Preußen (historische Landschaft)

Preußen (historische Landschaft)
Zentrum Preußens bis 1466: Die Marienburg

Preußen ist eine historische Landschaft im nordöstlichen Mitteleuropa mit den Zentren Königsberg (dem heutigen Kaliningrad), der Marienburg und mit Einschränkung Danzig.

Die Grenzen der nach den baltischen Prußen benannten Region sind nicht eindeutig. Ungefähr kann jedoch das Gebiet zwischen den Flüssen Weichsel und Memel als Preußen bezeichnet werden. Westlich von Preußen schließt sich Pommern mit Pommerellen an. Der östlichste Teil Preußens wurde auch Kleinlitauen genannt.

Mit dem zweiten Frieden von Thorn kam 1466 der Westteil Preußens, Prutenia Occidentalis, mit dem Ermland, Pogesanien, dem Kulmerland mit Thorn und dem vom Orden hinzueroberten Pommerellen mit Danzig unter die direkte Hoheit der Krone Polens, jedoch wurde der Vertrag von 1466 vom Kaiser und vom Papst nicht anerkannt und Preußen weiterhin als ein Teil des HRR geführt. Die Hochmeister weigerten sich, Treueide dem König von Polen zu geben, und 1520 wurde Albrecht von Polen angegriffen wegen der Verweigerung. Kaiser Karl gebot, die Kriegshandlungen zu beenden, da Europa durch die Türken gefährdet war. 1524 hat Kaiser Karl V. dem Hochmeister Albrecht von Brandenburg Preußen als Lehen[1] bestätigt. Die Zerstörungen durch die Polen und die nicht rechtzeitig eintreffende versprochene Hilfe aus dem Reich zwangen jedoch Albrecht, sich mit dem polnischen König zu einigen. Der östliche Teil, Prutenia Orientalis, wurde 1525 in ein weltliches Herzogtum Preußen umgewandelt. Jedoch behielten die Kaiser weiterhin die gesamten Lande Preußens als ein Teil des Reiches und belehnten fortlaufende Administratoren Preußens. Der preußische König Friedrich II. konnte 1772 zur Zeit der 1. Polnische Teilung beide Teile des alten Preußen in seiner Hand vereinigen und nannte sie auf deutsch Westpreußen und Ostpreußen.

Nach 1945 kam die ehemalige Provinz Westpreußen und die Südhälfte des ehemaligen Ostpreußen zu Polen, die Nordhälfte bis zur Memel ist als Oblast Kaliningrad russische Exklave und nördlich der Memel Teil Litauens.

Die Region ist zu unterscheiden von dem späteren Königreich Preußen mit dem Zentrum Berlin, welches hervorging aus der Personalunion zwischen der Mark Brandenburg und dem Herzogtum Preußen. Darauf nehmen auch die Namen der späteren nordöstlichen Provinzen des preußischen Staates Bezug: (Ost-)Preußen und – nur scheinbar widersinnig – Westpreußen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Karte von Caspar Henneberg, Elbing 1576: Herzogtum und königlich polnisches Preußen farblich nicht unterschieden (Flächenfarbe für das Herzogtum ist Nachbearbeitung), Pommerellen hier nur teilweise zu Preußen gerechnet.

Die erste Erwähnung des Namens brus findet sich in einer als Bayerischer Geograph bezeichneten Völkerliste aus dem 9. Jahrhundert. Ende des Jahrhunderts berichtete der angelsächsische Reisende Wulfstan von seiner Fahrt zum prußischen Handelsplatz Truso. Im Dagome Iudex, dem Rezess der Urkunde, mit der Mieszko I. von Polen im 10. Jahrhundert sein Reich formal dem Papst schenkte, wird dessen Grenze beschrieben, es reiche bis an das lange Meer (die Ostsee), bis an die preußische und bis an die russische Grenze (bei bruzze und russe fehlen allerdings korrekte Flexionsendungen).

Bis ins Hochmittelalter wurde nur das Gebiet des baltischen Volksstammes der Prußen östlich der unteren Weichsel „Preußen“ genannt. Beginnend mit Bolesław I. Chrobry, der Adalbert von Prag nach Preußen schickte und mit ihm eigene Truppen, versuchten Herzöge und Könige von Polen wiederholt, die Prußen zu unterwerfen[2]. Als deren Gegenschläge immer bedrohlicher wurden, rief der polnische Herzog Konrad von Masowien 1226 den Deutschen Orden zu Hilfe, unter Überlassung des damals schon teilweise slawisch besiedelten Kulmerlandes. Der Deutschen Orden unterwarf die Prußen im 13. Jahrhundert. Bei den langwierigen Kämpfen wurden große südliche und östliche Randgebiete zeitweise weitgehend entvölkert.

Der Orden eroberte zudem 1308 (gekauft 1309) das westlich der Weichsel gelegene Pommerellen mit Danzig. Im Zuge der Zersplitterung Polens hatten sich deren Herrscher aus der Familie der Samboriden 1227 von polnischen Statthaltern 1227 zu Herzögen erhoben. Seit deren Aussterben beanspruchte der Askanier Waldemar von Brandenburg das Gebiet. Mit der Aneignung durch den Deutschordensstaat wurde die Bezeichnung Preußen auf dessen Erwerbungen westlich der Weichsel ausgedehnt.

Seit Beginn der Unterwerfung Preußens rief der Orden Siedler aus Deutschland und den heutigen Niederlanden ins Land (Vgl. Stadtname Preußisch Holland). Als der Zustrom aus dem Heiligen Römischen Reich nachließ, wurden im Süden Zuwanderer aus Masowien angesiedelt, die Masuren, im Nordosten Zuwanderer aus Litauen, deren Siedlungsgebiet dann Kleinlitauen genannt wurde.

Preußen nach 1466: Hellgrau – Herzoglich Preußen.
Farbig – Königlich-Preußen mit seinen Wojewodschafen in Personalunion mit dem Königreich Polen und Litauen

1466 gewann das Königreich Polen mit Hilfe des gegen die Ordensherrschaft rebellierenden Preußischen Bundes das Kulmerland, Pommerellen, Danzig, die Marienburg, Elbing und das Ermland, dieses Gebiet hieß latinisiert „Pruthenia Occidentalis“ und staatsrechtlich „Preußen königlichen Anteils“, seit der Union von Lublin (1569) auch „Polnisch Preußen“. Der Ostteil wurde von Albrecht zu Brandenburg-Ansbach, 1. Herzog von Preußen, dem letzten in Preußen residierenden Hochmeister des Ordens, 1525 in ein weltliches Herzogtum umgewandelt. Die erbliche Herzogswürde verlieh ihm König Sigismund I. von Polen. 1618 erbten die hohenzollernschen Kurfürsten von Brandenburg das zu der Zeit immer noch unter polnischer Lehnshoheit stehende Herzogtum, das damit eine Keimzelle des späteren (modernen) preußischen Staates wurde. 1657 gewannen die Kurfürsten für das Herzogtum Preußen die Souveränität gegenüber Polen und 1701 schließlich die Königswürde. Jene galt formal nur für den Bereich des bisherigen Herzogtums, die Bezeichnung Königreich Preußen setzte sich aber allmählich als zusammenfassender Staatsname für alle Besitzungen der brandenburgisch-preußischen Herrscher durch, bezog sich also auch auf die im Heiligen Römischen Reich gelegenen Territorien.

1772 erhielten die preußischen Könige im Zuge der ersten Polnischen Teilung die Westhälfte Preußens (Danzig und das kulmländische Thorn erst 1793) sowie weitere südlich angrenzende Gebiete entlang der Netze. Das nunmehr vereinte und erweiterte eigentliche Preußen, also die voll souveränen Gebiete des Königreichs, wurde verwaltungsmäßig in drei Teile gegliedert: Ostpreußen, Westpreußen und Netzedistrikt. Mit dem Ende des Heiligen Römischen Reiches 1806 gewann der Staat Preußen für sein gesamtes Gebiet die vollständige Souveränität. Damit entfiel die Sonderstellung der außerhalb Deutschlands gelegenen preußischen Gebiete. Im Frieden von Tilsit 1807 verlor der Staat Preußen den größten Teil des Netzedistikts und das Kulmerland an das von Napoleon gegründete Herzogtum Warschau, erwarb sie aber auf dem Wiener Kongress 1814/5 wieder zurück. Der Netzedistrikt wurde danach größtenteils der neuen Provinz Großherzogtum Posen zugeschlagen. 1829-78 waren Ost- und Westpreußen und damit letztmalig auch die historische Landschaft Preußen in der Provinz Preußen verwaltungstechnisch vereint.

Aufteilung des Kaiserreiches nach Versailler Vertrag bzw.
den Konferenzen von
Teheran, Jalta und Potsdam

1871 wurde – im Gegensatz zum Vorgänger Deutscher Bund – das gesamte Gebiet des Königreichs Preußen Teil des Deutschen Reiches. Damit wurde es zum ersten Mal in seiner Geschichte (abgesehen von der kurzen Periode der Paulskirchenverfassung 1848–1851) unter dem (bis dahin allerdings nie genau eingegrenzten) Begriff „Deutschland“ mitverstanden, zuvor hatte es nie zum Heiligen Römischen Reich und nur 1848-51 zum Deutschen Bund gehört. Westpreußen war zu großen Teilen auch nicht mehrheitlich deutschsprachig. Infolge der langen geschichtlichen Verbindung mit Polen bildeten in Pommerellen und im Kulmerland polnisch- bzw. kaschubischsprachige Katholiken einen großen Teil der Bevölkerung. Sie sahen sich im Kaiserreich gezielter Ausgrenzung und auch Germanisierung ausgesetzt. Die ostpreußischen Masuren und Litauer standen jedoch wegen ihres überwiegend lutherischen Glaubens dem preußischen bzw. deutschen Staat näher.

Nach der deutschen Niederlage im Ersten Weltkrieg wurde im Versailler Vertrag 1919 Westpreußen größtenteils zu Polen geschlagen sowie das Memelland (seit 1923 bei Litauen) und Danzig (als Freie Stadt) abgetrennt. Nachdem alle diese Gebiete von 1939 bis 1945 nochmals an das Deutsche Reich gefallen waren, wurde schließlich mit der Deutschen Teilung das nördliche Ostpreußen an die Sowjetunion und das südliche Ostpreußen an Polen übergeben und alle Deutschen vertrieben. Heute verteilt sich das Gebiet der historischen Landschaft Preußen auf die polnischen Woiwodschaften Pommern bzw. Kujawien-Pommern (Westpreußen) sowie Ermland-Masuren (südliches Ostpreußen), die russische Oblast Kaliningrad (nördliches Ostpreußen) und die litauischen Verwaltungsbezirke Klaipėda und Tauragė (Memelland).

Karten

Einzelnachweise

  1. Kaiser Karl V gibt Albrecht von Brandenburg, Preussen als Lehen
  2. Christoph Hartknoch, Preussische Kirchen Historia

Weblink

Siehe auch


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