Regenbogenparade

Regenbogenparade
Regenbogenparade 2007, Abschlusskundgebung am Schwarzenbergplatz
Die Gruppe „Rainbow Warriors“, 2007
Die Schwimmgruppe „Kaulquappen“, 2007
Tanzformation „Les Schuh Schuh“, 2007
Herzkönigin“, 2007
„Pure Glam“, 2007

Die Regenbogenparade ist eine politische Demonstration und ein farbenfroher Umzug, der jährlich in Wien auf der Ringstraße durchgeführt wird. Sie setzt sich für die Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben ein und entspricht damit den Veranstaltungen, die in Deutschland als Christopher Street Day bezeichnet werden. Diese Parade ist die wichtigste Veranstaltung der Schwulen-, Lesben-, Bisexuellen- und Transgenderbewegung in Österreich.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Die erste Regenbogenparade fand am 29. Juni 1996 statt. Die Idee für den Namen der Parade stammte von Mario Soldo, die polizeiliche Anmeldung erfolgte durch Christian Michelides. Organisiert wurde die erste Parade vom Österreichischen Lesben- und Schwulenforum, maßgeblich beteiligt waren Andreas Brunner, Christian Michelides, Günter Strobl und Hannes Sulzenbacher.[1] Die Regenbogenparade wird alljährlich Ende Juni/Anfang Juli an einem Samstag abgehalten. 2001 trug sie den Titel Europride. Seit 2003 wird die Parade vom Verein HOSI Wien (Homosexuelle Initiative Wien) organisiert, nachdem der zuvor verantwortliche CSD-Verein in Konkurs gegangen war.

Die Regenbogenparade wird von der Stadt Wien unterstützt.[2] Sie führt vom Stadtpark über den Kai und Ring zum Museumsquartier, Heldenplatz oder Schwarzenbergplatz, wo die Abschlussveranstaltung stattfindet. Damit ist sie eine der wenigen Demonstrationen, die den Ring gegen den Uhrzeigersinn bzw. die Fahrtrichtung, also andersrum [sic], begehen. Der Gedanke, „andersrum“ über die Wiener Ringstraße zu demonstrieren, ist auch in Zusammenhang mit dem lesbischwulen Festival „Wien ist andersrum. Das Festival der Verlockungen vom anderen Ufer“ (1996–2004) zu sehen, welches seinen Namen vom damaligen offiziellen Werbeslogan der Stadt „Wien ist anders“ abgeleitet hatte.

Jährlich nehmen über 100.000 Leute als Demonstrierende oder Besuchende teil. Im Anschluss wird auf einem Platz in Ringnähe (Heldenplatz, Karlsplatz, Schwarzenbergplatz) als Abschlusskundgebung die Celebration gefeiert, bei der prominente Politiker und musikalische Showgäste auftreten.

Fixpunkte

  • Am Morzinplatz wurde mehrmals beim Mahnmal für die Opfer der NS-Gewaltherrschaft eine Gedenkminute eingelegt und ein Kranz niedergelegt; denn an dieser Stelle befand sich im ehemaligen Hotel Metropol die Gestapo-Leitstelle, wo die Opfer verhört und erkennungsdienstlich behandelt wurden. Seit 2003 wird beim „Moment des Gedenkens“ neben den Opfern des Nationalsozialismus auch der an AIDS Verstorbenen und der Opfer homophober Gewalt gedacht.
  • 1999 hat das ÖLSF im Rahmen der Regenbogenparade am 19. Juni das bestehende Mahnmal am Morzinplatz um einen sechs Meter langer Balken vor dem Denkmal ergänzt, der die vergessenen Winkel zeigte. Damit sollte das Gedenken an die vergessenen Opfergruppen – die homosexuellen und transgender Opfer des Nationalsozialismus – eingemahnt werden. Die Idee dazu hatte Hannes Sulzenbacher, die künstlerische Ausführung kam von Karin Krahl, Entwurf und Durchführung waren vom Österreichischen Lesben- und Schwulenforum und der Regenbogen Parade (CSD Wien).[3][4] Nach einer Wettbewerbsentscheidung im März 2006 sollte an diesem Platz 2007 ein eigenes Mahnmal errichtet werden. Bis dato, Sommer 2009, fehlt die Umsetzung. Im April 2009 wurde bekannt, dass „ein neues Projekt geprüft werde. Ohne Jury, ohne öffentliche Diskussion und ohne Beteiligung der Community.“[5]
  • Mit im Umzug ist fast jedes Jahr auch Hermes Phettberg dabei, welcher früher zeitungslesend in einem Fiaker chauffiert wurde und jetzt in einem Velotaxi unterwegs ist.

Termine

Die Regenbogenparaden finden immer an einem Samstag statt, meist um den 27. Juni herum.

Nr. Termin Ziel Bemerkung
1 29. Juni 1996 Schottenring in Fahrtrichtung
2 28. Juni 1997 Karlsplatz
3 4. Juli 1998 Karlsplatz
4 19. Juni 1999 Karlsplatz in Fahrtrichtung
5 17. Juni 2000 Burgring
6 30. Juni 2001 Heldenplatz Europride
7 29. Juni 2002 Heldenplatz
8 28. Juni 2003 Museumsquartier
9 26. Juni 2004 Museumsquartier
10 2. Juli 2005 Heldenplatz
11 1. Juli 2006 Heldenplatz
12 30. Juni 2007 Schwarzenbergplatz
13 12. Juli 2008 Heldenplatz
14 4. Juli 2009 Schwarzenbergplatz
15 3. Juli 2010 Schwarzenbergplatz
16 18. Juni 2011 Rathausplatz in Fahrtrichtung

Kulturwissenschaftliche Hintergründe

Der protestorientierten Veranstaltung wird auch eine negative Veränderung zugeschrieben. Zuviel buntes Treiben und zu wenig politischer Protest seien Inhalt dieser Feste. Es stünde mehr Inszenierung von Vielfalt im Vordergrund. Gerade die Regenbogenparade beweist jedoch, dass dem nicht so ist. Die bunte Parade wird bewusst auf der Wiener Ringstraße als „Straße der Republik“ inszeniert. „Sie symbolisiert die Verortung österreichischer Nationsbildung wie kein anderer Platz. Errichtet im Zuge der Abtragung Wiens mittelalterlicher Stadtmauern verkörpert die Architektur der Ringstraße die Gründerzeit des späten 19. Jahrhunderts, jenem Moment, welcher die Verschmelzung von liberalem Fortschritt und habsburgerischen Glanz darstellt. (…) In Anbetracht ihrer Bedeutung für die Konstruktion österreichischer Nationalidentität war die Ringstraße schon immer ein bevorzugter Ort für politische Mobilisierung. Und seit der Jahrhundertwende ist die Prachtstraße der logische Platz für die öffentliche Darstellung sozialer Stärke.“ (Bunzl 2001: 262)

Somit ist die Ringstraße der politische Ort, an dem gegen Unterdrückung und für Sichtbarkeit und Gleichstellung demonstriert wird. Die Regenbogenparade bedient sich der nationalen Symbolik und besetzt diese neu. Die heterosexuelle Exklusivität wird stark hinterfragt und kritisiert. Es ist von großer Bedeutung, dass der Ort der Regenbogenparade die Hauptstadt Wien ist, denn in ihr sind symbolische und politische Macht materialisiert.

Den Gründungsvärtern war wegen der genannten Gründe die Ringstraße als Ort der Parade wichtig, auch wenn die Polizei und wohl auch die Politik sie lieber an einem anderen Ort gesehen hätten. So stand als Vorschlag der Polizei auch die Prater-Hauptallee zur Diskussion.[6]

Weitere Paraden

Im Jahr 2010 fand die erste Regenbogen Pride Parade in Bratislava statt. Auch im Folgejahr fand wieder eine statt.[7]

In Budapest wird die Gay Pride Parade seit 1997 durchgeführt. Auch im Jahr 2011 wurde eine Demonstration abgehalten. Sie war noch am Tag vorher von der Polizei wegen geänderter Routenführung verboten worden. Dieses Verbot wurde aber vom Gericht als überzogen aufgehoben.[8]

Literatur

Matti Bunzl (2001): Die Regenbogenparade als kulturelles Phänomen, in: Wolfgang Förster, Tobias G. Natter, Ines Rieder (Hg.): Der andere Blick. Lesbischwules Leben in Österreich. Eine Kulturgeschichte. Wien, S. 261–270.

Weblinks

 Commons: Regenbogenparade – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Andreas Brunner: Über die erste Regenbogenparade. In Lamdanachrichten, Seite 6ff
  2. Regenbogen-Parade - Gelungenes Fest am Ring, Lambda Nachrichten 3/2004, S. 7
  3. OTS-Aussendung, 20. Juni 1999: ÖLSF „ergänzt“ das Denkmal am Morzinplatz und mahnt das Gedenken an die vergessenen Opfergruppen ein., abgerufen am 24. August 2009
  4. Kurt Krickler, Lambdanachrichten 4.2006, 13: Rosa Platz für Wien – Irrtümer, abgerufen am 24. August 2009
  5. Warten auf das Homo-Mahnmal am Morzinplatz, blog von Marco Schreuder, abgerufen am 24. August 2009
  6. WFischer: Spatial Turn? – Part 3 – Zusammenfassung des Impulsreferats von Andreas Brunner, kakanien.ac.at, 23. Februar 2007
  7. Lesben- und Schwulenrechte noch immer tabu für manche Slowaken auf Radio Slovakia International vom 8. Juni 2011 abgerufen am 9. Juni 2011
  8. Gay Pride Parade am Samstag in Ungarn im Pester Lloyd vom 19. Juni 2011 abgerufen am 21. Juni 2011

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