Robert Weismann

Robert Weismann

Robert Weismann (* 3. Juni 1869 in Frankfurt am Main; † 2. Februar 1942 in New York) war ein deutscher Jurist und preußischer Beamter. Er war lange Jahre Staatssekretär im preußischen Staatsministerium, ehe er in der Zeit des Nationalsozialismus emigrieren musste. Weismann gehörte zu den 33 Deutschen, die am 23. August 1933 auf der ersten Ausbürgerungsliste der Nationalsozialisten standen.

Leben

Weismann studierte Rechtswissenschaften und promovierte zum Dr. jur. Er absolvierte den üblichen Vorbereitungsdienst in der preußischen Justiz, ehe er 1903 Staatsanwalt in Duisburg wurde. Im Jahr 1908 wechselte Weismann zum Landgericht Berlin I. 1910 wurde er zum Staatsanwaltschaftsrat ernannt. Politisch gehörte Weismann der Zentrumspartei an.

Nach der Novemberrevolution wurde Weismann erster Staatsanwalt und Oberstaatsanwalt sowie Leiter der Politischen Abteilung der Staatsanwaltschaft I Berlin.

Zwischen 1920 und 1923 war er zunächst kommissarisch, später regulär Staatskommissar für die öffentliche Ordnung. Am 15. April 1923 wurde er zum kommissarischen Staatssekretär im preußischen Staatsministerium ernannt. Kurze Zeit später erfolgte die reguläre Ernennung. Weismann war ab 1923 stellvertretender Bevollmächtigter Preußens beim Reichsrat. Er nahm an den internationalen Konferenzen in London (1921), Genua (1922) und Locarno (1925) teil. Er war enger Berater des Ministerpräsidenten Otto Braun. Dieser schätzte Weismann als ergiebige Informationsquelle und geschickten Diplomaten.[1]

Engen Kontakt hielt Weismann auch zu den Reichsregierungen. Er nahm an zahlreichen Sitzungen des Reichskabinetts teil. Auch auf privater Ebene wurde der Kontakt gepflegt. Hermann Pünder berichtete, dass er zusammen mit Weismann und Otto Meissner vom Reichspräsidialamt den „Club der Staatssekretäre“ gebildet hätte, eine Gruppe, die „wie Pech und Schwefel“ zusammenhielt und sich in ungezwungener Atmosphäre in einer Bierkneipe traf, um Probleme informell vorzuklären.[2]

Unklar ist, weshalb Franz von Papen für den schon beschlossenen Preußenschlag als ausführende Kraft an Weismann dachte. Dieser lehnte ab, unter anderem weil er nicht bereit war, wie gefordert, Albert Grzesinski und Wilhelm Abegg zu entlassen.[3]

Nach dem Preußenschlag 1932 ersuchte Weismann um seine Entlassung. Er emigrierte zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft zunächst in die Tschechoslowakei, ging später über die Schweiz und Frankreich in die USA. Bereits im August 1933 wurde Weismann die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt. Weismann, der darauf hinwies, dass er vier Jahrzehnte „in Treue Preußen und dem Reich“ gedient und für die „Größe des Vaterlandes und die Wiederherstellung der Freiheit“ gekämpft hätte, fühlte sich davon in seiner Ehre tief gekränkt.[4]

Weismanns Tochter Julia wurde die zweite Ehefrau Alfred Kerrs; Robert Weismann war der Großvater von Michael Kerr und Judith Kerr.[5]

Einzelnachweise

  1. Protokolle des preußischen Staatsministeriums Bd.11 I S.20
  2. Protokolle des preußischen Staatsministeriums Bd.12 I S.33
  3. Albert Grzesinski, Eberhard Kolb: Im Kampf um die deutsche Republik: Erinnerungen eines Sozialdemokraten. 2001 Digitalisat
  4. Dieter Gosewinkel: Einbürgern und ausschließen. Die Nationalisierung der Staatsangehörigkeit vom deutschen Bund bis zur Bundesrepublik Deutschland. Göttingen, 2001 S.379 Digitalisat
  5. "Im Exil die Sprache verloren". Interview mit Judith Kerr, erschienen auf: Spiegel Online, 16. Oktober 2007, abgerufen am 27. November 2009

Weblinks


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