Protektionismus

Protektionismus

Als Protektionismus (von lateinisch protectio: Schutz) bezeichnet man in Bezug auf ökonomische Sachverhalte alle Maßnahmen in Form von Handelshemmnissen, mit denen ein Staat versucht, ausländische Anbieter auf dem Inlandsmarkt zu benachteiligen, um den inländischen Markt zu schützen. Mittel dafür ist die strategische Handelspolitik.

Inhaltsverzeichnis

Maßnahmen des Protektionismus

Ein Staat oder eine Freihandelszone (etwa die EU oder die NAFTA) können den eigenen Binnenmarkt schützen, indem Sie eine oder mehrere der folgenden protektionistischen Maßnahmen einführen.

  • Zölle: Zollabgaben stellen eine Art von Steuern dar und werden häufig auf importierte Waren erhoben. Dadurch verteuert sich der Import der betreffenden Güter und macht diese somit preislich weniger attraktiv. Damit wird erreicht, dass gleichartige Güter inländischer Produktion, die aufgrund etwa höherer Lohnkosten normalerweise teurer wären, auf selbem Preisniveau gehandelt werden und dadurch die Menge der importierten Waren abnimmt.
  • Einfuhrkontingente (auch Importquoten): Um die Importmenge bestimmter Güter zu begrenzen, kann ein Staat hierfür ein Einfuhrkontingent festlegen. Ist das Kontingent ausgeschöpft, darf in dem für das Kontingent definierten Zeitraum keine weitere Menge der betreffenden Güterart eingeführt werden. Besonders häufig findet man Einfuhrkontingente im Agrarbereich.
  • Subventionen (auch Beihilfen): Staatliche Subvention bestimmter Wirtschaftsbereiche ermöglichen deren Überleben, obwohl die realen Produktionskosten deutlich über dem Weltmarktpreis liegen. Ohne diese Beihilfen würde die inländische Produktion zum Erliegen kommen, da gleichwertige Güter auf dem Weltmarkt deutlich günstiger eingekauft werden könnten. Es werden dabei die verschiedensten Subventionsmittel angewendet, wie etwa Steuererleichterungen, Gewährung vergünstigter Kredite, direkte Finanzhilfen und andere. Besonders häufig sind in Deutschland Subventionen der Agrarwirtschaft und auch des Bergbaus. Zum Teil werden auch neue Industriezweige subventioniert (etwa die Solartechnik), bis diese sich etabliert haben.
  • Exportsubventionen: Exportsubventionen sind staatliche Beihilfen, um den Export heimischer Güter zu ermöglichen, die aufgrund hoher Produktionskosten ohne diese Stütze am Weltmarkt chancenlos wären. In der EU werden vor allem Agrarprodukte wie Milch, Fleisch oder auch Zucker mit solchen Subventionen unterstützt.
  • Konformitätsanforderungen: In einigen Binnenmärkten ist das Inverkehrbringen bestimmter Waren abhängig vom Erfüllen gewisser Standards (z.B. die CE-Kennzeichnung in der EU, HACCP-Bestimmungen zur Lebensmittelsicherheit, Umweltstandards, Bier nach „Deutschem Reinheitsgebot“, etc.). Auch hierin kann eine gewisse Art des Protektionismus gesehen werden, da es den Freihandel einschränkt.

Begründungen für Protektionismus

Ziel ist es in der Regel, bestimmte Produkte oder Branchen eines Landes zu fördern oder die eigene Volkswirtschaft generell zu unterstützen. Zudem wird versucht, den Aufbau neuer, noch nicht wettbewerbsfähiger Industriezweige zu ermöglichen, da diese Industriezweige in der Anfangsphase dem Druck des Weltmarkts nicht standhalten würden. Ehemalige Entwicklungsländer wie die Volksrepublik China konnten so zu Schwellenländern bzw. Industrienationen aufsteigen. Dies gelang liberalisierten Ländern mit ähnlichen Voraussetzungen nicht auf diesem Weg. Ähnlich war es mit Deutschland (1874-1914) und den USA (1865-1900). In den USA war der Streit um die zukünftige Wirtschaftspolitik (Freihandel oder Protektionismus) zwischen den ländlichen Südstaaten und den sich industrialisierenden Nordstaaten ein Grund für die Sezession der Südstaaten.

In Wirtschaftssektoren, die für wichtig im Sinne der nationalen Sicherheit bzw. der militärischen Interessen eines Landes gehalten werden, werden selbst in Staaten, die sich als Vorkämpfer des Freihandels verstehen, Verbote von Außenhandel oder Einschränkungen des freien Kapitalverkehrs für unumgänglich gehalten. So werden zum Beispiel im Jahr 2010 dergleichen Argumente gegen den chinesischen Funknetzausrüster Huawei vorgebracht.[1]

Kritik

Gegner des Protektionismus hingegen fordern einen globalen Freihandel und argumentieren, Protektionisten würden komparative Kostenvorteile und weitere Vorteile des Handels nicht beachten. Aus dem Umstand, dass ein Tausch nur dann durchgeführt wird, wenn das erhaltene Objekt mehr wertgeschätzt wird als das eingetauschte – niemand tauscht in der Erwartung nach dem Tausch schlechter dazustehen – schlussfolgern sie unmittelbar, dass jegliche Beschränkung wohlfahrtsmindernd sei.

Friedrich August von Hayek sagte über die Zweckmäßigkeit von Schutzzöllen:[2]

"Schwierigkeiten treten erst auf, wenn ein Zoll dazu verwendet wird, um eine Industrie rascher emporwachsen zu lassen, als sie das ohne Zoll täte, oder um sie gegen widrige Einflüsse zu schützen, die ihren Niedergang herbeiführen würden. In diesen Fällen wird, um eine bestimmte Gruppe zu subventionieren, allen anderen Produzenten und Konsumenten ein Opfer auferlegt."

Und zog aus seinen Überlegungen folgende Schlussfolgerung: "Die Abschaffung souveräner Nationalstaaten und die Schaffung einer wirksamen internationalen Rechtsordnung sind die notwendige Ergänzung und logische Vollziehung des liberalen Programms."[3]

Die Handelsbeziehungen zwischen den USA und China

Die Handelsbeziehungen zwischen den USA und China sind seit geraumen Jahren bis in die Gegenwart[4] zu einem paradigmatischen Fall in der Wirtschaftstheorie und zu einem politischen Streitfall im Hinblick den freien Welthandel geraten. Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman hält protektionistische Maßnahmen der USA gegen Chinas Handelsstrategie, die er als "Merkantilismus" bezeichnet, für eine geeignete wie unumgängliche Gegenstrategie. Er beruft sich dabei auf Paul Samuelson, der die Argumente für Freihandel als ineffektiv betrachtete, sobald eine Volkswirtschaft in Unterbeschäftigung mit einer Volkswirtschaft konfrontiert wird, die den Export subventioniert.[5]

Nach einer Studie des gewerkschaftsnahen Economic Policy Institute gingen in den USA zwischen 2001 und 2008 2,4 Millionen Arbeitsplätze verloren, was in der Hauptsache auf das Ungleichgewicht im USA-China-Handel zurückgeführt wird.[6] Eine Studie der Brookings Institution geht davon aus, dass durch die Finanzkrise die Nachfrage der US-Konsumenten als Wachstumsmotor für die Weltwirtschaft ausfallen werde. Es wird erwartet, dass die USA selbst stärker exportieren müssen, um ihre Handelsbilanz in Ordnung zu bringen. Bei einem schwachen Wachstum der Weltwirtschaft insgesamt werde die Politik daher sich mehr in Richtung Protektionismus bewegen.[7]

Siehe auch

Literatur

  • W. M. Corden: The Theory of Protection. Oxford: Clarendon Press, 1971.
  • Archibald, R. B., Feldman, D. H.(1998): Investment During the Great Depression: Uncertainty and the Role of the Smoot-Hawley Tariff. In: Southern Economic Journal, Vol. 64, Nr. 4, 1998, S. 857–879.
  • Feenstra, R. C. (1992): How Costly is Protectionism? In: Journal of Economic Perspectives, Vol. 6, 1992, S. 159 ff.
  • Irwin, D.(1998): The Smoot-Hawley Tariff: A Quantitative Assessment. In: Review of Economics and Statistics, Vol. 80, Nr. 2, 1998, S. 326–334.
  • Erber, G. ; Thießen, U. (2009): Gefahr für den Welthandel: Protektionismus durch institutionelle Reformen stoppen. In: DIW-Wochenbericht, 76(2009), Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, 14, 228 - 234.

Einzelnachweise

  1. Sandra Louven: Chinesen greifen nach den Telekomnetzen. Handelsblatt, 19. Februar 2010.
  2. F. A. Hayek: Die wirtschaftlichen Voraussetzungen föderativer Zusammenschlüsse. 324-344 (1939). In: Ders.: Individualismus und wirtschaftliche Ordnung. Eugen Rentsch Verlag Erlenbach-Zürich 1952. S. 332.
  3. Hayek, a.a.O., S. 341.
  4. Michael Wines:As China Rises, Fears Grow on Whether Boom Can Endure. The New York Times, 11. Januar 2010.
  5. Paul Krugman: Chinese New Year. The New York Times, 31. Dezember 2009.
  6. Robert E. Scott: Unfair China Trade Costs Local Jobs. EPI Briefing Paper #260, 20. März 2010.
  7. Barry P. Bosworth, Aaron Flaae: America’s Financial Crisis: The End of an Era. Brookings, 14. April 2009.

Weblinks


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