Pragmatische Sanktion von Bourges

Pragmatische Sanktion von Bourges

Die Pragmatische Sanktion von Bourges ist eine am 7. Juli 1438 in Bourges veröffentlichte Entscheidung von Frankreichs König Karl VII., die mit dem Einverständnis des dort versammelten Klerus erfolgte. Der König pochte als Wächter auf die Rechte der Kirche von Frankreich. Der Beschluss begrenzte die pontifikale Macht in mehreren Punkten:

  • Die französische Kirche erkannte den Vorrang von allgemeinen Konzilen vor dem Papst an (Konziliarismus).
  • Sie unterstützte die Entscheidungen des Konzils von Basel.
  • Der König erhielt ein Mitspracherecht bei Bischofswahlen und der Besetzung von Kapiteln in Abteikirchen. Er sollte Kandidaten empfehlen können.
  • Die Kirche erhielt Rechte in Bezug auf die kirchlichen Einkommen (Abschaffung der Annaten).
  • Die Macht Roms bei Exkommunikationen und Interdikten wurde eingeschränkt. Päpstliche Erlasse bedurften der königlichen Bestätigung.

Die Pragmatische Sanktion sollte sich bis zum Konkordat von Bologna (1516) halten, das die französische Seite mit dem Papst beim fünften Laterankonzil schloss.

Sie schuf die Grundlagen für die französische Nationalkirche. Papst Eugen IV. war von ihr alles andere als begeistert, doch seine Proteste prallten in Frankreich ab. In den Jahren danach war die königliche Entscheidung Gegenstand in der politischen Auseinandersetzung mit mehreren Kirchenoberhäuptern.

König Ludwig XI. setzte wegen seiner Italien-Politik die von seinem Vater erlassene Pragmatische Sanktion von Bourges 1451 außer Kraft, doch das Parlament verweigerte seine Einwilligung dazu. In der Aufhebung war insbesondere Jean de La Balue involviert, der dafür vom Papst zum Kardinal berufen wurde.

Ludwig XII. von Frankreich wiederum erneuerte die Gültigkeit der aus dem Jahr 1438 stammenden Rechtsgrundlage. Er zeigte sich aber im Jahr 1513 zu einer Versöhnung in dieser Frage mit dem Heiligen Stuhl bereit. Das Konkordat von Bologna auf der Basis einer Einigung zwischen Papst Leo X. und Frankreichs König Franz I. räumte dann dem jeweiligen französischen Herrscher bestimmte Privilegien mit päpstlicher Billigung ein. Die päpstliche Bulle Pastor aeternus gregem vom 19. Dezember 1516, parallel zum Konkordat publiziert, hob die Pragmatische Sanktion von Bourges ausdrücklich auf[1] und unterstrich die Erstrangigkeit päpstlicher Entscheidungen in Kirchenfragen.

Siehe auch: Gallikanismus und Konziliarismus

Literatur

Einzelnachweise

  1. Christopher Spehr: Luther und das Konzil, Seite 84. ISBN 3-16-150474-7, abgefragt am 2. Januar 2011

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