Rumänische Streitkräfte

Rumänische Streitkräfte
Die rumänische Flussmarine in Tulcea

Die Armata Română (Rumänische Armee) als Streitkräfte von Rumänien sind in das Verteidigungs- und Sicherungskonzept der NATO eingebunden. Am 29. März 2004 trat man dem atlantikübergreifenden Militärbündnis bei. Der freiwillige Wehrdienst wurde formell 2004 abgeschafft. Das Militärbudget betrug 2006 4,3 Mrd US-Dollar.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Armee des Königreichs Rumänien

Anfänge

1859 wurde Alexandru Ioan Cuza (Alexander Johann I.) zum Fürsten der beiden Fürstentümer Walachei (Ţara Românească, wörtl. „rumänisches Land“) und Moldau (Moldova) gewählt und proklamierte am 24. Dezember 1861 den souveränen Staat Rumänien. Die Unabhängigkeit Rumäniens wurde im Russisch-Türkischen Krieg 1877–78 erreicht, als rumänische Einheiten die Russen bei ihrem Sieg über das Osmanische Reich unterstützten.

Erster Weltkrieg

Unter Ferdinand von Hohenzollern (Ferdinand I. 1916–1927) trat Rumänien der Entente bei und von 1916-1918 in den 1. Weltkrieg ein. Der Kriegserklärung vom 27. August 1916 an Österreich-Ungarn waren Geheimverhandlungen mit Russland vorausgegangen. Das Zarenreich akzeptierte darin rumänische Gebietsansprüche auf die Bukowina, Siebenbürgen und das Banat. Im Sommer 1916 konnten die rumänischen Truppen den Südosten Siebenbürgens erobern, wurden aber von deutsch-österreichischen Truppen vom Norden und von einem bulgarisch-deutschen Armeekorps vom Süden in die Zange genommen. Binnen weniger Monate waren große Teile Rumäniens (Klein- und Großwalachei) besetzt. Die deutsche Besatzung dauerte von Dezember 1916 bis zur deutschen Kapitulation. In der nordöstlichen Provinz Moldau wurde die rumänische Armee durch französische Hilfe reorganisiert, eine lokale deutsche Offensive in Richtung Moldau wurde im Juli 1917 gestoppt.

Zwischenkriegszeit

Im Friedensvertrag von Versailles 1919 und Friedensvertrag von Trianon 1920 konnte auch Rumänien sein Staatsgebiet mit den Gebieten vergrößern, wo die Rumänen zwischen 49 % und 90 % der Wohnbevölkerung darstellten. Carol II. regierte bis 1940 und lehnte sich zunächst an die „kleine Entente“ an, ab 1934 jedoch aus wirtschaftlichen Gründen auch an Hitlers Drittes Reich.

Ende Juni 1940 erzwang die Sowjetunion im Gefolge ihrer Annexion der baltischen Staaten auch von Rumänien durch ein Ultimatum die sofortige Abtretung der Nordbukowina sowie Bessarabiens. Durch den Wiener Schiedsspruch im August 1940 kam Rumänien unter dem „Schutz“ des Dritten Reiches und Italiens, Rumänien musste den nördlichen Teil Siebenbürgens wieder an Ungarn abtreten, die südliche Dobrudscha wurde wieder bulgarisch. Mit diesem Schiedsspruch und der sowjetischen Besetzung von Bessarabien verlor Rumänien 30 % seines Staatsgebietes und 25 % der Bevölkerung von 1939.

Um den Einmarsch Ungarns und der Sowjetunion und damit den völligen Kollaps des rumänischen Staatswesens zu verhindern, sah sich König Carol II. gezwungen, all diese Gebietsabtretungen zu akzeptieren; an ein Weiterregieren war jedoch nicht mehr zu denken. So berief er Kriegsminister Ion Antonescu am 4. September 1940 zum neuen Ministerpräsidenten, dankte am 6. September 1940 ab und ging wieder ins Exil. Nach der Machtübernahme erklärte Antonescu zusammen mit seinen faschistischen Bündnispartnern aus der „Eisernen Garde“ (auch als „Legion des Erzengels Michael“ bekannt) Rumänien zum Nationallegionären Staat. Rumänien schloss mit Hitler einen Beistandspakt und trat der „Achse“ bei. Aufbau und Ausrüstung der rumänischen Streitkräfte wurden vertraglich geregelt, und deutsche Truppen durften als Schutzmacht gegen die Sowjetunion in Rumänien einrücken. Stalin protestierte zwar energisch, doch ohne militärisch einzugreifen.

Zweiter Weltkrieg

Rumänischer Soldat, Ostfront 1942

Damit stand Rumänien auf Seite des Deutschen Reiches, seine Truppen beteiligten sich 1941 am Feldzug gegen die Sowjetunion. Dabei war Rumänien der einzige Verbündete, der im Vorfeld vom Fall Barbarossa informiert gewesen ist. Oft unberücksichtigt bleibt die Tatsache, dass die Rumänische Armee im zweiten Weltkrieg nicht nur die drittzahlreichsten Streitkräfte der Achsenmächte stellte, sondern nach dem Übertritt auch die viertzahlreichsten Streitkräfte der Alliierten. Nach dem Fall Italiens war es daher die zweitwichtigste Achsenmacht in Europa und erlitt nach dem Übertritt von allen Alliierten Streitkräften noch die dritthöchsten Verluste.

Kavallerie

Bei Ausbruch des Krieges verfügte die rumänische Armee über 26 Kavallerieregimenter, darunter 12 Roşiori-Regimenter, 13 Călăraşi-Regimenter und ein Garderegiment.

rumänische MiG-29

Traditionell waren die Roşiori-Regimenter die regulären Regimenter, während die Călăraşi-Regimenter für Garnison und Verteidigungsdienste zuständig waren. Diese Aufteilung wurde jedoch nach dem ersten Weltkrieg aufgeben, so dass Ausbildung und Ausrüstung fast identisch waren. Ebenso war die Kavallerie schon vor dem ersten Weltkrieg nur noch als berittene Infanterie eingesetzt worden.
Alle Roşiori- und sechs der Călăraşi-Regimenter wurden zu Brigaden und später zu Divisionen organisiert. Die anderen sieben Călăraşi-Regimenter wurden auf Infanteriedivisionen und Korps aufgeteilt um dort eine Aufklärungsrolle einzunehmen. 1942 hatte jede rumänische Infanteriedivision eine Schwadron Kavallerie (bestehend aus drei Zügen) der Divisionsaufklärung zugeteilt und eine weitere Schwadron die auf die Regimentaufklärungsbataillone aufgeteilt wurde.
Während des Verlauf des Krieges unterliefen die eigenständigen rumänischen Kavallerieeinheiten große organisatorische Veränderungen. Zuerst wurde einige Einheiten mit Lkws und Motorrädern motorisiert und wurden schließlich wie erwähnt von Brigaden zu Divisionen aufgerüstet. 1942 bestand jede Kavalleriedivision aus drei Kavallerieregimentern, zwei davon beritten und eines motorisiert. Die rumänische Kavallerie stellte eine Art mobile Eliteeinheit dar, die ähnlich den Panzer- und Panzergrenadiertruppen der Wehrmacht im späteren Krieg eingesetzt wurde.

Gepanzerte Streitkräfte

Im Zweiten Weltkrieg setzte die Rumänische Armee 126 R-2 Panzer ein. Diese waren 1941-1942 dem ersten Panzerregiment der Panzerdivision zugeteilt und erzielten zunächst gute Resultate gegen die desorganisierten Sowjetischen Kräfte. Ab 1942 wurden die R-2 der 3. rumänischen Armee zur Verteidigung des Don zugeteilt. Ende 1942 beim Rückzug an den Chir waren trotz 26 Ersatzpanzern Panzerkampfwagen 35(t) vom Anfang 1942 nur noch 19 Panzer R-2 verblieben.

Die Armee vom Kriegsende bis zur Auflösung des Warschauer Pakts

Anfang 1944 bereitete König Mihai I. gemeinsam mit Iuliu Maniu in Geheimverhandlungen mit den Westmächten und später der Sowjetunion den Abfall vom deutschen Bündnis und den Sturz Antonescus vor. Nachdem die am 20. August 1944 begonnene Sommeroffensive der Roten Armee unter der Bezeichnung Operation Jassy-Kischinew in wenigen Tagen gewaltige Fortschritte machte, wechselte Rumänien am 23. August 1944 die Fronten. Binnen weniger Wochen wurde es vollständig von der Roten Armee eingenommen und besetzt. Nun geriet Rumänien – entgegen den Hoffnungen und früherer Aussagen Stalins – völlig unter sowjetischen Einfluss. Die Rumänische Arbeiterpartei (RAP) übernahm die Macht, ihr Führer war Gheorghe Gheorghiu-Dej, der bis 1965 wie ein zweiter Stalin waltete . 1955 wurde die Volksrepublik Rumänien Mitglied des Warschauer Pakts, war aber nur begrenzt in die militärische Struktur eingebunden. So beteiligte sich die Rumänische Armee 1968 auch nicht an der Zerschlagung des Prager Frühlings. Das Militär war allerdings unter dem seit 1965 regierenden Regime Nicolae Ceauşescus auch nur mit geringen Mitteln ausgestattet, die Soldaten wurden oft als billige Arbeitskräfte eingesetzt. Während der Rumänischen Revolution 1989 richteten auch Armee-Einheiten mit Panzern ein Massaker unter der Menschenmenge in Bukarest an. Die Armee fraternisierte später aber mit den Aufständischen, Ceauşescu und seine Frau Elena wurden verhaftet und am 25. Dezember 1989 vor ein Militärgericht gestellt und standrechtlich erschossen. Kurz vor der Auflösung des Warschauer Pakts betrug die Truppenstärke im Jahr 1990 300.000 Mann.

Reformierung der rumänischen Armee seit 1994

Rumänien schloss sich 1994 als erstes Land der NATO-„Partnerschaft für den Frieden“ an. 1996 bewarb sich die Regierung aktiv um eine NATO-Mitgliedschaft, war aber nicht bei den ersten Mitgliedsstaaten des Warschauer Pakts, denen 1999 der Beitritt zum Bündnis gewährt wurde. Im Zuge des NATO-Beitritts am 29. März 2004 erfolgte eine komplette Umstrukturierung, so reduzierte man die Personalstärke bis zum 1. September 2003 auf 116.873 Soldaten. In insgesamt sechs Phasen soll die Reform bis zum Jahr 2007 abgeschlossen sein, dann werden laut Planung 75.000 Soldaten und 15.000 Zivilisten in der Armee beschäftigt sein. Sie hat eine größere Flexibilität und Effektivität zum Ziel, um allen Anforderungen bei den laufenden und zukünftigen NATO-Einsätzen gerecht zu werden. Die Armee besteht nach dem offiziellen EU-Beitritt am 1. Januar 2007 fast nur noch aus Berufssoldaten und 15.000 zivilen Mitarbeitern.

Rumänische Soldaten in Afghanistan (30. September 2003)

Rumänien ist fortgesetzt an den von der NATO geführten Mission SFOR und KFOR beteiligt. Außerdem unterstützt die Armee die Anti-Terroroperation Enduring Freedom in Afghanistan, wo rumänische Soldaten, ausgerüstet mit TAB-77 Truppentransportern sich im Herbst 2002 mit Teilen der 82. US-Luftlandedivision an der Task Force (Red Scorpion) beteiligten. Rumänien beteiligte sich zudem in der so genannten Koalition der Willigen am Krieg im Irak. Etwa 1.500 rumänische Soldaten befinden sich momentan im Auslandseinsatz.

Aufgaben

Die rumänischen Streitkräfte haben den Auftrag,

  • die territoriale Integrität des Staatsgebietes zu verteidigen und rumänische diplomatische Vertretungen und Staatsbürger im Ausland zu schützen;
  • das euroatlantische Bündnisgebiet im Rahmen der NATO zu verteidigen;
  • im Rahmen internationaler Organisationen oder bi- oder multilateraler Abkommen einen friedenssichernden oder friedensschaffenden Beitrag zur Lösung internationaler Konflikte zu leisten;
  • im Inneren zum Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung beizutragen und insbesondere bei Not- oder Katastrophenfällen Hilfe zu leisten.

Gliederung

Teilstreitkräfte

Die rumänischen Streitkräfte (Armata Română) unterstehen dem Verteidigungsministerium in Bukarest und bestehen aus den drei Teilstreitkräften:

  • Rumänisches Heer (Forţele Terestre Române)
  • Rumänische Marine (Forţele Navale Române)
  • Rumänische Luftwaffe (Forţele Aeriene Române)

Landstreitkräfte

Die operativen Landstreitkräfte sind die größte der Teilstreitkräfte und bestehen aus acht Kampfbrigaden, vier kampfunterstützenden Brigaden und zwei logistischen Brigaden; insgesamt 84.600 Mann. Diese können auf einen Fuhrpark von Kampfpanzern, gepanzerten Fahrzeugen und Artilleriegeschützen zurückgreifen. Teile der operativen Landstreitkräfte sind in Missionen eingebunden, die außerhalb des Landes eingesetzt sind oder wo die Möglichkeit besteht, dass sie dort eingesetzt werden können.

Luftstreitkräfte

Die Kokarde der rumänischen Luftstreitkräfte orientiert sich an der Flagge Rumäniens

Die aktiven Luftstreitkräfte haben ein operationelle Kommandoeinheit, zwei Luftdivisions-Kommandos, vier Luftwaffenstützpunkte und zwei Luftverteidigungsbrigaden. Zwei Flugbasen und zwei bis drei Flughäfen können als Reserve mobilisiert werden. Die Luftstreitmacht ist mit 10.000 Mann die zweitgrößte Teilstreitkraft.

Marine

Bei der Marine unterscheidet man die Meeresflotte und die Flussflotte. Die Flussflotte unterstützt die Garde, verteidigt das Donaudelta und sichert die Grenzflüsse. Die Meeresflotte ist am Schwarzen Meer stationiert, die Flussmarine in Tulcea. Sie verfügt über Britische - Fregatten und Minenjäger. Die Marine hat eine Stärke von 5.500 Mann.

Befehlshaber und Struktur

Oberster Befehlshaber der rumänischen Armee ist laut Artikel 92 der Verfassung der Präsident, zur Zeit Traian Băsescu. Der direkte Befehlshaber der Armee ist der Verteidigungsminister Theodor Melescanu der dem Parlament und der Regierung unterstellt ist. Wie in fast jeder Armee unterscheidet man zwischen den Landstreitkräften, den Luftstreitkräften und der Marine.

Verweise

Interne Links

Weblinks

Quellen

  • International Institute for Strategic Studies: The Military Balance. 2002
  • The World Defece Almanac 2006, Mönch Publishing Group, Bonn 2006

Wikimedia Foundation.

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