Rudolf Pleil

Rudolf Pleil

Rudolf Pleil, genannt Der Totmacher (* 7. Juli 1924 in Kühberg bei Bärenstein im Erzgebirge; † 16. Februar 1958 in Celle), war ein deutscher Serienmörder. Er verbreitete durch eine Mordserie vor allem im Harzer Zonenrandgebiet in den Jahren 1946 und 1947 Angst und Schrecken.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Pleils Jugend war sehr schwierig. Er wuchs im Grenzgebiet zur Tschechoslowakei auf. Die Familie wurde nach der Machtübernahme Hitlers dorthin ausgewiesen: Sein Vater, ein alkoholabhängiger Hilfsarbeiter, war überzeugter Kommunist. Außerdem starb sein Bruder früh, und seine ältere Schwester wurde aufgrund ihrer Epilepsie zwangssterilisiert.

Pleil war als kleiner Junge gezwungen, seine Familie zu ernähren. Dazu fing er schon früh an, Waren über die Grenze zu schmuggeln, weswegen er auch mehrfach festgenommen wurde. In der Schule blieb er mehrmals sitzen und floh 1939 von zu Hause, um Schiffsjunge zu werden. Nach Kriegsanfang kam er zur Kriegsmarine, wurde dort aber wegen Diebstahls zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Am 26. Oktober 1943 wurde er für den Dienst als untauglich befunden, da er an epileptischen Anfällen litt. Nach der Entlassung arbeitete er zwischenzeitlich als Kellner, litt aber weiterhin an Anfällen, weswegen er, nach einem ärztlichen Gutachten, ebenfalls nach den NS-Gesetzen zwangssterilisiert werden sollte. Ein Bombenangriff zerstörte wenige Tage vor dem geplanten Termin den Operationssaal. Pleil wurde Koch in einem Arbeiterlager, nach dem Einmarsch der Roten Armee wurde er als Hilfspolizist in seinem Heimatdorf eingestellt. In dieser Zeit tötete er das erste Mal, als er während einer Plünderung einen sowjetischen Soldaten ermordete.

Verhaftung

Zwischen 1946 und 1947 arbeitete Rudolf Pleil als Grenzgänger im Harz und half zahlenden Personen, meist Frauen, die Grenze illegal nach Ost und West zu passieren. In diesen beiden Jahren erschlug und missbrauchte er zusammen mit seinen beiden Komplizen Karl Hoffmann und Konrad Schüßler mindestens zwölf Frauen. Am 21. April 1947 wurde Pleil verhaftet.

Die häufigsten Hinweise auf Rudolf Pleil kamen aus dem Harz, aber auch in anderen Regionen wusste man noch von ihm und machte auf seine Person aufmerksam. Eine Einwohnerin aus Hof in Oberfranken, die in den vierziger Jahren eine kleine Pension für Heimkehrer unterhielt und über die Zustände an der Grenze unterrichtet war, meinte sich noch eindrücklich an ihn zu erinnern.[1]

Pleils Verhaftung erfolgte nicht wegen der Frauenmorde, sondern weil er im Streit auf einem Grenzgang den Hamburger Kaufmann Hermann Bennen mit einem Beil erschlagen hatte. Bennen war sein zweites männliches Mordopfer. Das Gericht wertete Pleils Tat nur als Totschlag, da er zum Tatzeitpunkt stark angetrunken war. Es verurteilte ihn zu zwölf Jahren Zuchthaus. Wäre er des Mordes für schuldig befunden worden, hätte ihm die Todesstrafe gedroht. Die übrigen Verbrechen blieben unaufgeklärt, wofür ein oberflächliches Vorgehen von Polizei und Justizbehörden mitverantwortlich war. Dass viele der Opfer nicht aus der Gegend stammten, kommt hinzu. Es handelte sich oft um Strandgut des Krieges, infolge des Krieges und der Nachkriegszustände entwurzelte Menschen. In der Haft in Celle bezichtigte Pleil sich schließlich selbst der weiteren Morde. In einem Memoirenheft mit dem Titel Mein Kampf breitete er die grauenhaften Einzelheiten prahlerisch aus. Pleil behauptete, insgesamt 25 Morde begangen zu haben und damit einen mehr als Fritz Haarmann, um sich als „größter Totmacher“ überhaupt bezeichnen zu können. Aufgrund seiner Geständnisse wurde ihm am 31. Oktober 1950 der zweite Prozess gemacht.

Prozess

Der Prozess gegen Rudolf Pleil und seine beiden Mittäter Karl Hoffmann und Konrad Schüßler in Braunschweig wurde im In- und Ausland von der Presse verfolgt. Ausländische Zeitungen schickten Reporter. Pleil genoss die Aufmerksamkeit um seine Person und versuchte, sich so oft wie möglich in den Mittelpunkt zu stellen. Bei seinen Ausführungen vor Gericht übertrieb er schamlos, was entsprechende Presseberichte zur Folge hatte. Lächelnd gestand Pleil im so genannten „Braunschweiger Prozess“ zahlreiche Morde an Frauen. Er prahlte, insgesamt 40 Morde begangen zu haben.[2]

Pleil wurde als mordende Bestie dargestellt. Er selbst spekulierte darauf, dadurch als geisteskrank eingestuft zu werden. Dann wäre er nicht zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, sondern wäre, seiner Taktik zufolge, in die Psychiatrie gekommen. Diese Prozesstaktik ging nicht auf, drei Wochen nach Beginn des Prozesses, am 17. November 1950, wurden Pleil und seine beiden Mittäter jeweils wegen mehrfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Während Schüßler in den 1970er Jahren begnadigt wurde und Hoffmann im Gefängnis verstarb, erhängte sich Pleil am 16. Februar 1958 in seiner Zelle.

Literatur

  • Reinhold Albert, Hans-Jürgen Salier: Der 'Totmacher' Rudolf Pleil. In: dies.: Grenzerfahrungen kompakt: das Grenzregime zwischen Südthüringen und Bayern/Hessen von 1945 bis 1990. Leipzig/Hildburghausen 2009, ISBN 978-3-939611-35-6, S. 277 ff.
  • Gerhard Feix: Der Tod kam mit der Post. Aus der Geschichte der BRD-Kripo. Verlag Das Neue, Berlin 1988, ISBN 3-360-00197-4
  • Kathrin Kompisch, Frank Otto: Teufel in Menschengestalt. Die Deutschen und ihre Serienmörder. Bastei-Lübbe, Bergisch-Gladbach 2006, ISBN 3-404-60571-3
  • Hans Pfeiffer: Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske. Weltbild, Leipzig 1995
  • Wolfgang Ullrich: Der Fall Rudolf Pleil und Genossen. Archiv für Kriminologie, Bd. 123 (1959), S. 36-44
  • Christian Zentner: Illustrierte Geschichte der Ära Adenauer. München 1984, ISBN 3-517-00845-1, S. 92 ff.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Andreas Hartmann, Sabine Künsting: Grenzgeschichten – Berichte aus dem deutschen Niemandsland. Frankfurt a. M. 1990, ISBN 3-10-029906-X, S. 187.
  2. Jan Malte Andresen (Hrsg.): diary 10 – Terminvorschau 2010. Termine|Jahrestage|Gedenktage|Geburtstage. Hamburg 2010, S. 325.

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