Reichenbach/Oberlausitz

Reichenbach/Oberlausitz
Wappen Deutschlandkarte
Wappen der Stadt Reichenbach/O.L.
Reichenbach/O.L.
Deutschlandkarte, Position der Stadt Reichenbach/O.L. hervorgehoben
51.14166614.8134Koordinaten: 51° 8′ N, 14° 48′ O
Basisdaten
Bundesland: Sachsen
Direktionsbezirk: Dresden
Landkreis: Görlitz
Verwaltungs-
gemeinschaft:
Reichenbach/O.L.
Höhe: 134 m ü. NN
Fläche: 42,79 km²
Einwohner: 4209 (31. Dez. 2007)[1]
Bevölkerungsdichte: 98 Einwohner je km²
Postleitzahl: 02894
Vorwahl: 035828
Kfz-Kennzeichen: GR
Gemeindeschlüssel: 14 6 26 450
Stadtgliederung: Stadt und 4 Ortsteile
Adresse der Verbandsverwaltung: Görlitzer Straße 4
02894 Reichenbach/O.L.
Webpräsenz:
Bürgermeister: Andreas Böer (CDU)
Lage der Stadt Reichenbach/O.L. im Landkreis Görlitz
Karte

Reichenbach/O.L. (sorbisch Rychbach) ist eine sächsische Landstadt im Landkreis Görlitz. Westlich der Stadt verlief zwischen 1815 und 1945 die sächsisch-preußische Grenze, die die Oberlausitz 130 Jahre lang teilte.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Gemeindegliederung

Zur Stadt selbst gehören die früher selbständigen Dörfer Niederreichenbach (1957 eingemeindet), Oberreichenbach (1969) und Oehlisch (1974). Am 1. Januar 1994 wurden weitere umliegende Gemeinden zur Stadt eingemeindet:

  • Zoblitz: Der Ort liegt jenseits der alten sächsisch-preußischen Grenze und gehörte vor der Gemeindereform in Sachsen zum Altkreis Löbau. Die Bevölkerung entschied sich in einer Bürgerbefragung für die Zugehörigkeit zu Reichenbach. Es existiert ein Haltepunkt für Nahverkehrszüge.
  • Meuselwitz: Kirchdorf, zu dem zum Zeitpunkt der Eingemeindung außerdem die (früher ihrerseits selbständigen) Gemeinden Goßwitz, Schöps, Borda und Krobnitz gehörten sowie auch die Ortsteile Gurigk, Reißaus und Lehnhäuser.
  • Dittmannsdorf mit Ortsteil Biesig.
  • Mengelsdorf, dazu gehörig Löbensmüh und Feldhäuser.

Geschichte

Die Gründung der Waldhufendörfer Ober- und Niederreichenbach erfolgte um 1200. Erstmals wird die spätere Stadt Reichenbach am 22. Februar 1238 in einer Privilegienurkunde des böhmischen Königs Wenzel für das nahe Ostritz gelegene Zisterzienserinnenkloster St. Marienthal erwähnt, wo sie bis heute aufbewahrt wird. Darin wird für Reichenbach (Richembach) ein königl. Vogt nachgewiesen. Da der Ort an der mittelalterlichen Handelsstraße Via Regia gelegen war, gewann er recht schnell an Bedeutung. Ausdrücklich als Stadt wird Reichenbach erstmals 1306 bezeichnet. Die entsprechende Urkunde befindet sich im Kloster St. Marienstern in Panschwitz-Kuckau.

Gedenkstein an der Ketzergrube

In den Hussitenkriegen wurde Reichenbach zur Jahreswende 1430/31 von einem 8.000 Mann starken Heer unter Prokop dem Großen belagert. Der Ort wurde niedergebrannt, jedoch konnten sich die Bewohner innerhalb der von einer Wehrmauer umgebenen Stadtkirche St. Johannis verschanzen und erfolgreich verteidigen. Die getöteten Hussiten wurden unterhalb des Töpferbergs (284 m) verscharrt, weswegen diese Stelle bis heute Ketzergrube genannt wird. Ein Tor in der Wehrmauer der Kirche, durch das einige Belagerer eingedrungen sein sollen, heißt seither Hussitentor.

Mehrmals durchquerte Napoleon den Ort, wobei er jeweils beim Apotheker der Stadt Quartier nahm. An der Außenwand der alten Apotheke weist eine Gedenktafel darauf hin. Beim Gefecht bei Reichenbach am 22. Mai 1813 mussten sich die Franzosen trotz zahlenmäßiger Überlegenheit den Alliierten geschlagen geben. Im Zuge der staatlichen Neuordnung nach dem Wiener Kongress wurde die neue sächsisch-preußische Grenze zwischen Reichenbach und das benachbarte Sohland a.R. gelegt, so dass die Stadt nunmehr zur preußischen Provinz Schlesien gehörte.

Sächsisch-preußisches Grenzsteinpaar bei Reichenbach

Nach dem Zweiten Weltkrieg, von dessen Zerstörungen die Stadt weitgehend verschont blieb, wurde der westlich der Lausitzer Neiße gelegene Teil Schlesiens dem Land Sachsen zugeschlagen. Nach Auflösung der Länder in der DDR gehörte die Stadt zum Kreis Görlitz im Bezirk Dresden und seit 1990 wieder zum neu gegründeten Freistaat Sachsen. Inzwischen erfüllt die Stadt die Funktion eines Unterzentrums im Landkreis Görlitz.

Religionen

Die evangelischen Kirchengemeinden Reichenbach und Meuselwitz gehören zur Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Die katholische Gemeinde St. Anna und St. Hedwig Reichenbach-Mengelsdorf gehört zum Bistum Görlitz. Außerdem gibt es eine Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde und eine Gemeinde der Siebenten-Tags-Adventisten.

Politik

Reichenbach ist Sitz der Verwaltungsgemeinschaft Reichenbach/O.L. Dazu gehören neben der Stadt die Gemeinden Sohland a.R., Königshain und Vierkirchen.

Wappen

Reichenbacher Stadtwappen
Blasonierung

In Blau über blauem Wasser eine goldene Burg mit geschlossenem rotem Tor und zwei sich nach oben verjüngenden Zinnentürmen; zwischen ihnen ein kleiner Schild, geteilt und halb gespalten von Rot, Silber und Schwarz.

Wappen derer von Gersdorff
Bedeutung

Das Wappen in seiner heutigen Form ist ein Neuentwurf aus dem Jahr 1901.[2] Im Vordergrund ist ein Fluss oder Bach, der auf den Stadtnamen hinweist. Darüber befindet sich eine Burg, deren geschlossenes Tor auf die abgewiesenen Hussitenangriffe hindeutet. Zwischen den Türmen der Burg befindet sich im Schildzentrum das Wappen der Herren von Gersdorff, die – mit Unterbrechungen – von 1380 bis ins 19. Jahrhundert die Grundherren der Stadt waren.

Gold und Blau sowie die Zinnenmauer symbolisieren die Lage in der Oberlausitz, aus deren Wappen (beziehungsweise dem Wappen der Stadt Bautzen) diese Elemente entnommen sind.

Partnergemeinden

  • Seckach (Baden-Württemberg, seit 1990)
  • Karpacz (Polen, dt. Krummhübel, seit 1995)

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Stadtbild und Bauwerke

Markt

Das Stadtbild wird durch den großen Marktplatz im Zentrum geprägt. Direkt am Markt befindet sich die alte Apotheke, in der Napoleon I. und Friedrich Wilhelm III. gastierten. An der der Schloßgasse zugewandten Außenwand des Gebäudes weist eine Tafel darauf hin. Aus der Rückwand des Hauses ragen sichtbar zwei Kanonenkugeln aus dieser Zeit. Das Sparkassengebäude an der Ostseite des Platzes war früher ein Gasthof. Theodor Körner weilte hier 1809, was ebenfalls durch eine Gedenktafel festgehalten ist. Zur Marktseite hin wird das Gebäude durch eine Reliefdarstellung des Stadtwappens geziert. Den Eingang auf der Görlitzer Straße flankieren große Reliefs, die Männer, ihr Erspartes zur Kasse bringend, darstellen.

Bibliothek

Im Zentrum unweit des Marktes befindet sich die neugebaute Stadt- und Kreisbibliothek. Der Heimatverein Reichenbach hat das Ackerbürgermuseum Reichenbach aufgebaut, das jetzt zum Schlesisch-Oberlausitzer Museumsverbund gehört. Der Bernhard-Lekve-Park beherbergt etliche botanische Besonderheiten. Im Niederhofpark wird durch einen Gedenkstein Napoleons Befehlsstandort beim Gefecht bei Reichenbach vom 22. Mai 1813 markiert.

Stadtkirche St. Johannis

Markantestes Gebäude der Stadt ist die evangelische Stadtkirche St. Johannis, die im 12./13. Jahrhundert erbaut wurde. Reichenbach besaß keine Stadtmauer, jedoch ist der Kirchplatz von einer Wehrmauer umgeben. Das sogenannte Hussitentor erinnert an die hussitische Belagerung 1430/31. An dieser Stelle soll es den Belagerern gelungen sein, den Verteidigungsring um die Kirche zu durchbrechen. Die Kirche fiel 1670 einem Brand zum Opfer und wurde in ihrer heutigen Gestalt wieder aufgebaut. Die Orgel des Baumeisters Friedrich Ladegast aus dem Jahr 1866 wurde 1999/2000 rekonstruiert. Eine umfassende Außen- und Innensanierung des Kirchbaus begann in den achtziger Jahren. An der Görlitzer Straße, früher außerhalb der Stadt gelegen, befindet sich die katholische St. Annenkirche, ein neugotischer Bau, der 1900 geweiht wurde. Vorher befand sich an der Stelle eine Fachwerkkapelle mit Dachreiter, die seit 1813 eine Ruine war.

Auf dem Töpferberg (284 m) steht eine alte Windmühle, die früher mit fünf Flügeln besetzt war. Auf dem Gipfel des Hügels weist ein 1913 aufgestellter Gedenkstein auf das Gefecht bei Reichenbach von 1813 hin.

Sport

Das Freibad wurde 1934 erbaut und 1994 nach umfassender Rekonstruktion und Modernisierung als Erlebnisbad wiedereröffnet. Zur Anlage gehören neben den Schwimmbecken auch Sportanlagen.

Wirtschaft und Infrastruktur

Verkehr

Reichenbach liegt an der Bundesstraße 6, die von Görlitz kommend über Dresden weiter in Richtung Harz und Bremen führt. Der Bau einer Ortsumfahrung wurde nach zwei Bauabschnitten 2005 fertiggestellt. Die nächsten Anschlussstellen zur Autobahn A 4 sind Weißenberg und Nieder Seifersdorf. Die Stadt wurde 1847 an die Bahnstrecke Dresden–Görlitz angeschlossen. Der Bahnhof der Stadt wird heute nur noch als Haltepunkt für Nahverkehrszüge der Deutschen Bahn und der Ostdeutschen Eisenbahn (ODEG) genutzt. Ein Haltepunkt befindet sich auch im Ortsteil Zoblitz zwischen Reichenbach und Löbau. Busverbindungen bestehen nach den benachbarten größeren Städten Görlitz, Löbau, Niesky sowie Bernstadt und Weißenberg.

Bildung

An allgemeinbildenden Schulen gibt es in Reichenbach eine Mittelschule und eine Grundschule im Verantwortungsbereich des Regionalschulamtes Bautzen. Vorgängereinrichtung beider Schulen war die Polytechnische Oberschule (POS) „Erich Weinert“. Außerdem hat in Reichenbach die Sing- und Musizierschule Schlesische Lausitz ihren Sitz, deren Träger das Landratsamt des Niederschlesischen Oberlausitzkreises ist.

Rundfunksender

Der Rundfunksender Reichenbach wurde am 8. Juli 1937 [3] eingeweiht. Ursprünglich diente ein freistehender Holzturm als Antennenträger. Später wurde dieser Turm durch einen selbststrahlenden Sendemast ersetzt, der 1999 erneuert wurde. Der Sender Reichenbach strahlt heute auf 1188 kHz mit einer Leistung von 3 Kilowatt das Programm von MDR Info aus.

Persönlichkeiten

  • Ernst Karl Gotthelf von Kiesenwetter, (1757–1824; geb. in Leippa), Präsident der Oberamtsregierung
  • Ludwig Eduard Nollau (1810–1869), Missionar, Mitbegründer der Unierten Kirche in den USA (UCC)
  • Damm von Seydewitz (1845–1899), Landeshauptmann der preußischen Oberlausitz
  • Erich Bär (1905–1981), Amateurastronom und Gründer der Volkssternwarte in Radeberg

Einzelnachweise

  1. Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen: Bevölkerungsentwicklung
  2. Zum Reichenbacher Wappen.
  3. Köhler, G. (1988): 750 Jahre Reichenbach O.L., Eine geschichtliche Betrachtung, S. 58

Literatur

  • Heimatverein Reichenbach OL e.V. (Hrsg.): Chronik der Stadt und Parochie Reichenbach O./L. Bearbeitet und herausgegeben vom Bürgermeister Richter.. Books on Demand, Norderstedt 2005, ISBN 978-3833424489 (Nachdruck des Originals von 1867.). 
  • Werner Schmidt (Hrsg.): Zwischen Löbau und Herrnhut: Ergebnisse der landeskundlichen Bestandsaufnahme im Raum Löbau und Reichenbach/OL. In: Werte der deutschen Heimat. 56, Böhlau Verlag, Weimar 1996, ISBN 3-7400-0935-7. 
  • Heimatverein Reichenbach OL e.V. (Hrsg.): Reichenbach OL: Eine Kleinstadt in der Oberlausitz. Ein historischer Ortsgang. Geiger-Verlag, Horb am Neckar 1992, ISBN 978-3892647263. 

Weblinks


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