Aussenseiter

Aussenseiter
Gruppengrenzen können im Sport sehr ausgeprägt auftreten

Als Außenseiter bezeichnet man natürliche Personen (soziologisch: „Akteure“) oder soziale Gruppierungen (soziologisch: „kollektive Akteure“),

  • die sich in einem bestimmten Bereich als Nichtfachleute oder Uneingeweihte herausstellen oder sich selbst als solche empfinden;
  • die außerhalb gesellschaftlicher Gruppen stehen;
  • die von einer anderen Gruppierung auf Grund von (sehr unterschiedlichen) Normen ausgegrenzt („exkludiert“) werden;
  • die von einer Gruppe kollektiv als „unsympathisch“ eingestuft werden und damit psychologisch stigmatisiert werden;
  • die sich selbst – erfolgreich – als etabliert und komplett (insoweit als eine legitimeGemeinschaft“) verstehen (die z. B. ein „Establishment“ ausmacht) – siehe auch soziale Randgruppe;
  • die nicht selten auf erfolgte Ausgrenzung mit einer Selbstausgrenzung antworten.

Inhaltsverzeichnis

Beispiele

Schule

Es gibt viele Gründe für die Ausgrenzung einer Person und somit zur Bildung einer Außenseiterstellung. Ein kindlicher oder jugendlicher Außenseiter zeigt oft kein Interesse an Markenkleidung, sei es durch bewusste Ablehnung von Modetrends oder mangels finanzieller Mittel. Häufig versuchen Außenseiter jedoch, durch die Vergötterung solcher Dinge in die Gesellschaft zurückzufinden. Sie sehen sich selbst oft als wertlos und betrachten andere als wertvoller als sich selbst. Ein stigmatisiertes Äußeres führt oft zu Problemen mit dem Selbstwertgefühl. Schüchternheit oder der Mangel an aggressivem Verhalten können ebenso zu einer Außenseiterstellung führen. Die Person kann dann unreflektierten Hänseleien ausgesetzt sein und von der Schul- oder Klassengemeinschaft zum Außenseiter gemacht werden. In den meisten Klassen befindet sich ein Außenseiter, der nicht aus den oben genannten Gründen gemobbt wird, sondern da die anderen Schüler einen „Sündenbock“ für die Klasse brauchen, um von eigenen Fehlern abzulenken und nicht selbst als Außenseiter dazustehen.

Man unterscheidet unter anderem zwischen aggressiv-antisozialen Außenseitern (zum Beispiel Klassenclowns, Raufbolde) und introvertiert-schüchternen Außenseitern (zum Beispiel Leistungsschwache, Schwache, Hochbegabte), wobei sich beide Unterscheidungsmerkmale auch in einer Person vereinen können. Gerade Hochbegabte können häufig zu Strebern und damit zu Außenseitern erklärt werden, obwohl sie für ihren Lernerfolg oftmals keine besonderen Aufwände betreiben müssen. Da Außenseiter in der Schule häufig von anderen Schülern gedemütigt werden, kann dies bei den Opfern zu depressiven Zuständen und im Extremfall zu Suizidgefahr führen (siehe Mobbing in der Schule). Da sie sich für ihre Außenseiterrolle schämen, weil sie glauben, dass mit ihnen selbst etwas nicht stimme, versuchen sie ihr Anders-sein oft zu verdecken und so bemerken Lehrer diese Belastung nicht unbedingt. Schulen informieren deshalb auch nicht das Elternhaus; noch seltener sehen sie sich in der Lage, dem Mobbing durch sozialpädagogische Maßnahmen entgegenzuwirken.

Sport

Im Sport bezeichnet man Teams und Sportler mit sehr geringen Chancen auf einen Sieg als Außenseiter, häufig auch Underdog genannt. Ein Rennpferd mit geringen Siegaussichten, das dadurch bei der Wette eine hohe Gewinnquote verspricht, wird in Anlehnung an das englische outsider als Außenseiter bezeichnet.

Soziologie

Überall, wo es Gemeinschaften mit sozialen Normen und Werten gibt, gehört zu ihnen auch eine (oft implizite) Regelung für Normbrecher (hier nicht einschlägig) und ferner eine Regelung, welche sozialen Akteure gar nicht erst darunter fallen, so dass man große soziale Distanz zu ihnen zu halten sucht. Nach welchen Kriterien diese „Außenseiter“ aufgrund von deviantem Verhalten ausgeschlossen werden, ist sehr unterschiedlich; große Gruppierungen können durch Herrschaftsverhältnisse in diese Kategorie eingeordnet werden, wie etwa in einer Kastengesellschaft die Parias. Auf den für die Betroffenen sehr merkliche, sonst aber unauffällige Weise ist dieser soziale Prozess der Distanzierung als Exklusion schwächer oder stärker allgegenwärtig.

Beim Ziehen der Grenzen orientiert sich die Gesellschaft zunächst an der Norm, dem Durchschnitt, der Menge, der Masse, dem Meisten, dem kulturellen, sozialen und politischen Mainstream. Und zweitens an der Norm im Sinne des Normierten, des Üblichen, an der Regel. Was außerhalb der Grenzen liegt, lässt sich subsumieren als die Marginalität, die Randständigkeit, das Sekundäre, das Unwesentliche, das nicht zum Zentrum gehörende, die Andersartigkeit, das Ausgegrenzte, das nicht weiter Beachtete, das Abseits, das verschroben Abseitige, das Außenseitertum im abenteuerlichsten, im romantischsten Sinne (es gibt einen Film mit Jean-Paul Belmondo: Der Außenseiter / Le Marginal), die Periphere, das nicht fest zu einem Bereich Zuordbare, das Freie. Außenseitertum und Marginalität (in diesem Sinne nicht gleichgesetzt mit der sozialen und ökonomischen Marginalisierung) können also im Positiven auch Freiheit bedeuten – man denke an franz. la marge = 'der Spielraum' und an lat. margo = 'die Grenze', die Marge, die man ziehen und überschreiten kann: die schützende, die sichernde Grenze, aber auch die zu schützende, die zu sichernde, das heißt die ausschließende, die abweisende Grenze – und je nach Standpunkt auch das Exklusive, das Elitäre, das Herausgehobene, das Spezielle oder das zu Unrecht Verkannte (vgl.: Exzentriker, Dandy, Einzelgänger).

Literatur und Medien

In der Belletristik sind Außenseiter ein beliebtes Thema (vgl. z. B. Wilhelm RaabesStopfkuchen“), weil sich die Verfasser meist selber gut in dieser Rolle auskennen.

Im DDR-Fernsehen und später im MDR gibt es eine Sendung mit dem Namen „Außenseiter-Spitzenreiter“, die von Hans-Joachim Wolfram moderiert, kuriose Hobbys und Erfindungen dem Publikum vorstellt sowie interessanten Zuschauerfragen nachgeht (Gibt es im Gefängnis ausgeschilderte Fluchtwege?).

Siehe auch

Literatur

  • Becker, Howard Saul: Aussenseiter. Zur Soziologie abweichenden Verhaltens. [Übers. von Norbert Schulze], Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1981. Fischer-Taschenbücher 6624. ISBN 3-596-26624-6
  • Berthoin Antal, Ariane; Dierkes, Meinolf; Krebsbach-Gnath, Camilla [Hrsg.]: Wo wären wir ohne die Verrückten? Zur Rolle von Außenseitern in Wissenschaft, Politik und Wirtschaft. Edition Sigma, Berlin 2001. ISBN 3-89404-489-6
  • Elias, Norbert; Scotson, John L.: Etablierte und Außenseiter. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1993. ISBN 3-518-38382-5
  • Mayer, Hans: Außenseiter. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007. ISBN 978-3-518-41902-1, 3-518-41902-1
  • Pelc, Ortwin; Ibs, Jürgen H. [Hrsg.]: Arme, Kranke, Außenseiter. Wachholtz Verlag, Neumünster 2005. ISBN 3-529-02936-X
  • Rauchfleisch, Udo: Außenseiter der Gesellschaft. Psychodynamik und Möglichkeiten zur Psychotherapie Straffälliger. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1999. ISBN 3-525-45843-6
  • Sedlaczek, Dietmar [Hrsg.]: „Minderwertig“ und „asozial“: Stationen der Verfolgung gesellschaftlicher Außenseiter. Chronos Verlag, Zürich 2005. ISBN 3-0340-0716-7
  • Zilian, Hans Georg [Hrsg.]: Insider und Outsider. (Die Dokumentation der internationalen Konferenz 2003 „Insider und Outsider“ in Graz). Mering / Hampp Verlag, München 2004. ISBN 3-87988-857-4

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