Präsident pro tempore des Senats der Vereinigten Staaten

Präsident pro tempore des Senats der Vereinigten Staaten
Emblem (Official seal)
Senator Daniel Inouye, derzeitiger Präsident pro tempore des Senats

Der Präsident pro tempore des Senats der Vereinigten Staaten (engl. President pro tempore of the United States Senate) ist das zweithöchste Mitglied des Senats der Vereinigten Staaten und der ranghöchste Senator. Der Vizepräsident der Vereinigten Staaten ist ex officio Vorsitzender des Senats und damit sein ranghöchstes Mitglied. In der Abwesenheit des Vizepräsidenten sitzt der Präsident pro tempore dem Senat vor. Der lateinische Begriff pro tempore bedeutet wörtlich „auf Zeit“, im weiteren Sinne „amtierend“.

Zum Präsidenten pro tempore wird vom Senat traditionell der dienstälteste Senator der größten Fraktion gewählt. Im allgemeinen Tagesgeschäft des Senats übt er den Vorsitz gewöhnlich nicht selbst aus, sondern delegiert diese Aufgabe an einen anderen Senator. Der Präsident pro tempore steht an dritter Stelle in der Nachfolge des Präsidenten der Vereinigten Staaten.

Nach dem Tod von Robert Byrd aus West Virginia am 28. Juni 2010, der dieses Amt seit dem 4. Januar 2007 ausgeübt hatte, trat der ebenfalls der Demokratischen Partei angehörende Senator Daniel Inouye aus Hawaii dessen Nachfolge an.

Geschichte

Das Amt des Präsidenten pro tempore wurde 1789 durch die Verfassung der Vereinigten Staaten geschaffen. Ursprünglich wurde dieser „amtierende Stellvertreter“ vom Vizepräsidenten für ein paar Tage oder Wochen ernannt, wenn er selbst nicht an den Sitzungen teilnehmen konnte. Bis in die 1960er-Jahre war es üblich, dass der Vizepräsident bei den täglichen Sitzungen des Hauses selbst den Vorsitz wahrnahm, so dass der Präsident pro tempore nur selten in dieser Funktion auftrat. Geschichtlich war dieses Amt besonders deswegen bedeutend, weil das Amt des Vizepräsidenten bis zur Verabschiedung des 25. Verfassungszusatzes im Jahre 1967 beim Ausscheiden eines Amtsinhabers oder bei dessen Aufrücken in das Präsidentenamt erst bei der nächsten Wahl wieder besetzt wurde. Dadurch war der Präsident pro tempore des Senats in einem solchen Fall bis 1886 (Streichung von der Liste der Ersatznachfolger) automatisch der zweite und zwischen 1947 und 1967 (nach dem Sprecher des Repräsentantenhauses) der dritte Mann nach dem Präsidenten.

Bis 1891 übte der Präsident pro tempore seinen Dienst nur aus, bis der Vizepräsident selbst den Vorsitz wieder einnahm, bzw. bei dessen Wegfall bis zum Ende der jeweiligen Legislaturperiode; bei einem erneuten Ausfall des Vizepräsidenten wurde ein neuer Präsident pro tempore bestimmt. Erst dann wurde das Amt fest besetzt, die meisten Präsidenten pro tempore blieben nun, wenn sie einmal gewählt waren, bis zum Wechsel der Mehrheitsverhältnisse oder bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Senat im Amt. Von 1792 bis 1886 war er zweiter Ersatznachfolger des Präsidenten und stand damit in der Abfolge hinter dem Vizepräsidenten und vor dem Sprecher des Repräsentantenhauses. Als Andrew Johnson, der nach dem Tode Abraham Lincolns Präsident geworden war, 1866 des Amtsmissbrauchs angeklagt wurde, war demnach der Präsident pro tempore Benjamin Wade der Nächste in der Reihe der Anwärter auf das Präsidentenamt. Viele Historiker glauben, dass Wades radikale politische Ansichten für die Entscheidung des Senats, Johnson nicht des Amtes zu entheben, eine große Rolle spielten: Die Senatoren wollten Wade nicht im Weißen Haus sehen. 1886 wurden dann sowohl der Präsident pro tempore des Senats als auch der Sprecher des Repräsentantenhauses aus der Liste der Ersatznachfolger des Präsidenten gestrichen, 1947 aber in umgekehrter Reihenfolge wieder eingesetzt.

Zu einer Ausnahmesituation bei der Wahl des Präsidenten pro tempore kam es in den Jahren von 1911 bis 1913 aufgrund der schwierigen Mehrheitsverhältnisse: Nachdem der vormalige Amtsinhaber William P. Frye aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten war, einigten sich der progressive und der konservative Flügel der Republikaner und die Demokraten im Senat auf eine zeitweilige Kompromisslösung für die Neubesetzung, wonach sich die Kandidaten der Fraktionen in der Amtsausübung abwechseln sollten.

Siehe auch

Weblinks


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