Prontuario dei nomi locali dell'Alto Adige

Prontuario dei nomi locali dell'Alto Adige

Das Prontuario dei nomi locali dell’Alto Adige, auf Deutsch etwa „Nachschlagewerk der Ortsnamen Oberetschs (Südtirols)“, ist eine Liste von italianisierten Ortsnamen Südtirols, die 1916 von der Reale Società Geografica Italiana veröffentlicht wurde. Dieses meist nur kurz Prontuario genannte Verzeichnis stellt ein wichtiges Italianisierungswerkzeug der faschistischen Politik dar und bildet bis heute die Grundlage der amtlichen Orts- und Flurnamen in Südtirol. Die deutschsprachige Bevölkerung bemängelt, dass nicht historisch gewachsene, sondern vielfach neu übersetzte und frei erfundene Namen aufgenommen wurden.

Inhaltsverzeichnis

Entstehungsgeschichte

Bereits in den 1890er Jahren begann Ettore Tolomei damit, die deutschen und ladinischen Südtiroler Ortsnamen ins Italienische zu übersetzen. Damit sollte vorgegaukelt werden, dass Südtirol ein uritalienisches Land mit nur kurzer deutscher Geschichte sei und daher zu Italien gehöre. 1916, ein Jahr nach Eintritt Italiens in den Ersten Weltkrieg, wurde auf Betreiben Tolomeis eine Kommission zur Übersetzung der Ortsnamen des „zu erobernden Gebietes“ eingesetzt. Innerhalb von 40 Tagen übersetzte diese Kommission (bestehend aus Tolomei selbst, dem Prof. für Botanik und Chemie Ettore De Togni sowie dem Bibliothekar Vittorio Baroncelli) etwa 12.000 Orts- und Flurnamen auf der Basis von Tolomeis oberflächlichen Studien. Im Juni 1916 wurde diese Liste als Band XV, Teil II der Memorie der Reale Società Geografica Italiana sowie in dem von Tolomei gegründeten Jahrbuch Archivio per l'Alto Adige, con Ampezzo e Livinallongo veröffentlicht. 1923, vier Jahre nach der Annexion Südtirols, wurde durch ein königliches Dekret die Italianisierung der Ortsnamen verfügt, Grundlage bildete das Prontuario. 1940 schließlich wurde es durch Ministerialdekret Benito Mussolinis zum offiziellen Namenbuch Südtirols. Die ursprünglichen Orts- und Flurnamen wurden erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs wieder eingeführt, haben jedoch bis heute nicht den legalen Rang der italienischen Übersetzungen, auch wenn sie auf Ortstafeln überwiegend deutschsprachiger Orte heute zuerst genannt werden.

Vorgangsweise bei der Übersetzung

Zur Übersetzung der Ortsnamen benutzte Tolomei mehrere Methoden, wie er in seiner Einleitung zum Prontuario dargelegt hat:

  1. Verwendung bereits vorhandener italienischer Ortsnamen: z. B. (BozenBolzano, MeranMerano)
  2. Verwendung von Namen alter Römersiedlungen: z. B. Vipiteno für Sterzing aufgrund der Römersiedlung Vipitenum (obwohl das Exonym Sterzen bereits existierte)
  3. Phonetische Reduktion: Der Name wurde (meist durch eine andere Endung) italianisiert, z. B. Brennero für Brenner oder Moso für Moos
  4. Wörtliche Übersetzung: z. B. Lago Verde für Grünsee; dabei kam es auch häufig zu Fehlern, so wurde Linsberg mit Monte Luigi, also Luisberg übersetzt
  5. Verwendung des Kirchenpatrons als Namen: z. B. San Candido für Innichen
  6. Geographische Beschreibung: z. B. Colle Isarco (Hügel am Eisack) für Gossensaß

Literatur

  • Steininger, Rolf (2003). South Tyrol: a minority conflict of the twentieth century. New Brunswick, N.J., U.S.A: Transaction Publishers. ISBN 0-7658-0800-5.
  • Kramer, Johannes (1996). "Die Italianisierung der Südtiroler Ortsnamen und die Polonisierung der ostdeutschen Toponomastik". Romanistik in Geschichte und Gegenwart 2 (1): 45-62.
  • F. Bartaletti, Geografia, toponomastica e identità culturale: il caso del Sudtirolo, in “Miscellanea di storia delle esplorazioni XXVII”, Genova. 20021, pp. 271-315.

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