Roger Garaudy

Roger Garaudy

Roger Garaudy (* 17. Juli 1913 in Marseille) ist ein französischer Schriftsteller, Philosoph und früherer Kommunist. Nachdem er sich in den sechziger und siebziger Jahren dem Christentum zugewandt hatte, trat er 1982 zum Islam über. Es wird ihm heute vorgeworfen, revisionistische und antisemitische Positionen zu vertreten.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Garaudy, Hochschulprofessor für Kunstgeschichte und Philosophie, war Mitglied des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Frankreichs (KPF) und für sie von 1945 bis 1951 und von 1956 bis 1958 Mitglied der Nationalversammlung.[1] Seit 1962 leitete er das Centre d'Études et de Recherches Marxistes. Als Chefideologe seiner Partei entwickelte er reformkommunistische Vorstellungen. 1965 wurde er zum Kritiker der orthodoxen Parteilinie und trat später für einen Dialog mit dem Christentum ein. Seine Kritik des Einmarsches der Truppen des Warschauer Pakts in die ČSSR 1968 führte zum Bruch mit der KPF, die ihn 1970 ausschloss.

In den siebziger Jahren setzte sich Garaudy für einen Dialog der Weltreligionen unter sozialistischer Zukunftsperspektive ein. Mit Unterstützung aus linksalternativen und ökologischen Kreisen versuchte er 1981, für die französische Präsidentschaftswahl zu kandidieren, konnte aber die notwendigen 500 Unterschriften nicht aufbringen.

Nach seinem Übertritt zum Islam wurde er zunehmend zum Kritiker des Staates Israel. Mit erheblicher finanzieller Unterstützung aus arabischen Kreisen wendet er sich seither zudem gegen die Politik der USA, denen er Lobbyismus für den Staat Israel vorwirft. 1986 erhielt er den König-Faisal-Preis für Verdienste um den Islam.

Wegen Leugnung des Holocausts, rassistischer Verleumdung und Anstachelung zum Rassenhass in seinem 1996 erschienen Buch Die Gründungsmythen der israelischen Politik wurde Garaudy 1998 von einem französischen Gericht verurteilt.[2] Das Urteil wurde 2003 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bestätigt (EGMR 65831/01, vom 24. Juni 2003).[3]

Garaudy erhielt im Jahr 2002 neben anderen Autoren den mit 250.000 US-Dollar dotierten „Al-Gaddafi International Prize for Human Rights“ des libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi.

Werke

  • Karl Marx (1964)
  • Dieu est mort (Gott ist tot, 1965)
  • Marxisme du XXeme siècle (Marxismus im 20. Jahrhundert, 1966)
  • Le grand tournant du socialisme (Die große Wende des Sozialismus, 1969)
  • Parole d'homme (Menschenwort, 1975)
  • Appel aux vivants (Aufruf an die Lebenden, 1979)
  • Les Orateurs de la Révolution française (1991)
  • A Contre - Nuit (1992)
  • Avons-nous besoin de Dieu? (Brauchen wir Gott?, 1993)
  • Promesses de l'Islam (Verheissung Islam), SKD Bavaria, München, 1994, ISBN 3-926575-08-5
  • Les Mythes fondateurs de la politique israélienne (Die Gründungsmythen der israelischen Politik, 1996)[4]
  • Le terrorisme occidental (2004)

Literatur

  • Michaël Prazan/Adrien Minard: Roger Garaudy. Itinéraire d’une négation. Calmann-Lévy, Paris 2007
  • Juliane Wetzel: Antisemitismus und Holocaustleugnung. In: Bundesministerium des Inneren (Hrsg.): Extremismus in Deutschland - Erscheinungsformen und aktuelle Bestandsaufnahme. 2004.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Biographie Garaudys der französischen Nationalversammlung
  2. Holocaust-Leugner Garaudy zu Haft auf Bewährung verurteilt
  3. Jörg Menzel, Tobias Pierlings, Jeannine Hoffmann, Völkerrechtsprechung S. 238 [1]
  4. ein kurzer Auszug mit den Kernsätzen, die zu seiner Verurteilung führten, sowie die arabischen Reaktionen darauf in Rainer Zimmer-Winkel, Hg.: Die Araber und die Shoa. Über die Schwierigkeiten dieser Konjunktion. Aphorisma, Trier 2000, ISSN 0935-8684 ISBN 978-3-86575-101-0 ISBN 3-932528-37-9, Garaudy S. 39 mit Bezug auf den Leuchter-Report, in Deutsch

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