Reichsbahnausbesserungswerk Meiningen

Reichsbahnausbesserungswerk Meiningen
Dampflokwerk Meiningen von Süden

Das Dampflokwerk Meiningen ist ein Werk der „DB Fahrzeuginstandhaltung GmbH“, ein Tochterunternehmen der Deutschen Bahn AG, mit Standort im südthüringischen Meiningen.

Das Werk ist das letzte größere Instandhaltungswerk für Dampflokomotiven in Westeuropa. Zum Leistungsumfang gehören weiterhin die Instandhaltung und Aufbereitung von historischen Reisezugwagen, Elloks und Diesellokomotiven, der Neubau einzelner Dampflokomotivkessel und Dampflokomotiven sowie die Fertigung und Instandhaltung moderner Schneeräumtechnik. Zu den Kunden des Werkes gehören heute Eisenbahnmuseen und Museumsbahnen in ganz Europa.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Hauptwerkstätte

1863 erbaute die Werrabahn für ihren Fahrzeugpark gegenüber dem Meininger Bahnhof eine Betriebswerkstätte (heute → Bahnbetriebswerk Meiningen). Diese wandelte 1902 der neue Besitzer Preußische Staatseisenbahnen zu einer Hauptwerkstätte um. 1910 begannen die Preußischen Staatseisenbahnen auf Grund wachsender Aufträge und der beengten Platzverhältnisse im Bahnhof mit dem Neubau eines Werkes am heutigen Standort. Am 2. März 1914 wurde das Werk mit 420 Beschäftigten eröffnet. Es dient bis heute zur Reparatur und Instandhaltung von Dampflokomotiven aller Gattungen. Bis 1918 stieg die Anzahl der Beschäftigten auf 2200. Ab 1920 wurde das Werk von der Deutschen Reichsbahn betrieben.

Reichsbahnausbesserungswerk

Nach der Gründung der Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft 1924 wurde der Betrieb in Reichsbahnausbesserungswerk Meiningen (RAW) umbenannt. Ab 1925 reparierte und wartete man hier auch die neuen Einheitsdampflokomotiven, überwiegend die Baureihen 01, 02, 43 und 44. In den 1930er Jahren wurden im Monatsdurchschnitt 60 Lokomotiven repariert, während des 2. Weltkrieges stieg die Anzahl der instand gesetzten Loks auf 87 im Monat an. Am 18. April 1945 wurde das Werk durch die United States Army besetzt. Bereits am 21. April nahmen rund 400 Beschäftigte ihre Arbeit wieder auf. Bis Ende 1946 stieg die Zahl der Mitarbeiter auf knapp 3000 an. 1951 starben bei einem schweren Kesselzerknall einer Lok der Baureihe 95 im Anheizhaus neun Beschäftigte sowie eine Passantin auf einer nahe gelegenen Straße. Der Kessel flog rund 150 m bis in den Garten des benachbarten Georgenkrankenhauses.

In den 1960er Jahren begann der Neubau von Schneepflügen für die Deutsche Reichsbahn (DDR) und der Umbau von Dampfloks auf Ölfeuerung, ebenso wurde die Aufarbeitung von Dieselloks übernommen. Die Zahl der Beschäftigten pendelte sich auf rund 2000 ein. 1961 wurde im Werk die ehemalige Stromlinienlok 61 002 in die noch heute betriebsfähige Hochgeschwindigkeits-Versuchslok 18 201 umgebaut. Diese Lok erreicht eine Geschwindigkeit von 180 km/h und ist derzeit die schnellste betriebsfähige Dampflokomotive der Welt. Ab 1981 kamen der Neubau von Dampfspeicherlokomotiven und S-Bahn-Drehgestellen hinzu, während die Reparatur von Dampflokomotiven stetig zurückging. Die Zahl der Mitarbeiter sank bis 1989 durch Umstrukturierungen bei der Reichsbahn allmählich auf 1400 ab.

Instandhaltungswerk

Nach der Fusion von DB und DR 1994 zur Deutschen Bahn AG erfolgte ein weiterer drastischer Personalabbau. Heute arbeiten noch 120 Menschen im Werk. Seit 1995 entwickelt sich das Werk unter dem Namen Dampflokwerk Meiningen (DLW) zu einem europaweit tätigen Spezialisten für die Aufarbeitung von Dampfloks aller Art, zu dessen Kundschaft neben den Eisenbahngesellschaften auch Technik-Museen und Eisenbahn-Traditionsvereine gehören. 1995 wurde für einen Privatinvestor ein Großprojekt begonnen. Die ehemalige Denkmallok (ex DB 012 102-4 (Öl), jetzt 01 1102 Stromliniendampflok – bekannt auch als „Blue-Lady“) aus Bebra wurde in den Jahren 1994–96 komplett überholt und am 1. März 1996 an den Besitzer Johannes Klings ausgeliefert. Sie gilt als ein Stück Zeitgeschichte und zugleich Aushängeschild für Qualität und Fertigungsmöglichkeiten des ehemaligen DR-Ausbesserungswerkes und heutigen Dampflokwerks Meiningen. 2002 wurde die auch hier in dieser Form erbaute 18 201 noch einmal komplett überholt und dem neuen Eigentümer Dampf-Plus übergeben.

Im Juni 2006 wurde der Neubaukessel für die 60163 Tornado abgeliefert, ein Neubau einer englischen Dampflokbaureihe der LNER-Klasse A1 Peppercorn aus der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg, der sich durch seine konische Bauform auszeichnet. Von April bis Oktober 2007 wurde in Meiningen der 1935 entstandene Nachbau des ADLER, der bei einem Brand im Depot des Verkehrsmuseums (Ringlokschuppen des Bahnbetriebswerks Nürnberg West) am 17. Oktober 2005 schwer beschädigt wurde, wieder neu aufgebaut.[1] [2] 2008/9 baute das DLW eine neue Schmalspurdampflokomotive der Baureihe 99.32 für die Mecklenburgische Bäderbahn Molli. Dies bedeutete der erste Dampflokneubau in Deutschland seit den 1950er Jahren.[3][4] Als nächster Neubau wird in Meiningen die Sächsische I K Nr.54 zusammengefügt.[5]

Das Dampflokwerk ist heute ein Anziehungspunkt für viele Dampflokbegeisterte.

Bilder

Blick auf das Werk von Westen

Veranstaltungen

18 201 bei den Dampfloktagen 2007

Seit 1995 finden jährlich am ersten Septemberwochenende die Meininger Dampfloktage statt, die an zwei Tagen von bis zu 15.000 zahlenden Dampflokbegeisterten aus dem In- und Ausland besucht werden. Etliche von ihnen reisen in abschnittsweise mit Dampflokomotiven bespannten Sonderzügen an. Im Jahr 2007 war der beim Brand von 2005 zu Schaden gekommene ADLER fast fertig wiederaufgebaut zu bewundern. Auch der Nachbau der Saxonia, der ersten in Deutschland gebauten Lokomotive, war hier bereits zu Gast.

Regelmäßig jeden ersten und dritten Samstag im Monat um 10:00 Uhr werden Führungen durch das Werk angeboten. Eine Führung dauert ca. 1½ Stunden. Anmeldungen sind nicht notwendig.

Einzelnachweise

  1. Nürnberger Nachrichten vom 24.10.2007
  2. Bildergalerie zum Thema "Adler wieder unter Dampf" der Thüringer Allgemeinen vom 24.10.2007
  3. Thüringer Allgemeine vom 3. Juli 2008
  4. http://www.freies-wort.de/nachrichten/regional/meiningen/art2799,917584
  5. http://www.fwmeiningertageblatt.de/nachrichten/meiningen/art2799,899271

Literatur

  • Meininger Heimatklänge, Meininger Tageblatt, Ausgabe 4/2005.
  • Meininger Dampflok Verein e.V.: 1914–2004 – 90 Jahre Dampflokwerk, Meininger Dampf Zeit 2004.
  • Das Dampflokwerk Meiningen, Eisenbahn-Kurier-Special 50, Freiburg 1998.

Weblinks

50.58194444444410.4205555555567Koordinaten: 50° 34′ 55″ N, 10° 25′ 14″ O


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