Robert Guiscard

Robert Guiscard

Robert Guiskard (* um 1015; † um 17. Juli 1085 bei Atheras) war ein normannischer Herrscher sowie Herzog von Apulien und Kalabrien.

„Guiskard“ („guiscard“, „guiscart“) ist die altfranzösische Aussprache von „Wiß-hart“/„Weis-hard“ (bzw. „Fischart“: noch heute im süddeutschen Raum für „Schlauberger“). Die Normannen, ursprünglich aus Norwegen und Dänemark stammend, hatten nämlich ihre alten germanischen Namen weitergepflegt, obwohl sie als neue Herren der Normandie (Nordfrankreich) bald im Alltag die altfranzösische Sprache übernommen hatten (vgl. Geschichte der Normandie).

Wilhelm von Apulien schrieb: „… sein Name war Guiskard, weil er an Verschlagenheit Cicero und auch Odysseus überlegen war.“

Inhaltsverzeichnis

Leben

Herkunft

Robert war der 6. Sohn des Tankred von Hauteville, einem Angehörigen des niederen Adels (Valvassor) aus der westlichen Normandie (heute: Hauteville-la-Guichard bei Coutances). Robert war der erste Sohn der zweiten Frau Tankreds, Frensendis, und damit in der Erbfolge lediglich an sechster Stelle positioniert. Obgleich der väterliche Besitz schon 1035 auf den Sohn Gottfried überging, blieb Robert (im Gegensatz zu den älteren Brüdern) noch bis etwa 1045 in der Normandie. Aus den Jugendjahren des Robert in der Normandie ist im Prinzip nichts überliefert. Das normannische Herzogtum wurde allerdings in jenen Jahren von blutigen Fehden erschüttert, da der Herzog in Rouen, Wilhelm, der spätere Eroberer, zum Zeitpunkt seiner Erhebung 1035 noch ein Kind war und um sein Überleben kämpfte.

Die Anfänge in Süditalien

Der rasante Aufstieg der Brüder in Süditalien musste Robert verlockend erscheinen. Als er um das Jahr 1047 in Unteritalien eintraf, war sein ältester (Halb-)Bruder, der Anführer der apulischen Normannen, Graf Wilhelm Eisenarm, bereits tot (1045). Die Hautevilles hatten schon mit der Wahl des nachrückenden zweitältesten Bruders Drogo ein dynastisches Prinzip in Süditalien etabliert: Aus den ehemals 12 gleichwertigen normannischen Grafen ragten die Hautevilles deutlich als primi inter pares heraus. Sie bauten Melfi zur Zentrale ihrer Herrschaft weiter aus. Robert jedoch schien zunächst alles andere als willkommen und erhielt vom Bruder kein Lehen. Ein geschätztes Jahr verdingte er sich als Söldner für den kriegerischen Pandulf von Capua. (Siehe Apulien (Geschichte von 1000-1050) zur Vorgeschichte der Normannen in Italien)

Gegen das Jahr 1048 gelang es ihm, die Burg Scribla an der Via Popilia in Nordkalabrien als Lehen für sich herausschlagen – aus Sicht seines Bruders Drogo in ausreichender Entfernung vom Machtzentrum Melfi. Allerdings erhielt er die Zusage, alles Dazueroberte behalten zu dürfen. Bei Scribla handelte es sich lediglich um eine kleine hölzerne Burg (Motte) in der damals stark malariaverseuchten Ebene von Sibari. Es nimmt nicht Wunder, dass der Guiskard schon bald den unwirtlichen Platz gegen das nicht weit entfernte aber hoch gelegene San Marco Argentano eintauschte. Hier errichtete er einen soliden steinernen Wehrturm. Mangels Pferden und ausgebildeter Kämpfer verlegte er sich zunächst auf ein reines Banditendasein. Bald schon gebot er über eine etwa 60 Mann starke Bande, die vermutlich aus entlaufenen Balkansklaven bestand. Gegen befestigte Städte konnte die Truppe zu jenem Zeitpunkt nichts ausrichten.

Scribla, Festungsruine auf einer künstl. Erhöhung, Ebene von Sibari, Kalabrien.

Dieses Manko schien Robert Guiskard um das Jahr 1050 durch eine Heirat kompensiert zu haben. Er ehelichte nach einigen Widerstand von Drogo schließlich Alberada von Bonauberge, eine Tante des normannischen Anführers Girard von Bonauberge, der Robert als Mitgift 200 Krieger überließ und so dessen Handlungsmöglichkeiten beträchtlich erweiterte. Auf Girard, mit dem Robert nun auch öfter zusammenarbeitete, dürfte auch der Beiname Guiskard, der »Schlaukopf«, zurückgegangen sein.

Ein Jahr später (1051) fiel Graf Drogo einer Verschwörung zum Opfer. Die unterdrückte Bevölkerung begehrte wohl um den St.Laurentiustag (9./10.Aug.) allenortens gegen die normannischen Besatzer auf und tötete viele von ihnen. Die Antwort der Überlebenden fiel nicht minder blutig aus. Der 3. Hauteville-Bruder Humfred rückte als Anführer nach. Hinzu kamen die zunehmenden Schwierigkeiten mit dem 1049 inthronisierten Papst Leo IX., die nun 1051 darin gipfelten, dass die Bevölkerung Benevents dem Papst den Oberbefehl über ihre Stadt übergab.

Aufstieg

Papst Leo IX., 1049–1053, entschloss sich, massiv gegen die als Ungläubige gebrandmarkten Normannen vorzugehen und sie militärisch niederzuringen. Bei seiner letzten Bittfahrt ins Reich konnte der Papst von seinem Landsmann und Vertrauten Kaiser Heinrich III. allerdings lediglich 300-400 Schwaben als Schutztruppe erhalten. Auf dem Zug zurück durch Oberitalien nach Rom gesellten sich noch etwa 2000 Leute aus dem Volk sowie ein Kontingent der Langobarden zu dem Heer. Leo zeigte sich siegesbewusst.

Als sich die Heere bei Civitate gegenüberstanden, versuchten die Normannen, die in ungewohnter Einigkeit erschienen, zwar zu verhandeln, indem sie ihre Lehnsabhängigkeit anboten, bedingten sich aber im Gegenzug freie Hand gegen Byzanz aus. Papst Leo lehnte ab. Am 18. Juni schlugen die Normannen in der Schlacht von Civitate trotz starker Gegenwehr die Päpstlichen. Papst Leo wurde arrestiert und neun Monate in Benevent festgehalten.

Robert konnte in der Folge in Kalabrien weitgehend selbständig vorgehen. Bisignano und Cosenza, beides Bischofsstädte, fielen an den Hauteville. Die angewandte Taktik war in erster Linie die Belagerung, was zunächst die schlichte Abschneidung der Versorgungswege bedeutete. Erst in einem zweiten Schritt suchten die Normannen den offenen Kampf. Die Besiegten hatten in der Regel Geiseln zu stellen und mussten Tribut zahlen.

Der Erfolg zog die Rivalität mit dem älterern Bruder und Lehnsherren Roberts, Humfred, nach sich. Während Humfred als Anführer der apulischen Normannen sich permanent der anderen normannischen Grafen, die z. T. genauso lange vor Ort waren wie er, zu erwehren hatte, konnte der Guiskard in Kalabrien frei walten und erweiterte seine Machtssphäre in kürzester Zeit um ein Vielfaches. Das schürte den Neid. Eine Quelle berichtet, dass Humfred Robert eine kurze Zeit lang einsperren ließ. Kaum in Freiheit, eroberte Robert freilich unbekümmert weiter.

Etwa um das Jahr 1057 erschien Roberts jüngerer Bruder Roger, der spätere Roger I. in Süditalien. Trotz einiger Zerwürfnisse zwischen den beiden Brüdern sollte Roger Roberts wichtigste Stütze bei der Eroberung des Südens werden. Ohne Roger wäre wohl nie ein normannisches Südreich entstanden. Seinen Erfolgen haftete ein dauerhafteres Glück an als denen des älteren Bruders.

Ebenfalls im Jahr 1057 starb Graf Humfred. Zwar hinterließ er in Abälard einen möglichen, wenngleich noch unmündigen Nachfolger, doch konnte er nicht umhin, den ungleich mächtigeren Guiskard zu seinem Nachfolger zu bestimmen. Robert war schon zu diesem Zeitpunkt der einzige Anführer, der das Zeug hatte, die normannischen Sache gegen äußere und innere Widersacher voranzutreiben. Offenbar war die Dynastie der Hauteville mittlerweile so etabliert, dass keiner der normannischen Grafen seinem Herrschaftsanspruch widersprach.

Führer der apulischen Normannen

Noch im Jahr 1057 nahm Robert die Eroberung Kalabriens wieder auf, konnte hierzu nun aber auf mehrere hundert Krieger zurückgreifen. Die Belagerung von Reggio Calabria, der größten Stadt Kalabriens, wurde aber nicht von Erfolg gekrönt. Das Kommando über Kalabrien übertrug Robert dem jungen und ehrgeizigen Bruder Roger, um selbst gegen einen apulischen Aufstand unter Graf Peter von Trani vorgehen zu können. Ein weiterer Versuch, Reggio Calabria einzunehmen scheiterte. 1058 überwarfen sich die Brüder, da Robert Roger den Sold für dessen stipendiarii schuldig blieb. Roger suchte nun die Annäherung an den Bruder Wilhelm, der ihm das befestigte Scalea überließ. Von hier aus zog Roger dann mit seiner Bande wie einst Robert durch die Lande. Dieser beargwöhnte zwar den Bruder, söhnte sich aber angesichts wieder ausbrechender kalabrischer Aufstände wieder mit Roger aus. Vielleicht ist nun auch eine Aufteilung Südkalabriens vereinbart worden. Jedem der beiden wurde die Hälfte einer jeden eroberten Stadt zugesprochen.

Der von Wilhelm bedrängte Fürst Gisulf von Salerno wandte sich in dieser Zeit an Robert. Dieser nutzte die Gelegenheit und spielte beide gegeneinander aus. Gisulf zahlte für den Frieden einen jährlichen Tribut an Robert, wofür dieser den Frieden mit Wilhelm garantierte. Robert bekam außerdem 1058/59 die Hand von Gisulfs Schwester Sichelgaita. Die Ehe mit Alberada wurde zuvor wegen (angeblicher) Blutsverwandschaft aufgelöst.

In Kalabrien schlug Roger um diese Zeit den letzten größeren Aufstand nieder. Bis zum Jahresende war bis auf den äußersten Süden so Byzanz aus Kalabrien völlig verdrängt worden.

Melfi 1059: Robert wird Lehnsmann des Papstes

Melfi, das Kastell

Im Jahr 1059 vollführte der Papst eine radikale Wende in seiner Haltung gegenüber den Normannen. Galten sie bis zu jenem Zeitpunkt als Ungläubige, auf einer Stufe mit den Sarazenen, so suchte die Kurie nun ein Bündnis. Der primäre Grund lag in der schwachen militärischen Stellung des Reformpapsttums selbst: 1059 konnte die Reformpartei um Archidiakon Hildebrand den amtierenden Papst Benedikt X. absetzen und ihren Kandidaten Nikolaus II. inthronisieren. Im Lateran erkannte man allerdings schnell die Realitäten: Gegen so starke Feinde wie den römischen Adel und den deutschen König benötigte der Papst einen starken Verbündeten. Der größte Machtfaktor im Süden waren die Normannen und so suchte der Papst vermutlich durch die Vermittlung von Desiderius, dem Abt von Montecassino, ein Pakt mit den Normannen.

Im August des Jahres 1059 kam es zur Synode von Melfi. Papst Nikolaus bestätigte nicht nur die Gebietsansprüche der beiden Fürsten Richard von Capua und Robert Guiskard, sondern machte sie zu seinen Lehnsleuten. Robert wurde in den Stand des Herzogs von Apulien, Kalabrien und des zukünftigen Siziliens erhoben. Mit dieser Formulierung unterstützte der Papst ausdrücklich die Rückeroberung Siziliens aus den Händen der Sarazenen. Robert hatte eine jährliche Abgabe zu zahlen und trug fortan das Banner des Papstes. Die Belehnung, vor allem die Rechtsgrundlage des Papstes, ist Gegenstand einer intensiven historischen Diskussion (s. Josef Déer, Papsttum und Normannen, Studien und Quellen zur Welt Kaiser Friedrichs II. 1, Köln 1972, dazu auch Graham Loud, The Age of Robert Guiscard).

1060–1072: Sizilien & Apulien

Mit dem päpstlichen Banner voran begannen die Hauteville-Brüder die Eroberung Siziliens. Um das Jahr 1060 fiel zunächst Reggio Calabria. Die Bewohner der Stadt ergaben sich kampflos, weil der Herzog mit schwerem Kriegsmaterial vor die Stadtmauer gerückt war. Im Mai 1061 fiel Messina nach einem Täuschungsmanöver Roberts. Der wichtige Brückenkopf nach Sizilien stand. In der Folge gerieten die Eroberungen allerdings ins Stocken. Roberts Kräfte wurde immer wieder auf dem Festland gebunden. Aufstände der eigenen Barone und der Bevölkerung erforderten regelmäßig seine kämpferische Präsenz.

Mit geringen Mitteln versuchte Roger indes die Macht in Sizilien auszubauen. Zwischen 1061 und 62 überwarfen sich die Brüder über Machtfragen. Robert musste dem ihm in Gerissenheit und Tüchtigkeit ebenbürtigen Bruder große Zugeständnisse machen. An Palermo bissen sie sich die Hauteville-Brüder allerdings 1064 zunächst die Zähne aus. Um die stark befestigte Stadt einzunehmen, musste der Herzog alle Kräfte bündeln. Solange die Byzantiner aber von der Hafenstadt Bari aus Aufstände gegen die Hauteville anzetteln konnten, würde die Einnahme Siziliens kaum gelingen. Daher lag es nahe, dass Robert zunächst Bari - damals eine der wichtigsten Städte des Südens - eroberte. Dieses gelang nach dreijähriger und zäher Belagerung 1071, aber auch erst durch eine erfolgreiche Flottenblockade. Ohne Pause ging es weiter nach Sizilien. 1072 eroberten die Normannen schließlich Palermo, wiederum durch eine Kriegslist des Guiscards. Er selbst wurde Ammiratus (Emir). Erneut fiel eine Großstadt ohne offenen Kampf. Palermo schien der Herzog für sich zu behalten, den Rest der Insel überließ er Roger. Dieser wurde sein Lehnsmann und war damit der große Gewinner. Obendrein profitierte Graf Roger davon, dass er nicht in einem direkten Lehnsverhältnis zum Papst stand. Diese Mittelbarkeit verschaffte ihm einen größeren Handlungsspielraum.

1073–1080 Guiscard und Gregor VII: Die Normannen profitieren vom Investiturstreit

Bald nach der Wahl Hildebrands zum Papst Gregor VII. 1073 entzündete sich Streit zwischen dem selbst- und sendungsbewussten Pontifex und dem mächtigen Herzog. Robert handelte in diesem Konflikt stets aus einer Position militärischer Stärke und Gregor hatte ihn bald als Verbündeten gegen den deutschen König nötig. Somit konnte der Normanne aus dem epochalen Investiturstreit zwischen Papst und Kaiser Nutzen ziehen.

Eine Begebenheit aus dem Jahr 1073 verdeutlichte den Herrschaftsanspruch des Papstes: Robert erkrankte derart, dass sich rasch das Gerücht verbreitete, er sei tot. Seine Frau Sichelgaita schwor derweil die normannischen Barone auf ihren Sohn Roger Borsa (ca. 13-jährig) ein. Papst Gregor brachte hingegen im Kondolenzschreiben zum Ausdruck: Er erwartete, dass Sichelgaita den jungen Sohn zur Investitur nach Rom bringe. Ohne das päpstliche plazet – so die Haltung Gregors – gebe es keinen normannischen Herzog. Das Lehen - so der Papst - sei an die jeweilige Person gebunden, somit nicht erblich. Zur Überraschung des Papstes aber beantwortete der totgeglaubte Guiskard das Kondolenzschreiben persönlich.

Nachdem der Herzog des Öfteren Raubzüge in das Patrimonium Petri gestartet hatte, verhängte Gregor auf der Fastensynode von 1074 den Kirchenbann über ihn. Der Papst begeisterte sich für eine Doppelstrategie. Ein Heer sollte aufgestellt werden, um den Byzantinern im Kampf gegen die Türken zu helfen. Bei dieser Gelegenheit wollte er zuerst die ungläubigen Normannen besiegen. Aber schon von Beginn an zeigten sich Risse in der wackeligen Allianz und als sie auseinanderfiel, stand das Desaster für den Papst fest.

Landschaft bei Melfi, Basilicata (Monte Vulture)

Der Kirchenbann verfehlte seine Wirkung. Was für den deutschen König Heinrich IV. in den Folgejahren schwer wog, schien den Normannen – der nicht dafür bekannt war, von Skrupeln geplagt zu sein – kaum zu kümmern. Im Gegenteil, es schien gerade so, als fühlte der Herzog sich nun erst richtig ungebunden und als käme ihm die Exkommunikation gelegen. Als sich im Verlauf des Jahres 1076 der Streit zwischen Papst und König zuspitzte und in der Exkommunikation des letzteren gipfelte, zeigte sich Papst Gregor den Normannen gegenüber erstmals versöhnungsbereit. Robert erhielt ein Friedensangebot. Der Herzog aber stellte sich zunächst taub und hörte sich stattdessen die Gesandten des deutschen Königs an. Dieser bot sich ihm als Lehnsherr an. Höflich lehnte Robert ab. Trotz allem bevorzugte er den Papst als Lehnsherrn. Denn der Papst verfügte im Gegensatz zum König über keine Truppen. Und nur Truppen konnten dem normannischen Herzog gefährlich werden. Robert söhnte sich im Frühjahr 1076 mit seinem normannischen Widersacher Richard von Capua aus. Gemeinsam nutzten sie die Verwicklungen des Papstes schamlos aus. Robert belagerte und eroberte das reiche und bedeutende Salerno und vertrieb den letzten langobardischen Fürsten. So sehr Gregor auch die Normannen verdammte und sie des Meineids bezichtigte - Robert wusste sich argumentativ bestens zu helfen. Der Papst, so der Herzog, habe ihm stets die Übertragung des Lehens verwehrt, daher sei er nicht dessen Vasall - ein vertragsloses Verhältnis. Ein Umstand, den die stets um Legitimation ihrer Herrschaft bemühten Normannen für sich nutzten. Bis 1080 glühte die Feindschaft unvermindert weiter. Mit deutlichen Vorteilen für den Normannen. Gregor musste nach dem Gang nach Canossa mit einem Gegenschlag aus Deutschland rechnen. Tatsächlich ließ König Heinrich Gregor Pfingsten 1080 absetzen. Umso mehr war dem Papst an einem schnellen Friedensschluss mit den Normannen gelegen. So löste er Robert Guiskard im Juni aus den Fesseln der Exkommunikation - nach sechs Jahren. Im Juni trafen sich der Guiscard und Gregor in Ceprano. Aus Furcht vor den Entwicklungen um Heinrich sah sich Gregor schließlich gezwungen, den berüchtigten Herzog zu seinem Bundesgenossen machen.

1080–85: Zwischen Byzanz und Rom

Der Strand bei Atheras, wo Guiskard starb

Die Forschung äußert sich vorsichtig hinsichtlich der Ziele des Herzogs. Strebte er tatsächlich die oströmische Kaiserwürde an? Berücksichtigt man die Akribie und Zähigkeit, mit der Robert die Griechenlandfeldzüge anging, liegt dieser Schluss nicht fern. Schon 1074 arrangierte Robert die Verlobung seiner Tochter Olympia mit Konstantin, Sohn des oströmischen Kaisers Michael VII. Dukas. Damit deutete er schon damals seine Ambitionen an. Immerhin war er stark genug, das byzantinische Imperium an den Rand der Niederlage zu bringen. Dass seine Pläne platzten, lag vor allem an der permanenten Unruhe in Italien, die ihn in aussichtsreichen Positionen unverrichteter Dinge abbrechen ließen. Bezeichnenderweise starb er auf griechischen Boden.

1081 zog Robert gegen den neuen griechischen Kaiser Alexios Komnenos. Nach anfänglich herben Rückschlägen – die Venezianer versenkten die Flotte – schlug er Alexios bei Durazzo in einer großen Schlacht (18. Oktober). Die Stadt selbst wurde am 16. Januar 1082 [1] eingenommen. Robert drang noch bis fast vor Saloniki vor, bevor er zurückeilen musste, um in Italien nach dem Rechten zu sehen. Aufstände in Apulien und die Notlage seines Lehnsherrn Gregors VII. zwangen ihn dazu. Im Verlaufe des Jahres unterdrückte Robert zunächst die Rebellion und wütete in den Ländern seines Gegners Jordan von Capua. Mittlerweile war Papst Gregor VII. in Rom in Bedrängnis gekommen. König Heinrich belagerte Rom und drang schließlich in die Leostadt ein (Juni 1083), im Jahr darauf ließ er sich vom Gegenpapst Clemens III. zum Kaiser krönen. Währenddessen harrte Gregor auf der Engelsburg aus und richtete Hilfegesuche an seinen Vasallen Robert. Der Kaiser zog noch einmal demonstrativ gen Süden, zu Kampfhandlungen kam es aber zwischen dem Deutschen und dem Normannen nicht. Als Robert schließlich neue Truppen ausgehoben hatte, war der deutsche König verschwunden. 1084 eroberten die normannischen Truppen Rom. Robert betrat die Stadt, um seinen Lehnsherrn Gregor gegen den Willen der Römer wiedereinzusetzen. Als sie auf Widerstand stießen, plünderten die Truppen des Herzogs die Stadt und brannten sie nieder. Die Plünderung Roms von 1084 gilt als Zäsur für das mittelalterliche Rom (Beginn 28. Mai 1084). Geschätzte 3/4 der Stadt lag in Trümmern. Gregor konnte sich nicht halten und folgte Robert an dessen Hof in Salerno, wo er 1085 starb.

Kaum kehrte ein wenig Ruhe in Italien ein, eilte Robert zurück nach Griechenland, wo sein Sohn Bohemund von Tarent in Rückzugsgefechte verwickelt war. Nach einigen Niederlagen gegen die mit Alexios verbündete venezianischen Flotten, schlugen die Normannen einen gegnerischen Schiffsverband bei Korfu entscheidend. Robert bereitete nun das Eindringen in das Ionisches Meer vor, über das er auf die Insel Kefalonia gelangte. Hier verstarb Robert überraschend, vermutlich am 17. Juli 1085, in der Nähe von Atheras vermutlich an einer Typhus- oder Ruhrerkrankung. Die Nachfolge als Herzog trat sein Sohn Roger Borsa an. Bohemund von Tarent, sein ältester Sohn aus erster Ehe, ergriff 1098 das Kreuz und half bei der Eroberung Jerusalems (1. Kreuzzug). Im Jahr 1130 verschmolz sein Neffe Roger II. das Herzogtum Apulien mit Sizilien zum Königreich Sizilien.

Literarische Verarbeitung

Verewigt wurde Robert schon von Dante, der sowohl im Inferno (XXVIII, 14), als auch im Paradiso (XVIII, 48) den Normannen zu erwähnen wusste. Weniger bekannt sind die Werke von Claudius (Die Grafen Guiscardi. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen; 1791) und von Matthew Gregory Lewis (Adelghita - or: The fruits of a single error. A tragedy in five acts; 1806).

Um so bekannter geworden ist aber dafür Heinrich Kleists Robert Guiskard. Herzog der Normänner von 1808, in dem (neben Die Familie Schroffenstein) die Problematik der Legitimation von Herrschaft (mit deutlichen Parallelen zu Napoleon) im Mittelpunkt steht.

Wieder wenig bekannt ist Joseph von Eichendorffs Versepos Robert und Guiscard von 1855. Dem folgen Friedrich Lorchs Robert Guiskard. Drama in fünf Akten von 1907 und Michele Scozias Sichelgaita. Signora del Mezzogiorno von 1994, das der zweiten Frau Roberts gewidmet ist und Gabriella Brookes The words of Bernfrieda. Chronicle of Hauteville, the chronicle of the life of Fredesenda, wife of Tancred of Hauteville and mother of Robert Guiscard von 1999, das die Mutter in das Zentrum setzt.

Auf Rijn Thalands Der große Bruder oder Robert Guiskards Widerspiel. Dramatisches Mysterium in vier Bildern von 1968 sei noch am Rande hingewiesen, auch wenn für das (angeblich) im Manuskript veröffentlichte Werk bislang nur ein Beleg gefunden werden konnte.

Literatur: R. Samuel/H. Brown, Kleist's Lost Year and the Quest for Robert Guiskard; Spa 1981

Literatur

  • Finch Allibone, In Pursuit of the Robber Baron: Recreating the Travels of Robert Guiscard, Duke of Apulia, Calabria and Sicily; Luton 1988
  • Richard Bünemann, Robert Guiskard - Terror mundi. Eroberer zwischen Rom und Konstantinopel; in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 10 (1987), 627-644
  • ders., Robert Guiskard. Ein Normanne erobert Süditalien; Köln, Weimar u. Wien 1997.
  • Salvatore Impellizzeri, (Hg.) Anna Comnena: La precrociata di Roberto il Guiscardo; Bari 1965
  • Graham A. Loud, Coinage, Wealth and Plunder in the Age of Robert Guiscard; in: English Historical Review 114 (1999), 815-843
  • ders., The Age of Robert Guiscard: Southern Italy and the Norman Conquest; London 2000
  • Marguerite Mathieu (Hg.), Guillelmus Apuliensis: La Geste de Robert Guiscard, Testi et Monumenti, Testi 4, Palermo 1961
  • Léon Robert Ménager, Les fondations monastiques de Robert Guiscard; in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken, Bd. 39, Tübingen 1959, 1-116
  • Huguette Taviani-Carozzi, La terreur du monde. Robert Guiscard et la conquête normande en Italie. Mythe et histoire; Paris 1996
  • Otto Vehse, Robert Guiscard; in: ders., Nordische Staatengründer, Hamburg 1943, 105-122
  • John Julius Norwich: Die Normannen in Süditalien

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.retrobibliothek.de/retrobib/seite.html?id=124997

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  • Robert Guiscard — Fr. /rddaw berdd gee skannrdd /. See Guiscard, Robert …   Useful english dictionary

  • Robert Guiscard — /rɒˌbɛə gisˈka/ (say ro.bair gees kah) noun → Guiscard …  

  • Robert Guiscard — biographical name circa 1015 1085 Robert de Hauteville Norman military leader …   New Collegiate Dictionary

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