Regierungsbezirk Stralsund

Regierungsbezirk Stralsund

Der Regierungsbezirk Stralsund gehörte zur preußischen Provinz Pommern und bestand von 1818 bis 1932.

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Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Regierungsbezirk Stralsund war als einer von drei pommerschen Regierungsbezirken im Jahre 1818 gebildet worden. Er umfasste das 1815 an Preußen gefallene Schwedisch-Pommern (Neuvorpommern und Rügen). In der rechtlichen Sonderstellung dieses Landesteils ist auch der Grund für die Einrichtung des damals kleinsten Regierungsbezirks des Gesamtstaates zu sehen. Anders als die übrige Provinz Pommern galten hier weder das Allgemeine preußische Landrecht noch die in der Zeit der so genannten Stein-Hardenbergischen Reformen erlassenen Gesetze und Ordnungen (z. B. Städteordnung von 1808). Eine Angleichung der rechtlichen Verhältnisse erfolgte erst allmählich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und war schließlich mit der Einführungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zum 1. Januar 1900 weitgehend vollendet. Aber in bestimmten Bereichen bestanden noch weiterhin Sonderrechtsformen, die es sonst nirgendwo in Preußen und Deutschland gab und die noch auf die Zeit der schwedischen Herrschaft zurückgingen, z. B. das so genannte Tertialrecht. Deshalb bestand das 1802/03 aus Wismar über Stralsund nach Greifswald verlegte Tribunal auch noch unter der Bezeichnung Oberappellationsgericht Greifswald als letzte Instanz der ordentlichen Gerichtsbarkeit für den Regierungsbezirk bis 1848 weiter.

Die erste Regierung wurde am 5. Januar 1818 vom Oberpräsidenten der Provinz Pommern, Johann August Sack, in ihr Amt eingeführt. Vorausgegangen war eine mehrjährige Diskussion um den Status des Landes. Dabei schälten sich drei Optionen heraus:

  1. Bildung einer eigenen Provinz Neuvorpommern und Rügen
  2. Bildung eines eigenen Regierungsbezirkes innerhalb der Provinz Pommern
  3. sofortige Eingliederung in den bereits bestehenden Regierungsbezirk Stettin

Der Einspruch der Kreise und Städte beim König gegen die Bildung des Regierungsbezirks wurde abgewiesen. Das preußische Besteuerungssystem wurde aber erst nach einer königlichen Kabinettsorder vom 19. November 1821 in Neuvorpommern eingeführt.[1]

Wegen seines geringen Umfangs zählte der Regierungsbezirk Stralsund zu denjenigen preußischen Verwaltungsbereichen, die von Anfang an zur Disposition standen. Nur wenige Jahre nach seiner Bildung diskutierte man schon wieder über seine Auflösung. Letztlich war es die oben beschriebene rechtliche Sonderstellung, die das immer wieder verhinderte. Erst am 1. Oktober 1932 wurde er mit dem Regierungsbezirk Stettin vereinigt.

Verwaltungseinteilung in der Mitte des 19. Jahrhunderts

„Der Stralsunder Regierungs-Bezirk ist in vier Kreise getheilt, wovon drei nach den Städten, worin die Landräthe ihren Sitz haben, ihren Namen führen. Der vierte aber nach der Insel Rügen, aus der er allein besteht. Neu-Vorpommern hat die drei Kreise: Franzburg, Grimmen, Greifswald. Rügen bildet den Kreis Rügen.

In kirchlicher Hinsicht ist der Regierungs-Bezirk in Eilf Superintendenturen getheilt, wovon drei der Franzburger Kreis, zwei der Grimmer Kreis, drei der Greifswalder Kreis und drei die Insel Rügen umfasst.

Alle Kirchspiele sind evangelisch. Nur in Stralsund ist eine katholische Kirche, zu der sich alle Katholiken im Regierungs-Bezirke halten.“ (Provinzial-Kalender für Neu-Vorpommern und das Fürstenthum Rügen auf das Gemein-Jahr 1851, S. 240)

Bevölkerungsentwicklung im 19. Jahrhundert

  • 1805: 118.112
  • 1825: 142.312
  • 1840: 169.114
  • 1849: 185.426
  • 1861: 208.429
  • 1871: 208.276
  • 1880: 216.130[2]

Stadt-/Landkreise 1900

Im Jahre 1900 bestand der Regierungsbezirk Stralsund aus einem Stadtkreis und vier Landkreisen. Er umfasste ein Gebiet von 4.010,88 km², auf das sich 873 Städte und Gemeinden verteilten und in dem 216.340 Einwohner lebten.

  • Stadtkreis:

Stadt-/Landkreise 1925

Im Jahre 1925 lebten im Gebiet des Regierungsbezirkes Stralsund 246.941 Einwohner.

1925 wurde der Sitz des Landratsamtes des Kreises Franzburg nach Barth verlegt. Seit dem 1. Februar 1928 führte der Kreis die offizielle Bezeichnung "Franzburg-Barth".

Regierungspräsidenten

Nach 1945

Ab 1946 war Stralsund Sitz des aus dem Landkreis Franzburg-Barth nahezu unverändert hervorgegangenen Kreises Stralsund, aus dessen östlichem Teil 1952 der Kreis Stralsund im Bezirk Rostock der DDR gebildet wurde. Der westliche Teil kam zum neu gebildeten Kreis Ribnitz-Damgarten. Der alte Landkreis Grimmen verlor 1952 seinen südlichen Teil um Loitz, der zum Kreis Demmin und Bezirk Neubrandenburg kam, ebenso wie der südliche Teil des alten Landkreises Greifswald, der zum neuen Kreis Anklam und damit ebenfalls zum Bezirk Neubrandenburg kam. Der östliche Teil des alten Landkreises Greifswald um Wolgast bildete ab 1952 zusammen mit dem nach 1945 bei Deutschland verbliebenen Teil der Insel Usedom den neuen Kreis Wolgast. Der Kreis Rügen wurde 1952 in die Kreise Bergen und Putbus aufgeteilt, was aber bereits nach wenigen Jahren wieder rückgängig gemacht wurde. Während Stralsund durchgängig die Kreisfreiheit behielt, war Greifswald zwischenzeitlich bis in die 1970er Jahre in den Kreis Greifswald integriert.

1994 wurden die nun im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern liegenden Kreise Grimmen, Ribnitz-Damgarten und Stralsund zum Landkreis Nordvorpommern, die Kreise Anklam, Greifswald und Wolgast zum Landkreis Ostvorpommern zusammengeschlossen. Rügen blieb unverändert, ebenso behielten Greifswald und Stralsund ihre Kreisfreiheit.

Im Zuge der geplanten Gebietsreform sollen ab 2011 die Landkreise Rügen und Nordvorpommern sowie die Stadt Stralsund den neuen Kreis Nordvorpommern bilden, die Landkreise Ostvorpommern und Uecker-Randow zusammen mit der Stadt Greifswald und Teilen des Landkreises Demmin den Kreis Südvorpommern.

Literatur

  • Joachim Wächter: Die Bildung des Regierungsbezirkes Stralsund. In: Greifswald-Stralsunder Jahrbuch. Bd. 10 (1972/73), S. 127–137.
  • Landeszentrale für politische Bildung des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Hrsg): Historisch und geographischer Atlas von Mecklenburg und Pommern. Bd. 2: Mecklenburg und Pommern: Das Land im Rückblick. Karte 18, o. O. u. J. [Schwerin, 1996], S. 80–81.
  • Johannes Hinz: Pommern. Lexikon, Würzburg 2001.

Statistische Nachschlagewerke (Staatshandbücher)

  • Staats-Kalender für Pommern und Rügen, Stralsund 1808–1816.
  • Staatskalender für Neu-Vorpommern und Rügen, Stralsund 1817–1820.
  • Provinzial-Kalender für Neu-Vorpommern und das Fürstenthum Rügen, Stralsund 1821–1873.
  • Provinzial-Handbuch für Neu-Vorpommern und das Fürstenthum Rügen, Stralsund 1874–1879.
  • Handbuch für Neu-Vorpommern und das Fürstenthum Rügen, Stralsund 1883–1907.

Fußnoten

  1. Martin Wehrmann: Geschichte von Pommern. Bd. 2, Weltbild Verlag 1992, Reprint der Ausgaben von 1919 und 1921, ISBN 3-89350-112-6, S. 286
  2. Handbuch für Neu-Vorpommern und das Fürstenthum Rügen auf das Jahr 1888, S. 166

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