Primärquelle und Sekundärquelle

Primärquelle und Sekundärquelle

Das Begriffspaar Primärquelle/Sekundärquelle verweist in der Geschichtswissenschaft auf den Überlieferungszusammenhang von Quellen untereinander. Aus einer Sekundärquelle kann man erfahren, was in der (eventuell verloren gegangenen) Primärquelle stand. Von einer Primärquelle ist nur zu sprechen, wenn im betreffenden Zusammenhang Sekundärquellen behandelt werden, ansonsten wird einfach der Begriff Quelle verwendet.

Inhaltsverzeichnis

Begriff

Der allgemeinste Begriff für Wissen, aus dem man schöpft, dürfte Informationsquelle sein. In der Geschichtswissenschaft trennt man scharf die Quellen im engeren Sinne von der Sekundärliteratur, die Quellen oder andere Texte behandelt.

Zu den vielen Arten, Quellen untereinander zu unterscheiden, gehört das Begriffspaar Primärquelle / Sekundärquelle: Primärquellen sind oft, aber nicht unbedingt, Informationen von Augenzeugen oder von am Geschehen Beteiligten. Sekundärquellen sind Berichte aus zweiter Hand, die ihrerseits Primärquellen zitieren.

Verwendung

In der Geschichtswissenschaft geht es darum, die zuverlässigere historische Quelle zu einem Thema zu ermitteln, denn es kann sein, dass die Sekundärquelle den Inhalt der Primärquelle fehlerhaft wiedergibt. Es kann allerdings auch sein, dass im Einzelfall eine Sekundärquelle „wegen größerer Objektivität im Bericht, besseren Überblicks über die Zusammenhänge usw. eine Primärquelle an Wert übertrifft“, so Ahasver von Brandt.[1] Falls eine Primärquelle verloren gegangen ist, kann man eventuell mit Hilfe von Sekundärquellen den Text der Primärquelle rekonstruieren bzw. wenigstens den ungefähren Inhalt erfahren.

In der Literaturwissenschaft sind Primärquellen die literarischen Texte, während Sekundärquellen alle diejenigen Texte sind, „deren Erschließung Aufgabe“ der Quellenkunde ist. Gero von Wilpert listet dazu Handschriften, Manuskripte, Drucke, Dokumente, Archivalien, Memoiren usw. auf, „deren Kenntnis die eigtl. wiss. Erforschung der Werke selbst ergänzt und erweitert“.[2]

Viele antike Werke sind der Nachwelt verloren gegangen. Allerdings weiß die heutige Altertumswissenschaft oftmals auch etwas von den verlorenen Werken: In den erhalten gebliebenen Werken finden sich Zitate oder Bemerkungen daraus oder darüber. Diese Werke sind Sekundärquellen über die Werke, die verloren sind.

Abgrenzungen

Das Begriffspaar Primärquelle/Sekundärquelle steht für sich und hat nichts mit dem Begriffspaar Quelle/Sekundärliteratur zu tun. Sowohl Primärquellen als auch Sekundärquellen sind schlicht „Quellen“, und unter Sekundärliteratur versteht man die Fachliteratur zu einem Thema. In der Geschichtswissenschaft wird auch das Begriffspaar Quelle/Darstellung verwendet. Dabei bezeichnet der Begriff „Darstellung“ jede Erzählung über vergangenes Geschehen, unabhängig von der Frage, ob diese als „Sekundärliteratur“ veröffentlicht wurde.

Im englischen Sprachraum hingegen verwendet man das Gegensatzpaar für die Quellen (primary sources) und die Sekundärliteratur (secondary sources). Tertiary sources bezeichnet Hilfsmittel wie Fachwörterbücher, Handbücher, Geschichtsatlanten usw.

Nicht als Sekundärquelle gilt die Quellenedition, obgleich das Problem des Sekundären sich hier ähnlich stellt.

Beispiele

  • Person A hat an einem Ereignis teilgenommen und schreibt einen Bericht darüber. Person B hat diesen Bericht gelesen und erzählt davon in einem Brief. In diesem Fall ist der Bericht der Person A die Primärquelle zu dem Ereignis, der Brief von Person B eine Sekundärquelle. Wenn der Historiker wissen will, was im eventuell verloren gegangenen Bericht stand, helfen dabei die betreffenden Angaben im Brief.
  • Ahasver von Brandt nennt Goethes Tagebuch der Italienischen Reise (1786) eine Primärquelle gegenüber der späteren Italienischen Reise (1816).[3]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Ahasver von Brandt: Werkzeug des Historikers. Eine Einführung in die Historischen Hilfswissenschaften, 11. Auflage, Stuttgart: Kohlhammer, 1986, S. 51/52.
  2. Gero von Wilpert: Sachwörterbuch der Literatur, 7. Auflage, Kröner. Stuttgart, 1989, Stichwort „Quellenkunde“.
  3. Ahasver von Brandt: Werkzeug des Historikers. Eine Einführung in die Historischen Hilfswissenschaften, 11. Auflage, Stuttgart: Kohlhammer, 1986, S. 51.

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