Prozesskostenbeihilfe

Prozesskostenbeihilfe

Über die Prozesskostenhilfe (PKH) (früher als „Armenrecht“ bezeichnet) kann gem. §§ 114 ff. ZPO einkommensschwachen Personen eine finanzielle Unterstützung zur Durchführung von Gerichtsverfahren gewährt werden. Prozesskostenhilfe kommt in Verfahren vor den Zivil-, Verwaltungs-, Arbeits- und Sozialgerichten in Betracht, wenn eine Verfahrenspartei nicht in der Lage ist, die Anwalts- und Gerichtskosten für den Prozess aufzubringen. Die Prozesskostenhilfe trägt der Staat. Sie ist eine spezialgesetzlich geregelte Einrichtung der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege.

Inhaltsverzeichnis

Voraussetzungen

Prozesskostenhilfe kann nach § 114 S. 1 ZPO jeder Partei in einem gerichtlichen Verfahren gewährt werden. Typischerweise sind dies der Kläger und der Beklagte. Aber auch Nebenintervenienten, oder (in speziellen Verfahren) Antragstellern oder Antragsgegnern, Gläubigern und Schuldnern kann Prozesskostenhilfe gewährt werden. Neben natürlichen Personen, können auch juristischen Personen (vgl. § 116 ZPO) Prozesskostenhilfe erhalten. Eine Gewährung an Ausländer oder Staatenlose ist möglich. Dies gilt allerdings nur für die Rechtsverfolgung vor deutschen staatlichen Gerichten. Für grenzüberschreitende Verfahren innerhalb der Europäischen Union gelten die Regelungen in §§ 1076 bis 1078 ZPO.

Die Prozesskostenhilfe muss beim jeweils zuständigen Gericht beantragt werden. Das bedeutet, dass der Antrag an das Gericht zu richten ist, bei dem der Prozess anhängig ist bzw. bei dem er anhängig gemacht werden soll. Neben der Bedürftigkeit, die anhand einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu belegen ist, werden auch die Erfolgsaussichten des zu führenden Prozesses einer summarischen gerichtlichen Vorprüfung unterzogen. Prozesskostenhilfe wird nur bei hinreichender Erfolgsaussicht gewährt. Hat die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nur zum Teil hinreichende Aussicht auf Erfolg, werden auch nur insoweit die Prozesskosten übernommen. Darüber hinaus darf die Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheinen. Das bedeutet, es muss sich um ein Verfahren handeln, das eine nicht bedürftige, verständige Person in gleicher Weise führen würde.

Für den außergerichtlichen Bereich wird anstelle der PKH Beratungshilfe gewährt.

Folgen der Gewährung von Prozesskostenhilfe

Wird die Prozesskostenhilfe in vollem Umfang bewilligt, werden die Gerichtskosten sowie die Anwaltsgebühren des eigenen Rechtsanwaltes nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz dann durch die Staatskasse getragen, wenn der Antragsteller den Prozess verliert. Wird der Prozess gewonnen, können also die Ansprüche durchgesetzt oder abgewehrt werden, muss, außer bei arbeitsgerichtlichen Verfahren erster Instanz, der Gegner die Anwalts- und Prozesskosten tragen. Bei geringem Einkommen wird Prozesskostenhilfe als Zuschuss gewährt. Ansonsten muss sie in maximal vier Jahre lang zu zahlenden Raten zurückgezahlt werden. Die Höhe der Raten richtet sich nach dem Einkommen.

Die Prozesskostenhilfe deckt nur die Gerichtskosten und die Gebühren des eigenen Anwalts ab. Verliert die Partei den Prozess, muss sie die gegnerischen Rechtsanwalts- und ggf. Gerichtskosten im gleichen Umfang erstatten, wie dies auch bei nicht bedürftigen Personen der Fall ist, außer bei arbeitsgerichtlichen Prozessen erster Instanz.

Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse können bis zu vier Jahre nach rechtskräftigem Abschluss des Rechtsstreits oder sonstiger Beendigung nochmals überprüft werden. Abhängig vom Ergebnis der Überprüfung kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe widerrufen oder eine Ratenzahlung anordnen oder abändern (§ 120 Abs. 4 ZPO).

Wird die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, ist hiergegen ein Rechtsmittel möglich. Der ablehnende Beschluss hat eine Begründung zu erhalten, aus welcher sich ergibt, ob das Gericht meint, dass die Klage keine Aussicht auf Erfolg hat oder sie mutwillig erscheint bzw. der Antragsteller in der Lage ist, aus eigenen Mitteln seine Prozessführung zu finanzieren. Für die Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe werden von den Gerichten keine Gerichtskosten erhoben.

Strafverfahren

In Strafverfahren wird dem Beschuldigten bzw. Angeklagten keine Prozesskostenhilfe gewährt. Hier greift in den Fällen notwendiger Verteidigung die Pflichtverteidigung. Dagegen kann Opfern von Straftaten, die zur Nebenklage berechtigt sind, hierfür Prozesskostenhilfe gewährt werden.

Literatur

  • Hundt: Prozesskosten- und Beratungshilfe, Leitfaden für die Praxis. 1. Auflage, 2008, ISBN 978-3-472-06940-9.
  • Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs: Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe. 4. Auflage, 2005, ISBN 978-3-406533853.
  • Schoreit/Groß: Beratungshilfe Prozesskostenhilfe. 9. Auflage, 2008, ISBN 978-3-8114-3432-5.

Siehe auch

Weblinks

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