorherzusehen.

Geschichte

Die Erfindung des Porzellans in China

Die Herstellung von Porzellan wurde im Kaiserreich China im Jahre 620 erfunden, die einzelnen Grundstoffe und Verfahren wurden lange Zeit geheim gehalten. Chinesisches Porzellan kann die heute bekannten Grundbestandteile Kaolin, Feldspat bzw. Petuntse und Quarz enthalten. Die Herstellungsverfahren sind dem des europäischen Porzellans ähnlich. Jedoch ist der Porzellanbegriff dort viel weiter gefasst und kommt eher unserem Begriff Keramik näher. Nach eigenen Darstellungen wird lediglich nach hart – bzw. weich gebranntem Scherben unterschieden. Zudem wird der helle klare glockenreine für Porzellan typische Klang, der bei leichtem Anschlagen entsteht, als Kriterium angesetzt. Farbe, Dicke und Dichte des Scherbens sind eher unerheblich. So ist es durchaus möglich, dass Halbporzellan, wie beispielsweise Majolika und Fayence, oder weiß-brennendes Feinsteinzeug durchaus als Porzellan gelten können.

Briefmarke zum dreihundertjährigen Jubiläum der Porzellanherstellung in Deutschland

Die Erfindung des europäischen Porzellan

Erst im Oktober 1708 gelang es Johann Friedrich Böttger und Ehrenfried Walther von Tschirnhaus in Dresden bzw. Meißen, das erste europäische Porzellan zu produzieren. Nach Tschirnhaus' Tod entwickelte Böttger das Verfahren in Meißen weiter. Am 28. März 1709 vermeldete er in Dresden die Erfindung des europäischen Porzellans. 1710 entstand in Meißen auf der Albrechtsburg die erste europäische Porzellanproduktionsstätte, die Weltgeltung erreichte. Das Meißener Porzellan aus der Meißener Porzellan-Manufaktur ist noch heute berühmt, alle Porzellane aus dieser Produktion tragen bereits seit 1722 das Markenzeichen für Meißener Porzellan, die „Gekreuzten Schwerter“. Durch die kontinuierliche Fertigung bis zum heutigen Tag werden die „Gekreuzten Schwerter“ häufig als die älteste in Gebrauch befindliche Herstellermarke bezeichnet.

Die zweitälteste Porzellanmanufaktur Europas entstand ein knappes Jahrzehnt nach Meißen in Wien. 1718 verlieh Kaiser Karl VI. dem Beamten Claudius Innocentius du Paquier ein „Spezialprivilegium“ für die Herstellung von Porzellan innerhalb der habsburgischen Länder. Die Wiener Porzellanmanufaktur, die Hof und Adel mit äußerst qualitätvollen Servicen und Ziergegenständen belieferte, musste 1864 schließen. Ihre Nachfolgerin ist die 1923 gegründete Wiener Porzellanmanufaktur Augarten. Ihr Stempel ist der blaue Bindenschild (auch „Bienenkorb“ genannt).

Viele der Manufakturen mussten um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert ihre Produktion wieder einstellen. Erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts kam es zu zahlreichen Neugründungen, aufgrund von Kaolinvorkommen in Nordbayern, Oberfranken, der Oberpfalz und Thüringen. Dort wurden zeitweise bis zu 90% des deutschen Porzellans produziert.

20. Jahrhundert

Das 20. Jahrhundert ist in der Porzellanherstellung vor allem geprägt durch die zunehmende Industrialisierung. Die Einführung von Tunnelbrandöfen und Maschinen zur Fertigung einfacher Teile rationalisieren den Produktionsprozess und machen Porzellan endgültig zum Massenprodukt. Aufgrund der schwierigen Herstellung komplexer Formen (Kannen, Henkeltassen) und der teilweise aufwändigen Dekorierung ist die Herstellung aber bis heute nicht vollständig automatisierbar.

Durch Verwerfungen des Marktes kommt es ab den späten 1970er Jahren zu einer Krise in der deutschen Porzellanindustrie, ausgelöst durch gesellschaftliche Änderungen und Billigimporte aus anderen Ländern: Die rasch steigenden Arbeitslöhne in Deutschland machen das Produkt teuer und viele Firmen haben den günstigen Importen keine Verkaufsargumente entgegenzusetzen. So kommt es ab Mitte der 1980er bis heute zu zahlreichen Werksschließungen, u. a. die Werke in Tirschenreuth, Waldsassen und Mitterteich, und Firmenzusammenschlüssen, z.B. die SKV Porzellan Union, die heutige Arzberg Porzellan GmbH. Manche Hersteller versuchten auch, dem Konkurrenzdruck durch eine Verlegung der Produktion in das Ausland zu begegnen. Die verbleibenden Hersteller waren zu einer Konsolidierung und Straffung bzw. Neuausrichtung des Sortiments gezwungen.

In den letzten Jahren scheint sich eine leichte Trendwende auf dem Markt abzuzeichnen: Stark rationalisierte Arbeitsabläufe, neue Vertriebskonzepte und die konsequente Ausrichtung hauptsächlich auf das gehobene bis luxuriöse Preissegment bescheren den deutschen Herstellern wieder steigende Umsätze.

Brauchtum

An einem Polterabend gilt es als Tradition, am Höhepunkt das von den Gästen mitgebrachte Porzellan zu zerschmettern, um es daraufhin vom Brautpaar wegfegen zu lassen. Dies gilt als Zeichen der Fähigkeit des Brautpaares, schwere Zeiten und Probleme gemeinsam durchzustehen. Die Scherben sollen außerdem Glück bringen.

Museen

Neben den Porzellan-Abteilungen der großen Kunstgewerbemuseen sind eigenständige Porzellan-Museen selten und mehr oder weniger mit Firmen verbunden wie in Berlin, Meißen oder Selb.

Museum of Meissen ART

Das Museum of Meissen ART der Staatlichen Porzellan-Manufaktur Meissen GmbH bietet heute eine der größten Sammlungen Meißener Porzellans weltweit. Gleichzeitig kann der Besucher hier die Entstehung des Meißener Porzellans in den wichtigsten Fertigungsstufen hautnah miterleben.Das Museum der Manufaktur ist an 360 Tagen im Jahr geöffnet.

Porzellanikon

Das größte Porzellanmuseum Europas ist das Porzellanikon im oberfränkischen Selb und in Hohenberg a.d. Eger. Das Porzellanikon ist eigenständig und bietet u.a. einen vollständigen Überblick über alle Porzellane deutschsprachiger Provenienz. Auf insgesamt 11.000 m² Ausstellungsfläche findet man das Porzellanikon Hohenberg – Deutsches Porzellan Museum und das Porzellanikon Selb – Europäisches Industrie Museum für Porzellan, das Europäische Museum der Technischen Keramik und das Rosenthal Museum. 2010, im Jubiläumsjahr des Porzellans, zeigt das Porzellanikon mit „Königstraum und Massenware - 300 Jahre europäisches Porzellan“ die größte Porzellanausstellung, die es jemals auf dem Alten Kontinent gab und die einen Überblick über 300 Jahre europäischer Porzellangeschichte präsentiert.

Großherzoglich-Hessische Porzellansammlung

Die Großherzoglich-Hessische Porzellansammlung in Darmstadt dokumentiert mit über 4.000 Objekten die Geschichte der höfischen Porzellan- und Fayencekunst – die Bestände der Manufakturen Kelsterbach und Frankenthal sind in einem Online-Katalog veröffentlicht.

Schloss Wolfshagen (Prignitz)

Im Schloss-Museum des Schloss Wolfshagen (Prignitz) in Groß Pankow befindet sich mit der Sammlung Bernhard von Barsewisch die größte Porzellansammlung mitteleuropäischer Blaumalerei.

Erkenbert-Museum

Momentan ist auch im Erkenbert-Museum in Frankenthal (Pfalz) die Ausstellung „Die Kunst Porcelain zu machen“ zu sehen, die im Rahmen des Porzellanjahres 2005 konzipiert wurde.

Gläserne Manufaktur

Am 28. Juni 2007 wurde in Rudolstadt im Ortsteil Volkstedt (Thüringen) in der Aeltesten Volkstedter Porzellanmanufaktur eine „Gläserne Manufaktur“ mit ca. 800 m² großem Ausstellungsraum eröffnet. Zu sehen ist Historie und Neues der Poryellanmanufakturen: Volkstedt, Unterweissbach, Scheibe-Alsbach und Plaue.

Siehe auch

Literatur

  • Gustav Weiß: Keramik-Lexikon: Praktisches Wissen griffbereit. Haupt, Bern/ Stuttgart/ Wien 1998, ISBN 3-258-05871-7.
  • Sven Frotscher: dtv-Atlas: Keramik und Porzellan. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2003, ISBN 3-423-03258-8.
  • Julius Matusz: Porzellan: Betrachtungen aus der Geschichte der ältesten Manufakturen Europas. Insel, Frankfurt am Main/ Leipzig 1996, ISBN 3-458-33460-2.
  • Wilhelm Mrazek, Waltraud Neuwirth: Wiener Porzellan 1718-1864. Österreichischer Bundesverlag, Wien 1970.
  • Emanuel Poche: Porzellanmarken: Porzellanmarken aus aller Welt. 13. Auflage. Dausien, Hanau 2002, ISBN 3-7684-1489-2 (Aus dem Tschechischen übersetzt von Helena Krausová).
  • Robert E. Röntgen: Deutsche Porzellanmarken von 1710 bis heute. Battenberg, München 2007, ISBN 978-3-86646-013-3.
  • Li Zhiyan, Cheng Wen: Keramik und Porzellan in China: Vom Tontopf der Steinzeitmenschen zur Porzellankunst. Verlag für fremdsprachige Literatur, Beijing 1996, ISBN 7-119-01314-9.
  • Georges Le Gars: IMARI, histoire d'un style, faïences et porcelaines du Japon, de Chine et d'Europe. Massin, Paris 2004, ISBN 2-7072-0482-X.

Einzelnachweise

  1. Brockhaus in 24B, B17, S391
  2. Wilhelm Pukall: Grundzüge der Keramik, Müller & Schmidt, Coburg 1922
  3. Friedrich Kluge, Elmar Seebold: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 24. Auflage. Verlag Walter de Gruyter, Berlin, 2002. Seite 713. Google Buchsuche

Weblinks

 Commons: Porzellan – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary Wiktionary: Porzellan – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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