Rupertiwinkel

Rupertiwinkel
Rupertiwinkel in Oberbayern
Ölbild: Hl. Rupert von Salzburg, Namensgeber des Rupertiwinkel

Der Rupertiwinkel (manchmal auch fälschlich Rupertigau genannt) ist eine bis 827 m ü. NN hohe Landschaft mit ihrem zentralen, großen und direkt benachbarten Stillgewässern Waginger See und Tachinger See im äußersten Südosten von Bayern, Regierungsbezirk Oberbayern (Deutschland).

Es ist jenes Gebiet, das bis Anfang des 19. Jahrhunderts zum Erzstift Salzburg gehörte. Der Name erinnert an den Heiligen Rupert (um 650–718), den ersten Bischof von Salzburg und „Apostel der Baiern“.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Geographische Lage

Der Rupertiwinkel erstreckt sich in den Landkreisen Altötting im Norden, Berchtesgadener Land im Südosten und Traunstein im Nordwesten. Er deckte sich zu großen Teilen mit dem durch die Gebietsreform 1972 aufgelösten Landkreis Laufen. Landschaftlich reizvoll liegt er außerhalb des östlich benachbarten Staats Österreich − nämlich nordwestlich der dortigen Großstadt Salzburg. Er befindet sich nördlich der Chiemgauer Alpen und nordwestlich der Berchtesgadener Alpen.

Die geographische Ausdehnung des Rupertiwinkel reicht (sortiert im Uhrzeigersinn)

Zwischen den vorgenannten Ortschaften liegen im Rupertiwinkel rund um den Waginger See und Tachinger See unter anderem diese Gemeinden (alphabetisch sortiert): Kirchanschöring, Petting, Saaldorf, Taching am See, Waging am See und Wonneberg.

Berge

Zu den Bergen und Erhebungen im Rupertiwinkel gehören − sortiert nach Höhe in Meter (m) über Normalnull (NN):

Gewässer

Bedeutende Flüsse im und am Rupertiwinkel sind Salzach, Saalach, Sur und Götzinger Ache. Zudem befinden sich im Rupertiwinkel zahlreiche Seen: Waginger See und Tachinger See, Abtsdorfer See, Fridolfinger See, Höglwörther See und Leitgeringer See.

Geschichte

Ursprünglich (ab dem 6. Jahrhundert) gehörte das Gebiet des späteren Rupertiwinkels zum damaligen Salzburggau und war Teil des bayerischen Stammesherzogtums. Verstreuten Grundbesitz in der Gegend besaß die Salzburger Kirche bereits in frühester Zeit. So übergab beispielsweise der Bayernherzog Theodo um das Jahr 700 das Dorf Piding mit 30 Bauernhöfen an den ersten Salzburger Bischof Rupert. Nachdem 1229 die Grafen von Lebenau ausgestorben waren, konnte sich Erzbischof Eberhard II. deren Herrschaftsgebiet (u.a. die Nordhälfte des späteren Rupertiwinkels nördlich und östlich des Waginger Sees) sichern. Mit dem Aussterben der Grafen von Plain 1260 fiel ihr Gebiet (u.a. die südliche Hälfte des späteren Rupertiwinkels südlich und westlich des Waginger Sees) schließlich an den Erzbischof. Mit der Anerkennung der Grenzen durch den Bayernherzog im Jahr 1275 ging die Ablösung Salzburgs von Bayern in ihre letzte Phase. Durch die Erlassung einer eigenen Landesordnung durch den Erzbischof Friedrich III. von Leibnitz wurde Salzburg dann 1328 ein weitgehend eigenständiger Staat innerhalb des Heiligen Römischen Reiches. Der spätere „Rupertiwinkel“ war wegen seines fruchtbaren Bodens die „Kornkammer“ Salzburgs. Er gehörte zum salzburgischen „Land vor dem Gebirg“, auch "Flaches Land" genannt, das erst im späten 19. Jahrhundert die Namen Flachgau und Tennengau erhielt, in Anlehnung an die anderen (mittelalterlichen) Landschaftsbezeichnungen (Pinzgau, Pongau, Lungau).

Im Zuge der Säkularisation dankte der letzte Fürsterzbischof, Hieronymus Graf Colloredo, 1803 ab. Danach übernahm der frühere Großherzog von Toskana, Ferdinand III. die Regierung. Von 1806 bis 1809 gehörte das Salzburger Land zu Österreich. Danach stand es für fast ein Jahr unter französischer Verwaltung.

Das Land Salzburg kam 1810 zusammen mit der Fürstpropstei Berchtesgaden zum Salzachkreis des Königreichs Bayern. Mit dem Vertrag von München wurde Salzburg 1816 endgültig an Österreich angeschlossen, der Rupertiwinkel verblieb jedoch bei Bayern, da Metternich in den Verhandlungen auf dem Wiener Kongress auf ihn verzichtete. Nach 1816 kam dann allmählich der Name „Rupertiwinkel“ für dieses ehemals salzburgische Gebiet in Gebrauch.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs bis etwa zur Währungsreform 1948 gab es Bestrebungen des Salzburger Landeshauptmanns Josef Rehrl (1947-1949), den Rupertiwinkel wieder an Salzburg anzugliedern. Mit einbezogen werden sollte auch der damalige Landkreis Berchtesgaden, (mit Bad Reichenhall und Umgebung). Bei dieser Gelegenheit wollte er das Salzburger Land gleich bis zur Traun und an die Alz erweitern. Eine "historische Traungrenze", die es in Wahrheit nie gegeben hat, sollte wiederhergestellt werden. Die Bevölkerung der Region stand dem Ganzen überwiegend ablehnend gegenüber, und auch der bayerische Ministerpräsident Hoegner kündigte entschiedenen Widerstand an: "Wenn es sein muß, werden unsere bayerischen Bauern ihr Land mit Mistgabeln und Sensen verteidigen." [1]

Kulturell ist der Rupertiwinkel auch heute noch sehr mit dem Salzburger Land verbunden. Als Beispiele sind unter anderem der Brauch des Aperschnalzens und die Bauform des „Salzburger Flachgauhofs“ zu nennen. Im größten Teil des Rupertiwinkels herrscht der Salzburger Flachgauhof vor. Nördlich etwa der Linie Brünning - Tengling - Fridolfing findet sich der Übergang zum Verbreitungsgebiet des Vierseithofes. Sprachwissenschaftler orteten die letzten Reste des alten Salzburger Dialekts im Gebiet des Rupertiwinkels.

Sehenswürdigkeiten

Sehenswerte Städte sind Laufen mit der größten gotischen Hallenkirche Süddeutschlands und Tittmoning mit Burg und großem prächtigem Stadtplatz. Die Bürgerhäuser dieser ehemals reichen Salzhandelsstädte sind schöne Beispiele des sogenannten „Inn-Salzach-Stil“. Kunsthistorisch bedeutende Sakralbauten besitzt der Rupertiwinkel mit den Kirchen von St. Leonhard am Wonneberg bei Waging am See, Weildorf bei Teisendorf, St. Johann in Fridolfing, Asten (Tittmoning) und St. Coloman bei Tengling. Dazu gehören auch die Kirche St. Laurentius in Piding, die St.-Johannes-Kirche auf dem Johannishögl bei Piding (mit herrlicher Aussicht) und vor allem das romantisch im See gelegene Kloster Höglwörth bei Anger.
Neben den kirchlichen Bauwerken befinden sich die sehenswerte Burg Tittmoning über der Salzach und Schloss Staufeneck am Fuße des Hochstaufen in imposanter Lage. Freilassing ist die Wirtschaftsmetropole des Rupertiwinkels und besitzt mit der „Lokwelt Freilassing“ eine besondere Sehenswürdigkeit. Mit dem Bajuwarenmuseum in Waging und dem Bauernhofmuseum bei Kirchanschöring befinden sich zwei sehenswerte volks- und kulturgeschichtliche Museen im Rupertiwinkel.

Sport und Freizeit

Der Rupertiwinkel, in dem Tourismus eine wesentliche Erwerbsquelle darstellt, weist eine sehr hohe Dichte an Rad- und Wanderwegen auf. Hervorzuheben sind die Routen auf den Hochstaufen (u.a. Pidinger Klettersteig), auf den Teisenberg sowie der Walderlebnispfad Meggenthal am Rampelsberg. Ganz oder teilweise im Rupertiwinkel verlaufen die Radwege Bajuwaren-Tour, Rund um den Waginger und Tachinger See, Salzachtal-Weg und zudem der zu Ehren des im Rupertiwinkel aufgewachsenen Papstes Benedikt XVI. geschaffene Radpilgerweg Benediktweg. Bei Mountainbikern sind die Wege auf den Teisenberg zur Stoißer Alm sehr beliebt. Im Winter erfreuen sich Eisstockschießen und Eislaufen, auf den zahlreichen zugefrorenen Seen und Weihern großer Beliebtheit. Für Skifahrer sind bei guten Schneebedingungen einige Loipen vorhanden. Nahe Neukirchen am Teisenberg befindet sich ein Skilift, außerdem wird der Teisenberg im Winter von Skitourengehern genutzt.

Brauchtum

Ein nur im Rupertiwinkel und im benachbarten Salzburger Flachgau beheimateter Brauch ist das Aperschnalzen. Auch die übrigen im baierischen Kulturraum verbreiteten Bräuche werden lebendig gepflegt. Jeder größere Ort besitzt einen Trachtenverein und eine traditionelle Musikkapelle, welche größtenteils im Gauverband I, bzw. dem Bezirksmusikverband Chiem- und Rupertigau des Musikbund von Ober- und Niederbayern angehören. Katholische Burschenvereine, Böllerschützen und Perchten tragen ebenfalls zur Brauchtumspflege bei. Das Musizieren alpenländischer Volksmusik, Tänze und feiern traditioneller Feste ist aber nicht nur den Vereinen, sondern auch tief in der einheimischen Bevölkerung verwurzelt. Typische Ereignisse die in diesen Zusammenhang zu nennen sind, ist das Maibaumaufstellen, Peter und Paul Feuer und der Leonhardiritt. Oft begeht man noch besondere Anlässen in traditioneller Tracht, im alltäglichen Leben kaum noch. Dabei wird im Rupertiwinkel heute vor allen die Miesbacher Tracht, seltener die Berchtesgadener Tracht getragen. Die historische Tracht des Rupertiwinkels ist in den Trachtenbildern der Salzburger Kuenburg-Sammlung dargestellt.

Persönlichkeiten

Galerie

Literatur

  • Heinz Dopsch: Kleine Geschichte Salzburgs. Anton Pustet 2001, ISBN 3-7025-0441-9.
  • Helga Reindel-Schedl: Laufen an der Salzach - Die alt-salzburgischen Pfleggerichte Laufen, Staufeneck, Teisendorf, Tittmoning und Waging, Historischer Atlas von Bayern, Heft 55, Kommission für bayerische Landesgeschichte, München 1989. ISBN 3-7696-9940-8.
  • Hannes Scheutz (Hg.): Drent und herent. Dialekte im salzburgisch-bayerischen Grenzgebiet. EuRegio Salzburg-Berchtesgadener Land-Traunstein 2007
  • Heinz Dopsch: Länder und Landesgrenzen bis 1803. In: Heimat mit Geschichte und Zukunft. EuRegio Salzburg – Berchtesgadener Land – Traunstein 2004
  • Christian Soika (Hg.): Heimatbuch des Landkreises Traunstein. Bd. 5: Der nördliche Rupertiwinkel. Lkr. Traunstein 1990. ISBN 3-925249-18-4.
  • Friederike Prodinger/Reinhard Heinisch: Gewand und Stand, Kostüm- und Trachtenbilder der Kuenburg-Sammlung. Residenzverlag salzburg, 1983. ISBN 3-7017-0338-8.
  • Paul Werner (Hg.): Bäuerliche Baukultur im Berchtesgadener Land. 1984. ISBN 3-922590-18-7.
  • Stadt Laufen und die Gemeinden des Rupertiwinkels (Hrsg.): Der Rupertiwinkel. Ein gesegneter Landstrich - Seit 1810 bei Bayern. Panorama Verlag Laufen an der Salzach 2010. ISBN 978-3-902429-81-0
  • Andreas Hirsch: Von Salzburg "retour nach Baiern" - Der Rupertiwinkel fiel vor 200 Jahren an das bayerische Königreich zurück, in: Heimatblätter Nr.9 2010, Reichenhaller Tagblatt

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Wysocki, Josef: Leben im Berchtesgadener Land 1800-1990, S. 322-326. (für ganzen Absatz)

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