Aussagearten

Aussagearten

Aussagearten oder Aussagetypen ergeben sich aus einer Klassifikation oder Typologie von Aussagen gemäß ihrer jeweiligen sprachlogischen Funktion.

In der Regel werden beschreibende (deskriptiv), erklärende (explikativ), wertende (normativ) und vorschreibende (präskriptiv) Aussagen voneinander logisch unterschieden.

Besonders wichtig im Hinblick auf die Forderung von Wertfreiheit innerhalb empirischer Wissenschaft ist wegen Humes Gesetz die Unterscheidung von a) Aussagearten, die empirische Vorgänge beschreiben oder erklären, also „Seins-Aussagen“ sind, von b) „Sollens-Aussagen“, also solchen, deren hauptsächliche Funktion es ist, ein Werturteil zum Ausdruck zu bringen.

In der philosophischen Logik ist anstelle des auf das logisch Formale reduzierten Begriffs "Aussage" der Begriff "Urteil" gebräuchlich. Entsprechend finden sich bei Aristoteles bis Immanuel Kant Einteilungen der Urteile gemäß Kategorien in einer Urteilstafel.[1].

In der Sprachwissenschaft werden nach deren eigenen Kriterien Satzarten bzw. Satztypen unterschieden, zum Beispiel Aussagesatz oder Fragesatz.

Inhaltsverzeichnis

Deskriptive Aussagen

Aussagen innerhalb einer empirischen Wissenschaft liefern normalerweise die Beschreibung eines Sachverhalts oder einen Beobachtungsbericht (Protokollsatz) darüber. Diese Aussagen lassen sich im Anschluss an die Prädikatenlogik formal als die Zuordnung von Merkmalen zu einem Objekt darstellen.[2]

Wenn der Geltungsbereich einer Aussage raum-zeitlich beschränkt ist, spricht man von einer "singulären Aussage".

Wenn man sich auf ein "rhapsodistisches" Aneinanderreihen von einzelnen Begebenheiten beschränkt, würde man mit Aussagen dieser Art grundsätzlich auskommen. Für eine Methodologie wie der Historismus, der die Existenz von theoretischer Erkenntnis auf dem Gebiet der menschlichen Geschichte in Abrede stellt, steht gerade die Erkenntnis des geschichtlich Einzigartigen im Mittelpunkt der Bemühungen eines Sozialwissenschaftlers (bzw. "Geisteswissenschaftlers").

Explikative Aussagen

Explikative Aussagen dienen der Erklärung (Explanation). Sie benötigen hierzu Gesetzesaussagen (nomologische Hypothesen); deren systematische Verbindung erfolgt in einer Theorie.

Eine logische Rekonstruktion des Erklärungsverfahrens liegt im Hempel-Oppenheim-Schema vor.

Die empirische Überprüfung von nomologischen Hypothesen und der damit verbundenen Theorien erfolgt durch die Versuch der Falsifikation derselben, idealerweise in einem empirischen Experiment.

Da die Protokollsätze, die eine Theorie zu falsifizieren in der Lage wären, normalerweise nicht völlig unabhängig von derselben Theorie formuliert und gemessen werden, ist die Konfrontation einer jeden Theorie mit Alternativ-Theorien in einem systematisch betriebenen Theorievergleich erforderlich.

Normative Aussage

Nach Hans Albert werden in der Wissenschaft deskriptive als auch präskriptive Sprache verwendet. Innerhalb der präskriptiven Sprache zählt er folgende Aussagearten auf, deren Gebrauch für die Wissenschaft irrelevant bzw. unwesentlich ist: resolutive Aussagen (drücken die Entscheidungen von Personen aus); optative Aussagen (drücken Wünsche einer Person aus); valuative Aussagen (drücken die Stellungnahme einer Person aus); performative Aussagen (sind Teil einer vollzogenen Handlung); imperative Aussagen (schreiben bestimmten Personen ein bestimmtes Verhalten vor).

Das Werturteilsproblem wird eigentlich nur aufgeworfen im Hinblick auf "normative Aussagen"[3]. Das sind Aussagen, die bestimmte Verhaltensweisen (Stellungnahmen, Entscheidungen, Handlungen) als gerechtfertigt deklarieren.[4] Albert sieht eine besondere Gefahr in den impliziten, versteckten und erschlichenen Werturteilen[5]. Er sucht nachzuweisen, dass empirische Wissenschaft auch ohne normative Aussagen auskommt, selbst wenn es um Wissenschaftsberatung oder technologische Anwendung von wissenschaftlichen Theorien geht.[6]

Bewertung und Kritik

Die Unterscheidung in Aussagearten hat in der Wissenschaftstheorie bzw. der Methodologie der Wissenschaften eine wesentliche Funktion ausgeübt. So der Typ der normativen Aussage bei der Frage der Wertfreiheit, d.h. welche Rolle Werturteile in den Wissenschaften spielen sollen. Es stellt sich jedoch die große Frage, ob die Unterscheidung der Aussagearten allein aufgrund ihrer "logischen Grammatik" (Hans Albert) hinreichend präzise und in allen Fällen gewährleistet ist.

Literatur

  • Hans Albert: Das Werturteilsproblem im Lichte der logischen Analyse. Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, 112 (1), 1956, S. 410-439
  • Ernst Topitsch, (Hrg.): Logik der Sozialwissenschaften. 4. Aufl. Köln Berlin 1967
  • Karl-Dieter Opp: Methodologie der Sozialwissenschaften. Einführung in Probleme ihrer Theoriebildung. Rowohlt, 1972. ISBN 3499553392, 9783499553394

Einzelnachweise

  1. Albert Menne: Die Kantische Urteilstafel im Lichte der Logikgeschichte und der modernen Logik. Zeitschrift für allgemeine Wissenschaftstheorie, 20(2), 1989, S. 317-324
  2. Karl-Dieter Opp: Methodologie der Sozialwissenschaften. Einführung in Probleme ihrer Theoriebildung. Rowohlt, 1972. ISBN 3499553392, 9783499553394 S. 19
  3. Hans Albert zieht diese Bezeichnung dem herkömmlichen "Werturteil" vor, weil jene sich auf Handlungen beziehen. (Hans Albert: Wertfreiheit als methodisches Prinzip. Zur Frage der Notwendigkeit einer normativen Sozialwissenschaft. In: Ernst Topitsch, (Hrg.): Logik der Sozialwissenschaften. Köln Berlin 1967, S. 202, Anm. 3)
  4. Hans Albert: Wertfreiheit als methodisches Prinzip. Zur Frage der Notwendigkeit einer normativen Sozialwissenschaft. In: Ernst Topitsch, (Hrg.): Logik der Sozialwissenschaften. Kiepenheuer & Witsch : Köln Berlin 1965, S. 183f
  5. Hans Albert: Wertfreiheit als methodisches Prinzip. Zur Frage der Notwendigkeit einer normativen Sozialwissenschaft. In: Ernst Topitsch, (Hrg.): Logik der Sozialwissenschaften. Kiepenheuer & Witsch : Köln Berlin 1965, S. 182
  6. Hans Albert: Wertfreiheit als methodisches Prinzip. Zur Frage der Notwendigkeit einer normativen Sozialwissenschaft. In: Ernst Topitsch, (Hrg.): Logik der Sozialwissenschaften. Kiepenheuer & Witsch : Köln Berlin 1965, S. 195ff

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