Rabies-Virus

Rabies-Virus
Tollwutvirus
Tollwut-Viren in einer Zelle, Elektronenmikroskop. Deutlich sichtbar sind die Negri-Körper.
Systematik
Reich: Viren
Baltimore K. ((-)ssRNA-Viren) (V)
Ordnung: Mononegavirales
Familie: Rhabdoviridae
Gattung: Lyssavirus
Art: Tollwutvirus
Taxonomische Merkmale
Genom: (-)ssRNA linear unsegmentiert
Baltimore: Gruppe 5
Symmetrie: helikal
Hülle: vorhanden
Wissenschaftlicher Name
Rabies virus (engl.)
Taxon-Kurzbezeichnung
RABV

Das Rabiesvirus, auch Tollwutvirus genannt, ist ein das Nervensystem angreifendes Virus, das in Tieren und Menschen die Tollwut auslöst. Die Folge ist eine akute lebensbedrohliche Enzephalitis (Gehirnentzündung). Die Übertragung kann über den Speichel von Tieren erfolgen.

Das Rabiesvirus ist ein behülltes Virus von zylindrischer Form. Es ist Mitglied der Gattung Lyssavirus und gehört zur Familie der Rhabdoviridae, deren Mitglieder eine einzelsträngige RNA mit negativer Polarität als Genom besitzen. Das Genom ist vollständig sequenziert und hat eine Länge von 11'900 Nukleotiden. Die genetische Information ist als Ribonucleoprotein-Komplex verpackt, in welchem die RNA eng an das virale Nukleoprotein N gebunden ist. Das RNA-Genom kodiert für fünf Gene, deren Anordnung auf dem Genom stark konserviert ist. Dabei handelt es sich um die Gene für Nukleoprotein (N), Phosphoprotein (P), Matrixprotein (M), Glykoprotein (G) und die virale RNA Polymerase (L).[1]

Die Transkription und Replikation finden im Zytoplasma der Wirtszelle innerhalb spezieller „Virenfabriken“ statt, den so genannten Negri-Körpern (benannt nach Adelchi Negri). Sie haben einen Durchmesser von 2–10 µm und sind typisch für die Tollwutinfektion, so dass sie als pathognomonisches Merkmal dienen.[2]

Inhaltsverzeichnis

Systematik

Die Lyssaviren umfassen das üblicherweise mit Tollwut assoziierte Rabiesvirus, verschiedene Fledermaus-Lyssaviren sowie das Mokola-Virus. Zusammen mit dem Erreger der Vesikulärstomatitis und weiteren bilden sie die Rhabdoviridae Familie. Rhabdoviridae haben charakteristischerweise eine breites Wirtsspektrum, das von Pflanzen über Insekten bis zu Tieren reichen kann.

Struktur

Lyssaviren haben eine helikale Symmetrie, die Virionen haben eine zylindrische Gestalt. Dies steht im Gegensatz zu anderen Viren, die den Menschen befallen, die normalerweise eine kubische Symmetrie haben.

Das Rabiesvirus hat eine längliche Gestalt mit einer Länge von ungefähr 180 nm und einem Durchmesser von ungefähr 75 nm. Ein Ende ist abgerundet, während das andere planar ist. Die Virushülle enthält so genannte “Spikes” (Ausstülpungen), die vom Glykoprotein G geformt werden. Diese Ausstülpungen fehlen am planaren Ende des Virions. Unterhalb der Hülle ist eine Schicht aus Matrixprotein M, welche den Kern des Virions aus helikalem Ribonucleoprotein bedeckt, das aus RNA und dem Protein N zusammengesetzt ist.

Genom

Das Genom besteht aus unsegmentierter, linearer, einzelsträngiger RNA mit negativer Polarität. Das Genom ist vollständig sequenziert und hat eine Länge von 11'900 Nukleotiden. Die genetische Information ist als Ribonucleoprotein-Komplex verpackt, in welchem die RNA eng an das virale Nukleoprotein gebunden ist. Das RNA-Genom kodiert für fünf Gene, nämlich die Gene für Nukleoprotein (N), Phosphoprotein (P), Matrixprotein (M), Glykoprotein (G) und die virale RNA polymerase (L). Die Anordnung 3'-N-P-M-G-L-5' dieser Gene ist stark konserviert.[1]

Replikation

Rabiesvirus heften sich über spezifische Rezeptoren an der Zelloberfläche an und werden durch ein sich ausbildendes Endosomvesikel aufgenommen. Im Innern des Endosoms induziert der saure pH die Fusion von Endosommembran und Virushülle. Dadurch gelangt das Kapsid in das Zytosol, zerfällt und gibt das Genom frei. Sowohl die Rezeptorbindung als auch die Membranfusion werden durch das Glykoprotein G katalysiert, das eine wichtige Rolle in der Pathogenese spielt (so sind Mutanten ohne G nicht infektiös).[1]

Nach dem Eindringen in die Wirtszelle wird die Transkription des viralen Genomes durch die L Polymerase eingeleitet, um mehr virale Proteine herzustellen. Dabei ist P ein essentieller Cofactor für die Polymerase L. Die virale Polymerase erkennt nur Ribonucleoprotein und kann freie RNA nicht als Vorlage verwenden um mRNA herzustellen. Die Transkription ist durch cis-Elemente auf dem viralen Genom sowie durch das Protein M reguliert. Letzteres ist nicht nur essentiell für die Knospung (budding) des Viruses von der Membran, sondern reguliert auch die Balance zwischen mRNA Produktion und Replikation des viralen Genoms.

Später produziert die Polymerase RNA mit positiver Polarität in voller Länge. Diese komplementären RNA-Stränge werden als Matrizen benutzt, um neue RNA-Genome mit negativer Polarität herzustellen. Diese werden mit Protein N in Ribonucleoprotein verpackt und können neue Viren formen.[2]

Übertragung

Das Virus ist im Speichel eines tollwütigen Tieres vorhanden und der Infektionsweg führt fast immer über einen Biss. Aber auch kleinste Verletzungen der Haut und Schleimhäute können das Eindringen des Virus per Schmierinfektion bzw. Kontaktinfektion ermöglichen. In vitro ist eine Übertragung durch Schleimhäute vorgekommen. Möglicherweise geschah eine Übertragung in dieser Form bei Menschen, die von Fledermäusen bevölkerte Höhlen erforschten. Außer bei der Organtransplantation (3 Fälle in den USA[3] zu Beginn des Jahres 2004 und 3 Fälle in Deutschland Anfang 2005[4]), ist die Übertragung von Mensch zu Mensch bislang nicht beobachtet worden.

Von der Eintrittsstelle wandert der Virus schnell entlang der Nervenzellen in das Zentralnervensystem (ZNS). Der retrograde axonale Transport ist der wichtigste Schritt in der natürlichen Tollwut-Infektion. Die genauen molekulare Grundlage dieses Transportes sind noch nicht geklärt, aber es wurde nachgewiesen, dass das Protein P des Rabiesvirus mit dem Protein DYNLL1 (LC8) der leichten Kette von Dynein interagiert[5]. P agiert auch als Interferonantagonist, wodurch die Immunantwort abgemildert wird.

Vom ZNS breitet sich das Virus auch in andere Organe aus, so tritt es im Speichel von infizierten Tieren auf und kann sich dadurch weiter verbreiten. Oftmals tritt eine erhöhte Agressivität mit verstärktem Beissverhalten auf, welches die Wahrscheinlichkeit, das Virus weiter zu verbreiten erhöht.[1]

Einzelnachweise

  1. a b c d Finke S, Conzelmann KK: Replication strategies of rabies virus. In: Virus Res.. 111, Nr. 2, August 2005, S. 120–31. doi:10.1016/j.virusres.2005.04.004. PMID 15885837
  2. a b Albertini AA, Schoehn G, Weissenhorn W, Ruigrok RW: Structural aspects of rabies virus replication. In: Cell. Mol. Life Sci.. 65, Nr. 2, January 2008, S. 282–94. doi:10.1007/s00018-007-7298-1. PMID 17938861
  3. Drei Patienten gestorben: Organspender verbreitet Tollwut - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Panorama.
  4. Tollwut durch Organspende - Via medici online.
  5. Raux H, Flamand A, Blondel D: Interaction of the rabies virus P protein with the LC8 dynein light chain. In: J. Virol.. 74, Nr. 21, November 2000, S. 10212–6. PMID 11024151

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • rabies virus — Species of the Rhabdoviridae that causes rabies in humans. The virus infects the cells in the brain, causing a fatal encephalomyelitis. It is found all over the world, but strict quarantine regulations have excluded it from Britain and Australia …   Dictionary of molecular biology

  • rabies virus — a virus of the genus Lyssavirus that causes rabies …   Medical dictionary

  • Rabies and animals — Rabies is a viral zoonotic neuroinvasive disease which causes inflammation in the brain and is usually fatal. Rabies primarily infects mammals. Animals Bats The problem of bat transmitted rabies is found over most of North and South America but… …   Wikipedia

  • Virus classification — is the process of naming viruses and placing them into a taxonomic system. Similar to the classification systems used for cellular organisms, virus classification is the subject of ongoing debate and proposals. This is mainly due to the pseudo… …   Wikipedia

  • Rabies — eMedicine2|ped|1974 MeshID = D011818Rabies (from la. rabies, “madness, rage, fury.” Also known as “hydrophobia”) is a viral zoonotic neuroinvasive disease that causes acute encephalitis (inflammation of the brain) in mammals. It is most commonly… …   Wikipedia

  • Rabies — Klassifikation nach ICD 10 A82. Tollwut [Rabies] A82.0 Wildtier Tollwut A82.1 Haustier Tollwut …   Deutsch Wikipedia

  • Rabies — A potentially fatal viral infection that attacks the central nervous system. The rabies virus is carried primarily by wild animals, especially bats and raccoons. It finds its way to humans by direct contact with infected wild animals or by… …   Medical dictionary

  • rabies — rabic /rab ik, ray bik/, adj. /ray beez/, n. Pathol. an infectious disease of dogs, cats, and other animals, transmitted to humans by the bite of an infected animal and usually fatal if prophylactic treatment is not administered: caused by an RNA …   Universalium

  • Virus de la rabia — Para virus ficticio, véase Rage Virus. Para la enfermedad, véase Rabia.   Virus de la rabia …   Wikipedia Español

  • virus — viruslike, adj. /vuy reuhs/, n., pl. viruses. 1. an ultramicroscopic (20 to 300 nm in diameter), metabolically inert, infectious agent that replicates only within the cells of living hosts, mainly bacteria, plants, and animals: composed of an RNA …   Universalium

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”