Rehabilitation Psychisch Kranker

Rehabilitation Psychisch Kranker

Die Rehabilitationseinrichtungen für psychisch kranke Menschen (RPK) bieten medizinische, berufliche und psychosoziale Angebote durch Betreuung von Sozialtherapeuten, Sozialpädagogen/-arbeitern, Psychologen, Psychiatern, Arbeitstherapeuten und Werksmeistern für Menschen mit endogenen oder exogenen Psychosen, Neurosen, schweren Depressionen und sog. Persönlichkeitsstörungen. Gerontopsychiatrische und neurotisch-psychosomatische Erkrankungen sowie Suchterkrankungen finden keine Berücksichtigung. Sie erfordern andere Maßnahmen.

Inhaltsverzeichnis

Historie

  • Die Psychiatrie Enquete von 1975 hatte alle damaligen schwerwiegenden Mängel in der bundesdeutschen Psychiatrieversorgung aufgezeigt. Dazu gehörte auch die fehlende Gleichstellung seelisch und organisch erkrankter Menschen bezogen auf die medizinische und rehabilitative Versorgung. Weder Rentenversicherungsträger, noch Krankenkassen oder die Arbeitsverwaltung (heute Agentur für Arbeit) übernahmen die Leistungen für medizinische und/oder berufliche Rehabilitationsmaßnahmen.

So entstand in der Folge die erste „Empfehlungsvereinbarung RPK vom 17. November 1986“, die durch die erneuerte „Empfehlungsvereinbarung RPK vom 29. September 2005“ fortgeschrieben wurde.

  • Beginnend 1986 sollte jedes Bundesland eine RPK-Einrichtung als Modell mit 50 Belegplätzen anbieten. Diese Einrichtungen sollten für 4 Jahre wissenschaftlich begleitet werden, um daraus Schlüsse für eine flächendeckende Versorgung

mit medizinisch-beruflichen Rehabilitationsangeboten i.S. des integrierten Komplexleistungsangebots zu ziehen. Es sollte ein besonderes "spezifisches therapeutisches Milieu" geschaffen werden, das die selbstständige Lebensführung und die Arbeitsbefähigung ermöglicht, ohne das Klinik- und Krankenhausstrukturen angeboten werden, damit der jeweilige betroffene Mensch seine Patientenrolle möglichst vollständig ablegen kann („Alltag als Therapie, Therapie als Alltag“).

  • So entstanden ab 1986 - häufig als Fortentwicklung bestehender Übergangswohnheime für psychisch kranke Menschen - folgende RPK-Einrichtungen mit jeweils 50 Plätzen: Wichern-Institut (Rheinland-Pfalz), ATZ-Saarbrücken (Saarland),Haus Jüthornstraße (Hamburg), Vertragshaus Schütz/ REAS (Hessen),ERPEKA Nürnberg (Bayern) , Reha-Zentrum CHRISTIANI (Baden-Württemberg).

Alle später von den Leistungsträgern anerkannten RPK-Einrichtungen bekamen nur noch geringere Platzzahlen (10-30-Plätze) bewilligt. Siehe: www.bagrpk.de und www.vprd.de

  • Am 13. Juni 2006 fand im Anthroposophischen Zentrum in Kassel-Wilhelmshöhe eine Informationsveranstaltung zur neuen

Empfehlungsvereinbarung RPK vom 29. September 2005 statt. Diese trat dann am 1. Juli 2006 in Kraft. Als ein Mangel wurde festgestellt, dass ein ausreichendes Reha-Diagnostik-/Reha-Assessment-Instumentarium flächendeckend fehle. Bisher gibt es nur mit Gültigkeit für Baden-Württemberg eine 6-wöchige „Klinische Belastungserprobung: Reha-Diagnostik/Reha-Assessment“ vor Einleitung des RPK-Verfahrens in den RPK-Einrichtungen dieses Bundeslandes.

Gesetzliche Grundlagen

Alle „echten“ RPK-Einrichtungen verfügen über einen rechtsgültigen Vertragsabschluss mit den gesetzlichen Krankenkassen gemäß "§ 111 Versorgungsverträge mit Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen" SGB V.

Zusätzlich verfügen diese Einrichtungen über einen jeweiligen Vertragsabschluss mit Vergütungsvereinbarung gemäß der „Empfehlungsvereinbarung RPK“ vom 29. September 2005 mit der Deutschen Rentenversicherung (jeweiliges Bundesland), der Deutschen Rentenversicherung Bund, den gesetzlichen Krankenversicherungen und der Agentur für Arbeit.

Leistungsträger der Rehabilitationen

Die Kosten für die Rehabilitationsmaßnahmen übernehmen vorrangig

Sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Kostenübernahme durch die genannten Leistungsträger nicht gegeben sind, so kommt noch der Sozialhilfeträger zur Kostenübernahme in Frage.

Unterbringung

Die Teilnahme an einer RPK-Maßnahme erfolgt entweder

  • stationär (Unterbringung in der RPK-Einrichtung : Großgruppen, Wohngemeinschaften, Einzel- und Paarwohnen) oder
  • ambulant = teilstationär (Pendeln zur RPK-Einrichtung von der eigenen Wohnung oder vom Elternhaus).

Antragstellung zur Rehabilitation

Vor der Antragstellung bieten die regionalen Einrichtungen die Möglichkeit zu persönlichen Informationen in Einzelgesprächen oder in regelmäßig stattfindenden Informationsveranstaltungen. Möchte der Teilnehmer in RPK-Maßnahme beginnen, so läuft unter Begleitung und Unterstützung durch die RPK-Einrichtung das Antragsverfahren an. Zu den einzureichenden Unterlagen gehören im Wesentlichen das Antragsformular, eine Stellungnahme des behandelnden Arztes sowie eine ärztliche Stellungnahme der RPK-Einrichtung.

Ziele und Aufgaben

Für die Teilnehmer gelten folgende Ziele und Aufgaben:

  • Akzeptanz und Verstehen der Erkrankung
  • Erkennen von belastenden Faktoren und deren Umgang im Alltag
  • Entwicklung von Perspektiven
  • Erkennen von Fähigkeiten und deren Förderung
  • Berufliche Orientierung und Erprobung (z. B. in den Werkstätten der Einrichtungen)
  • Entscheidung für einen Beruf mit anschließender praktischer Erfahrung in diesem Berufsfeld oder Beginn einer Berufsausbildung oder Arbeitsaufnahme im bereits erlernten Beruf
  • Entwicklung in Bezug auf die soziale Kompetenz im Zusammenleben und Zusammenarbeiten
  • Beziehungsaufnahmen im Umfeld (z. B. bei kulturellen Veranstaltungen oder beim Sport)

Phasen der Rehabilitation

Eine typische RPK-Maßnahme kann in folgende Abschnitte eingeteilt werden:

  1. Klinische Belastungserprobung – unter RPK-Bedingungen in den RPK-Einrichtungen wie Hauswirtschaft, Gartenbau, Holzwerkstatt, Schneiderei, Metall, Kunst, Büro, Lederwerkstatt, etc. (Dauer in der Regel sechs Wochen und in den Werkstätten der RPK-Einrichtung, derzeit nur in Baden-Württemberg möglich).
  2. Rehabilitationsphase mit Schwerpunkt im medizinischen Bereich = medizinische Reha (Dauer 3 bis 12 Monate , Praktikumsort in der Regel erster Arbeitsmarkt)
  3. Rehabilitationsphase mit Schwerpunkt im beruflichen Bereich = berufliche Reha (Dauer 6 bis 12 Monate, Praktikumsort in der Regel erster Arbeitsmarkt)

Dank des RPK-Modells konnte dieses alte Phasendenken zu Gunsten eines modifizierten „personenzentrierten“ Arbeitsansatzes weiterentwickelt werden. Korrekterweise spricht man daher von einer „medizinisch-beruflichen RPK-Maßnahme mit dem Schwerpunkt medizinisch“ die in der Regel spätestens nach einem Jahr in eine „beruflich-medizinische RPK-Maßnahme mit dem Schwerpunkt beruflich“ weiterentwickelt werden kann. Erst durch dieses Prinzip gehen die Übergänge der medizinischen in die berufliche Reha fließend ineinander über, wobei zum Eintritt in die berufliche Reha eine tägliche Belastung von sechs Arbeitsstunden geschafft werden muss. Im Anschluss an eine absolvierte RPK-Maßnahme kann zur Sicherung des Rehabilitationserfolges eine Nachbetreuung beantragt werden und an einigen Reha-Orten (z. B. Albbruck) eine Ausbildung begonnen werden.

Weblinks

  • http://www.bar-frankfurt.de (RPK-Empfehlungsvereinbarung vom 29. September 2005 )
  • http://www.bagrpk.de/ (Website der Bundesarbeitsgemeinschaft Rehabilitation psychisch Kranker)
  • Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, Arbeitshilfe für die Rehabilitation psychisch Kranker und Behinderter (Schriftenreihe der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, Heft 9), ISSN 0933-8462
  • http://www.vprd.de/ ( Website des Verbandes der psychiatrischen Rehabilitationseinrichtungen Deutschlands und Partner)
  • http://christiani-ev.de (Website des RPK CHRISTIANI-e.V.)

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