Roberto Baden Powell de Aquino

Roberto Baden Powell de Aquino
Baden Powell, 1971

Baden Powell de Aquino, kurz Baden Powell (* 6. August 1937 in Itaperuna/Varre e Sai, Bundesstaat Rio de Janeiro; † 26. September 2000 in Rio de Janeiro, Bundesstaat Rio de Janeiro) war einer der bedeutendsten brasilianischen Gitarristen.

Baden Powell war der Sohn von Lino de Aquino, und seiner Frau Adelina. Der Vater, der Geige und Gitarre spielte, war begeisterter Pfadfinder und nannte daher seinen Sohn nach Robert Baden-Powell. Mit sieben begann er Gitarre zu spielen, studierte bis zum vierzehnten Lebensjahr klassische Gitarre und erwarb ein Diplom am Konservatorium in Rio de Janeiro. Mit fünfzehn war er professioneller Musiker, mit zwanzig begann er erfolgreich zu komponieren. Wichtig für seine musikalische Entwicklung waren sein Vater Lino, sein Gitarrenlehrer Jaime Florence, sowie die Dichter Vinicius de Moraes und Paulo Cesar Pinheiro, die Schöpfer bekannter brasilianischer Lieder waren, die heute zu den Klassikern zählen. Sein größter kompositorischer Beitrag waren die 1966 mit Vinicius de Moraes entstandenen "Os Afrosambas".

Der deutsche Jazzautor Joachim Ernst Berendt nahm mehrere Platten mit Baden Powell auf, die in Europa Beachtung fanden. Seine Schallplatte "Tristeza on Guitar" wurde 1966 auch international erfolgreich. 1967 holte ihn Berendt zu den Berliner Jazztagen. Dieser Auftritt bildete den Auftakt einer erfolgreichen Karriere in Europa. 1970 unternahm das "Baden Powell Quartet" eine erste Europa- und Japantournee.

Zahlreiche Schallplattenveröffentlichungen zeigten einen experimentierenden und improvisierenden Musiker, der auch Barock-Modulationen in seine Synthese von Samba und Jazz einzubinden wusste. Es entstanden Aufnahmen von hohem musikalischem Wert, die eine Verschmelzung afro-brasilianischer und europäischer Musikkultur darstellten. Die Zusammenarbeit mit Berendt endete 1971.

Der Einfluss des Jazz blieb, doch die brasilianischen Wurzeln in seiner Musik begannen, seine Platten zu dominieren. Die virtuose Vermischung der Stile macht den Reiz seiner frühen Platten aus. Baden Powell erwarb sich als einer der weltbesten Akustikgitarristen weltweite Anerkennung.

Die ausgedehnten Tourneen und das Nachtleben forderten Mitte der Siebziger von dem sensiblen Gitarristen ihren Tribut. Baden Powell erkrankte durch seinen unkontrollierten Alkoholkonsum ernsthaft und seine künstlerische Schöpferkraft ließ nach. Die öffentlichen Auftritte und Aufnahmen wurden seltener. 1983 zog er mit seiner Frau Silvia und seinen zwei Söhnen nach Baden-Baden und lebte dort für einige Jahre zurückgezogen.

Das familiäre Zusammenleben brachte Ruhe und das Gleichgewicht in sein Leben. Er begann wieder aufzutreten. Mit den Solokonzerten in Europa knüpfte er eine kurze Zeit an frühere Erfolge an. Sein Spiel wurde ruhiger und konzentrierter und in seinem Konzertrepertoire mehrten sich die Kompositionen anderer brasilianischer Künstler, denen er die Anerkennung entgegenbrachte, die ihm persönlich in der Heimat lange Zeit verwehrt wurde.

Nach fünf Jahren Rückzug im Schwarzwald und der Veröffentlichung dreier Schallplatten: Felicidades, Live 1982 und Brani Rari e Inediti kehrte er nach Brasilien zurück und veröffentlichte 1988 das Album Rio das Valsas, das sich durch große gitarristische Atmosphäre, Reife und Dichte auszeichnete. Die Platte wirkt wie eine Liebeserklärung an seine Heimat und an sein Instrument.

Seine musikalische Produktivität nahm wieder zu. Er gab regelmäßig Konzerte und veröffentlichte einige beachtliche Einspielungen. Bis in die letzten Lebensmonate widmete er sich unablässig neuen Projekten. Im Mai 2000 spielte Baden Powell eines seiner letzten Alben ein - "Lembrancas" (Erinnerungen), das Alterswerk eines großen Meisters der brasilianischen Gitarre.

Er widmete sich zudem auch der musikalischen Ausbildung seiner Söhne Philippe Baden Powell de Aquino (Klavier) und Louis Marcel Powell de Aquino (Gitarre), die beide professionell als Musiker in Brasilien und Paris arbeiten und eigene Schallplatten und Kompositionen veröffentlicht haben.

Diskografie (Auswahl)

  • 1963 - Baden Powell a vontade
  • 1966 - Os-Afro Sambas
  • 1966 - Tristeza on Guitar
  • 1967 - Poema on Guitar
  • 1970 - Canto on Guitar
  • 1971 - Estudos
  • 1973 - Apaixonado
  • 1988 - Rio das valsas
  • 1996 - Rio a Paris - Live 1974
  • 2000 - Lembrancas
  • 2006 - Baden Powell plays vinicius de Moraes

Literatur

  • Dominique Dreyfus. O violão vadio de Baden Powell. Editora 34. 1999. ISBN 978-8573261486. (Portugiesisch)

Weblinks


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