Riksmål

Riksmål

Riksmål (wörtlich: „Reichssprache“) ist eine Sprachform der norwegischen Sprache. Sie wurde vom Philologen und Gymnasiallehrer Knud Knudsen im 19. Jahrhundert aus der dänisch-norwegischen literarischen Tradition entwickelt. Sie unterscheidet sich vom Dänischen durch Angleichungen an die norwegische Aussprache und viele Norwegismen im Wortschatz.

Zunächst war das Riksmål offizielle Sprache Norwegens, ab 1885 gemeinsam mit dem Landsmål, das unter anderem aus westnorwegischen Dialekten entwickelt worden war. Das norwegische Parlament (Storting) beschloss 1929, diese Sprachformen Bokmål und Nynorsk zu nennen, sie behielten ihren offiziellen Status. In der Folgezeit entwickelten sich Bokmål und Nynorsk aufeinander zu, mit der Konsequenz, dass sich das Bokmål immer weiter von den Ursprüngen der dänisch-norwegischen Kulturtradition entfernte. Hiergegen rebellierte der schon 1907 gegründete Verband Riksmålsforbundet, der diese Wurzeln stärker berücksichtigt sehen wollte. Das Bokmål differenzierte sich im Laufe der Jahrzehnte immer mehr in eine "radikalere" Variante (mit einer Morphologie, die sich teilweise auf das Nynorsk zubewegte) und eine konservativ-moderate Variante aus. Letztere Sprachform wurde (wieder) als Riksmål bezeichnet, sie hat seit 1929 keinen offiziellen Status mehr.

Der maßgeblich von Knud Knudsen beeinflussten Rechtschreibreform von 1862, durch die das Riksmål vom Dänischen getrennt wurde, folgte die Reform von 1907, die Knudsens Prinzip einer aussprachebasierten Orthographie weiter verfolgte und unter anderem die weichen dänischen Konsonanten b,d,g der norwegischen Redeweise (p,t,k) anpasste. Bedeutende Autoren wie Henrik Ibsen, Knut Hamsun, Sigrid Undset, Sigurd Hoel, Arnulf Øverland, André Bjerke, Jens Bjørneboe, Aksel Sandemose, Claes Gill, Inger Hagerup, Cora Sandel, Johan Borgen, Agnar Mykle, Ebba Haslund, Lars Saabye Christensen, Roy Jacobsen, Ingvar Ambjørnsen und Erik Fosnes Hansen verfassten bzw. verfassen ihre Bücher fortan auf Riksmål. Auch die zweitgrößte Zeitung Norwegens, Aftenposten, erscheint auf Riksmål.

Da sich also der Unterschied zwischen Riksmål und Dänisch erst im 20. Jahrhundert allmählich herauszubilden begann, sind norwegische Texte aus dem 19. Jahrhundert eigentlich in der Regel auf Dänisch (oder eigentlich die gemeinsame dänisch-norwegische Schriftsprache), aber oft in einer bereits leicht veränderten Orthographie geschrieben. Dies gilt zumal für den Text der norwegischen Nationalhymnen aus den Jahren 1819 (Sønner av Norge) und 1859 (Ja, vi elsker dette landet), aber auch für das Werk von Henrik Ibsen sowie des norwegischen Nobelpreisträgers Bjørnstjerne Bjørnson. Die beiden Dichter verwendeten zeitweise die von Knud Knudsen geforderten Neuerungen, kehrten dann aber mit Rücksicht auf die dänischen Leser zum Dänischen zurück. Diese ursprünglich in Dänemark publizierten Texte wurden in vielen Ausgaben des 20. Jahrhunderts vorsichtig der jeweils aktuellen norwegischen Rechtschreibung angepasst. Die faktische Veränderung des Originals hat den Verlagen zum Teil heftige Kritik eingebracht.

Nach den letzten beiden Rechtschreibreformen in Norwegen (seit 1980), durch die viele zuvor im Bokmål obligatorische Formen (mit einer Nynorsk-Morphologie) wieder auf den Status von bloß gleichgestellten Varianten zurückgestuft wurden, gibt es kaum noch Unterschiede zwischen Bokmål und Riksmål. Beispiele sind etwa das wieder durchgängig nur noch fakultative feminine Genus der Substantive (älteres Bokmål: nur ei ku „eine Kuh“, ei øy „eine Insel“ bzw. kua „die Kuh“, øya „die Insel“; aktuelles Bokmål: auch en ku, en øy bzw. kuen, øyen wie im Riksmål).

Das Riksmål wird von der Norwegischen Akademie für Sprache und Literatur normiert. Die Akademie gibt auch das große Wörterbuch des Riksmål (Norsk Riksmålsordbok, 6 Bände) heraus. Dieses Wörterbuch gilt als das derzeit größte Wörterbuch der norwegischen Sprache.

Alle Formen werden ausführlich im Artikel über die norwegische Sprache beschrieben.


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