Rot-grün

Rot-grün
SPD
Bündnis 90/Die Grünen
SPÖ
Die Grünen

Unter einer rot-grünen Koalition (kurz: Rot-Grün) versteht man eine Regierungskoalition zwischen einer sozialdemokratischen/sozialistischen und einer grünen Partei.

In Deutschland ist damit eine Koalition zwischen der SPD und der Partei Bündnis 90/Die Grünen (bzw. deren Vorgängerpartei, den Grünen) gemeint, in Österreich eine Koalition aus SPÖ und Grünen.

Inhaltsverzeichnis

Deutschland

Bundesebene

Auf Bundesebene regierten SPD und Grüne gemeinsam von 1998 bis 2005. Unter Bundeskanzler Gerhard Schröder stellten die Grünen in den Kabinetten Schröder I und Schröder II jeweils drei Bundesminister, darunter den Vizekanzler und Bundesaußenminister Joschka Fischer.

Länderebene

Seitdem 1985 in Hessen die erste rot-grüne Koalition auf Landesebene geschlossen wurde, gab es bisher in acht Bundesländern Rot-Grün geführte Landesregierungen.

Hessen

Joschka Fischer, der erste grüne Landesminister

Die erste rot-grüne Koalition kam 1985 in Hessen unter Ministerpräsident Holger Börner zu stande, der selbst noch zwei Jahre zuvor in Bezug auf die Grünen sagte, solchen Leuten sei man früher mit der Dachlatte begegnet. Der erste und damit vorerst einzige grüne Minister im Kabinett Börner III war Umweltminister Joschka Fischer. Die Koalition zerbrach nach 14 Monaten. Bei der Landtagswahl am 5. April 1987 erzielten CDU und FDP eine Mehrheit und Walter Wallmann wurde der erste christdemokratische Ministerpräsident Hessens.

Vier Jahre später kam es nach der Landtagswahl 1991 zu einer Neuauflage von Rot-Grün unter Ministerpräsident Hans Eichel, die 1995 bestätigt wurde. 1999 konnte der CDU-Politiker Roland Koch mit einem Wahlkampf gegen rot-grüne Politik auf Landes- und auf Bundesebene in die Staatskanzlei einziehen.

Bei der Landtagswahl am 27.Januar 2008 verlor Ministerpräsident Koch seine absolute Mehrheit und erreichte auch mit der FDP keine regierungsfähige Mehrheit. Im Anschluss versuchte die SPD-Landesvorsitzende Andrea Ypsilanti eine rot-grüne Minderheitsregierung unter Tolerierung der Linkspartei zu bilden, was jedoch im November 2008 auf Grund mangelnder Unterstützung in den eigenen Reihen scheiterte.

Berlin

1989 wurde in Berlin die zweite rot-grüne Landesregierung vereidigt. Allerdings waren daran nicht Die Grünen, sondern die Partei Alternative Liste für Demokratie und Umweltschutz (AL), die bis 1993 in Berlin antrat, beteiligt. Die AL entsandte in den Senat Momper drei Senatoren, die allerdings kein Mitglied in der Partei waren. Im November 1990 zerbrach die Koalition und die SPD regierte bis zur Berlinwahl am 2. Dezember 1990 alleine ohne Mehrheit weiter, bei der weder Rot-Grün noch Schwarz-Gelb eine Mehrheit erzielten, so dass eine Große Koaltion unter CDU-Führung gebildet wurde. Diese Koalition zerbrach am 7. Juni 2001. Infolgedessen bildete Klaus Wowereit eine rot-grüne Minderheitsregierung, die von der PDS geduldet wurde. Bei der Abgeordnetenhauswahl 2006 in Berlin kamen PDS und Grüne beide auf knapp mehr als 13 Prozent der Stimmen. Klaus Wowereit hätte mit beiden Parteien regieren können, entschloss sich allerdings, die Regierung mit der PDS fortzusetzen. Obwohl SPD und Grüne schon von 1989 bis 1990 und von 2001 bis 2002 gemeinsam in Berlin regiert hatten, gingen die Grünen 2006 in die Opposition.

Bremen

Nach der Bürgerschaftswahl im Juni 2007 bildete die SPD nach zwölf Jahren großer Koalition eine rot-grüne Koalition unter Jens Böhrnsen. Diese Koalitionsbildung stellte die erste rot-grüne Koalition auf Landesebene nach der Wahl Angela Merkels zur Bundeskanzlerin dar.

Hamburg

Infolge der Bürgerschaftswahlen 1997 in Hamburg wurde eine rot-grüne Regierung unter Ortwin Runde gebildet, die bis 2001 regierte. Die GAL hatte in den Senat Runde vier Senatoren entsandt.

Niedersachsen

Im Juni 1990 wurden mit Waltraud Schoppe und Jürgen Trittin in Niedersachsen die ersten grünen Minister nach Joschka Fischer vereidigt. Ministerpräsident wurde damals Gerhard Schröder, der ab 1994 dann vier Jahre lang mit absoluter Mehrheit regierte.

Nordrhein-Westfalen

Nachdem die SPD 1995 unter Ministerpräsident Johannes Rau die absolute Mehrheit verloren hatte, bildeten SPD und Grüne auch dort eine rot-grüne Koalition, wobei Rau nach Presseberichten über diese Koalition nicht begeistert war. Unter anderem gab es immer wieder Konflikte um den Braunkohletagebau (Garzweiler II).

Nachdem die Koalition 2000 unter Raus Nachfolger Wolfgang Clement bestätigt wurde, verlor Clements Nachfolger Peer Steinbrück die Landtagswahl 2005, infolgedessen ging die SPD nach 39 Jahren in die Opposition. Diese Wahlniederlage der damals letzten rot-grünen Koalition auf Landesebene hatte zur Folge, dass Bundeskanzler Gerhard Schröder und der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering (der selbst aus NRW stammt), für die Bundesebene Neuwahlen beschlossen, die zur Bildung der großen Koalition unter Angela Merkel führte.

Schleswig-Holstein

Nach Verlust der absoluten Mehrheit der SPD im Jahr 1996 gingen SPD und Grüne eine Koalition unter Heide Simonis ein, die im Jahr 2000 bestätigt wurde.

Die Landtagswahl 2005 brachte kein eindeutiges Ergebnis: Weder Rot-Grün noch Schwarz-Gelb erzielten eine Mehrheit, so dass entscheidend war, wie sich die beiden Abgeordneten der dänischen Minderheitenpartei SSW verhalten würden. Nachdem diese sich zu einer Tolerierung der rot-grünen Minderheitsregierung bereit erklärt haten, kam es bei der Ministerpräsidentenwahl am 17. März 2005 zum Eklat: Ein Abgeordneter der geplanten Koalition versagte Heide Simonis in vier Wahlgängen die Zustimmung. Heide Simonis trat daraufhin nach 12 Dienstjahren zurück, ihr Nachfolger Peter Harry Carstensen (CDU) bildete eine große Koalition.

Magdeburger Modell

Rot-grüne Minderheitsregierungen gab es in Sachsen-Anhalt und in Berlin. Beides mal wurde die Regierung von der PDS toleriert. Dies wird auch in Anlehnung an die Regierung in Sachsen-Anhalt (1994 bis 1998) Magdeburger Modell genannt. Reinhard Höppner war hier Ministerpräsident. Erneut wurde diese Variante in Berlin unter Klaus Wowereit praktiziert; in Hessen scheiterte dieses Modell 2008 am Widerstand von vier SPD-Abgeordneten.

Ungenutzte Rot-grüne Mehrheiten

Von 1991 bis 1996 und von 2001 bis 2006 gab es im rheinland-pfälzischen Landtag eine Mehrheit für SPD und Grüne. SPD-Spitzenkandidat Rudolf Scharping entschloss sich allerdings nach dem Wahlsieg 1991 für eine Sozialliberale Koalition. Auch sein Nachfolger Kurt Beck setzte die Kooperation mit der FDP von 1994 bis 2006 fort. Nach der Wahl 1996 entschied sich die FDP gegen eine Regierung mit der CDU, die wegen der Stärke der FDP eine Mehrheit gehabt hätte, und fünf Jahre später wollte auch die SPD lieber mit der FDP als mit den Grünen regieren. Bei der Landtagswahl 2006 verfehlten die Grünen den Einzug ins Landesparlament und die SPD erzielte die absolute Mehrheit im Landtag.

In Hamburg zog Henning Voscherau zwischen 1993 und 1997 die Statt-Partei als Regierungspartner trotz rot-grüner Mehrheit vor.

In Bremen verzichtete Henning Scherf zwischen 1995 bis 2005 auch auf die rot-grüne Mehrheit zugunsten einer großen Koalition, die zwischen 2005 und 2007 von Bürgermeister Böhrnsen übernommen wurde. Seit der Bürgerschaftswahl 2007 regiert Böhrnsen allerdings mit den Grünen.

Die derzeitige rot-grüne Mehrheit im Senat Berlin wird politisch ebenfalls nicht genutzt. Der Regierende Bürgermeister Wowereit setzte seine rot-rote Regierung nach der Abgeordnetenhauswahl 2006 fort. Zuvor hatte Rot-Grün keine Mehrheit gehabt.

Rot-Grün als Gesellschaftsprojekt

Mit dem Begriff Rot-Grün wird mitunter auch ein Gesellschaftsprojekt verbunden, bei dem Mitglieder der 68er-Generation wie z. B. Joschka Fischer den Marsch durch die Institutionen antreten wollten, um in der Gesellschaft mehr Toleranz gegenüber Minderheiten, größerer Akzeptanz gegenüber der Emanzipation von Frauen und Männern und zu mehr Achtsamkeit gegenüber der Umwelt zu erreichen.

In positivem Zusammenhang wird der Begriff mit den erwähnten Entwicklungen in Verbindung gebracht, in negativem Zusammenhang wird mit Rot-Grün vor allem Utopismus und eine zu unkritische oder gar blinde Haltung gegenüber den Integrationsproblemen von Immigranten assoziiert. Aus jener sozialpolitischen Sichtweise wird das Projekt Rot-Grün mit der verlorenen Wahl der Regierungskoalition auf Bundesebene zwischen der SPD und der Partei Bündnis 90/Die Grünen bei der Bundestagswahl 2005 als entweder gescheitert oder aber als erfolgreich angesehen, je nachdem, welche Themen wie gewichtet werden.

Österreich

Obwohl als ernsthafte Koalitionsvariante angesehen, existierte bis dato keine einzige rot-grüne Regierung auf Landes- oder Bundesebene. Die einzige Regierung mit grüner Beteiligung ist die schwarz-grüne Koalition in Oberösterreich.

Siehe auch


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  • Rot-Grün — 〈n. 15; unz.; meist ohne Artikel; Pol.; umg.〉 die Koalition der Parteien SPD u. die Grünen ● Rot Grün ist zu Kompromissen bereit * * * rot grün, rot|grün <Adj.>: die Koalition der Parteien SPD und Die Grünen betreffend: eine e Mehrheit; r.… …   Universal-Lexikon

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